PHARMAZEUTISCHE ODER KOSMETISCHE ZUSAMMENSETZUNGEN ZUR LOKALEN, INTRADERMALEN APPLIKATION VON HORMONEN
Die Erfindung betrifft pharmazeutische oder kosmetische Zusammensetzungen zur lokalen intradermalen Applikation von Estrogenen
Weibliche Sexualhormone können hinsichtlich ihrer estrogenen Wirkung als stark und schwach wirksam unterschieden werden Pharmakologisch gilt Estπol als schwach wirksames Estrogen, d h die systemische Wirksamkeit ist im Vergleich zu den anderen Estrogenen wesentlich geringer Überraschenderweise wurde jedoch von Punnonen et al (Punnonen R , Vaajalahti P , Teisala K , Ann Chir Gynaecol Suppl 1987, 202, 39 - 41 ) gefunden, daß Estπol nach lokaler Applikation die Elastizität der Haut aufrechterhalt Dies geschieht durch die Erhöhung dicker, zueinander orientierter elastischer Fasern, wie auch durch Eingriff in die Kollagen-Synthese (Schmidt, J B , Binder, M , Demschik, G , Bieglmayer C , Reiner, A , Int J Dermatol 1996, 35, 669 -74)
Wie Wendker et al (Arch Derm Res 1976, 256 67 - 74) bereits feststellten, ist das Penetrationsvermogen von Estπol gegenüber anderen Estrogenen sehr gering Es gelingt also mit herkömmlichen galenischen Zubereitungen (Oleogele, Hydrogele, Emulsionssalben) nur unzureichend, Estπol in die menschliche Haut zu transportieren Dennoch gelangt ein erheblicher Teil des penetπerten Wirkstoffs in die Blutbahn
Transdermale therapeutische Systeme sind dazu geeignet, den Wirkstoff insbesondere durch die Haut zu befordern, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Penetrations- und/oder Permeationspromotoren Diese bewirken häufig eine vorübergehende Schädigung der oberen Hautschichten, welche deren Einsatz problematisch macht
DE 196 35 883 A1 beschreibt ein transdermales therapeutisches System einer Kombination von Estπol mit einem oder mehreren weiteren Wirkstoffen, bevorzugt solchen, welche die unterstutzende Wirkung von Estπol bei der Behandlung von Osteoporose, Arterosklerose und Herzinsuffizienz ausnutzen dazu zahlen beispielsweise Beta-Blocker und Ca-Antagonisten
WO 95/22322 beschreibt ein transdermales therapeutisches System zur Applikation von Sexualsteroiden welches im Falle von Estπol Penetrationsverstarker und Kπstallisationsinhibitoren enthalt Diese Systeme sind für eine intraαermale Anwendung unbrauchbar da das Ziel dieser Systeme sein soll den Wirkstoff systemisch verfugbar zu machen
Dagegen beschreibt WO 93/18774 die Verwendung von Estπol zur Herstellung eines transdermalen den Wirkstoff kontinuierlich freisetzenden Arzneimittels zur Behandlung von klimakteπscher Osteoporose Hierbei wird eine galenische Formulierung offenbart welche die vollständige systemische Verfügbarkeit von Estπol gewahrleistet
EP 0 765 663 A2 beschreibt die Verwendung von Dienogest oder eine Kombination von Dienogest und einem Estrogen zur Behandlung von Acne vulgaπs Seborrhoe Alopezie und Androgemsierungssymptomen der Frau mit einer pharmazeutischen Zubereitung, die lokal den Wirkstoff verfugbar macht und systemische Nebenwirkungen verhindert Ziel dieser Erfindung ist es jedoch, Dienogest lokal zur Verfugung zu stellen, wobei das Estrogen, wenn notig lediglich als unterstutzendes Agens zugesetzt werden soll
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es eine pharmazeutische oder kosmetische Zusammensetzung zu schaffen, bei der die Hormone in den oberen Hautschichten gehalten werden und wobei die Hormone keine systemische Wirkung aufweisen
Die Aufgabe wird dadurch gelost, daß eine pharmazeutische oder kosmetische Zusammensetzung zur lokalen, iπtradermalen Applikation von Estrogenen, enthaltend mindestens ein Estrogen in Kombination mit einem Strukturbildner in einer gemeinsamen Matrix geschaffen wird
Unter dem Begriff „Estrogen" werden in der vorliegenden Erfindung steroidale oder nichtsteroidale Substanzen die das Wachstum der Genitalorgane stimulieren, die weibliche Sexualcharakteπstika entwickeln und die ein ruhendes Endometnum mehr oder weniger prolifeπeren können insbesondere Human-Estrogene, wie Estron, Estradiol, Estratnol, Equiden-Estrogene wie Equihn 17 -Estradιol Phytoestrogene wie Rhaponticin, verstanden
Besonders vorteilhaft ist es wenn das Estrogen ein synthetisches oder biogenes Estrogen oder eine Verbindung ist welche eine der vorgenannten Verbindungen nach Applikation rasch abspaltet beispielsweise verestertes Estrogen wie Estradiolvalerat oder -benzoat Estrogensulfamat konjugiertes Estrogen wie Estronsulfat oder Estπolglukuroπid oder ein Gemisch naturlicher und/oder synthetischer Estrogene darstellt, wie beispielsweise ein Extrakt aus bestimmten Palmkernen
Erfindungsgemaß besonders bevorzugt ist es daß das Estrogen Estπol oder α- oder ß- Estradiol ist oder eine Verbindung ist welche eine der vorgenannten Verbindungen nach Applikation rasch abspaltet
Die erfmdungsgemaße Zusammensetzung ist ferner dadurch gekennzeichnet daß der Strukturbildner beispielsweise ausgewählt ist aus Saccharose Lactose Mannitol, Mannitose, Bernsteinsaure oder einer Mischung der vorgenannten Stoffe
Besonders vorteilhaft ist es, daß die Matrix eine molekulardisperse Verteilung des Estrogens in einem Strukturbildner ist, wobei der Strukturbildner beispielsweise ausgewählt ist aus Saccharose, Lactose, Mannitol, Mannitose Bernsteinsaure oder einer Mischung der vorgenannten Stoffe
Erfindungsgemaß bevorzugt ist es ferner, daß die molekulardisperse Verteilung zusatzlich einen Hilfsstoff enthalt welcher beispielsweise ausgewählt ist aus Polyethylenglycolen Polyvinylpyrrolidonen Cellulosedeπvaten oder deren Mischungen
Erfindungsgemaß ist es auch, daß die Matrix in einer für die intradermale Anwendung geeigneten Grundlage, wie beispielsweise Cremes Salben, Emulsionen, Suspensionen, Gelen oder anderen halbfesten Systemen gelost suspendiert oder emulgiert ist
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung der erfindungsgemaßen Zusammensetzung zur Hersteilung eines Arzneimittels, beispielsweise von Cremes Salben, Emulsionen Suspensionen Gelen oder anderen halbfesten Systemen, zur Behandlung von Hautalterung und zur Faltenreduktion der Haut
Es kommt also vor allem darauf an. die systemische Wirkung der Hormone (Estrogene) so gering wie möglich zu halten. Die systemische Verfügbarkeit ist in diesem Falle eine Wirkung, die für die lokale Anwendung in der Haut unerwünscht ist.
Im Gegensatz zu den Zubereitungen des Standes der Technik bewirkt die erfindungsgemäße Zusammensetzung zwar die Permeation von Estrogenen durch die Haut hindurch, aber eine hohe systemische Verfügbarkeit und Wirkung tritt nicht auf.
Die vorliegende Erfindung löst somit in hervorragender Weise die Aufgabe eine pharmazeutische oder kosmetische Zubereitung zur Verfügung zu stellen, welche Hormone, vorzugsweise Estriol, α- und ß-Estradiol, in ausreichendem Maße in die Haut eindringen läßt (Penetration) und gleichzeitig das Hormon in den oberen Hautschichten als Depot fixiert, so daß die Hormone die Haut nicht vollständig durchdringen (Permeation). Dadurch ist es überraschenderweise möglich, Alterungserscheinungen der Haut bzw. Faltenbildung zurückzudrängen oder den Status quo zu bewahren.
Der Grundgedanke der Erfindung besteht darin, daß durch die erfiπdungsgemäße Zubereitung Wasser in den oberen Schichten der Haut angereichert wird, das als Depot für die Hormone dient. Dadurch scheint eine lokale Wirksamkeit ermöglicht zu werden, jedoch gleichzeitig ein Durchdringen der Haut und damit eine systemische Wirkung ausgeschlossen.
In einer Vielzahl systematischer Untersuchungen mit den für eine Beeinflussung des Hautdurchtritts bekannten Stoffen wurde gefunden, daß in jedem Falle der Anwendung dieser Stoffe auch der Hautdurchtritt und damit die systemische Verfügbarkeit gefördert wird. Überraschenderweise zeigte sich, daß spezielle Strukturbildner geeignet sind, Hormone in der Haut anzureichern. Die Hormone werden zunächst mit den Strukturbildnern in eine gemeinsame Matrix gebracht. Hierzu sind gegebenenfalls weitere Hilfsstoffe erforderlich. Aus der Matrix aus Hormon und Strukturbildner und gegebenenfalls weiteren Hilfsstoffen wird mit einem geeigneten Dispersioπsmittel die pharmazeutische oder kosmetische Zubereitung hergestellt. Als pharmazeutische oder kosmetische Zubereitung kommen Cremes, Salben, Emulsionen, Suspensionen, Gele und ähnliche halbfeste Systeme in Frage. Zur Herstellung dieser Matrix werden an sich bekannte Technologien wie Sprühtrocknung, oder Sprüheinbettung verwendet.
Es ist bekannt, daß Strukturbildner der Wasserstruktur, zu denen beispielsweise Saccharose, Lactose oder Mannitol gehören, nach Hüttenrauch und Fricke [Hüttenrauch et al., Pharmazie 40, H. 6. 1985] die Wasserstruktur dahingehend beeinflussen können, daß aufgrund der Erhöhung des Ordnungsgrades des Wassers dieses hydrophobisiert wird. Das hat zur Folge, daß in die Haut eindringendes Wasser durch diese Substanzen in den oberen lipophilen Hautschichten, speziell in den "intercellular Spaces" gehalten werden kann. Dieses "Depot"' führt zu einem Feuchthalten und gleichzeitigen Straffen der behandelten Haut.
Diese verstärkte Einlagerung von Wasser in die Haut kann mit hochauflösender NMR-Bildgebung nachgewiesen werden. Es gelang, nach Auftragen einer erfindungsgemäßen Zubereitung, die eine Matrix aus Hormon und einem geeigneten Strukturbildner enthält, das Bild gemäß Figur 1 zu erhalten. Im Vergleich der Seiten des Fingers links oben (L) und rechts unten (R) zeigt Fig. 1 , daß durch die erfindungsgemäße Zubereitung in verstärktem Maße Wasser in die oberen Hautschichten eingelagert wird, wodurch hier ein Hormondepot entsteht. Die hellen Bereiche der dargestellten Fingerkuppe (R) zeigen eine deutlich erhöhte Signalintensität der Protonenspindichten in den Hautarealen, die mit der Creme, die Strukturbildner enthält, behandelt wurden. Die dunklen Bereiche (L) zeigen eine Vergleichszubereitung ohne Strukturbildner, bei der die Wassereinlagerung nicht geschieht und das Hormon nicht gespeichert wird. Durch Bestimmung der Hormonkonzentration in der Blutbahn konnte gezeigt werden, daß im Falle der Vergleichszubereitung (L) verstärkt Hormon die Haut durchdringt und damit systemisch verfügbar wird. Bei der Zubereitung mit Strukturbildner (R) liegen die Hormonkonzentrationen unter der Nachweisgrenze, das heißt hier verbleibt das Hormon im Hautdepot.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß also dadurch gelöst, daß Hormone, vorzugsweise Estrogene wie Estriol oder Estradiol mit einem Strukturbildner der Wasserstruktur in eine Matrix eingebracht werden. Dies kann in Form einer festen Dispersion, eines gesprühten Prämixes (Vormischung) oder einer Mischung beider Formen erfolgen.
Die Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele näher erläutert.
Beispiel 1
Herstellung einer erfindungsgemäßen Zubereitung mit Estriol a) Herstellung der Matrix
Mittels Sprühtrocknung wird eine Matrix folgender Zusammensetzung hergestellt:
Estriol 2 Masseteile
Lactose 8 Masseteile Im Sprühprodukt ist Estriol gegenüber der Ausgangssubstanz partiell amorphisiert und hat eine Teilchengröße kleiner 8 μm (50 %). b) Herstellung der erfindungsgemäßen Zubereitung
Matrix 1 ,500 g
Dequaliniumchlorid 0,025 g
Docusat-Natrium 0,200 g
Propylenglycol 2,000 g
Dimeticon 350 2,000 g selbstemulgierendes Glycerolmonostearat 5,000 g mittelkettige Triglyceride 5,000 g
Softisan 601 35,000 g
Nicotinamid 6,100 g
Aqua 43,175 g
Beispiel 2
Herstellung einer erfindungsgemäßen Zubereitung mit Estradiol a) Herstellung der Matrix
Mittels Sprühtrocknung wird eine Matrix folgender Zusammensetzung hergestellt: Estradiol 3 Masseteile
Mannitol 7 Masseteile Im Sprühprodukt ist Estradiol gegenüber der Ausgangssubstanz partiell amorphisiert und hat eine Teilchengröße kleiner 8 μm (50 %).
b) Herstellung der erfindungsgemäßen Zubereitung
Matrix 1 ,25 g
Polyacrlysäure 0,50 g
Triethanolamin 0,50 g
Ethanol 96 % 10.00 g
Aqua ad 100,00 g
Beispiel 3
Herstellung einer erfindungsgemäßen Zubereitung mit Estriol a) Herstellung der Matrix
Mittels Sprühtrocknung wird eine Matrix folgender Zusammensetzung hergestellt: Estriol 1 Masseteil
Vinylpyrrolidon-Vinylacetat- 1 Masseteil
Copolymerisat 60/40 Lactose 8 Masseteile
im Sprühprodukt ist Estriol gegenüber der Ausgangssubstanz amorphisiert und hat eine Teilchengröße kleiner 8 μm (50%). b) Herstellung der erfindungsgemäßen Zubereitung
Matrix 5,00 g
Wollwachsalkoholsalbe ad 100,00 g
Beispiel 4
Pharmakokinetik von Estriol nach Applikation einer erfindungsgemäßen Zubereitung gemäß Beispiel 1.
Die Figur 2 zeigt die Pharmakokinetik von Estriol aus einer erfindungsgemäßen Zubereitung gemäß Beispiel 1.
Die in Fig. 2 dargestellten Blutspiegel zeigen deutlich, daß das systemisch verfügbare freie Estriol nach Anwendung einer erfindungsgemäßen Zubereitung gemäß Beispiel 1 im subtherapeutischen Bereich von nur bis zu 10 pg/ml liegt. Die Permeation ist somit sehr schwach ausgeprägt.
Beispiel 5
In vitro Bestimmung des Gehalts an Estriol in exzidierter Rindereuterhaut nach Applikation einer erfindungsgemäßen Zubereitung gemäß Beispiel 1.
Auf die exzidierte Rindereuterhaut (Dicke: ca. 1 ,0 mm, Fläche: 1 ,77 cm2) wurde eine pharmazeutische bzw. kosmetischen Zubereitung gemäß Beispiel 1 aufgetragen, die 1 % Estriol enthielt. Es wurde die transdermale Permeation mittels gesamtpermeierter Masse Estriol in 48 Stunden und die Penetration mittels Gehalt an Estriol im behandelten Hautareal bestimmt. Die Ergebnisse sind in Fig. 3 dargestellt.
Figur 3 ist eine Darstellung der permeierten und penetrierten Masse Estriol.
Die Masse Estriol, die in die Haut penetriert ist, ist nach 48 Stunden 50fach höher als diejenige, welche durch die Haut permeiert ist.