-
Verfahren zum Entfluorieren von Rohphosphat Die Rohphosphate bestehen
- mit ganz wenigen Ausnahmen - im wesentlichen aus Fluorapatit, dem man gewöhnlich
die Formel Calo (P 04) s F2 zuschreibt. Die meisten Rohphosphate enthalten noch
einen gewissen Überschuß an Calciumfluorid, der bis zu etwa 4o0/9 der durch die
Formel wiedergegebenen Zusammensetzung betragen kann. Da das Fluor toxische Wirkungen
ausübt, können die Rohphosphate nicht als Futtermittelzusatz verwendet werden. Auch
für die Pflanzenernährung sind sie wegen ihrer außerordentlich geringen Löslichkeit
im Boden nicht brauchbar.
-
Es sind eine ganze Anzahl Verfahren bekannt, nach denen der Fluorapatit
unter Austreibung des Fluors in für die Tier- und Pflanzenernährung brauchbare Phosphatverbindungen
umgewandelt wird. So kann man das Fluor durch Glühen bei Gegenwart von Kieselsäume
und Wasserdampf als Fluorwasserstoff austreiben, wobei der Apatit in a-Tricalciumphosphat
umgewandelt wird, ein Vorgang, der durch die nachfolgende Gleichung wiedergegeben
wird. Caiu (P 04) s F2+ S' 02 -f- H2 O = 3 Ca. (P 04)2+Ca 5i 03-1-a H F Die technische
Durchführung dieses Verfahrens s s tößt aber auf sehr große Schwierigkeiten, weil
infolge der ungünstigen Lage des Gleichgewichtes
zwischen dem Fluorwasserstoff
in der Gasphase und dem Calciumphosphat als Bodenkörper hohe Temperaturen - bis
zu 150o° -, große Gasvolumina und lange Reaktionszeiten aufgewendet werden müssen.
-
Man hat auch schon zur Erleichterung der Fluoraustreibung an Stelle
von Kieselsäure Phosphorsäure oder Schwefelsäure oder mit Schwefelsäure aufgeschlossenes
Phosphat, wie-Superphosphat, zugeschlagen. Ferner ist ein Zusatz von Alkalisilicaten
oder Alkaliphosphaten bekannt, durch den der Fluorapatit in Alkalicalciumphosphat
übergeführt wird. In der Praxis hat sich aber die Wirkung dieser Zusätze als nicht
so groß erwiesen, daß sich der dadurch bedingte Mehraufwand an Chemikalien gelohnt
hätte.
-
Es wurde nun gefunden, da.ß man das Fluor in wirtschaftlicher Weise
bei wesentlich tieferen Temperaturen austreiben kann, wenn man auf das Rohphosphat
ein Schwefeldioxyd, Sauerstoff und Wasserdampf enthaltendes Gasgemisch zur Einwirkung
bringt. Hierbei vollzieht sich die Entfluorierung im Sinne der nachfolgenden Reaktionsgleichung
Calp (P04)sF2+S 02-1-1/z 02-!--H20 =3 Ca, (P04)2+CaS04+z HF. Die Austreibung des
Fluors beginnt schon bei etwa 500° und geht bei 60o bis 700° mit beträchtlicher
Geschwindigkeit vor sich. Führt man sie bei Temperaturen über 90o°, z. B. bei 95o
bis 110o°, zu Ende, so entsteht - wie die Röntgenstruktur-Analyse des Reaktionsgemisches
ergeben hat - ein Gemisch von ß-Tricalciumphosphat und Calciumsulfat.
-
Bei längerer Einwirkung und niedrigerer Reaktionstemperatur, z. E.
bei 50o bis 850°, wird aber das primär gebildete Tricalciumphosphat weiter in Calciumpyrophosphat
umgewandelt.
-
Man hat es also durch Wahl der Reaktionsbedingungen in der Hand, die
Entfluorierung im Sinne der Erfindung so zu leiten, daß das Rohphosphat entweder
in Tricalciumphosphat oder Calciumpyrophosphat und Calciumsulfat umgewandelt wird.
-
Die Fluoraustreibung wird, wie weiter gefunden wurde, wesentlich erleichtert,
wenn man dem Rohphosphat kleine Mengen bekannter Katalysatoren beimischt, welche
die Oxydation des Schwefeldioxyds zu Trioxyd beschleunigen. Dafür kommt vor allen
Dingen Eisenoxyd in Betracht. Unter Umständen können aber auch andere bekannte Katalysatoren,
wie Vanadinoxyde, beispielsweise in Form von Vanadinschlacken od. dgl., benutzt
werden. Auch kleine Mengen Alkali, gegebenenfalls in Verbindung mit Eisenoxyd, beschleunigen
die Umsetzung.
-
Um eine gleichmäßige Verteilung und feste Verankerung des Katalysators
auf dem Phosphat zu erzielen, hat es sich als besonders zweckmäßig erwiesen, eine
Lösung des Katalysators, z. B. eines Eisensalzes, mit dem Phosphat zu vermischen.
Durch Umsetzung des Eisensalzes mit dem Phosphat wird auf jedem Phosphatkörnchen
eine kleine Menge Eisenhydroxyd niedergeschlagen, das bei Reaktionstemperatur in
Eisenoxyd übergeht.
-
Während man das Phosphatgemisch bei der bekannten Entfluorierung mit
Kieselsäure und Wasserdampf meist in Gestalt größerer Gran.alien, z. B. der Korngröße
5 bis 1o mm, anwendet, hat es sich beim Verfahren der Erfindung gezeigt, daß dort
besser eine möglichst feinverteilte Form des Phosphates gewählt wird. Die Sulfatisierung
des Phosphates ist nämlich mit einer Volumenvergrößerung verbunden, so daß sich
die Oberfläche der Körnchen verdichtet, wodurch das Eindringen der Reaktionsgase
in das Innere erschwert wird.
-
Für die technische Durchführung des Verfahrens eignen sich alle Ofentypen,
die einen innigen Kontakt der Reaktionsgase mit dem Ofengut zulassen, wie Drehöfen
mit Rieseleinbau, Wirbelsch.ichtöfen od. dgl.
-
Als S O"-haltige Reaktionsgase benutzt man die Abgase der Schwefel-
oder Schwefelwasserstoffverbrennung, Röstgase von Schwefelkiesöfen oder sonstige
S 02 haltige Abgase von Industrieöfen, deren Wassergehalt gegebenenfalls noch durch
Zuführen von zusätzlichem Wasserdampf auf das Verhältnis von 1 Volumteil S 02 zu
mindestens 1 Volumte.il Wasserdampf eingestellt wird. Zweckmäßig verbindet man diese
Ofen mit dem Entfluorterungsofen, so daß der Wärmeinhalt der Gase, die meist eine
Temperatur von etwa 70o bis 90o° aufweisen, für den Entfluorierungsprozeß ausgenutzt
wird. Da dieser exotherm verläuft, bedarf es zu seiner Durchführung nur noch einer
geringen zusätzlichen Wärmezufuhr. Dadurch erfährt das Verfahren der Erfindung eine
besonders wirtschaftliche Ausgestaltung und überlegenheit gegenüber allen bekannten
Entfluorierungsprozessen, die zu ihrer Durchführung sehr erheblicher Wärmemengen
bedürfen.
-
Die erfindungsgemäß entfluorierten Phosphate können als Düngemittel
oder Futtermittelzusatz Verwendung finden. Mit Vorteil benutzt man die ganz oder
auch nur teilweise von Fluor befreiten Phosphate als Ausgangsstoffe für alle technischen
Verfahren, bei denen der Fluorgehalt der Phosphate zu Störungen oder Ausbeuteminderungen
Anlaß gibt, z. B. für die Herstellung von citratlöslichen Glühphosphaten, wie Kaliglühphosphat,
oder von Alkaliphosphaten.
-
Da ein Teil des Kalkes in den erfindungsgemäß entfluorierten Phosphaten
bereits an Schwefelsäure gebunden ist, können sie zweckmäßig auch für die bekannte
Herstellung von Phosphorsäure durch Aufschluß mit Schwefelsäure oder von Mischdüngern
durch Aufschluß mit Salpetersäure dienen, weil der Verbrauch an Aufschlußsäure entsprechend
geringer ist. Besonders geeignet für diesen Zweck sind die entfluorierten Phosphate
auch aus dem Grunde, weil bei dem Entfluorierungsprozeß gleichzeitig die in den
Rohphosphaten meist enthaltenen organischen Substanzen zerstört werden, die beim
Aufschluß mit Schwefelsäure zu sehr lästigen
Schäumen und zur Entwicklung
von Stickoxyden bei der Behandlung mit Salpetersäure Anlaß geben.
-
In der USA.-Patentschrift 2
531 046 wird ein Verfahren beschrieben,
nach dem eine Entfluorierung von Rohphosphaten durch Erhitzen in einem Strom chlor-
bzw. chlorwasserstoffhaltiger Gase gelingen soll. Hierbei wird das Fluor des Fluorapatites
durch Chlor substituiert, und es entsteht Chlorapatit. Nachteile dieses Verfahrens
liegen unter anderem darin, daß erheblich höhere Temperaturen aufgewendet werden
müssen als beim erfindungsgemäßen Verfahren und daß der Chlorapatit nur als Futtermittelzusatz
Verwendung finden kann. Wegen seiner Unlöslichkeit und seines Chlorgehaltes ist
er aber nicht für weitere Verwendungszwecke brauchbar, wie z. B. als Düngemittel
oder als Ausgangsstoff für die Herstellung sonstiger technischer Phosphate. Ausführungsbeispiele
i. Der Vorgang der Entfluorierung durch Einwirkung von S02-, OZ- und H20-haltigen
Gasen und die Wirkung von Katalysatoren gemäß der Erfindung wird durch folgende
Vergleichsversuche veranschaulicht: Gemahlenes Pebblephosphat mit einem Gehalt von
33,5010 P205, 1,0 1/0 S O3 und 3,72% F wurde unter Zusatz von wenig Wasser oder
Katalysato.rlösung granuliert (Korngröße o,4 bis 2,0 mm) und jeweils i Stunde bei
einer von 74o auf 86o" ansteigenden Temperatur im Röhrenofen in einem gleichmäßigen
Strom von wasserdampfhaltigen Röstgasen mit 6,6% S 02 geglüht. Das nach 15 Minuten
und i Stunde aus je
50 g Phosphat ausgetriebene Fluor wurde bestimmt. Die
angewendeten Mengen Katalysator und die Ergebnisse der Behandlung sind nachfolgend
aufgeführt:
Katalysator |
°/° Fe S 0 4 |
ohne 1,9 °/o Fe S 04 I + 1,9 1,0 0 /0 K2 S 04
( 3,8 °/° Fe S 04 |
I |
Im Glühprodukt nach istündiger |
Behandlung |
°/o P205 . .. .. .. .. .. ... .. .. . 32,2 31,0 30,2
30,0 |
% S O3 . . . . . . . . . . . . . . ...... 9,4
11,7 17,5 18,6 |
% F ...................... 2,00 1,62 1,07 o,98 |
% vom F ausgetrieben nach |
15 Minuten ................ 17 25 28 29 |
i Stunde .................. 46 54 69 I 71 |
Die letzte Reihe der vorstehenden Tabelle läßt den bedeutenden Einfluß der zugesetzten
Katalysatoren auf die Fluoraustreibung erkennen. Wie die weiteren Versuchsbeispiele
:2 und 3 zeigen, wird das Fluor bei etwas verlängerter Einwirkung der Reaktionsgase
praktisch fast vollständig ausgetrieben.
-
2. Marokkophosphat mit 34,0% P20,51 i,6 °/o SO, und 4,2 % F wurde
unter Zusatz von 3 0/0 Fee 03 in Form von Beizlaugen granuliert und 1,5 Stunden
in einem Strom von wasserd'ampfhaltigen Röstgasen mit 6,7% S 02 bei 73o bis 98o"
geglüht. Das Fluor wurde bis auf einen Rest von 0,35% entfernt, was einer Fluoraustreibung
von 9i0/0 entspricht. Das Glühprodukt enthielt 29,9°/o P2 05 und 16,7 °/o S 03 und
war zu 82 % in 21/oiger Citronensäure löslich. Das Röntgendiagramm zeigte ausschließlich
Interferenzen des fl-Tricalciumphosphates und Calciumsulfates.
-
3. Wurde das gleiche Phosphat dagegen unter Zusatz von i % Fe2 03
und i % K2 S O4 nur bei 70o bis 740' und unter Verlängerung der Reaktionszeit auf
5 Stunden geglüht, so enthielt das Glühprodukt 25,2 % P2 05, 30,5'/o S 03 und o,
i 3 % F. Das Phosphat war nahezu vollständig in Calciumpyrophosphat umgewandelt
und das Fluor zu 96% ausgetrieben.
-
4. Marokkophosphat mit 31,8% P205 und 4,08% F wurde unter Zusatz von
2% Fe203 2,5 Stunden bei 76o bis io8o" in einem Strom von feuchtem Röstgas mit 6,7%
S02 geglüht. Das Fluor war dann zu 951/o ausgetrieben. Das Glühprodukt enthielt
29,6% P205, 17,9% S03 und o,i8°/o F. Die Löslichkeit in 2°/oiger Citronensäure war
mit 88% unerwartet hoch, denn reines ß-Tricalciumphosphat mit 45,8°/o P205 weist
nur eine Löslichkeit von 7011/o auf.