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Verfahren zur Herstellung von Methyl-vinylcarbinolen mit einer freien
Methylengruppe Es ist bekannt, daß Aldehyde und Ketone in Gegenwart von Metallalkoholaten
durch Alkohole, die dabei in Aldehyde bzw. Ketone übergehen, zu den entsprechenden
primären bzw. sekundären Alkoholen reduziert werden können. Diese Umsetzungen sind
unter dem Namen Meerwein-Ponndorf-Reaktion bekanntgeworden. Auch a, p-ungesättigte
Ketone von der allgemeinen Formel R-CH=CH-CO-CH3 (R = aliphatischer Rest) wurden
schon nach dieser Methode zu ungesättigten Carbinolen reduziert, wobei es sich herausstellte,
daß die Doppelbindung unter den Reaktionsbedingungen nicht angegriffen wird. Die
beobachteten Ausbeuten an ungesättigten Carbinolen sind jedoch nicht befriedigend.
Beispielsweise ist in »Organic Reactions«, Bd. 2, S. 209, für die Reduktion eines
a, ß-ungesättigten Ketons, bei dem R ein Propylrest ist, eine Ausbeute an dem entsprechenden
Carbinol von nur 24 bis 260/0 angegeben. Dies wird durch die große Reaktionsfähigkeit
a, ß-ungesättigter Ketone, die unter den Reaktionsbedingungen Nebenreaktionen eingehen
können, erklärt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß eine Doppelbindung um
so reaktionsfähiger ist, je kürzer der daran gebundene Rest ist, waren also technisch
brauchbare Ausbeuten nur dann zu erwarten, wenn der aliphatische Rest R eine möglichst
lange Kette hat.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß man mit sehr guter
Ausbeute Methyl-vinylcarbinole mit einer freien Methylengruppe von der allgemeinen
Formel H0C-CHOH-CR = CH2
(R = H oder Alkylrest) durch Reduktion
der entsprechenden Ketone in Gegenwart von Metallalkoholaten mittels Alkoholen nach
Meer wein - Po n ndorf erhalten kann. Dies war um so weniger zu erwarten, als besonders
das Methyl-vinylketon, aber auch die Methyl-z-alkylvinylketone, z. B. das Methyl-
a - methylvinylketon (Methylisopropenylketons, äußerst reaktionsfähige Körper sind.
So gehen sie beispielsweise nach den Feststellungen der deutschen Patentschrift
227 I76 bereits bei Zimmertemperatur in kurzer Zeit in binäre Produkte über.
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Andererseits sind die Methyl-vinylketone jedoch technisch leicht zugänglich.
Man erhält sie in hier nicht beanspruchter Weise z. B. durch Umsetzung von 1 Mol
Methyl-alkylketon mit I Mol Formaldehyd unter gleichzeitiger oder anschließender
Wasserabspaltung aus den dabei entstehenden a-Methylolketonen.
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Fiir die Reduktion kommen als geeignete Metallalkoholate in erster
Linie die des Aluminiums in Betracht, insbesondere das Aluminiumisopropylat, ferner
Aluminiumäthylat und Aluminium-sek.-u.-tert.-butylat. Auch Alkoholate anderer Metalle,
beispielsweise des Magnesiums, können verwendet werden. Als Reduktionsmittel eignen
sich besonders sekundäre Alkohole, und zwar solche mit einem Siedepunkt, der niedriger
ist als der des zu reduzierenden Vinylketons, in erster Linie also Isopropylalkohol
und sek.-Butanol. Zur Erzielung höherer Ausbeuten bei diesem Verfahren müssen die
Vinylketone ebenso wie die zur Reduktion dienenden Alkohole möglichst wasserfrei
sein. Das zur Reduktion dienende Alkoholat soll weitgehend rein sein. Während man
bisher bei der Reduktion a, p-ungesättigter Ketone nach Meerwein-P o n n d o r f
das Alkoholat in einem Überschuß von 100 bis 8oo O/o angewendet hat, genügen, wie
weiter gefunden wurde, bereits relativ geringe Mengen Alkoholat, um die Umsetzung
glatt durchführen zu können. Man kommt im allgemeinen mit etwa 0,1 Mol des Metallalkoholats,
bezogen auf das zu reduzierende Vinylketon, aus. Beim Arbeiten mit völlig wasserfreien
Ausgangsstoffen kann man die Alkoholatmenge sogar noch geringer halten.
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Da die Umsetzung von Ketonen mit Alkoholen in Gegenwart von Metallalkoholaten
nach Meerwein - Po n udo r f eine Gleichgewichtsreaktion darstellt, ist es zur Erzielung
eines vollständigen Umsatzes zweckmäßig, den zur Reduktion benutzten Alkohol in
einem Überschuß anzuwenden.
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Darüber hinaus ist es aber erforderlich, den aus dem reduzierenden
Alkohol entstehenden Aldehyd bzw. das Keton möglichst vollständig aus dem Reaktionsgemisch
zu entfernen. Dies kann durch Durchleiten eines indifferenten Gasstroms oder durch
ständiges Abdestillieren des niedrigersiedenden Aldehyds bzw. Ketons erfolgen. Technisch
vorteilhaft arbeitet man im letzteren Falle unter Verwendung einer Destillationskolonne
mit hoher Trennleistung bei Einhaltung eines geeigneten Rücklaufverhältnisses, wodurch
erreicht werden kann, daß der aus dem reduzierenden Alkohol gebildete Aldehyd bzw.
das Keton vollständig entfernt wird, ohne daß der reduzierende Alkohol oder gar
das zu reduzierende Vinylketon in nennenswertem Betrag mit abdestilliert.
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Die Umsetzung tritt bereits bei niedrigen Temperaturen, etwa von
300 an, ein. Zur Beschleunigung arbeitet man jedoch meist bei höheren Temperaturen,
im allgemeinen zwischen 50 und 1500. Je nachdem, ob die gewünschte Reaktionstemperatur
dem Siedepunkt des reduzierenden Alkohols bei Normaldruck nahekommt oder nicht,
führt man die Umsetzung bei Normaldruck oder bei vermindertem bzw. erhöhtem Druck
aus. Da die Nebenreaktionen mit steigender Temperatur zunehmen, wählt man nach Möglichkeit
niedrige Umsetzungstemperaturen.
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Da man es durch Wahl eines geeigneten Druckes in der Hand hat, die
gewünschte Reaktionstemperatur festzulegen, ist es nicht nötig, falls es erwünscht
ist, wesentlich über dem Siedepunkt des reduzierenden Alkohols zu arbeiten, diese
Temperatur dadurch zu erreichen, daß man ein höhersiedendes Lösungs-oder Verdünnungsmittel
zufügt. Ein geeignetes Lösungsmittel kann jedoch die Löslichkeitsverhältnisse günstiger
gestalten und damit zur Verbesserung der Umsetzung beitragen. Geeignete Lösungsmittel
sind beispielsweise Benzol, Toluol und Sylol.
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Die Aufarbeitung der Reaktionsgemische nach beendeter Reduktion geschieht
zweckmäßig durch Destillation. Es zeigte sich, daß bei den relativ geringen Mengen
von Metallalkoholat, die zur Umsetzung erforderlich sind, das gebildete Carbinol
fast vollständig frei vorliegt und infolgedessen direkt, gegebenenfalls im Vakuum,
von dem Alkoholat abdestilliert werden kann, nachdem zuvor der zur Reduktion dienende
Alkohol und gegebenenfalls ein angewandtes Lösungsmittel durchDestillation abgetrennt
worden ist. Nur der Destillationsrückstand muß dann, wenn man die letzten Anteile
Carbinol gewinnen will, mit verdünnter Säure oder Lauge zersetzt werden. Man kann
andererseits auch das gesamte Reaktionsgemisch zur Zersetzung des Alkoholats mit
verdünnter Lauge oder verdünnter Säure behandeln und anschließend nachAbtrennung
der wäßrigen Phase destillieren. Da die Reaktionsprodukte mit Wasser häufig azeotrope
Gemische bilden, wird ihre Trennung dann oft schwieriger, und man erhält die Vinylcarbinole
zunächst nicht in wasserfreier Form.
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Die nach dem Verfahren hergestellten Methylvinylcarbinole sind wertvolle
Zwischenprodukte, die auf anderem Wege technisch nur schwierig hergestellt werden
können. Durch Wasserabspaltung lassen sie sich leicht und mit guten Ausbeuten in
Diene, beispielsweise das Methyl-a-methylvinylcarbinol in Isopren, überführen.
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Beispiel In einer Destillationsblase, die mit einer trennscharfen
Destillationskolonne sowie Dephlegmator verbunden ist, erhitzt man ein Gemisch aus
1 ovo8 Teilen Methyl-a-methylvinylketon (mit o,°/o Wasser), I500 Teilen Isopropylalkohol
(mit 0,5 O/o Wasser) und 204 Teilen Aluminimuisopropylat.
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Auf I Mol des Ketons kommen also o,oS4 Mol Alu-
miniumisopropylat
zur Anwendung, bzw. zur Reduktion von 100 g des Ketons ist ein Einsatz von 2,7 g
Aluminium erforderlich. Im Verlauf von 10 Stunden kann man 672 Teile mit Siedepunkt
57 bis 600 abdestillieren, die zu goO/o aus Aceton bestehen. Dann folgen in weiteren
3 Stunden 300 Teile mit Siedepunkt von 60 bis 820, im wesentlichen Isopropylalkohol
mit noch 4,70/r Aceton. Schließlich destillieren in 4 Stunden 465 Teile Isopropylalkohol
mit Siedepunkt 820 über, der noch 1%Aceton enthält. Insgesamt sind danach 624Teile
Aceton gebildet und abdestilliert worden, das sind goO/o der Theorie. Beim Weiterdestillieren
unter vermindertem Druck gewinnt man dann 870 Teile Methyl-a-methylvinylcarbinol,
das sind 85 °/o der Theorie: Kpgo: 640; n2D: I,4283, D 24: : 0,8483. Der Destillationsrückstand
wird mit verdünnter Natronlauge versetzt und darauf Wasserdampf eingeblasen.
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Dabei destillieren weitere 40 Teile Methyl-a-methylvinylcarbinol mit
Wasserdampf über, die aus dem Destillat gewonnen werden können.
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In analoger Weise und mit ähnlichen Ausbeuten wird die Reduktion
von Methyl-vinylketon und von höher-a-alkylierten Methyl-a-alkylvinylketonen durchgeführt.