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Verfahren zur Herstellung von Formkörpern aus Polystyrol An gespritzten
oder gepreßten Formkörpern aus Polystyrol ist die Beobachtung gemacht worden, daß
in diesen Körpern Risse entstehen, die sich mit der Zeit mehr oder weniger schnell
vergrößern. Durch diese Risse wird die Gebrauchsfähigkeit der Formkörper erheblich
beeinträchtigt, und zwar insbesondere in solchen Fällen, in denen die Formkörper
als Bauteile mit bestimmter Zug- oder Druckfestigkeit und/oder großer Isolierfestigkeit
verwendet werden. Die Rißbildung ist nicht nur an komplizierten Formkörpern beobachtet
worden, sondern auch an ziemlich einfachen Formkörpern ohne scharfe Kanten oder
größere Änderungen der Wandstärke. Wenn auf Polystyrol als Werkstoff für solche
Formkörper wegen seiner sonstigen hervorragenden Eigenschaften, z. B. wegen seiner
völligen Wasserunempfindlichkeit, niedrigen dielektrischen Verluste und geringen
Kapazität, nicht verzichtet werden soll, muß die Rißbildung oder auch schon die
Gefahr einer Rißbildung, mit der auf Grund dieser Beobachtungen gerechnet werden
muß, beseitigt werden.
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Für die Rißbildung ist bisher die auf eine ungleichmäßige oder unvollkommene
Polymerisation zurückgeführte Anwesenheit von nicht oder nicht völlig polymerisierten
Bestandteilen im handelsüblichen Polystyrol verantwortlich gemacht worden, gegebenenfalls
unter Mitwirkung von Spannungen infolge ungleichmäßiger
Abkühlung
oder mechanischer Beanspruchung. Zur Beseitigung dieser angeblichen Ursachen der
Rißbildung sollte die Erhitzung des Polystyrols für kürzere oder längere Zeit (stunden-
oder tagelang) auf Temperaturen in der Nähe von ioo° C dienen, wohl aus der Überlegung
heraus, die Reste von Monostyrol aus dem Polystyrol zu vertreiben oder aber überhaupt
die Polymerisation zu Ende zu führen. Längere Erhitzungen von Polystyrol sind übrigens
auch aus dem Grunde schon vorgeschlagen worden, um den für handelsübliches Polystyrol
bei etwa 65°C nach Martens liegenden Erweichungspunkt heraufzusetzen. Hierbei treten
im Polystyrol chemische Veränderungen auf.
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Diese Wärmebehandlungen sind nämlich nur bei einem Zustand des Polystyrols
durchführbar, der von der dem späteren Gebrauchszweck von Polystyrolformkörpern
dienenden Formgebung aus beurteilt nur als formlos zu bezeichnen ist, z. B. im Zustand
von Pulver oder plastischer Masse. Die Erfindung geht auf die Erkenntnis zurück,
daß die Rißbildung oder Gefahr der Rißbildung für Polystyrolformkörper durch eine
mäßige Erhitzung der Formkörper ohne chemische Veränderung des Polystyrols entscheidend
beseitigt wird. Die Erfindung löst also die bisher noch ungelöste Aufgabe dadurch,
daß die Polystyrolformkörper mindestens nach ihrer spanlosen Formgebung durch Spritzen,
Pressen od. dgl., im Fall ihrer weiteren mechanischen Beanspruchung bei Bearbeitung
(insbesondere bei spanabhebender Formgebung durch Bohren, Drehen, Schneiden od.
dgl.) aber allein oder vorzugsweise noch zusätzlich nach dieser Beanspruchung und
gegebenenfalls auch mehrmals einer Erhitzung auf Temperaturen unterworfen werden,
die in dem Bereich zwischen etwa 40°C und unterhalb des Fließbeginns des Polystyrols
liegen.
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Der Fließbeginn des Polystyrols liegt in der Regel i5 bis 25°C oberhalb
des Erweichungspunktes nach Mart e n s und kann in Plastometer eindeutig bestimmt
werden. Im Plastometer werden Probekörper unter genormten Bedingungen, z. B. Zylinder
von i cm Höhe und Durchmesser unter Druckbelastung von 3,8 kg, einer bei Zimmertemperatur
beginnenden und minutlich um 0,5°C zunehmenden Erhitzung bis zum merklichen Zusammensinken
unterworfen. Die Dauer und im Zusammenhang damit auch die Höhe der in dem angegebenen
Bereich auszuwählenden Temperatur der Wärmebehandlung ist von der jeweiligen Verformung
abhängig und von Fall zu Fall zu bestimmen. Mit Hilfe der sogenannten Benzinprobe
ist jedoch mit praktisch völlig genügender Sicherheit festzustellen, ob die gewählte
Wärmebehandlung der jeweiligen Verformung entsprochen hat. Diese Benzinprobe besteht
darin, daß der zu prüfende Formkörper unmittelbar nach seiner Verformung ganz oder
bei besonders großen Körpern zum Teil in ein Benzinbad getaucht wird. Ohne Anwendung
einer Wärmebehandlung gemäß der Erfindung entstehen sofort feine Risse, die sich
rasch vergrößern und mit bloßem Auge wahrnehmbar sind. Nach Anwendung einer genügenden
Wärmebehandlung bleibt die Rißbildung aus und stellt sich auch nach längerer Zeit
nicht ein. Es ist durchaus nicht notwendig, daß die Benzinprobe bei Serienfabrikation
an jedem einzelnen Formkörper vorgenommen wird, es genügt vielmehr die Untersuchung
eines Fabrikationsmusters und Vornahme gelegentlicher Stichproben aus der laufenden
Fabrikation der Formkörper.
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Es empfiehlt sich, die Wärmebehandlung gemäß der Erfindung, die als
Anlassen bezeichnet werden kann, bei möglichst hohen Temperaturen vorzunehmen, um
die Dauer der Wärmebehandlung abzukürzen. Sie darf jedoch nicht so hoch sein, daß
eine schädliche Verformung oder ein Zusammenkleben der Formkörper eintritt. Die
Wärmebehandlung kann in einer Wärmekammer, beispielsweise einem Durchgangsofen mit
verschiedenen Wärmezonen, in einem Warmluftstrom oder auf andere die Formkörper
mehr oder weniger durchwärmende Weise vorgenommen «erden.
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Falls eine Verformung in mehreren Stufen bzw. mehrere Verformungen
nacheinander vorgenommen werden, empfiehlt es sich, eine Wärmebehandlung zwischenzuschalten;
jedoch ist es auch möglich, mehrere Verformungen bzw. Verformungsstufen geringen
Ausmaßes unmittelbar nacheinander vorzunehmen und durch eine Wärmebehandlung abzuschließen.
Als Beispiel hierfür sei das Bohren und anschließende Gewindeschneiden genannt.
Unzweckmäßig ist es aber, Verformungen größeren Ausmaßes ohne Wärmebehandlung in
großem zeitlichem Abstand (Stunden, Tage oder längere Zeiten) nacheinander vorzunehmen.
Es empfiehlt sich fernerhin, eine Erhitzung auf niedrigere Temperaturen nach der
Bearbeitung der Oberfläche zu wiederholen. Um die Entstehung von Wärmespannungen
zu vermeiden, ist es fernerhin zweckmäßig, die Abkühlung nach der ersten Erhitzung
langsam durchzuführen. In einigen Fällen hat es sich auch als zweckmäßig erwiesen,
bereits vor der Verformung eine Wärmebehandlung vorzunehmen.
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Bei der praktischen Erprobung der Erfindung wurden z. B. Vierkantstäbe
aus einem handelsüblichen Polystyrol gepreßt und verschiedenen Beanspruchungen unterzogen.
Die nachstehende Tabelle zeigt für die Beanspruchungen A, B und C die mit Hilfe
der Benzinprobe als ausreichend kontrollierten Wärmebehandlungen. A ist Bohren und
Sägen, B zweiseitiges kräftiges Einspannen im Schraubstock, C mehrere Kugeleindrücke
nebeneinander- mit einer 2,5-mm-Kugel unter 6a,5 kg Druck
30 Sekunden lang.
500 6 1o 1 75o 850 |
A. 4 Stunden 3 Stunden 2 Stunden i Stunde |
B. nicht 5 - 3 bis 4 2 bis 3 |
gemessen Stunden Stunden |
C. nicht nicht über über |
gemessen gemessen 4 Stunden 3 Stunden |
Die Tabelle lehrt folgenden Zusammenhang zwischen Höhe und Dauer der Minimalbehandlung
der Formkörper, wenn der Fließbeginn des untersuchten Polystyrols mit rund go°C
als ioo 0/0 der Erhitzung angesetzt wird. -i - x Stunden bei Erhitzung auf 94 0/0
2 . x - - - - 83% 3 . x - - - - 68 0/'o usw.