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Verfahren zur Herstellung von Vinylidenchlorid und Vinylchlorid Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Chlorierung von Äthan oder eines Äthan-Äthylen-Gemisches,
das in der Hauptsache aus Äthan besteht und bei dessen Ausführung eine erhöhte Temperatur
angewandt wird sowie Bedingungen eingehalten werden, daß als Reaktionsprodukte hauptsächlich
Vinylidenchlorid und Vinylchlorid erhalten werden.
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Insbesondere wird erfindungsgemäß ein Verfahren beansprucht, bei
dem Vinylidenchlorid (I, I-DiChlOräthylen) durch direkte Chlorierung durch einen
einzigen Verfahrensschritt aus einer Ausgangsmenge von Kohlenwasserstoffen mit 2
Kohlenstoffatomen in guter Ausbeute erhalten werden kann. Bislang wurde Vinylidenchlorid
gewerblich aus Trichloräthan durch eine Chlorwasserstoffabspaltung erhalten. Theoretisch
ist es möglich Vinylidenchlorid in einem einzigen Verfahrensschritt durch direkte
Chlorierung von Äthylen nach folgender Gleichung zu erhalten:
Bei der Ausführung ergibt sich jedoch, daß die Ausbeute an Vinylidenchlorid, die
man durch eine derartige, unmittelbare Chlorierung von Äthylen erhalten kann, zu
niedrig ist, um wirtschaftlich zu sein. Denn die dabei gleichzeitig eintretende
Bildung einer großen Menge hochsiedender Polymerer verursacht einen zu großen Verbrauch
an Ausgangsmaterialien.
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Es wurde nun festgestellt, daß eine Chlorierung von Äthan in der
Hitze unter den nachfolgend angeführten Bedingungen zu einem wesentlich anderen
Ergebnis
führt. Hierbei erhält man Vinylidenchlorid gleichzeitig
mit Vinylchlorid in guter Ausbeute. Bezüglich dieser Erfindung wird auf die folgende
Beschreibung sowie auf die Zeichnung verwiesen.
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In dieser Zeichnung stellt Fig. I schematisch die Aufeinanderfolge
der Reaktionen dar und führt die hauptsächlichen Produkte an, so wie sie bei der
Behandlung von Äthan mit Chlor unter den Bedingungen der Erfindung anfallen.
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Fig. 2 zeigt im Fließschema die Bewegung der Materialien bei einer
bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens.
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Erfindungsgemäß wird die Chlorierung von Äthan mit gasförmigem Chlor
so geleitet, daß die Hauptreaktionsprodukte Vinylidenchlorid und Vinylchlorid sind,
wobei Mengen anfallen, die 60 bis So Molprozent, berechnet auf das verbrauchte Äthan,
entsprechen.
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Man erhält dieses Ergebnis, wenn man die Reaktionsbedingungen so einstellt,
daß die Chlorierung von Äthan von einer gleichzeitigen Chlorwasserstoffabspaltung
der primären, gesättigten, chlorierten Äthane begleitet ist, wobei die entsprechenden
ungesättigten Derivate gebildet werden. Die wesentlichen Bedingungen zur Herbeiführung
der obigen Ergebnisse sind folgende: I. die Aufrechterhaltung eines molaren Verhältnisses
von C12 zu C2H6 zwischen 1,9 und 3; 2. die Begrenzung der Maximaltemperatur in der
Reaktionszone auf etwa zwischen 450 und 600°; 3. eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer
der Gase in der Reaktionszone von 0,5 Sekunden und darüber und 4. die Zumischung
eines indifferenten, gas- oder dampfförmigen Verdünnungsmittelsze den Reaktionsgasen
in Mengen, die ausreichend sind, um die Reaktionstemperatur auf der gewünschten
Höhe zu halten.
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Bei praktischer Ausführung des Verfahrens wird eine Anzahl gesättigter
und ungesättigter, chlorierter Derivate des Äthans gebildet, wobei die einzelnen
Verbindungen entsprechend der Temperatur und dem C12-C2 H6-Verhältnis in verschiedenen
Mengen auftreten. Der Verlauf der Reaktion, obwohl an sich verwickelt, ist jedoch
durch die Reaktionsbedingungen hinreichend festgelegt. Er führt überwiegend zur
Bildung bestimmter Isomerer unter Vorzug vor den anderen möglichen Isomeren und
Derivaten.
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Die ablaufenden Reaktionen und dabei gebildeten Produkte werden schematisch
in Fig. I gezeigt. In dieser sind die Produkte angeführt, die bei der Reaktion von
Äthan mit I bis 4 Mol Chlor und bei der Chlorwasserstoffabspaltung der primär chlorierten
Äthane gebildet werden, sowie die Chlorierungsprodukte dieser durch Chlorwasserstoffabspaltung
erhaltenen Derivate.
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Die zunehmende Chlorierung von Äthan unter den Bedingungen vorliegender
Erfindung führt vorwiegend zur primären Bildung unsymmetrisch chlorierter Äthane
in folgender Reihenfolge:
Die gesättigten Chloräthane, die nach und nach gebildet werden, werden dabei entweder
zur nächsthöheren Chlorierungsstufe chloriert, oder sie erleiden eine Chlorwasserstoffspaltung,
wobei die entsprechenden, ungesättigten Verbindungen gebildet werden, die ihrerseits
durch Addition von Chlor an die Doppelbindung chloriert werden können oder auch
durch Substitution chloriert werden können. Diese Produkte können dann wiederum
eine Chlorwasserst offspaltung sowie Chlorierungen bei weiteren Behandlungsstufen
erfahren.
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Äthylchlorid C2 H5 Cl, das die erste Chlorierungsstufe -des Äthans
darstellt (vgl. hierzu Fig. I), wird selten in dem Reaktionsprodukt vorliegenden
Verfahrens gefunden und auch dann nur in sehr kleinen Beträgen, doch finden sich
Äthylen (C2H4), das Salzsäureabspaltungsprodukt der zuvor angeführten Verbindung
sowie die chlorierten Derivate des Äthylens stets an, wobei in dem Maße, wie das
Cl2-C2H(;-Verhältnis zunimmt, der Anteil des Äthylens abfällt und der Anteil der
chlorierten Derivate desselben ansteigt.
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Äthylidenchlorid (I, I-Dichloräthan) ist im Reaktionsprodukt nur
in geringer Menge enthalten. Dafür ist aber Vinylchlorid, das Produkt der Chlorwasserstoffabspaltung
aus obigem, in erheblichen Mengen zugegen, bis das Cl2-C2H6-Verhältnis sich der
Zahl 3 nähert. Die weiteren Chlorierungsprodukte des Vinylchlorids sind in dem Maße,
wie der Anteil des Vinylchlorids in dem Reaktionsprodukt absinkt, in steigenden
Beträgen zugegen.
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Methylchloroform (I, I, I-Trichloräthan) ist im Reaktionsprodukt
in geringer Menge zugegen. Sein Salzsäureabspaltungsprodukt, Vinylidenchlorid, findet
man aber stets in erheblichen Anteilen bei allen Verhältnissen von Chlor zu C2Hß.
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Äthylen, das durch Salzsäureabspaltung aus Äthylchlorid gebildet
wird, kann durch Anlagerung chloriert werden und bildet dabei Äthylenchlorid (I,
2-Dichloräthan). Letzteres erfährt leicht Salzsäureabspaltung und bildet dabei in
Gegenwart von Chlor Vinylchlorid.
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Äthylen kann auch unmittelbar durch Substitution chloriert werden
und bildet dabei Vinylchlorid.
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Äthylenchlorid ist nur in geringer Menge in den Umsetzungsprodukten
des Verfahrens enthalten.
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Die Chlorierung von Vinylchlorid durch Addition führt zur Bildung
von I, I, 2-Trichloräthan, das unter Salzsäureabspaltung bei den Reaktionsbedingungen
hauptsächlich cis- und trans-I, 2-Dichloräthylen bildet. Diese Verbindungen sind
im Reaktionsprodukt in geringem Betrage zugegen, der ansteigt, wenn das Cl2-C2Hß-Verhältnis
ansteigt, und in dem der Anteil an Vinylchlorid in dem Produkt abfällt.
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Unter den erfindungsgemäßen Verfahrensbedingungen werden geringe
Beträge an Tetrachloräthanen und deren Salzsäureabspaltungsprodukt Trichloräthylen
gebildet, in Beträgen, die mit wachsendem Cl2-C2Hß-Verhältnis ansteigen. Das unsymmetrische
I, I, I, 2-Tetrachloräthan ist unmittelbar ein Chlorierungsprodukt des Äthans, während
das symmetrische I, I, 2, 2-Tetrachloräthan indirekt vom Äthylen abgeleitet wird.
Unter erfindungsgemäßen Verfahrensbedingungen steigt der Betrag an Trichloräthylen
an, wenn besondere Bedingungen vorherrschen, die ein Abfallen der Ausbeute an Vinylchlorid
verursachen.
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Mithin liegen bei dem Verfahren, wie es Fig, I zeigt, zwei hauptsächliche
Reaktionsaufeinanderfolgen vor, die durch in gestrichelten Linien ausgeführte Recht-
ecke
dargestellt werden und die als die Äthanreihe und die Äthylenreihe bezeichnet werden
können. Das Hauptprodukt der Äthanreihe ist Vinylidenchlorid, das durch Chlorwasserstoffabspaltung
aus I, I, I-Trichloräthan gebildet wird. Bei der Äthylenreihe ist das Hauptprodukt
Vinylchlorid, das durch Chlorwasserstoffabspaltung aus I, I-Dichloräthan gebildet
werden kann oder durch Substitution aus Äthylen durch Chlorierung. Betrachtet man
das Verfahren unter dem Gesichtspunkt, daß eine maximale Ausbeute an Vinylidenchlorid
zu erzielen ist, so kann man Vinylchlorid als Produkt einer Nebenreaktion ansehen.
hervorgerufen durch Abspaltung von Chlorwasserstoff aus einem Teil des Äthylchlorids
und Äthylidenchloiids, die als primäre Produkte gebildet wurden.
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Vinylchlorid wird nicht irgendwie in in Betracht kommenden Mengen
durch Chlorierung in Vinylidenchlorid übergeführt.
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Man kann auch bei dem Verfahren Mischungen von Äthan und Äthylen
verwenden, wenn der Äthananteil mehr als 500/0 in der zugeführten Gasmischung ausmacht.
Allerdings erhält man hierbei eine etwas niedrigele Ausbeute an Vinylidenchlorid.
Falls Äthylen in der Ausgangsgasmenge enthalten ist, sollte das Volumverhältnis
von Chlor zu Kohlenwasserstoff in Übereinstimmung mit den verhältnismäßigen Verbindungsgewichten
von Chlor mit Äthan oder Äthylen eingestellt werden, damit man Derivate erhält,
die den gleichen Grad der Chlorierung aufweisen. Theoretisch erfordert Äthylen I
Mol Chlor weniger als Äthan, um chlorierte Äthanderivate zu bilden, die die gleiche
Zahl an Chloratomen aufweisen, wie die folgenden Cleichungen zeigen:
Benutzt man mithin eine Mischung von Äthan und Äthylen als Ausgangsgas, so liegt
das Molverhältnis von Chlor zu Kohlenwasserstoff bei 1,9 bis 3 für den Äthangehalt
des Ausgangsmaterials und von o,g bis 2 für den Äthylengehalt. Man kann dies durch
die folgende Gleichung ausdrücken: Mol C12 = x Mol C2H6 + (xI) MolC2H4 Hierin bedeutet
x einen Wert zwischen 1,9 und 3.
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Um für die Chlorierung vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden
drei Versuchsreihen ausgeführt, bei denen erstens Äthylen, zweitens eine Mischung
von einem Volumteil Äthylen und 2 Volumteilen Äthan und drittens Äthan als Ausgangsgas
verwendet wurden. Das Chlorvolumen entsprach in jedem Falle einem x-Wert von 2,7
in der obigen Formel. Das Ausgangsgas wurde mit einer ausreichenden Menge Frischdampf
vermischt, damit die Reaktionstemperatur ein Maximum von 530° nicht übersteigen
sollte.
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Die Durchschnittswerte der verschiedenen Versuchsreihen mit dem jeweiligen
Ausgangsgas zeigt die folgende Tabelle I, in der die Ausbeuten an Vinylidenchlorid
und Vinylchlorid, berechnet auf Kohlenwasserstoffgas im Ausgangsgas, angegeben sind.
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Tabelle I
Ausbeute in 01* |
Vinyl- |
Ausgangsgas Vinyl- ins- |
iden- |
chlorid gesamt |
C2H4.............. 36,6 12,7 49,3 |
IVolC2H4 + 2VolC2H6 29,6 34a4 64,0 |
C2H Ha 25 ,8 25,8 4I,4 67,2 |
Das starke Ansteigen der Ausbeute sowohl an Vinylidenchlorid als auch der Gesamtausbeute
an Vinylidenchlorid zuzüglich Vinylchlorid bei einem Ausgangsgas, das in der Hauptsache
aus Äthan besteht, ist klar ersichtlich.
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Wenn man bei demVerfahren Chlor undÄthan in Anteilen von 1,9 bis
3 Mol Chlor auf I Mol C2Hß umsetzt, so würde man erheblich mehr Wärme in Freiheit
setzen, als erforderlich ist, um die Temperatur der Gase auf die vorgeschriebene
Höhe von 450 bis 600° zu bringen.
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Durch diesen Wärmeüberschuß würde eine Zersetzung der Kohlenwasserstoffe
und ihrer chlorierten Derivate sowie eine Bildung von freiem Kohlenstoff eintreten.
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Um diese Erhitzung und die daraus sich ergebende Zersetzung zu vermeiden,
werden die an der Reaktion beteiligten Gase mit einem indifferenten Gas oder Dampf,
das zur Verdünnung dienen soll, in ausreichenden Mengen zwecks Regelung der Reaktionstemperatur
im gewünschten Maße versetzt. Beispiele für geeignete Verdünnungsmittel sind: Stickstoff,
Frischdampf, Chlorwasserstoff, Kohlenstofftetrachlorid, Perchloräthylen. Für das
Verhältnis des angewandten Volumens desVerdünnungsmittels zu den angewandten Volumen
an Chlor und Äthan besteht keine feste Beziehung. In Übereinstimmung mit dem Cl
C2 Cl2-C2H6-Verhältnis der Ausgangsgase sowie deren Temperatur und der Temperatur,
die in der Reaktionszone aufrechterhalten werden muß, der Strahlungseigenschaften
des Reaktionsgefäßes und der spezifischen Wärme des besonderen Verdünnungsmittels
kann die Menge des Verdünnungsmittels variiert werden. Der Anteil des in einem jeweiligen
Fall anzuwendenden Verdünnungsmittels wird unter Berücksichtigung der oben angeführten
Grenzwerte empirisch festgelegt. Wenn auch von Fall zu Fall erhebliche Abweichungen
statthaft sind, so wird doch im allgemeinen das Volumen des Verdünnungsmittels größer
sein als die Summe der Volumina an Chlor und an Kohlenwasserstoff. Wenn man für
gewisse Fälle das Volumen an Verdünnungsmittel bestimmt hat, so kann man die anzuwendende
Menge an Verdünnungsmittel dazu verwenden, die Temperatur der Reaktionszone innerhalb
der vorgeschriebenen Grenzen durch Veränderung der Zufuhrrate des Verdünnungsmittels
zu variieren.
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Das Verfahren der Erfindung wird ohne Anwendung eines Katalysators
durchgeführt.
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Bevorzugte Verfahrensbedingungen innerhalb der bereits festgestellten
Grenzen sehen ein Verhältnis von C12 zu C2H0, das zwischen 2,3 und 2,7 liegt, vor
sowie eine Temperatur, die zwischen 500 und 550° liegt und
eine
Verweilzeit in der Reaktionszone von etwa I bis 1,5 Sekunden. Doch ändert eine längere
Verweilzeit -die Ergebnisse nicht wesentlich. Das bevorzugte Verdünnungsmittel ist
Chlorwasserstoff, der bei der Reaktion gebildet, von den Reaktionsprodukten abgetrennt
und dann in den Beträgen, die notwendig sind, um die gewünschte Temperatur aufrechtzuerhalten,
in den Kreislauf zurückgeführt wird.
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Die Erfindung ist besonders dadurch gekennzeichnet, daß Vinylidenchlorid
den Hauptbestandteil des Reaktionsproduktes bildet. Außerdem sind einige der in
geringeren Mengen vorhandenen Bestandteile des Reaktionsproduktes leicht in Vinylidenchlorid
überführbar. Sowohl Äthylidenchlorid und Methylchloroform, die aus dem Reaktionsprodukt
isoliert werden können, können in den Kreislauf zurückgeführt werden, wobei die
Ausbeute an Vinylidenchlorid erhöht wird. Äthylidenchlorid, den Ausgangsmaterialien
zugemischt, ist in Vinylchlorid und Vinylidenchlorid in etwa den gleichen Anteilen
wie Äthan überführbar.
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Führt man Äthylidenchlorid in den Kreislauf zurück, so ist der Betrag
an Chlor im Ausgangsmaterial vorzugsweise so einzustellen, daß dem Chlorgehalt (2
Mol) dieser Verbindung Rechnung getragen wird.
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Wenn z. B. das Cl2-C2H6-Verhältnis bei 2,5 für jedes Mol Äthylidenchlorid,
das in den Kreislauf zurückgeführt werden soll, gehalten werden soll, so müßte man
0,5 Mol Chlor zu dem Ausgangsgas hinzufügen, um zwischen Chlor und Kohlenwasserstoff
das entsprechende Gleichgewicht in dem Verfahren aufrechtzuerhalten. Führt man Methylchloroform
bei dem Verfahren zurück, so kann dieses unmittelbar durch Abspaltung von HC1 in
Vinylidenchlorid übergeführt werden. Andererseits vermehrt die Rückführung von Vinylchlorid
die Ausbeute an Vinylidenchlorid nicht wesentlich, erhöht aber den Anfall an anderen
Produkten, wie oben dargelegt, auf Kosten des Vinylidenchlorids und ist daher wirtschaftlich
nachteilig.
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Wenn man Chlorwasserstoff aus dem Reaktionsprodukt abtrennt und einen
Teil desselben in das Verfahren als Verdünnungsmittel zurückführt, so wird das Äthylen
im Reaktionsprodukt dieses begleiten und gleichfalls im selben Ausmaße zurückgeführt
werden, es sei denn, es würde durch eine besondere Behandlung entfernt. Wenn das
Verfahren nach den vorzugsweise anzuwendenden Bedingungen ausgeführt wird, so ist
die Menge an Äthylen in dem Endprodukt gering, und die Rückführung eines Teils desselben
berührt nicht wesentlich das Gleich gewichtsverhältnis der Materialien in dem Verfahren.
In größeren Beträgen jedoch, wie bereits dargelegt wurde, vermindert die Gegenwart
von Äthylen in den zu verarbeitenden Gasen entweder als Rückführungsprodukt oder
mit der Äthanzufuhr vermischt den Anteil an Vinylidenchlorid und erhöht den des
Vinylchlorids im Reaktionsprodukt.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung soll unter Bezugnahme
auf Fig. 2 der Zeichnung erläutert werden. Die Ausgangsmaterialien Äthan, Chlor
und das Verdünnungsmittel (HC1) werden durch die Leitungen I bzw. 2 und 3 zugeführt,
die sich in einem Hauptrohr 4 vereinigen. In Verbindung mit Leitung I ist ein Vorwärmer
5 vorgesehen, der für die Ingangsetzung der Umsetzung gebraucht wird und der gelegentlich
auch während des Ganges des VeI-fahrens benutzt werden kann. Das Rohr 4 ist mittels
eines gleitenden Verbindungsstückes 6 mit dem Ausströmungsrohr 7 verbunden, dessen
Länge veränderlich ist. Dieses Rohrstück von veränderlicher Länge erstreckt sich
in die Reaktionskammer. Die Kammer 8 ist mit feuerfestem Material ausgekleidet,
z. B. mit Graphitplatten, und ist, um Strahlungsverlust zu vermeiden, mit einer
Isolierung g versehen. Das Volumen der Kammer 8 ist im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit
des Zufuhrrohres so bemessen, daß eine Aufenthaltszeit von - wenigstens 0,5 Sekunden,
bei der festgelegten. Zugabegeschwindigkeit der Reaktionsgase, bei der Reaktionstemperatur
sich einstellt. Die Abzugsgase aus der Kammer 8 gehen durch das Auslaßrohr I0 zu
einem Wasserkühler II und von dort über Leitung 12 zu einem Wärmeanstauscher 13.
Die gekühlten Gase mit Temperaturen von etwa -10 bis - 150 werden über Leitung 14
in die Fraktionierkolonne 15 zu einem im mittleren Abschnitt gelegenen Punkt übergeführt.
In der Kolonne werden die verflüssigbaren Produkte kondensiert und von den permanenten
Gasen abgetrennt. Diese Gase bestehen im wesentlichen aus Chlorwasserstoff und Äthylen.
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Die Abgase vom Kopf der Kolonne 15 gehen durch einen Dephlegmator
I6, der durch ein Kältemittel gekühlt wird, das von einem Kältekreislauf I7 geliefert
wird. Die als Kopfprodukte abziehenden Gase, die Temperaturen von etwa -70 bis -
800 aufweisen, gehen durch die Leitung I8 in den Mantel des Wärmeaustauschers 13
und dienen dazu, die Reaktionsgase abzukühlen. Sie verlassen den Kühler 13 über
die Leitung 19. Die Leitung 19 steht in Verbindung mit den Zweigleitungen 20 und
21. Hiervon steht Leitung 20 mit der Verdünnungsmittel-Ausgangsleitung 3 in Verbindung,
die somit ein ausreichendes Volumen an Gasen, die als Verdünnungsmittel im Reaktionsgefäß
dienen sollen, diesem zuführt. Der Rest der Gase in Leitung 19 wird durch die Leitung
21 in eine Absorberanlage geführt und hierin das Gas in Wasser absorbiert, oder
das Gas wird anderweitiger Verwendung zugeführt. Die flüssigen Kondensate chlorierter
Äthanderivate in der Fraktionierkolonne 15 werden als Bodenprodukte über die Leitung
22 zu einer Destillationsanlage zur Abtrennung der einzelnen Endprodukte nach an
sich üblichen Verfahren geführt.
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Zur Ingangsetzung des Verfahrens wiId das Äthan zunächst allein zugeführt,
wobei man das Gas durch den Vorwärmer 5 hindurchschickt, in dem es auf etwa 300
bis 400° vorgewärmt wird. Dann geht das vorgewärmte Gas durch die Reaktionskammer
8, bis diese auf eine Temperatur auf etwa 300° vorgewärmt ist, die ausreichend ist,
um die Reaktion zwischen Äthan und Chlor in Gang zu setzen. Man beginnt allmählich
Chlor zuzuleiten, um die Reaktion in Gang zu setzen und damit die Kammer 8 auf die
gewünschte Verfahrenstemperatur zu erhitzen. Während der Anheizperiode wird der
Zufluß von Äthan, Chlor und Verdünnungsmittel (HC1) so eingestellt, daß die erforderlichen
Verhältniszahlen für das kontinuierliche Verfahren innerhalb des gewünschten Temperatur-
gebietes
eingestellt werden, und es wird die Wärmezufuhr zu dem Vorwärmer 5 dann abgestellt,
wenn beständige Verfahrensbedingungen sich eingestellt haben. Die Reaktion in der
Kammer 8 kann so eingestellt werden, daß sie unter Verminderung von Strahlungsverlusten
auf einen geringen.Wert thermisch selbstunterhaltend wird. Eine genaue Einstellung
der Temperatur, um die Reaktionszone innerhalb der Kammer 8 zu stabilisieren, kann
in der Weise bewerkstelligt werden, daß man die Vermischungsgeschwindigkeit der
einzulassenden Gase mit den heißen Reaktionsgasen variiert. Man kann dies in der
Weise machen, daß man die Länge des einstellbaren Zufuhrrohres 7 innerhalb der Kammer
verändert, wie dies die gestrichelte Linie fül die Ausdehnung des Rohres 7 zeigt.
Je höher das Rohr sich innerhalb der Kammer erstreckt, desto größer ist der Grad
der Vermischung.
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Die Temperatur der Reaktionszone wird durch hier nicht gezeigte Thermoelemente,
die an einer Anzahl von Punkten in der Kammer angeordnet sind, gemessen, so daß
ein genauer Temperaturdurchschnitt erhalten wird. Bei ständiger Arbeitsweise stellt
sich in dem Reaktionsgefäß eine Zone der Maximaltemperatur ein, die sich bei Normalbedingungen
nicht erheblich verschiebt.
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Die folgenden Beispiele wurden bei praktischer Ausführung der Erfindung
erhalten.
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Beispiel I Äthan, Chlor und Frischdampf wurden vorgemischt und mit
folgenden Volumenanteilen in ein Reaktionsgefäß gegeben: 5,2 Teile C2H6, 14,4 Teile
Cl2 und 43 Teile Dampf, gemessen in Mol in der Stunde. Die Maximaltemperatur im
.Reaktionsgefäß wurde bei annähernd 540° gehalten, und die durchschnittliche Verweilzeit
der Gase im Reaktionsgefäß wurde auf annähernd 2 Sekunden berechnet. Die austretenden
Reaktionsgase wurden mit Wasser gewaschen, um HC1 und Dampf zu entfernen, die verflüssigbaren
chlorierten Verbindungen wurden konzentriert und destilliert, um die Produkte abzutrennen.
Die Ausbeute in Molprozent, berechnet auf das angewandte Äthan, betrug: Vinylchlorid
27,40/0, Vinylidenchlorid 35,70/0, cis- und trans-I, 2-Dichloräthylen 50/0.
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Beispiel 2 Es wurde eine Zahl von Versuchen angestellt, bei denen
Äthan, Chlor und Frischdampf gemischt und in das Reaktionsgefäß bei Zuflußgescjiwindigkeiten
geleitet wurden, die in den ersten drei Spalten der Tabelle II in Mol in der Stunde
wiedergegeben sind.
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Die vierte Spalte zeigt angenähert die Maximaltemperatur im Reaktionsgefäß.
Die fünfte Spalte gibt die durchschnittliche Aufenthaltszeit der Gase im Reaktionsgefäß
wieder, diese wurde dadurch variiert, daß man den Betrag des Verdünnungsmittels
variierte.
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Die letzten drei Spalten zeigen die Ausbeute, angegeben in Molprozenten
des angewandten Äthans, an Vinylchlorid, Vinylidenchlorid und I, 2-Dichloräthylen.
In Anbetracht der verhältnismäßig langen Reaktionszeit dieser Versuchsreihen wird
die Ausbeute an Vinylchlorid und Vinylidenchlorid nicht wesentlich durch Variieren
der Zeit beeinflußt. Tabelle II
Vinyliden- 1, 2-Dichlor- |
C2H6 Cl2 H2O Temp. Zeit (Sek.) Vinylchlorid |
chlorid äthylen |
1 3,5 9,5 37 460 11,8 33,8 36,2 5,8 |
2 3,5 9,5 65 487 7,3 32,6 37,6 3,9 |
3 1 3,5 9,5 80 470 6,2 29,0 36,0 5,3 |
Beispiel 3 Um die Wirkung der Zumischung von Äthylen zum Äthan in den Ausgangsgasen
zu zeigen, wurden zwei Versuchsreihen unter vergleichbaren Bedingungen ausgeführt.
Bei einer Reihe (drei Versuche) mit Äthan allein wurde ein Cl2-C2 H6-Verhältnis
von 2,7 angewandt.
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Bei der anderen Reihe (vier Versuche) wurde eine Mischung von annähernd
2 Teilen Äthan auf I Teil Äthylen angewandt, - und das Chlorvolumen war dem in der
ersten Reihe angewandten gleichwertig, entsprechend der Formel
Das Verdünnungsmittel war Frischdampf. Die durchschnittliche Verweilzeit der Gase
im Reaktionsgefäß bei der Reaktionstemperatur betrug 2,7 Sekunden. Die durchschnittlichen
Ergebnisse der beiden Serien zeigt die Tabelle III. Die Zufuhrmengen sind in Mol
je Stunde angegeben und die Ausbeute in Molprozent, berechnet auf die im Ausgangsmaterial
enthaltenen Kohlenwasserstoffe. Tabelle III
Ausgangsmaterial Produkt |
Vinyliden- Höher- |
Cl2 C2H6 C2H4 H2O Temp. °C Vinylchlorid |
chlorid siedendes |
9,5 3,5 - 34 530 25,8 41,4 13,6 |
9,2 2,56 1,32 34 530 29,6 34,4 17,1 |
Der teilweise Ersatz von Äthan durch Äthylen erhöhte, falls er
bis zum Betrage von einem Drittel der Kohlenwasserstoffe im Ausgangsmaterial erfolgte,
den Betrag an Vinylchlorid und höhersiedenden Verbindungen in dem Produkt auf Kosten
einer etwas herabgesetzten Ausbeute an Vinylidenchlorid.
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Wenn auch die Gegenwart von Äthylen die Ausbeute an Vinylidenchlorid
herabsetzt, so kann doch manchmal aus wirtschaftlichen Gründen ein geringer Verlust
tragbar sein, wenn der Anteil an Äthylen im Ausgangsmaterial nicht zu groß ist,
vorausgesetzt, daß die Einsparung der Kosten der Abtrennung des Äthylens aus dem
Äthan sowie eine höhere Ausbeute an Vinylchlorid den Verlust kompensiert. Eine Quelle
für Äthan stellen die Raffineriegase der Erdölverarbeitung dar, aus denen eine Äthanfraktion
abgetrennt werden kar.n, die üblicherweise etwas Äthylen enthält. Im allgemeinen
kann solches Raffineriegas bei diesem Verfahren benutzt werden, ohne daß ein gIößerer
Ausbeuteverlust an Vinylidenchlorid eintritt oder daß andere Vorzüge des Verfahrens
nicht eintreten, wenn der Äthylengehalt nicht wesentlich größer als 35 bis 40 Volumprozent
ist. Aus den Beispielen ist ersichtlich, daß die Zusammensetzung des Reaktionsproduktes
des Verfahrens mehr durch Veränderung im C12C2H6-Verhältnis beeinflußt wird als
durch die Veränderung anderer wesentlicher Bedingungen. Eine erhebliche Veränderungsmöglichkeit
für die Temperatur ist innerhalb der Grenzen 450 bis 600" möglich, ohne daß hierdurch
die Ausbeute an Vinylidenchlorid und Vinylchlorid erheblich verändert wird. Falls
der Zeitfaktor, so wie er sich aus der Gaszufuhrgeschwindigkeit bei der Reaktionstemperatur
errechnet, wenig stens 0,5 Sekunden oder bei üblicher Verfahrensweise wenigstens
I Sekunde beträgt, erzielt man in bezug auf die Ausbeute keine wesentlichen Vorteile,
wenn man die Kontaktzeit weiter erhöht. Die Auswahl des inerten Verdünnungsmittels
berührt nicht wesentlich die Ausbeute an den verschiedenen Produkten, falls die
übrigen Bedingungen die gleichen bleiben, sondern hat nur Einfluß auf die Gewinnung
und Abtrennung der Reaktionsprodukte, was in sonst üblicher Weise vorgenommen wird.