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Verfahren zur Reinigung von Thiocyanat und Thiosulfat enthaltenden
Kokerei-Abwässern Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Reinigen von Thiocyanat
und Thiosulfat enthaltenden Kokerei-Abwässern, aus denen gegebenenfalls Phenole
durch Selektivextraktion entfernt sind. Es ist bekannt, solche Abwässer mit Oxydationsmitteln,
wie Luft, oder irgendeinem anderen Sauerstoffträger bei erhöhter Temperatur zu behandeln,
um die giftigen Bestandteile der Abwässer unschädlich zu machen. Es ist ferner bekannt,
Abwässer zur Entfernung der giftigen Bestandteile, wie Phenole oder Cyanverbindungen,
mit starken Säuren, z. B. Schwefelsäure, und auch Oxydationsmitteln, z. B. Luft,
zu behandeln und in den hierbei entweichenden Gasen enthaltene Stoffe wiederzugewinnen.
Es ist ebenfalls bekannt, als Oxydationsmittel für die Abwasserreinigung Nitrate
zu verwenden. Nach der Erfindung werden als Oxydationsmittel Stickstofftrioxyd oder
sauerstoffreichere Stickstoffoxyde oder die zugehörigen Säuren etwa beim Siedepunkt
des Abwassers verwendet und die in den. hierbei entweichenden Gasen enthaltenen
Stickstoffoxyde in an sich bekannter Weise zu Salpetersäure umgesetzt; diese wird
erneut verwendet. Dieses Verfahren bietet nicht nur den Vorteil, daß die stark oxydierenden
höheren Stickstoffoxyde zu einer praktisch restlosen Entfernung auch von Thiocyanat
und Thiosulfat führen, sondern es ermöglicht auch überhaupt erst die Verwendung
dieser starken Oxydationsmittel für die Reinigung von Kokerei-Abwässern im praktischen
Betrieb, indem die entweichenden Stickstoffoxyde wiedergewonnen, in Salpetersäure
übergeführt und derart im Kreislauf
wieder verwendet werden. Es
entsteht beim Verfahren der Erfindung auch kein Nitrit, das beim Nitratverfahren
als giftiges Nebenprodukt in Kauf genommen werden muß.
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Nach der Erfindung wird aus dem oxydativ behandelten Abwasser noch
vorhandene Salpetersäure durch Behandlung mit Reduktionsmitteln, wie Schwefelwasserstoff,
in Form von Stickstoffoxyden beseitigt. Aus den bei der oxydativen Behandlung des
Abwassers entweichenden, Stickstoffoxyde enthaltenden Gasen wird vor ihrer Umsetzung
zu Salpetersäure Cyanwasserstoff durch Alkalibehandlung entfernt.
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Das Verfahren der Erfindung ist für die Behandlung folgender bei der
Herstellung von Kohlengas anfallenden ammoniakalischen Lösungen geeignet: I. Ammoniakwasser,
aus dem durch Wasserdampfdestillation der größte Teil des Ammoniaks und gleichzeitig
des Schwefelwasserstoffs und ein kleiner Teil der phenolischen Bestandteile entfernt
sind; a. Lösungen der vorbeschriebenen Art, die zur Entfernung der phenolischen
Bestandteile beispielsweise mit einem Lösungsmittel behandelt sind; 3. Lösungen
von Kalzium-, Natrium- oder anderen Alkalisalzen, welche den in solchen Lösungen
üblicherweise enthaltenen Ammonsalzen entsprechen und bei der zur Gewinnung weiteren
Ammoniaks mit nichtflüchtigen Alkalien durchgeführten Destillation anfallen; 4.
konzentrierte Lösungen schädlicher Salze, wie Thiosulfat und Thiocyanat, die beispielsweise
durch Verdampfung oder Ionenaustausch gewonnen werden.
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Das Verfahren der Erfindung läßt sich auf einfachste Weise auf bei
einer Destillation anfallende Lösungen mittels Salpetersäure in einem Kessel oder
Verdampfer bei oder in der Nähe des Siedepunktes durchführen. Die entwickelten Stickstoffoxyde
können mit Luft gemischt und in eine andere Stufe des Oxydationsverfahrens eingeleitet
werden, oder sie können mit Luft oder Sauerstoff und Wasserdampf zwecks Herstellung
von Sauerstoffsäuren des Stickstoffs, vornehmlich Salpetersäure, gemischt werden.
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Das Verfahren der Erfindung kann auch so ausgeführt werden, daß man
zunächst Ammoniak zu Stickstoffoxyd oxydiert, das Stickstoffoxyd mit Luft mischt
und die erhaltenen Stickstoffoxyde entweder als Gas in einem Waschturm üblicher
Bauart oder als Lösung mit der zu reinigenden Flüssigkeit umsetzt.
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Wie auch das Reinigungsverfahren durchgeführt wird, die in der letzten
Verfahrensstufe anfallenden Stickstoffoxyd enthaltenden Dämpfe werden in Salpetersäure
übergeführt, um zu vermeiden, daß sie ins Freie gelangen.
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Viele der in den zu reinigenden Flüssigkeiten enthaltenen giftigen
Stoffe reduzieren das Oxydationsmittel nicht weiter als bis zum Stickstoffoxyd,
so daß die nach der Oxydation verbleibenden Gase wieder oxydiert und verwendet werden
können. Die Verhältnisse liegen jedoch anders, wenn es sich um die giftigen phenolischen
Stoffe handelt, da die stabileren von ihnen in Nitroverbindungen übergeführt werden,
so daß das oxydierende Mittel nicht unmittelbar wiedergewonnen werden kann. Wenn
aus den giftigen Flüssigkeiten die organischen Stoffe entfernt sind, tritt kein
großer Verlust an Oxydationsmittel auf, und wenn beispielsweise das Oxydationsmittel
aus Salpetersäure besteht, sind die aufgewandten Mengen, umgerechnet auf die äquivalenten
Mengen Ammoniak, geringer als die durch Verschwelung einer bestimmten Gewichtsmenge
Kohle erhaltene Ammoniakmenge. Da Ammoniak zur Herstellung des Oxydationsmittels
verwendet werden kann, trägt sich eine Verschwelungsanlage selbst. Die gesamte in
der Verschwelungsanlage anfallende Abwassermenge kann nach dem Verfahren der Erfindung
behandelt werden, ohne daß das von der Verschwelungsanlage herrührende Oxydationsmittel
völlig aufgebraucht wird.
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Es können auch nichtammoniakalische Lösungen nach dem Verfahren der
Erfindung behandelt werden, z. B. das von den Eisenoxydreinigern herrührende Abwasser,
das wahrscheinlich Ferrocyanide, aber keine wesentlichen Mengen gelöster organischer
Substanzen enthält. Ferrocyanide sind nach dem Verfahren der Erfindung beispielsweise
durch Kochen mit Salpetersäure schwerer als die anderen Verunreinigungen zu entfernen.
Aber eine Verbesserung des Abwassers wird auf jeden Fall erreicht, da wenigstens
diese anderen Verunreinigungen zerstört werden. Wenn aber ein sehr reines Abwasser
verlangt wird, dann muß man die Ferrocyanide, die nur einen kleinen Teil des gesamten
Abwassers ausmachen, durch andere chemische Verfahren entfernen.
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Erfindungsgemäß können auch Abwässer behandelt werden, die in Flüssigkeitsreinigungsanlagen
beispielsweise bei der Entfernung von Schwefelwasserstoff aus Gasmischungen beim
Seaboard-Verfahren anfallen, insbesondere solche, bei welchen eine Anreicherung
der Oxydationsprodukte der in der Gasphase erzeugten Ammonverbindungen eintritt,
und die gewöhnlich Thiocyanate und Thiosulfate in Form ihrer Ammonsalze oder anderer
löslichen Salzen enthalten. In gleicher Weise können die Zirkulationsflüssigkeiten
behandelt werden, die beispielsweise nach einem noch nicht veröffentlichten Vorschlag
mit einer freies Ammoniak enthaltenden wäßrigen Lösung im Gleichstrom zur Befreiung
von Rauchgasen von Schwefeldioxyd durch eine Kammer geführt werden, falls das Ammoniak
aus dem Rohammoniakwasser der Kohlendestillation herrührt.
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Eine zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignete Anlage
zum Reinigen des bei einer Kohlenschwelanlage anfallenden Abwassers kann bestehen
a) aus einem Kessel oder Verdampfer, um beispielsweise die heißen abfließenden Lösungen
mit Salpetersäure zu behandeln, einem Waschturm üblicher Bauart, in welchem ein
Flüssigkeitsstrom der zu behandelnden Lösung mit Stickstoffoxyden zur
Umsetzung
gebracht wird oder aus einer Kombination von Kessel bzw. Verdampfer und Waschturm;
b) einer Anlage zur Wiedergewinnung der in der Stufe a) anfallenden Stickstoffoxyde,
in welche Luft zur Bildung höheroxydierter Stickstoffoxyde eingeführt werden kann.
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Als ein Beispiel einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung zwecks
Reinigung einer Ammoniaklösung sei folgendes angegeben Die beispielsweise bei einem
einfachen Destillationsverfahren anfallende Lösung wird gekühlt und dann zur Entfernung
der Phenole mit einem mit der Lösung nicht mischbaren Lösungsmittel, z. B. Butylacetat,
extrahiert.
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Die Lösung wird dann erforderlichenfalls wieder erhitzt und mit Salpetersäure
in einem Verdampfer, in welchen Dampf eingeleitet wird, behandelt. Die entwickelten,
hauptsächlich aus Cyanwasserstoff und Stickstoffoxyd bestehenden Dämpfe werden mittels
Wasser in dem oberen Teil des Verdampfers gekühlt und dann zur Wiedergewinnung von
Salpetersäure in einen Turm geleitet, in welchem sie sich, mit Luft gemischt, mit
Wasser oder kaltem gereinigtem oder ungereinigtem Abwasser umsetzen, das oben in
den Turm eingeführt wird. Die wiedergewonnene Säure enthält stets salpetrige Säure.
Eine Mischung von Salpetersäure und salpetriger Säure ist, wie gefunden wurde, wirksamer
als reine Salpetersäure. Mit der Luft wird gleichzeitig eine zusätzliche Menge von
Stickstoffoxyden, die in einer besonderen Ammoniakoxydationsanlage gewonnen sind,
in den Turm geleitet. Wenn Stickstoffoxyde nicht in die entsprechende Säure übergeführt
sind und die Gase Cyanwasserstoff enthalten sollten, werden sie durch ein Bett heißen
Brennstoffs oder durch eine feuerbeständige Masse geleitet, die durch eine Gasflamme
erhitzt ist. Dann sind die Gase völlig unschädlich und können ins Freie geführt
werden. Die in dem Turm gebildete Säure wird dann im Kreislauf zu dem Verdampfer
zur Umsetzung mit weiterem Abwasser zurückgegeben.
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Falls der Cyanwasserstoff gewonnen werden soll, werden die aus dem
Verdampfer kommenden Gase zunächst in eine Natriumcarbonatlösung geleitet, um die
Salpetersäure zu entfernen, und dann durch eine Ätznatronlösung geführt, um den
Cyanwasserstoff zu absorbieren. Der Cyanwasserstoff wird dann als Natriumcyanid
gewonnen, und die Gase werden erst nach der Entfernung des Cyanids in den Turm geleitet.
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Die heiße, schwach saure, aus dem Verdampfer kommende Lösung wird
durch ein Filter aus aktiver Kohle geführt, um die Phenole herauszuholen, die nicht
durch das Butylacetat extrahiert und in Nitrophenole übergeführt wurden. Diese Nitrophenole
sind wegen ihrer stabilen Konfiguration nicht sehr giftig, aber trotzdem müssen
sie manchmal entfernt werden. Die Kohle kann durch Behandlung mit einem löslichen
Alkali aufgefrischt und das Abfallprodukt konzentriert und beispielsweise durch
Verbrennen entfernt werden. Wenn das Abwasser durch das Filter aus aktiver Kohle
gegangen ist, wird es in einem Filter neutralisiert, das beispielsweise von der
Wasserenthärtung herrührenden Kalk, Kalkstein oder Marmor in granulierter Form enthält.
Hierbei wird nicht nur überschüssige Salpetersäure neutralisiert, sondern z. B.
auch die durch die Oxydation von Thiosulfat entstandene Schwefelsäure. Schließlich
wird das Abwasser einer biologischen, von der Abwasserreinigung her bekannten Oxydation
unterworfen, vorzugsweise nachdem es mit städtischen Abwässern vermischt ist.
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Die in dem heißen, von dem Verdampfer kommenden Abwasser enthaltene
überschüssige Salpetersäure kann vor dem Durchgang durch das aktive Kohlefilter
mit Hilfe eines Reduktionsmittels entfernt werden. Die bei der Zersetzung der Salpetersäure
entwickelten Stickstoffoxyde lassen sich wiedergewinnen. Als Reduktionsmittel ist
beispielsweise das durch Verbrennen von Schwefel, erschöpftem Oxyd oder irgendeinem
anderen schwefelhaltigen Stoff erhaltene Schwefeldioxyd geeignet. Da eine Verdünnung
der aus dem Kessel entweichenden Gase unerwünscht ist, ist Schwefelwasserstoff,
der in verhältnismäßig konzentrierter Form in den Gaswerken anfällt, ein bevorzugtes
Reduktionsmittel. Das zum aktiven Kohlefilter kommende Abwasser ist salpetersäurefrei,
aber noch sauer.
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Einen Anhaltspunkt für den nach dem Verfahren der Erfindung erzielten
Reinigungsgrad bietet eine Anlage, in welcher stündlich 4,5 cbm Abwasser anfallen,
das einen Sauerstoffbedarf von Iooo hat. Durch Extraktion des größten Teils der
Phenole, beispielsweise mittels Butylacetats, kann der Sauerstoffbedarf auf Zoo
heruntergesetzt werden, und nach der Behandlung mit Salpetersäure kann der Sauerstoffbedarf
noch auf 4o bis 5o herabgesetzt werden. Das Abwasser, welches durch das aktive Kohlefilter
und das Neutralisationsfilter gegangen ist, hat nur noch einen Sauerstoffbedarf
von Io. Dieses Abwasser kann mit befriedigendem Erfolg auf die in der städtischen
Abwasserbehandlung übliche Weise biologisch oxydiert werden. Eine weitere Verbesserung
wird dadurch erreicht, daß man das Abwasser mit dem Abwasser der städtischen Haushalte
vermischt, um so bessere Voraussetzungen für die biologischen Oxydationsfilter zu
erhalten. Grundsätzlich kann demnach das in einer erfindungsgemäßen Anlage behandelte
Abwasser ohne eine weitere Abwasserbehandlung in die Flußläufe geleitet werden.
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Die bisherigen Versuche, hochgiftiges Ammoniakdestillationswasser
biologisch zu behandeln. schlugen fehl, da eine biologische Oxydation bei einem
Anfangs-Sauerstoffbedarf von Iooo nicht durchgeführt werden kann. Man mußte deshalb
bisher die stark giftigen Abwässer 2ofach verdünnen, so daß man 20 - 4.,5 cbm stündlich
behandeln mußte. Das so verdünnte Abwasser, welches einen Sauerstoffbedarf von 5o
hat, kann schließlich auf einen Sauerstoffbedarf von 15 gebracht werden. Solches
Wasser kann aber lediglich in die Abwasserreinigungsanlagen, nicht jedoch in die
Flußläufe gegeben
werden. Trotz des großen Raumbedarfes und der
hohen Anlagekosten der bekannten Einrichtungen zum Aufarbeiten von Abwässern bleibt
das Abwasser noch verhältnismäßig unrein.
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Bei den vorstehenden Zahlen ist das Ammoniak nicht berücksichtigt,
das giftig sein kann, aber nicht auf die übliche Bestimmung des Sauerstoffverbrauches
mit Kaliumpermanganat reagiert.