Verfahren zur Herstellung von orthopädischen Maßschuhen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von orthopädischen Maßschuhen.
Im Gegensatz zur industriellen Fertigung von Standardschuhen des täglichen Gebrauchs können orthopädische Maßschuhe - wie der Name schon sagt- bislang nur in aufwendiger Einzelfertigung von einem handwerklichen Fachmann hergestellt werden, wobei gemäß diesem alten Verfahren in einer ganz bestimmten vorgegebenen Reihenfolge vorgegangen werden muss . Das beginnt beim Vermessen des Fußes mit einem Maßband, wobei bereits hier Meßunge- nauigkeiten auftreten können, die sich im folgenden Verfahren fortsetzen und multiplizieren. Nach der Vermessung des Fußes wird ein entsprechender Leisten hergestellt. Anschließend wird die individuelle Fußbettung angefertigt. Daraufhin wird anhand eines von Hand angefertigten Grundmodells das Material für den Schaft zugeschnitten und anschließend vernäht. Nach Aufbringung der Brandsohle wird der Schaft je nach Ausstattung mit Vorder- und Hinterkappe auf den Leisten gezwickt und festgetackert . Dann wird der aufgezwickte Schaft festgeklebt und anschließendwerden dann die Tackerklammern wieder entfernt. Dieser Vorgang ist sehr zeitaufwendig. Zur Vervollständigung dieses Schuhs wird dann die Sohle befestigt.
Der Erfindung liegt demgegenüber die Aufgabe zugrunde, derartige normalerweise in Handarbeit erstellte Maßschuhe durch automatisierte Verfahren schneller und mit höherer Genauigkeit herstellen zu können.
Durch die .Verkürzung der Herstellungszeit ergeben sich auch medizinisch erhebliche Vorteile. Der Mediziner kann sein medizinisches Heilverfahren wesentlich mehr ausreizen und erst zum Schluß einer Gesamttherapie eine Schuhversorgung gewährleisten. Das kann am Beispiel einer Fersenfraktur und deren Schuhversorgung erläutert werden. Üblicherweise war es bisher so, dass in der achten Woche, spätestens in der neunten Woche Maß genommen werden muss, zur Erstellung von orthopädischem Schuhwerk, da das medizinische Heilverfahren nach zwölf Wochen nach dem Fersenbeinbruch beendet ist, so dass der Patient in der zwölften Woche seinen Schuh erhalten kann. Mit Hilfe des neuen Verfahrens kann jetzt erst in der elften Woche der Schuh erstellt werden, was den Vorteil hat, dass sich bis dahin die Form des Fußes mit den abschwellenden Maßnahmen usw. positiv verändert und damit andererseits selbstverständlich die Paßform wesentlich besser ist als bei einer Schuhherstellungszeit, die bis jetzt drei bis vier Wochen dauert.
Das neue Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass der Fuß des Patienten im belasteten Zustand 3-dimensional fotografisch gescannt wird, die durch die Scannung ermittelten Daten in einem Rechner gespeichert und zu einem 3-D-Bild des Fußes verarbeitet werden, diesem errechneten Bild ein Röntgenbild des Patientenfußes überlagert wird und durch die durch die Scannung erhaltenen Meßdaten unter Berücksichtigung der Vorgaben des eingeblendeten Rontgenbildes Bearbeitungsmaschinen zur automatisierten Herstellung von Schuhleisten bzw. Bettung, Schaft, zum Zwicken und zum Bodenbau gesteuert werden.
Medizinisch ergibt sich ein erheblicher Vorteil, da durch die Besonderheiten des Einscannens des Rontgenbildes knöchelanatomische Besonderheiten berücksichtigt werden können, in einer Form, die bis jetzt nicht bekannt gewesen ist.
Auch Schwielen oder andere Weichteilveränderungen können berücksichtigt werden, so dass keine Druckstellen entstehen. Die Probleme von Krallenzehen und die Höhe der Vorderkappe (wenn ein Arbeitsschuh hergestellt werden soll) kann hier direkt am Computer erkannt werden und gegebenenfalls besprochen werden. In der Vergangenheit wurden die Schuhe erstellt, der Patient stellte dann die Druckstellen erst bei der Anprobe fest, die nur schwer und mit hohem Zeitaufwand zu ändern waren. Bei dem neuen Schuhherstellungsverfahren kann im Vorfeld am Computer bereits erkannt werden, ob z. B. die vorgegebenen Stahlkappen und die Zehenveränderungen überhaupt zusammenpassen. Von daher ergibt sich eine erhebliche Kostenreduzierung im Vorfeld. Dadurch, das durch die 3-D-Darstellung der Fuß von unten entsprechend dokumentiert wird, und zwar unter Belastung des Fußes (gegebenenfalls Teilbelastung) können entsprechende Verformungen bei der Belastung berücksichtigt werden. Durch die 3-D- ErStellung des Leistens als? auch der Maßkontrolle (s.u.) wird ein Abgleich zwischen dem Leisten und dem Maß des Fußes erlaubt, wodurch Orthopädiesschuhtechnik und behandelnder und verordnender Arzt eng miteinander Wechselwirken können, ohne dass in irgendeiner Art und Weise negative Beeinflussungen möglich sind.
Wie sich aus dem beigefügten Schema-Diagramm ergibt, zeigt das erfindungsgemäße Verfahren eine erhebliche Variabilität. Ausgehend von dem Scann-Vorgang und den hierdurch ermittelten Meßdaten kann parallel mit dem Leistenbau, dem Schaftbau und dem Bettungsbau begonnen werden. Es ist auch möglich, nach dem Scannen gleich mit dem Bodenbau zu beginnen, wodurch sich in
Anbetracht der Tatsache der hohen Meßgenauigkeit zum einen ein sehr genau gearbeiteter Schuh ergibt, und das andererseits in einer erheblich kürzeren Zeit als mit dem herkömmlichen Verfahren.
Im folgenden wird beispielhaft der Verfahrensäblauf zur Herstellung eines orthopädischen Maßschuhs mit Hilfe des neuen Verfahrens erläutert .
Der Patient stellt den erkrankten bzw. beschädigten Fuß auf die Glasfußbodenplatte eines photographischen Scanners, der aus fünf Kameras besteht, wobei vier in den entsprechenden Ecken und die fünfte von unten angeordnet ist.
Da sich die Erfassungszonen der einzelnen Kameras überlappen, werden die Daten in dem Rechner so verarbeitet, dass ein virtuelles Bild des Fußes berechnet wird. Das fertige Bild zeigt nun die Fußsilhouette mit allen ihren anatomischen Besonderheiten.
Das Bild kann von allen Seiten betrachtet werden. Als Besonderheit des erfindungsgemäßen Verfahrens wird nun in dieses 3-D- Bild das Röntgenbild des Patientenfußes eingeblendet, so dass in dieser Phase in den zu erstellenden Leisten Besonderheiten des knöchernen Skeletts eingearbeitet und berücksichtigt werden können.
Aufgrund der durch den Scannvorgang ermittelten Meßdaten wird nun der entsprechende Leistenentwurf vom Computer errechnet, der anhand der Besonderheiten des äußeren Fußes und des Ske- lettaufbaus des Fußes in den verschiedensten Stellen modifiziert werden kann.
In der sogenannten Maßkontrolle, die die Meßdaten des Fußes in virtueller Form zeigt, erfolgt noch einmal eine Kontrolle der
einzelnen Meßdaten, gegebenenfalls auch eine Kontrolle gegenüber per Hand gewonnenen Kontrolldaten (alte Methode) .
Der nächste Schritt ist die virtuelle Zwischenprobe. Hier wird der Leisten, der errechnet worden ist, vom Computer mit Daten des Fußes abgeglichen. Es wird also die Maßkontrolle in den Leisten hineingearbeitet, um zu sehen, ob der Leisten mit den inneren Fußdaten übereinstimmt . Auch gerade in dieser Phase können Besonderheiten, die gegebenenfalls orthopädietechnisch oder medizinisch vorgegeben worden sind, berücksichtigt werden, was eine absolute Neuheit darstellt.
Von dem errechneten Leisten werden nun mittels Computer die Lederzuschnitte für den Schaft berechnet, wobei es sich hier e- berrfalls wiederum um die virtuelle Leistenkopie handel .
Beim Entwurf des Schaftes werden natürlich auch wieder die anatomischen Besonderheiten des Fußes berücksichtigt.
Die Zuschneidung des Leders mit Hilfe eines CAD-gesteuerten Schneidetisches aufgrund der im Computer gespeicherten Meßdaten erfolgt mit einer in der Praxis bisher nicht erreichten Genauigkeit. Dieser Schneidetisch schneidet, locht und erstellt die Anzeichnungen für die Schaftmontage vollautomatisch.
Bei der Schaftmontage werden die Lederstücke zusammengesetzt, wobei dann auch das Futter eingearbeitet wird (bzw. entsprechende Polsterteile ) . Das Leder wird mit Ösen und den anderen notwendigen typischen Utensilien ausgestattet. Für Straßenschuhe wird hier auch gleichzeitig die Vorderkappe miteingearbeitet.
Neu ist der Entwurf des Leistens inklusive der späteren Fußbettung als eine Einheit. Dies führt zur passgenaueren Montage
mittels Maschinen des orthopädischen Schuhs. Mit der Montage des Schuhs kann somit schon begonnen werden, ohne dass , wie bei der herkömmlichen Fertigung, die Fußbettung zuvor erstellt wurde. Aufgrund der Comupterdaten werden nun die Leisten und zeitlich unabhängig die Fußbettungen gefräst. Die bislang angewandte Fräsmethode sah wie folgt aus. Ein einzelner Leisten wurde gefräst und anschließend mittels einer Bandsäge aufgetrennt und mittels Schrauben fixiert. Die Unterteilung ist notwendig, um den Leisten nach Fertigstellung des Schuhs aus diesem zu entnehmen. Bei der neuen Methode werden mehrere Leisten aus einem größeren Block gefräst. Je nach Größe bis zu fünf Paar in einem Arbeitsgang. Ebenso werden die Leisten schon in geteilter Form gefräst. Dies hat zwei entscheidene Vorteile. Zum einen entfällt die beim nachträglichen Auftrennen entstehende Maßungenauigkeit . Beim Aufsägen mit der Bandsäge ver- lierrt der Leisten um die Stärke des Sägeblattes an Maß. Der zweite Vorteil wird im nächsten Absatz näher erklärt. Der Fräsvorgang kann auf zwei Maschinen gleichzeitig oder auf einer Maschine aufeinanderfolgend geschehen. Für den Leisten wählt der Fachmann die üblichen Materialien. Eine unterschiedliche Materialwahl gilt für die Bettung. Hier wird gummiähnliches Material mit unterschiedlichen Shore-Härten gewählt; je nach Wunsch durch die medizinische Vorgabe werden starre Einlagen, halbweiche Einlagen oder weiche Einlagen gewählt . Die Bettung wird dann noch mit Leder überzogen oder anderen Materialien, um sie bezüglich Fußschweiß und dgl . und für den Tragekomfort vorzubereiten.
Dadurch dass die Fräsmaschinen computergesteuert sind, ergeben sich auch hier für die Genauigkeit der Anfertigung erhebliche Vorteile.
Ebenfalls neu beim erfindungsgemäßen Verfahren ist die Tatsache, dass der Leisten zunächst auf die schmälste Fertigsohlen-
form gearbeitet wird. Da es aber unterschiedliche Wünsche der Patienten gibt, als auch Vorgaben des Mediziners, muss hier eine variable Gestaltung möglich sein, die dadurch gewährleistet wird, dass Kunststoffüberkappen aufgesetzt werden, um breitere Leistenformen zu bekommen. Diese Überkappen werden am Computer entworfen durch einen 3-D-Drucker erstellt. Bei der Art und Form der erforderlichen Überkappe wird der errechnete Leisten berücksichtigt, so dass durch diese Art des Verfahrens eine Vielzahl unterschiedlicher Formen für die Gestaltung des Schuhs im • Vorderkappenbereich möglich ist, ohne dass das Verfahren selbst zeitlich aufwendiger oder zeitlich verzögert wird. Wie oben schon erwähnt der zweite entscheidende Vorteil des Fräsens der Leisten in geteilter Form. Da die Unterteilung im Rechner praktiziert und dauerhaft gespeichert ist, kann man jederzeit auch ein neues Vorderteil in geänderter Form für den jeweiligen Leisten fräsen. Beide Methoden -Überkappe bzw. Wechselspitzekommen je nach der Größe der Veränderungen zum Einsatz. Durch diese Art ist nach wie vor die schnelle Erstellung der Grundleisten gewährleistet.
Die Zuordnung des individuellen Leistens zum jeweiligen Patienten wird durch einen Chip gesichert. Das heißt im einzelenen: Der Leisten, der zwar während des Fräsvorganges mit einer gravierten Kennziffer versehen wurde, wird nun mit einem auslesbaren Chip versehen, welcher mit einem Lesegerät ausgelesen und identifiziert werden kann. Der Rechner erkennt anhand der im Chip gespeicherten Kennung im Netzwerk den dazugehörigen Patienten. Somit stehen dem jeweiligen Mitarbeiter alle die für ihn notwendigen Patienten- sowie Schuhherstellungsdaten zur Verfügung.
Nun folgt das Anheften der Brandsohlen auf dem Leisten. Diese Brandsohlen stehen schon in ihrer Endform zur Verfügung, da sie beim Abgleich der Leistenformen mit der Fertigsohle im PC im
Vorfeld entworfen wurden und am Schneidetisch geschnitten wurden. Das gleiche gilt auch für die unterschiedlichen Hinterkappen.
Nun erfolgt maschinell der Zwickyorgang für den Vorderkappenbereich. Die verwendete Maschine ist so variabel, dass unterschiedliche, seitliche, schräge Problemlösungen möglich sind. An der Spitzenzwickmaschine s.ind Teflonbänder befestigt. Diese seitlichen Zwickbänder können durch bestimmte technische Vorgaben am Gerät durch den Orthopädieschuhtechniker entsprechend verändert werden und zwar abhängig von der individuellen Form, um eine adäquate Form des Vorfußes bzw. des Schuhs zu erreichen. Da diese Bänder so flexibel sind, dass sie nach Ende der Belastung die ursprüngliche Form wieder annehmen, garantiert diese technische Einrichtung, dass Schuhe in gleicher Form direkt hintereinander gearbeitet werden können sowie auch in unterschiedlicher Vorfußform. Diese Maschine ist in der Lage, 200 Paar Schuhe pro Tag zu bearbeiten. Ein Nachteil, der sich aber gleichzeitig als großer Vorteil entpuppt, ist bei dieser Zwickmaschine darin zu sehen, dass durch die Kräfte, die die Zwickmaschine ausübt und die per Hand nicht erreicht werden können, bei der gleichzeitigen Zwickung sämtlicher Bereiche der Vorderblattanteile die Fehler im Fell, aus dem die Lederzuschnitte bestehen, zur Zerstörung des Felles führt bzw. des Schaftes. Per Hand konnte man dies ausgleichen und entsprechend berücksichtigen. Dies bedeutet einerseits, dass selbstverständlich das Fell hierbei geschont wird, andererseits aber dass per Hand minderwertiges Material verarbeitet werden kann, was durch diese Zwickmaschine aber nicht möglich ist, so dass hier für die QualitätSicherung die Maschine mit Sicherheit höherwertiger ist als die Zwickung per Hand.
Der Fersenbereich wird in einer eigenen Fersenzwickmaschine erstellt. Diese Zwickmaschine arbeitet nach den gleichen Prinzi-
pien wie oben. In den Zwickvorgangsphasen sowohl für den vorderen als auch den hinteren Bereich wird zuvor das Futter insbesondere für die Ferse und die Fersenkappe oder orthopädisch notwendigen Hinterkappenarten eingearbeitet, damit diese bei dem Zwickvorgang gleich miteingearbeitet werden kann. Dies ist bei Notwendigkeit einer Stahlkappe nicht der Fall. Für die Vorderblattzwickung ist hierbei zunächst erforderlich, dass das Futter gezwickt wird. Danach wird die Stahlkappe übergearbeitet und darüber dann das Vorderblatt gezwickt.
Der Zwickvorgang wird über beide Bereiche jeweils mittels Kontaktkleber durchgeführt. Das aufwendige Festtackern sowie deren spätere Entfernung entfällt somit.
Eventuell freie offene Bereiche des Schaftes zwischen Spitzen und Fersenbereich können mit einer Seiteneinrollmaschine befestigt werden.
Beim Bodenbau werden die Fertigsohlen auf den gezwickten Bereich aufgebracht bzw. verklebt. In dieser Phase werden Besonderheiten im Sohlenbau berücksichtigt wie z.B. eine Stahlfeder, die dafür vorgesehen ist, dass der Boden eine gewisse Festigkeit im hinteren Bereich erhält, sowie auch andere orthopädietechnische Vorgaben, die allerdings auch medizinischerseits vorgegeben werden.
In einer Bodenpresse wird eine feste Einheit zwischen der Sohle und dem Restaufbau des Schuhs gewährleistet.
Zur Endmontage werden nun noch die zugerichteten Bettungen in die fertigen Schuhe eingelegt .
Verschiedene spezielle Bodenpressen gewährleisten durch ihren entweder sohlenseits- oder seitlich- oder auch kombiniert wir-
kenden hohen Anpressdruck eine feste Verbindung zwischen Sohlen und Restaufbau des Schuhs. Diese Arbeitsschritte gelten für orthopädische Maßschuhe aller Art . (Arbeitsschuhe, Straßenschuhe, Hausschuhe, Turnschuhe usw.).
Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass durch den Scannvorgang des Fußes , die Einblendung des Fußröntgenbildes der Rechner ü- ber alle Daten verfügt, die erforderlich sind, um die verschiedensten Bearbeitungsmaschinen zu steuern und einen Schuh zu erzeugen, der in noch höherem Maße individuellen Gegebenheiten Rechnung trägt als ein Schuh, der im herkömmlichen tradionellen Verfahren hergestellt worden ist.
Bevor mit der eigentlichen Fertigung begonnen wird, sind somit alle Merkmale und Eigenschaften des maßgenauen Schuhs festgelegt.