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Verfahren zur Herstellung von freien und N-substituierten a-Aminoaldehyden
Zur Gruppe der a-Aminoaldehyde gehören verschiedene wichtige Aminozucker (z. B.
Glucosamin) sowie weitere mit den bisherigen synthetischen Methoden nur schwer zugängliche
Vertreter, die ein besonderes Interesse u. a. wegen ihrer leichten Umwandlungsfähigkeit
in Pyrazinderivate besitzen.
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Aminoaldehyde lassen sich nur umständlich aus a-Aminocarbonsäureestem
durch Reduktion mit Natriumamalgam ingeringen Ausbeuten erhalten [C. N e uberg undE.Fischer,Ber.41,g56(igo8);
E.Fischer, Ber. 41, ioig (igo8); E. FischerundT. Kametaka, A.365, 7 (igog)]. Außerdem
sind sie noch über Aminoaldehydacetale aus den entsprechenden Halogenaldehydacetalen
durch Umsetzung mit Ammoniak oder Aminen erhältlich (deutsche Patentschrift 845
348, USA.-Patentschrift 249o385), wobei jedoch dieAcetalspaltung nur unter Schwierigkeiten
gelingt. Die große Zersetzlichkeit der Aminoaldehyde bereitet bei Aufarbeitungsversuchen
überdies vielerlei Schwierigkeiten. Auch aus den Ausführungen in den »Methoden der
organischen Chemie« (Houben-Wey1) 4. Aufl., Bd. VII, Teil i, Aldehyde (1g54), insbesondere
S. 284, geht hervor, daß vor allem die Darstellungs- und Reinigungsverfahren einer
Verbesserung bedürfen, da den Aminozuckern eine besondere physiologische Bedeutung
zukommt.
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Die Erfindung betrifft nun ein neues Verfahren zur Herstellung von
freien und N-substituierten a-Aminoaldehyden. Dieses Verfahren besteht darin, daß
a-Oxyketone mit endständiger Hydroxylgruppe oder a-Oxyaldehyde, welche leicht in
Oxyketone unter den Reaktionsbedingungen umlagerbar sind, mit Ammoniak
oder
Aminen umgesetzt werden und die entstandenen Aminoaldehyde aus dem Reaktionsgemisch
direkt oder in Form geeigneter Derivate abgetrennt werden. Vorzugsweise erfolgt
die Umsetzung mit flüssigem oder wäßrigemAmmoniak bei erhöhter Temperatur.
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Demnach vermögen also a-Ketole mit flüssigem oder wäßrigem Ammoniak
bzw. Aminen in der Weise zu reagieren, daß offensichtlich über Anlagerung an die
Carbonylgruppe mit nachfolgender Wasserstoffwanderung vom benachbarten C-Atom her
(Prototropie) Aminoaldehyde gebildet werden:
In ähnlicher Weise verläuft die Umsetzung mit Aminen unter Bildung N-substituierter
Aminoaldehyde. Bei der Durchführung der Reaktionen wird die Ausbeute durch Zusätze
von Ammoniumsalzen anorganischer oder organischer Säuren (Ammoniumhalogenid, Ammoniumacetat)
aus nicht näher bekannten Gründen verbessert. Als Ketole kommen u. a. in Frage sämtliche
Ketozucker, wie Fruktose, Sorbose, Tagatose, Sedoheptulose, Ribulose, Erythrulose;
aber auch Dioxyaceton, Oxyaceton, Oxyacetophenon lassen sich entsprechend umsetzen.
Als N-haltiger Reaktionspartner ist in erster Linie Ammoniak (bzw. Ammoniak abgebende
Stoffe) zu benennen; es können jedoch auch primäre und sekundäre Amine, wie Methylamin,
Butylamin, Benzylamin oder Diäthylamin, Verwendung finden.
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Überraschenderweise sind im gewissen Umfang auch a-Aldole der Umsetzung
zugänglich, wobei jedoch angenommen werden muß, daß diese unter den Reaktionsbedingungen
zuvor in die entsprechenden Ketole umgewandelt werden:
wie dies eine bei den niederen Kohlenhydraten geläufige Umwandlung in Gleichgewichtssystemen
darstellt [vgl. die umfangreichen älteren Arbeiten von Nef in den »Annalen der Chemie«,
neuere Angaben z. B. zur Umwandlung D-Arabinose -#- Ribulose -vgl. Y. Matsuschima
u. Y. Imanga, Nature 171 (1953), Nr.4350, S.4751.
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Der Typ der vorliegenden Reaktion unterscheidet sich eindeutig von
Umwandlungen nach Art der Amadori-Umlagerung, bei der zwar aus Aldosen vornehmlich
unter Einwirkung aromatischer Amine (Anilinkörper) substituierte I-Amino-2-Keto-Verbindungen
entstehen können, ohne daß jedoch entsprechende Umsetzungen mit Ammoniak durchführbar
sind, da Äldosen mit Ammoniak allenfalls unbeständige aldehydammoniakartige Verbindungen
liefern ohne anschließende intramolekulare Dehydrierung an der sekundären Alkoholgruppe
des der Aldehydgruppe benachbarten Kohlenstoffatoms (vgl. auch Chem. Ber. 86, 1453
(I953)-, ausgegeben 10. 12- z953) Beispiel x 18 g Fruktose werden mit
300 ccm flüssigem Ammoniak (aus über Natriumhydroxyd getrocknetem Anunoniakgas
hergestellt) unter Ausschluß von Feuchtigkeit zur Lösung gebracht. Das Gemisch wird
in einen vorgekühlten Autoklav übergeführt und darin für die Dauer von 6 Stunden
auf ioo° erhitzt. Anschließend läßt man das Ammoniak absieden (um es gegebenenfalls
nach erneuter Trocknung für weitere -Umsetzungen zu verwenden) und erhält einen
farblosen bis schwachgelben Sirup, aus dem man restliches Ammoniak im Vakuum nach
Möglichkeit abpumpt. Der Rückstand wird mit etwa 500 ccm salzsäurehaltigem
Wasser aufgenommen und sofort mit weiterer Salzsäure versetzt, falls die Lösung
noch nicht schwach sauer sein sollte. Die Lösung wird dann auf eine Säule von Zoo
g des sauren Kationenaustauschers »Lewatit S Ioo« gebracht und anschließend mit
Wasser gewaschen, bis keine wesentlichen Mengen reduzierender Substanz mehr durchlaufen.
Das Filtrat enthält io bis 12 g größtenteils unveränderte Fruktose, die für weitere
Umsetzungen regeneriert werden kann. Das entstandene Glucosamin wird von der Austauschersäule
mit verdünnter Salzsäure als Hydrochlorid eluiert und enthält dann noch Beimengen
von Ammoniumchlorid. Nach dem Eindampfen unter vermindertem Druck und Umkristallisation
aus salzsäurehaltigem Wasser und Methanol werden q. bis 5 g Glucosaminhydrochlorid
erhalten, das die gleichen Konstanten zeigt wie ein aus Hummerschalenchitin durch
Hydrolyse erhältliches Produkt.
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Beispiel 2 18 g Fruktose werden zusammen mit 5,3g Ammoniumchlorid
oder der äquivalenten Menge Ammoniumacetat in 500 ccm flüssigem Ammoniak
gelöst und 6 Stunden im Autoklav auf ioo° erhitzt. Nachdem das Ammoniak nach Beendigung
der Umsetzung weitgehend entfernt worden ist, wird in 250 ccm Wasser gelöst,
neutralisiert und ohne weitere Vorbehandlung mit 42 g Natriumbicarbonat und dann
unter Schütteln portionsweise mit 55 g Chlorameisensäurebenzylester versetzt. Das
Kupplungsprodukt beginnt sich nach I'-/2 Stunden abzuscheiden und wird nach Stehen
im Eisschrank abfiltriert. Es wird dann mit 6oo ccm Chloroform geschüttelt und gewaschen,
um den aus Ammoniumchlorid nebenher entstandenen Carbaminsäurebenzylester herauszulösen.
Der ungelöste Anteil besteht aus einem Gemisch von 2,3 g N, N'-Dicarbobenzoxy-I-amino-I-desoxy-glucosamin
und 6 g N-Carbobenzoxy-d-glucosamin, das durch Kristallisation aus 3o°/oigem Methanol
getrennt werden oder direkt für weitere Umsetzungen verarbeitet werden kann. Durch
katalytische Hydrierung kann daraus auch reines Glucosamin erhalten werden.
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Beispiel 3 18 g Fruktose werden in 5oo ccm konzentriertem wäßrigem
Ammdniak gelöst, und das Gemisch wird
2 Stunden zum Sieden erhitzt,
wobei ein großer Teil des gelösten Ammoniaks abdampft. Die Lösung verfärbt sich
dunkel und wird nach beendeter Umsetzung sofort unter vermindertem Druck zur Trockne
verdampft und möglichst rasch mit Salzsäure angesäuert, da das freie Glucosamin
sehr leicht zersetzlich ist. Die Aufarbeitung erfolgt wie unter Beispiel i beschrieben.
Man erhält hierbei als Eluat vom Austauscher eine Lösung, die nach Entfernen des
Lösungsmittels ein dunkelgefärbtes Kristallisat von 8 g ergibt, das ein unreines
Glucosaminhydrochlorid darstellt. Die Reinigung erfolgt über das Phenylisocyanat-Addukt
nach H. Steudel, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 34, 370 (1901).
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Beispiel 4 9 g Fruktose werden mit Zoo ccm N-Butylamin im Autoklav
6 Stunden bei 8o° behandelt, und der Überschuß an Amin wird anschließend unter vermindertem
Druck abdestilliert. Der verbleibende Rückstand wird mit 500 ccm angesäuertem
Wasser aufgenommen und über Ionenaustauschersäulen gegeben, um den nicht umgesetzten
Zuckeranteil abzutrennen. Nach der Elution wird schonend zur Trockne verdampft und
aus Methanol-Wasser, Methanol und Methanol-Benzol umkristallisiert. Man erhält 2,8
bis 3 g N-Butylglucosamin.
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Beispiel 5 9 g Fruktose werden mit Zoo ccm Benzylamin entsprechend
Beispiel 4 behandelt und aufgearbeitet. Man erhält hier nicht das freie N-Benzylglucosamin,
sondern ein aldehydammoniakartiges Addukt von Benzylamin und N-Benzylglucosamin.
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Beispiel 6 18 g Sorbose werden mit 500 ccm flüssigem Ammoniak
in Gegenwart von 5,3g Ammoniumchlorid nach Beispiel 2 behandelt und aufgearbeitet.
Es entstehen hierbei zwei isomere Aminoaldehyde, nämlich Gulosamin neben geringen
Mengen Idosamin, wie schon die papierchromatographische Untersuchung zeigt. Das
Gemisch der Aminozucker (8 g) wird aus Methanol-Wasser gereinigt und liefert ein
nur noch mit einigen Prozenten Ammoniumchlorid verunreinigtes Gulosaminhydrochlorid.
Das Produkt besitzt den gleichen RF-Wert wie ein über Cyanhydrinsynthese aus Xylose
über Gulosaminsäure erhältliches Produkt.
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Beispiel 7 9 g Arabinose werden mit Pyridin in bekannter Weise behandelt,
um daraus Ribulose zu bilden. Nachdem zur Trockne gebracht worden ist, wird der
Rückstand mit Zoo ccm Ammoniak analog Beispiel i behandelt und aufgearbeitet. Erhalten
werden 2 g Arabinosaminhydrochlorid, F. 259° (Zers.).
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Beispiel 8 18 g Glukose werden mit wäßrigem oder flüssigem Ammoniak
in gleicher Weise behandelt, wie am Beispiel der Fruktose beschrieben worden ist.
Es bildet sich wesentlich weniger Glucosamin (i5 bis i8°/0), dessen Isolierung als
Hydrochlorid jedoch nach der Entfernung der neutralen Zucker auf Austauschersäulen
erfolgen kann. Aus 4 g mit Ammoniumsalzen verunreinigtem Kristallisat lassen sich
i,8 bis 2 g reines Glucosaminhydrochlorid gewinnen.
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Beispiel 9 2 g Dioxyaceton werden mit 50 ccm flüssigem Ammoniak
umgesetzt; nach 4stündigem Stehen wird das Ammoniak an der Luft abgedampft. Trennung
des mit angesäuertem Wasser aufgenommenen Rückstandes an der Austauschersäule liefert
fast i g Dioxyaceton zurück. Von der Säule ist eine Lösung isolierbar, in der neben
Ammoniumsalzen o,6 g Serinaldehyd vorliegen. Die Isolierung des reinen Aldehyds
ist schwierig. Nach dem Eindampfen kann mit 4 ccm 3o°/oigem Wasserstoffperoxyd behandelt
werden; nach 5 stündigem Stehen ist die Oxydation zu Serin beendet, das durch RF-Wert
und als Benzoylverbindung identifizierbar ist.
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Beispiel io 2 g Oxyaceton (aus Bromaceton durch Verseifen mit Kaliumformiat
in Anwesenheit von Methanol nach Levene und Walti, Organic Synthese 1I, 5) werden
analog den Maßnahmen in Beispiel 9 behandelt. Man erhält eine Lösung von
0,5 g Alaninaldehyd (Nachweis durch Oxydation zu Alanin).