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Verfahren zur Reinigung von Rohbenzin Die Reinigung von Rohbenzin
bezweckt die Entfernung störender Substanzen, hauptsächlich schwefelhaltiger, korrosiv
wirkender, übelriechender Mercaptane, Disulfide, Sulfone, Sulfonsäuren; freien Schwefels
sowie eventuell von Phenolen und -homologen und von geringen Mengen höherer Naphthensäuren.
Sie kann nach verschiedenen bekannten Verfahren, beispielsweise mit einer Kombination
von Natronlauge und konzentrierter Schwefelsäure oder schwachem Oleum, häufig auch
mit anderen Oxydationsmitteln, wie Calciumhypochlorit oder Plumbit lind sdhlieBlich
mit katalytisch erregtem Wasserstoff durchgeführt werden. Von diesen Verfahren wird
die Raffination mit Alkali konzentrierter Schwefelsäure häufig angewendet, wobei
die Natronlauge zur Vorreinigung von Rohbenzin dient. Das Verfahren bewährt sich
auch; wenn zuvor die leicht siedenden Bestandteile bis etwa 6o° und damit audh die
niedrig siedenden Mercaptane abdestilliert werden.
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Schwaches Oleum oder konzentrierte Schwefelsäure wirken zwar gut entschwefelnd;
dabei entstehen jedoch je nach der Qualität des Rohbenzins verharzte Oxydations-,
Sulfonierungs- oder Polymerisationsprodukte, die hauptsächlich im Rückstand auftreten
und sich oft nachteilig auswirken.
Für manche Verwendungszwecke
ist mitunter auch die Störung des Verhältnisses Aromaten zu Aliphaten nach der Extraktion
mit konzentrierter Schwefelsäure unerwünscht. Bei nicht exakt durchgeführter Wasser-
und Alkaliwäsche enthält der Rückstand (»gum«), der etwa 3 bis 4% der Einwaage beträgt,
zum Teil kohlenwasserstofflösliche Sulfonierungsprodukte. Im Verlauf der Destillation
spalten diese bei i2o bis i3o° freie Mineralsäuren ab und machen sich in den höhersie@denden
Anteilen durch hohen Alkaliverbrauch und Gehalt an freiem und gebundenem Schwefel
bemerkbar. Dieser Gehalt an Schwefel bewirkt einen brenzlichen Geruch der Schnitte
und -einen schwachen, aber deutlich positiven Doctortest, wenn .aggressiver Schwefel,
insbesondere als Mercaptanschwefel, vorhanden ist. Dieser wird durch Schütteln einer
Benzinprobe mit Natriumplumbit in alkalischer Lösung in definierter Zeit festgestellt,
wobei die Anwesenheit von aggresivem Schwefel durch die orangeschwarzbraüne Färbung
der etwas Schwefelblume enthaltenden Trennschicht zu erkennen ist.
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Es wurde nun gefunden, daß diese störenden und qualitätsmindernden
Faktoren' und insbesondere die schwefelhaltigen stark riechenden Substanzen in einfacher
Weise zu beseitigen sind, wenn iman Rohbenzin zunächst mit Alkalisulfiden, Alkalipoly-
oder hydrosulfiden und danach gleichzeitig oder nacheinander mit Bisulfit und wäßriger
Formaldehydlösung kräftig durchrührt und anschließend mit o-Nitroanisol extrahiert.
Im allgemeinen schließt sich an die Extraktion noch eine Destillation an, die zweckmäßigerweise
in Gegenwart von Metallen, wie Kupfer und Blei, insbesondere von Eisen, durchgeführt
wird. Nach diesem Verfahren bilden sich keine säure- und schwefelabspaltenden, korrosiv
wirkenden oder phenolhaltigen Harze. Alle Schnitte, insbesondere die höhersiedenden,
riechen schwach terpentinartig, angenehm mild und verbrauchen praktisch kein Alkali
mehr.
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Für die Gewinnung solcher Schnitte, die wenig Natronlauge verbrauchen,
ist die Extraktion mit einer Lösung von Natriumsulfid in 5- bis 6%aiger Natronlauge
wichtig. Rührt man dagegen mit 18--bis 3o%iger oder i- bis 5%iger Natronlauge, so
werden die Schnitte »sauer«, während 14- bis i7o/oige Natronlauge sich genau wie
5- bis 6%ige verhält. Natriumsulfid löst, wie bekannt, nicht nur elementaren Schwefel
aus Benzinen, sondern bewirkt auch die Umwandlung von Disulfiden, > die zwar weniger
korrosiv sind, aber den Klopfwert .=ungünstig beeinflussen entsprechend der Gleichung
2 Na2S -+ R2S2 Na2S2 -f- 2 RSNa Es wurde ferner gefunden, daß Natriumsulfid_ außerdem
dem Rohbenzin jene .Schwefelverbindungen entzieht, die bei der Schwefelsäurewäsche
leicht zu zusätzlichem elementaren Schwefel abgebaut werden. Die anschließend .
verwendete wäßrige Lösung von Formaldehyd reagiert, aktiviert durch gleichzeitig
eingetrageneBisulfitlösung, nun mit den noch vorhandenen Mercaptanen und Mercaptiden,
deren Anteil nach obiger Gleichung, erhöht wird, und verringert dadurch wesentlich
den Alkaliverbrauch der Schnitte.
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Bei der Einwirkung dieser Reduktionsmittel auf Rohbenzin wurde weder
eine 1'olymerisation ungesättigter Verbindungen zu Harzen, noch eine Extraktion
olefinischer Substanzen und ebenso . wenig eine Änderung des Anteiles an Aromaten
und Aliphaten festgestellt. Das resultierende Test-Benzin entspricht den Angaben
Nr. 848E der Vorschrift über Lieferbedingungen und Prüfverfahren für Testbenzin.
Da vor allem die Olefine des Rohbenzins nicht angegriffen werden, ist der gegenüber
der Schwefelsäureraffination um etwa 85% verminderte Rückstand -nach Gewinnung des
Test-Benzins klar honiggelb bis schwach braun,. fast geruchlos und stabil. Bei 16o°
spaltet er keine kongo-oder lackmussauer reagierenden Stoffe ab.
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Rührt man jedoch Rohbenzin direkt mit einer neutral reagierenden wäßrigen
Lösung von Formaldehyd, ohne daß man vorher mit Sulfid oder Bisulfit behandelt hat,
so wird aus unbekannten Gründen der Alkaliverbrauch der einzelnen Schnitte, insbesondere
der höheren Fraktionen, gesteigert. Schwefelhaltige Verbindungen, die einen positiven
Doctortest ergeben, werden unter diesen Bedingungen von der wäßrigen Formaldehydschicht
nicht aufgenommen. Auch mit Olefinen reagiert dann der Formaldehyd nicht, was auch
aus der Verringerung des Harzes im Rückstand ersichtlich ist. Bringt man dagegen
nach einem bereits bekannten Verfahren Formaldehyd in Gegenwart von Katalysatoren
und unter Druck zur Einwirkung, so werden auch die olefinischen Bestandteile des
Rohbenzins zu Harzen umgesetzt.
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Eine noch weitergehende Desodorisierung von mit Sulfid-Bisulfit vorgereinigtem
Benzin wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß man dem oben beschriebenen Verfahren
noch eine dritte Extraktion mit einem Nitroaromaten, z. B. dem selektiv wirksamen
o=Nitroanisol,- anschließt, wobei Reste von unangenehm riechenden Naphthensäuren
und geruchsversahlechtennde Schwefelverbindungen sowie noch vorn andener freier
Schwefel herausgelöst werden. Das Lösungsmittel läßt sich mit etwa 20/a Verlust
zurückgewinnen. Die Mengen des erforderlichen Sulfids, Bisulfits und Formaldehyds
können infolge des sehr guten Lösungsvermögens von o-Nitroanisol so vermindert werden,
daß dieser Prozeß noch wirtschaftlicher ist als die SGhwefelsäureraffination.
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Die reduktive Reinigung mit anschließender Extraktion mittels Nitroanisol
kann demnach unter anderem auch auf Benzine mit relativ viel Olefinen und freiem
Schwefel (sogenannte Spaltbenzine usw.) angewendet werden und bedeutet somit einen
wesentlichen technischen Fortschritt. Beispiel In i kg Rohbenzin (D = 0,720) tropft
man bei intensiver Rührung eine Lösung von 3,1 g kristallisiertem technischen Natriumsulfid
(Na2 S - 9 HZ O) in 30 bis- 40 cm3 6%iger Natronlauge langsam ein.
Nach
i1/2stündigem Rühren wird der Kohlenwasserstoff abgetrennt, dann zweimal mit je
ioo cm3 destilliertem Wasser gründlich gewaschen und anschließend 32 cm3 36o/oige
technische Bisulfitlösung und gleichzeitig damit i7 cm3 einer wäßrigen Lösung von
Formaldehyd (3o Gewichtsprozentig) innerhalb i Stunde zugesetzt. Nach Abtrennung
des Kohlenwasserstoffes und nach dem üblichen Waschen mit Wasser extrahiert man
mit etwa einem Achtel des Benzinvolumens (= 9o cm3) o-I\litroanisol. Dieses bei
a65° siedende Lösungsmittel kann sehr leicht quantitativ wieder von Benzin abgetrennt
werden. Ebenso bereitet die Entfernung in Benzin gelöst gebliebener kleiner Anteile
von o-Nitroanisol durch fraktionierte Destillation keinerlei Schwierigkeiten. Das
so erhaltene stickstofffreie Benzin wird mit 45 cm3 frischem o-Nitroanisol zum zweiten
Male extrahiert, das für die Reinigung der@nächsten, zweiten Charge Rohbenzin für
die erste Extraktion ebenso wie das bereits zur ersten Extraktion der ersten Charge
verwendete o-Nitroanisol eingesetzt werden kann.