Geschmacksmaskierung von Pulvern
Die vorliegende Erfindung betrifft neue, geschmacksmaskierte Pulver zur Inhalation oder oralen Darreichung, ein einfaches Verfahren zu deren Herstellung und deren Verwendung zur Applikation von biologisch aktiven Stoffen.
Bei der Inhalation bitter schmeckender Wirkstoffe tritt in der Regel ein schlechter Geschmack während oder nach der Inhalation auf, was häufig zu geringer Akzeptanz der Inhalate bei deren Anwendern führt. Daher ist eine Maskierung oder Aromatisierung von inhalierbaren Pulvern wünschenswert. Die Kundenkompliance wird erhöht, was sich bei oralen Formulierungen bewährt und weitestgehend durchgesetzt hat.
Auch wenn bei modernen Inhalationsformulierungen die effektive Dosierung außerordentlich hoch ist (»90% des Wirkstoffes erreichen die Lunge), so ist damit die geschmackliche Beeinträchtigung nicht vermieden. Das menschliche Geschmacksempfinden reagiert in der Regel auf extrem kleine Kontaminationen. Daher ist eine Maskierung, die den guten Wirkungsgrad von Dry Powder Inhalern nicht beeinflusst, ein eindeutiger Marktvorteil gegenüber Formulierungen ohne Geschmacks- maskierung.
Die in der Literatur beschriebenen Geschmacksmaskierungen von Inhalaten beschränken sich auf die Pulverisierung von Aromen, so beispielsweise WO2001/26630, WO93/17663, JPl 1-106339.
Die Verkapselung von größeren Körpern, beispielsweise Tabletten, ist bereits grundsätzlich bekannt. Auch ist bekannt, daß Mikrokapseln im Größenbereich über 200μm beispielsweise in sogenannten Wurster-Coatern in der Wirbelschicht verkapselt werden können.
Kleinere Korngrößen können durch Kondensation-Verkapselung gecoatet werden, wobei allerdings ein verdampfbares Coating-Material erforderlich ist. (siehe: Ebert, Dau, "Beschichten submikroner Partikeln durch heterogene Kondensation unter Expansion", DFG- Jahresbericht 2003)
Verkapselungen von Pulvern zum controlled release sind beschrieben in "Controlled dissolution from wax-coated aerosol particles in canine lungs", J. Appl. Physiol. 84(2), 1998, 717-725.
Ferner wurden in DE 19753794 Beschichtungen von inhalierbarem Pulver zur Verbesserung der Fließfahigkeit herangezogen, z.B. auf Basis von elektrostatisch aufgeladenem Hüllmaterial
Die konventionellen Verfahren sind jedoch nicht brauchbar für die Maskierung von Pulvern mit Partikelgrößen (d50) von etwa 5μm, da sie zu einer zu dicken Coatingschicht fuhren. Beispielsweise werden beim Coaten von Tabletten i.d.R. 2-10mg Coating-Material /cm2 verwendet, was Schichtdicken von 20-1 OOμm entspricht. Ein Verfahren zur Verkapselung von für die Inhalation vorge-
sehenen Pulvern darf jedoch nur sehr dünne Coatingschichten aufbauen, da ansonsten der aerodynamische Durchmesser der Teilchen zu stark verändert wird und das verkapselte Pulver dann nicht mehr für die Inhalation tauglich ist. Der aerodynamische Durchmesser eines Partikels ist dabei definiert als der Durchmesser einer Kugel mit der normierten Dichte von 1 g/cm3, welche die gleiche Sinkgeschwindigkeit hat wie der Partikel selber.
Gleichzeitig müssen die dünnen Coatingschichten jedoch zu einer dichten Ummantelung, die eine Freisetzung erst nach einer Zeit von 15-30 min zulässt, fuhren, da anderenfalls die erwünschte Geschmacksmaskierung nicht gewährleistet ist.
Andere jüngst entwickelte Verkapselungsmethoden wie Co-Grinding oder Zentrifugalwirbelschichten zeigen entweder schlechte Geschmacksmaskierung oder Probleme z.B. bei hygroskopischen Materialien (Zitronensäure), die zu Agglomeration neigen, wodurch die verkapselten Pulver nicht mehr verarbeitet werden konnten.
Es bestand daher Bedarf an einem Verfahren zur Herstellung von geschmacksmaskierten inhalierbaren Pulvern durch Verkapselung, welches zu einer dünnen jedoch auch dichten Coatingschicht führt und einfach und kostengünstig durchzuführen ist.
Es wurde nun überraschend gefunden, dass diese Aufgabe gelöst wird durch ein Verfahren, umfassend das Verteilen eines pulverförmigen Feststoffs mit einem mittleren Teichendurchmesser dso von 1 bis 40 μm, vorzugsweise 2 bis 10 μm, besonders bevorzugt ungefähr 4 bis 6 μm in eine Lösung eines hydrophoben Beschichtungsmittels in einem Lösemittel, welches den pulverförmigen Feststoff nicht löst, und dann das Absenken der Temperatur der resultierenden Mischung zum Ausfällen des beschichteten Feststoffs und gegebenenfalls das Isolieren des beschichteten Feststoffs. Dabei kann der Anteil des Beschichtungsmittel variiert werden. Als Vorzugsbereich wird 50 bis 99 Gew.-% (bezogen auf die Summe von pulverfÖrmigem Feststoff und Beschichtungsmittel) angesehen, so dass für die einzelnen Partikelgrößenbereiche Schichtdicken des Beschichtungsmittels 1 bis weniger als 20μm, vorzugsweise 1 bis 5μm und besonders bevorzugt 1 bis 3μm erhalten werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich prinzipiell für alle Arten von pulverförmigen Feststoffen. Vorzugsweise handelt es sich hierbei um Wirkstoffe, also Stoffe aus der Reihe der Mittel zur Heilung, Linderung oder Abwendung von Krankheiten des Menschen oder des Tieres wie z.B. Acidosetherapeutika, Analeptika/Antihypoxämika, Analgetika/Antirheumatika, Anthelminthika, Antiallergika, Antianämika, Antiarrhythmika, Antibiotika/Antiinfektiva, Antidementiva, Antidiabetika, Antidota, Antiemetika/Antivertiginosa, Antiepileptika, Antihämorrhagika, Antihypertonika, Antihypoglykämika, Antihypotonika, Antikoagulantia, Antimykotika, Antiparasitäre Mittel, Antiprotozoika, Antiphlogistika, Antitussiva/Expektorantia, Arterio-
sklerosemittel, Broncholytika/Antiasthmatika, Cholagoga u. Gallenwegstherapeutika, Cholinergika, Corticoide, Dermatika, Diuretika, Durchblutungsfördernde Mittel, Entwöhnungsmittel/Mittel zur Behandlung von Suchterkrankungen, Enzyminhibitoren, Präparate b. Enzymmangel u. Transportproteine, Fibrinolytika, Geriatrika, Gichtmittel, Gynäkologika, Hepatika, Hypnotika/Sedativa, Immunmodulatoren, Kardiaka, Koronarmittel, Laxantia, Lipidsenker, Lokal- anästhetika/Neuraltherapeutika, Magen-Darm-Mittel, Migränemittel, Muskelrelaxanzien, Ophthalmika, Osteoporosemittel/Calciumstoffwechselregulatoren, Otologika, Psychopharmaka, Rhinologika/Sinusitismittel, Roborantia/Tonika, Schilddrüsentherapeutika, Sexualhormone u. ihre Hemmstoffe, Spasmolytika/Anticholinergika, Thrombozytenaggregationshemmer, Tuberkulose- mittel, Umstimmungsmittel, Urologika, Venentherapeutika, Vitamine, Zytostatika, andere antineo- plastische Mittel u. Protektiva.
Als Beispiele genannt seien hierzu Boldin, Chinolone, Ciprofloxacin, Felodipin, Flurbiprofen, Ibuprofen, Ketoprofen, Makrolide, Nicardipin, Nifedipin, Nimodipin, Nisoldipin, Nitrendipin, Norfloxacin, Moxifloxacin, Ofloxacin, Paclitaxel, Praziquantel, Sulfonamide und Tetracycline.
Das Beschichtungsmaterial sind hydrophobe wasserabweisende Materialien. Als im Sinne dieser Erfindung als hydrophob zu verstehen sind auch nicht oder nur begrenzt wasserlösliche Materialien. Das Beschtungsmaterial muss bei einer Temperatur von 25°C in Wasser bei pH 6 bis 7,5 praktisch unlöslich oder zumindest < 1000mg/kg löslich sein. Solche hydrophoben Materialien können sein:
Wachse mit einem Schmelzbereich von 30-1800C wie Paraffine, Naturwachse, Bienen- wachse, Canaubawachs, gesättigte Kohlenwasserstoffe der Form CnH2n+2, synthetische
Wachse, Fischer-Tropsch-Wachse, Stearine, Macrogolstearat und chemisch modifizierte Wachstypen, Vinylpolymerisate, Montanesterwachse und Montanwachs-Fettsäuren.
Harze: petrostämmige Kohlenwasserstoffharze, Polymerisate ungesättigter aromatischer Cg- /Cio-Kohlenwasserstoffe mit und ohne Phenol, aliphatisch modifizierte aromatische C9-/C10- Kohlenwasserstoffe mit einer ungesättigten aliphatischen Komponente, Inden-Cumaron- harze, Polymerisate carbostämmiger ungesättigter aromatischer Kohlenwasserstoffe, phenolmodifiertes Inden-Cumaronharz, Co-Polymerisat carbostämmiger ungesättigter C9- /Cio-Kohlenwasserstoffe mit Phenol,
Polymethaccrylate und deren Coplymerisate
- Polylactide und Polylactid Glycolid Copolymerisate
Chitosan, Naturprodukte aus chitinhaltigen Naturstoffen und deren chemische Modifikationen
- A -
Wasserunlösliche Polyetherverbindungen, Polyetheφolysulfon
Chemisch modifizierte Cellulosederivate, deren Acetate, Succinate, Sulfonate mit wasserunlöslichen Eigenschaften wie oben beschrieben.
Beispiele für solche hydrophobe Beschichtungsmittel sind Canaubawachs der Firma Baerlocher GmbH sowie Wachse der Fa. Sasol Wax GmbH, z.B. die Typen 5203, 4110, 6202, 6805, C80 und ClOO, Harze und Novolac der Firmen RÜTGERS Chemicals AG und Ashland-Südchemie-Kernfest GmbH, Eudragite, insbesondere die E-Typen ElOO und EPO, der Fa. Degussa Röhm, Chitosan der Fa. Cognis, Hydroxypropylmethylcelluloseacetatsuccinate (AQCOAT) der Fa. Shin-Etsu AQOAT.
Für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignete Lösemittel sind beispielsweise bei Raumtemperatur flüssige aromatische oder aliphatische Kohlenwasserstoffe, insbesondere lineare oder zyklische Alkane, die gegebenenfalls verzweigt sein können. Ebenfalls geeignet sind organische
Lösungsmittel, insbesondere eines ausgewählt aus der Reihe der kurzkettigen Alkohole mit 1 bis
10 Kohlenstoffatomen, wie z.B. Methanol, Ethanol, 2-Propanol, der kurzkettigen Glykole, wie z.B.
Ethylenglykol, 1 ,2-Propylenglykol, der kurzkettigen Ketone mit 3 bis 10 Kohlenstoffatomen, wie z.B. Aceton, 2-Butanon, Karbonsäuren, wie z.B. Essigsäure, Ether, wie z.B. Diethylether,
Tetrahydrofuran oder Metyl-tert-butylether, Ester wie z.B. Methylacetat, Ethylactetat oder
Ameisensäuremethylester, heterozyklische Amine wie z.B. Pyridine, Formamide wie z.B.
Dimethylformamid, oder auch n-Methylpyrrolidon oder Dimethylsulfoxid Besonders bevorzugte
Lösemittel sind n-Heptan und Methyl-Cyclohexan. Die zuvor genannten Lösungsmittel können jeweils allein oder in Mischung zur Anwendung kommen.
Nach Herstellung einer Mischung aus pulverförmigem Feststoff, Lösemittel und Beschichtungsmittel erfolgt die Bildung des beschichteten Feststoffs durch eine Absenkung der Temperatur (Kühlungsfällung). Typischerweise erfolgt die Herstellung der besagten Mischung bei einer Temperatur von 5O0C , vorzugsweise von 40 bis 1000C.
Zur Durchführung der Kühlungsfällung wird im zweiten Schritt üblicherweise auf eine Temperatur von 200C gekühlt, vorzugsweise von 0 bis 40 0C.
Die Konzentration der Beschichtungsmittels im Lösemittel beträgt üblicherweise etwa 5 bis 25%, je nach Löslichkeit auch darüber oder darunter. Es sollte mit gesättigten Lösungen gearbeitet werden. Der Anteil des pulverförmigen Feststoffs an der besagten Mischung liegt in der Regel bei 1 bis 90%, vorzugsweise 5 bis 20%.
Die Isolierung des beschichteten Feststoffs nach erfolgter Bildung geschieht durch bekannte Methoden, beispielsweise durch Sprühtrocknung.
Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten beschichteten Feststoffpartikel weisen überraschenderweise eine lediglich sehr dünne Coatingschicht auf, so daß die Partikelgröße und insbesondere der aerodynamische Durchmesser kaum verändert werden. Gleichwohl zeigen diese beschichteten Feststoffpartikel eine erfolgreiche Geschmacksmaskierung. Die nach dem erfindungs- gemäßen Verfahren hergestellten beschichteten Feststoffpartikel sind daher ideal geeignet für den Einsatz in Dry Powder Inhalern und oralen Darreichungsformen, die auch bei Biss oder kauen einer effizienten Geschmacksmaskierung bedürfen.
Die kleine Partikelgröße verhindert zudem bei der oralem Darreichungsform ein Zerbeißen der Kapsel beim Kauen. Dies ist besonders vorteilhaft bei Anwendungen als Kautablette sowie bei Tier- und Kinderarzneimitteln.
Ein weiterer Vorteil bei oraler Anwendung ist das verbesserte Mundgefühl, da die kleinen Partikel nicht als Partikel wahrgenommen werden.
Die Erfindung soll durch die nachfolgenden Beispiele illustriert werden, ohne sie jedoch dadurch zu beschränken.
Beispiele
Beispiel 1 (Praziquantel mit Wax C80)
2,8 g gemahlenes Praziquantel mit einer Teilchengröße von < 10μm (Korngrößenverteilung nach
Verkapselung: d90=9,0μm; dlθ=l,5μm, Feststoff dispergiert in Myritol, 120" Ultraschall, Malvern Master Sizer, Linse 100mm) wurden bei 70°C in eine Lösung von 22,2g Wax C80
(kommerziell erhältlich von Sasol Wax GmbH) in 200g Heptan eingerührt. Anschließend wurde die Temperatur der erhaltenen Mischung auf 2O0C abgekühlt mit einer Abkühlrate von 10K/h unter
Rühren mit einer Mizerscheibe Duchmesser 57mm mit 500Upm und die gebildeten Kapseln durch
Sprühtrocknung in einem Buechy-Laborsprühtrockner mit einer pneumatischen Düse mit Durch- messer 0,5mm bei einer Zulufttemperatur von 14O0C und einer Ablufttemperatur von 800C isoliert.
Die Partikelgrößen des verkapselten Praziquantels liegen im Bereich von ca. 2-9μm (dlO und d90, s.o.). Geschmackstests zeigen, dass der bittere Geschmack nach Auflegen der Formulierung auf die Zunge auch über einen Zeitraum von 10 Minuten nicht bemerkt wird. Auch kauen der Formulierung über mehrere Minuten führt nicht zu einer Freisetzung des Geschmacks.
Beispiel 2 a bis d (Ciprofloxacin mit Canaubawachs)
Auch hier wird gemahlener Wirkstoff in eine Wachslösung eingerührt und die Temperatur gesenkt, so dass das Wachs ausfällt. Die Isolierung erfolgte wieder durch Sprühtrocknung.
Der Wirkstoffgehalt wurde zwischen 5 und 20% variiert:
Gemahlenes Ciprofloxacin mit einer Teilchengröße von 0,5 bis 9μm (dlO und d90 in Q3-Ver- teilung) wurden in den genannten Anteilen (bezogen auf das Beschichtungsmittel) bei 600C in eine
Lösung von Canaubawachs (kommerziell erhältlich von Firma Baerlocher GmbH) eingerührt.
Anschließend wurde die Temperatur der erhaltenen Mischung auf 200C mit einer Abkühlrate von
10K/h unter ständigem Rühren mit einem Impeller Durchmesser 60mm mit 450Upm abgekühlt und die gebildeten Kapseln durch Sprühtrocknung in einem Buechy-Laborsprühtrockner analog zu Beispiel 1 isoliert.
2a: 342 g Methylcyclohexan, 38 g Canaubawachs, 2 g Ciprofloxacin 2b: 100 g Methylcyclohexan, 28 g Canaubawachs, 7 g Ciprofloxacin 2c: 303 g Heptan, 30 g Canaubawachs, 1,6 g Ciprofloxacin 2d: 152 g Heptan, 15 g Canaubawachs, 3,8 g Ciprofloxacin
Eine REM-Aufnahme der in Beispiel 2a erhaltenen Kapseln ist als Figur 1 aufgeführt. Die erfolgreiche Geschmacksmaskierung wurde wie folgt festgestellt: Das gecoatete Material wurde auf die Zunge gelegt und nach ca. 10min ausgespült. Der stark bittere Geschmack des Wirkstoffes wurde nicht bemerkt. Zum Vergleich wurde auch reiner Wirkstoff getestet: der bittere Geschmack trat sehr schnell auf und der Geschmackstest musste vorzeitig beendet werden.
Beispiel 3 (nicht erfindungsgemäß)
Es wurden nach den bekannten Verfahren Koazervate von Praziquantel mit den gängigen Verkapselungsmitteln Gelatine und CMC hergestellt und gehärtet. Diese wiesen jedoch in Wasser eine schnellere Freisetzung auf als der ungecoatete Wirkstoff, es konnte keine Geschmacks- maskierung erzielt werden.