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Verfahren zur Änderung der physikalischen und chemischen Oberflächeneigenschaften
von Gegenständen aus silikatischen Stoffen Es. ist bekannt, daß sich die Oberfläche
von Glasgegenständen auch dann durchaus anders verhalten kann als die Glasmasse
selbst, wie sie z. B. in einer frischen Bruchfläche vorliegt, wenn auf ihr nicht
eine Schichtanderer Zusammensetzung oder Herkunft als der des Glases selbst durch
Bestreichen oder Überziehen mit andern Glassu bstanzen oder reit Lacken, Harzen
oder sonstigen Stoffen aufgebracht ist. So wird z. B. aus einer Bruchfläche durch
Einwirkung von Wasser schon -in kurzer Zeit das Alkali des Glases entfernt, und
es entsteht eine wenn auch noch so dünne, alkaliarme, hydroiisierte Oberflächenschicht,
:die den weiteren Wasserangriff hemmt. Man hat schon. vorgeschlagen, diese hemmende
Wirkung zu verstärken durch längeres Auskochen der Glasgegenstände mit Wasser oder
durch Behandlung mit Säurelösungen, mit heißer Säure, z. B. Schwefelsäure, oder
mit Säuredämpfen. Es hat sich .aber gezeigt, daß auf dies Weise keine dauerhaften
Schutzschichten erzielt werden, abgesehen davon, daß Säurelösungen viele Gläser
stark angreifen, Politurkratzer freilegen und sonstige Oberflächenrauhigkeiten und
Unebenheiten verursachen. Offeribar !bleibt die erzeugte, hydro-lisierte, d. h.
gelartige, kieselsäurereichere Oberflächenschicht wasserdurchlässig, sie ist mechanisch
leichter verletzbar, verändert sich mit der Zeit und wird insbesondere .durch Erhitzen
auf über roo°' rissig und porös, so daß ein weiterer Angriff erfolgen kann.
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Es ist ferner bekannt, daß sich eine dauerhaftere Vergütung von Glasoiberflächen
durch Einwirkung, saurer Gase etwa bei der Erweichungstemperatur des Glases erzielen
läßt, offenbar weil hierbei ein Verschmelzen der oberflächlichen, kiesel,säurereicheren
Gelschicht
stattfindet. Jedoch sind die Anwendungsmöglichkeiten dieses Verfahrens beschränkt,
weil .durch die erforderliche Erhitzung bis in die Nähe der Erweichungstemperatur
Verformungen und sonstige Veränderungen der Glasoiberfläche und ,des. Glases bewirkt
werden, die ihre Verwendung z. B. zu optischen Linsen öder Prismen mindestens erschweren.
Auch bleibt -das Verfahren dadurch unsicher, daß in der Nähe der Erweichungstemperatur
das Alkali des Glases. wanderungsfähig ist, in die Oberflächenschicht eindringt
und so: die Vergütung mehr oder weniger rückgängig macht.
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Der Erfindung gemäß kann man jedoch auch bei wesentlich niedrigeren
Temperaturen als der der Erweichung (in der Regel bei Temperaturen unterhalb von
q.00°) eine wirksame und dauerhafte Vergütung von Glasoberflächen sowie von. Oberflächen
anderer silikatischer, also keramischer Gegenstände und eine sonstige weitgehende
Veränderung ihrer physikalischen und chemischen. Eigenschaften erzielen, wenn folgende
drei Maßnahmen getroffen werden: Es wird die Oberfläche des zu behandelnden Gegenstandes
mit einer ausgelaugten Schicht versehen, es werden in diese Schicht wasserfeindliche
Gruppen enthaltende Stoffe eingebaut, und sie wird so !behandelt, d aß sich durch
innere Umlagerungen ihr Gefüge schließt und verfestigt. Das neue Verfahren kann
im :besonderen in der Weise ausge=führt werden, daß der zu behandelnde Gegenstand
mit Säuren und mit wasserfeindliche Gruppen enthaltenden Stoffen bei einer unter
der Erweichungstemperatur des Gegenstandes liegenden Temperatur zur Reaktion gebracht
;wird.
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Das Versehen der zu behandelnden Oberfläche mit einer ausgelaugten
Schicht kann entweder dadurch geschehen, daß :man die Oberfläche des Gegenstandes
auslaugt oder daß man auf sie eine gelartige Schicht, z. B. aus Wasserglas, aufbringt.
Das Auslaugen der Oberfläche setzt nicht voraus, daß der Gegenstand -aus leichter
und aus schwerer löslichen Bestandteilen zusammengesetzt ist; so kann durch längeres
Wässern, z. B. auch auf Quarz, eine ähnlich .beschaffene Schicht entstehen:, die
sich durch ihre Adsorptionswirkung, z. B. auf gewisse Farbstoffe, nachweisen läßt.
Es versteht sich, da;ß nicht der gesamte zu behandelnde Körper einheitlich aus dem.
Stoff zu bestehen braucht, der :in :der oben angegebenen Weise (behandelt wird;
so kann es sich z. B. um einen Körperaus nicht silikatischem Stoff handeln, der
mit einem silikatischen Stoff überzogen ist. Anderseits kann aber auch der gesamte
Gegenstand von vornherein im ganzen aus einem Stoff bestehen, der im Sinne der Erfindung
als ausgelaugt anzusehen ist. So kann z. B. die schmale, frei liegende Kante einer
Wasserglasschicht, mit der zwei Glasgegenstände aneinandergekittet sind, widerstandsfähiger
gemacht wenden, indem man in sie wasserfeindliche Gruppen enthaltende Stoffe einbaut
und sie verfestigt.
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Unter wasserfeindliche Gruppen enthaltenden Stoffen sollen solche
verstanden werden, die mit Wasser nicht oder nur zu einem geringen Teil in Lösung
gehen, ;wie z. B. Fette, Öle und andere wasserfeindliche Kohlenwasserstoffe, Fettsäuren
USW.
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Die obengenannten drei Maßnahmen können gleichzeitig oder auch nacheinander
zur Wirkung kommen. So kann man die Auslaugung gleichzeitig mit: der Behandlung
durch wasserfeindliche Gruppen enthaltende Stoffe vornehmen; .man kann aber auch
zunächst die ausgelaugte ,Schicht erzeugen, .dann erst wasserfein@d'liche :Stoffe
enthaltende Gruppen einwirken lassen und schließlich die Verfestigung bewirken.
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Einer auslaugenden Behandlung von Glasgegenständen durch Wasser ist
im allgemeinen die durch Säuren, außer Flußsäure, vorzuziehen, da auf diese Weise
auch die zweiwertigen. Oxyde herausgelöst werden und ein lbckereres., für die wasserfeindlichen
Stoffe aufnahmefähigeres Gefüge der Oberflächenschicht entsteht. Durch eine gemilderte
oder zeitlich verzögerte Auslaugung gelingt die Bildung einer geeigneten Oberflächenschicht
-selbst dann, wenn die zu behandelnden Gegenstände nur geringe Anteile an Kieselsäure,
bis herab zu o, z °/o, enthalten.
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Als sehr gut geeignete wasserfeindliche Stoffe halben sich erwiesen
Paraffine, Stearinsäure, Ölsäure und andere wasserfeindliche Stoffe mit einem höheren.Siedepunkt.
Erhitzt man polierte oder auch umvorbehandelte Glasgegenstände in diesen Stoffen
bei Gegenwartvon Säuren, so erweisen sie sich, auch nach dem Abputzen, (bei längerem
Auskochen mit Fettlösungsmitteln oder Behandlung :mit sonstigen die Stoffe sonst
lösenden Mitteln als von Wasser schwer oder :gar nicht benetzbar, was bei bloßem
Bestreichen mit solchen Stoffen und darauffolgendem Reinigen nicht der Fall ist.
Wahrscheinlich ist der Vorgang der, daß sich unter der Einwirkung von Säuren, ähnlich
wie bei Einwirkung wäßriger Säurelösungen, zunächst eine kieselsäurereiche, vielleicht
gelartige Oberflächenschicht bildet, die von dem wasserfeindlichen Stoff durchtränkt
wird und sich bei der Behandlungstemperatur dann umlagert, verfestigt und so das
Unlöslichmachen der wasserfeindlichen :Stoffe #bewirikt.
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Mittel, um das Gefüge gelartiger Schichten durch innere Umlagerungen
so -zu ändern, daß sich ihr Gefüge schließt und verfestigt, sind bekannt. Das einfachste
Mittel ist das Erhitzen. Aber auch andere Vorgänge irgendwelcher Art, z. B. elektrische,
die eine innere Umlagerung des 'Gels und seine Verfestigung bewirken; sind :im Zusammenhang
mit ,dem neuen Verfahren verwendbar.
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Die einfachste Art der Ausführung des neuen Verfahrens besteht darin,
den zu behandelnden j Gegenstand in ein Säure und wasserfeindliche Gruppen enthaltendes
Bad von geeigneter, aber unterhalb der der beginnenden Erweichung der Gegenstände
liegenden Temperatur zu tauchen. Da die chemische Angreifbarkeit der zu -bethandelnden
Gegenstände je nach ihrer Zusammensetzung sehr verschieden ist und auch die dabei
gebildete Oberflächenschicht infolge: des verschiedenen Gehaltes an gelbildenden
Anteilen mehr oder weniger leicht zur Umlagerung und Verfestigung neigt, ist die:zweckmäßigste
Badzusammensetzung, Höhe der Behandlungstemperatur
und Dauer der
Einwirkung hei den verschiedenen Gegenständen verschieden. Im allgemeinen sind uni
so stärkere Auslaugwirkungen und um so höhere Temperaturen erforderlich, je höher
der Gehalt des Glases an Kieselsäure oder anderen gelbildendenStoffen ist. Gute
Erfolge lassen sich bei den meisten Gläsern z. B. .mit Paraffinstoffen, :die Ölsäure,
Stearinsäure oder andere Säuren enthalten, und einer Temperatur über ioo°` erzielen;
unter Umständen genügt eine halbstündige Einwirkung bei etwa aoo°. Eine Behandlung
mit völlig säurefreien wasserfeindlichen .Stoffen, wie z. B. :mit besonders gereinigtem
Paraffin, erwies sich jedoch als unwirksam. Bei vielen der wasserfeindliche Gruppen
enthaltenden Stoffe ist jedoch ein besonderer Säurezusatz nicht erforderlich, weil
sie von vornherein Säuren sind oder sich eine solche in ihnen bei der Behandlungstemperatur
bildet.
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Man kann aber auch die Erzeugung der ausgelaugten Schicht vor der
Behandlung mit den die wasserfeindlichen. Gruppen enthaltenden Stoffen geschehen
lassen, und zwar durch Einwirkung von Wasser oder wasserhaltigen Säuren, z. B. von
wäßrigen Säurelösungen. Hierdurch gelingt es leichter, verhältnismäßig dicke Schichten
zu erzielen. Die Einwirkung wäßriger Säurelösungen auf polierte Glasgegenstände
oder die gleichzeitige Gegenwart von Wasser und wasserlöslichen Säuren im Bad führt
jedoch meist zur Sichtbarmachung von Polierkratzern. Es erlaubt aber im allgemeinen
ein geringer Wassergehalt :des Bades, die Ausbildung der gewünschten Oberflächenschicht
zu beschleunigen; die Vermeidung der Anwesenheit von Mineralsäuren erlaubt dabei,
eine Kratzeraus!bildung zu verhindern.
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Ist der Einbau der wasserfeindlichen Stoffe in die Oberflächenschicht
bei niedriger Temperatur erfolgt oder die Behandlung im Bad nur von kurzer, zur
Verfestigung des Gefüges der erzielten Oberflächenschickt nicht ausreichender Dauer
gewesen, so: läßt sich die Verfestigung auch durch nachträgliches Erhitzen an der
Luft auf höhere Temperaturen beschleunigen und vervollständigen.. In der Regel wind
es zweckmäßig sein, die Einwirkung der wasserfeindlichen Stoffe oberhalb, einer
Temperatur von 10o1°' geschehen zu lassen oder den Gegenstand nachträglich auf über
iod°' zu erhitzen.
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Es hat sich ferner gezeigt, daß sich auch noch sonstige .Stoffe, die
an der ausgelaugten Oberflächenschicht adsorbierbar sind, wie z. B. organische Farbstoffe,
dauerhaft in die Oberfläche einbauen lassen, wenn sie während oder nach der Erzeugung
der ausgelaugten Schicht, aber vor der Verfestigung zur Einwirkung gebracht werden.
Man kann .diese Einbaumöglichkeit z. B. auch ausnutzen zur Erzeugung besonderer
katalytischer Wirkungen von Glasoberflächen sowie zur Erzeugung von Fluoreszenz
und überhaupt zur Erzeugung von Oberflächeneigenschaften, die dem zu :behandelnden
Stoff sonst nicht eigentümlich sind.
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Die nach den beschriebenen Verfahren behandelten Gegenstände zeigen
außer ihrer geringen Benetz -barkeit durch Wasser, die z. B. für die Inaktivierung
und Imnmunisierung von Gefäßen oder die, Beeinflussung von Kondensationen auf Flächen
praktische Verwendung finden :kann, eine meist außerordentlich große, auf mehr als
das Doppelte erhöhte Widerstandsfähigkeit -gegen :denAngriff von dampfförmigem oder
flüssigem Wasser, Säuren und schwachen Laugen. Dies .ist insbesondere wertvoll für
kieselsäurearme, sogenannte fleckenempfindliche Gläser, wie sie als optische Gläser
wegen ihrer besonderen Eigenschaften häufig benutzt werden. Durch das neue Verfahren,
können nunmehr auch noch kieselsäureärmere Gläser als die zur Zeit etwa bis 3o %
Si 0z hinabreichenden :der praktischen Verwendung zugeführt werden. Gerade diese
fleckenempfindlichen Gläser lassen deutlich den Unterschied erkennen zwischen der
Wirkung der nach dem beschriebenen Verfahren eingebauten wasserfeindlichen Stoffe
und dem bloßen Bestreichen mit ihnen. Letzteres verhindert trotz der dadurch anscheinend
bewirkten Unhenetzbarkeit der Oberfl'äc'he nicht dlie Einwirkung von Wasser und
Säurelösungen auf :das Glas, sondern nur eine Hemmung, während die nach dem neuen
Verfahren behandelten Gläser dabei auch auf die Dauer praktisch unverändert bleiben.
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Heiße, konzentrierte Laugen und Flußsäure greifen jedoch auch die
behandelten Gläser merklich an, so, daß also ,die Glassubstanz durch die Schutzbehandlung
nichtvöllig unzugänglich geworden sein kann.. Hierdurch erklärt es sich wohl, daß
nach dem Verfahren behandelte dünne Glasschichten, wie sie z. B. bei Glaselektroden
vorliegen, den elektrischen Strom trotz ihrer geringen Wasserbenetzbarkeitgut hindurchlassen.
Das vorliegende Verfahren gestattet es aber anderseits, für :diese Zwecke alkalireiche
(sogar mit mehr als 2o 1/a Alkaligehalt) und daher elektrisch gut leitende Gläser
zu verwenden, die ohne Schutzschicht von den zu prüfenden Lösungen sehr stark angegriffen
werden würden.
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Die zur Erzielung guter Schutzwirkungen nötigen Sehichtd@iclcen sind
im allgemeinen. sehr gering und meist kaum meß:b:ar. Es genügen schoh Dicken von
einigenMillimy. ErzeugtmanjedochgrößereDicken, so wird das Reflexionsvermögen beeinflußt,
dessen Stärke zunächst durch das Brechungsvermögen des zu behandelnden Gegenstandes
bestimmt ist. Die durch das neue Verfahren. erzeugten kieselsäurereicheren und daher
niedriger brechenden Oberflächenschichten setzen bei merklicher Dicke durch Interferenzwirkungen
das Reflexionsvermögen herab, und es gelingt bei Schichtdicken von etwa ioo m,u,
das Reflexionsvermögen ohne sonstige nachteilige Wirkungen stark zu verringern.