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Verfahren und Vorrichtung zum Härten von Glas Die Erfindung bezieht
sich auf Verbesserungen für das Härten von Glasgegenständen durch eine Arbeitsweise,
welche die besonderen Eigenschaften der einzelnen Glasgegenstände berücksichtigt.
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Es war an sich bekannt, daß für das Härten gewisse Glaszusammensetzungen
besser geeignet sind als andere. Es ist auch bekannt, daß die gleichmäßige Beschaffenheit
des Glasflusses, aus welchem der Gegenstand gefertigt wurde, eine Rolle spielt.
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Ferner hat man schon vorgeschlagen, durch Überwachung der Erweichungseigenschaften,
etwa durch optische Prüfung der Entspannungstemperatur, den für die Härtung günstigen
Temperaturbereich für die verschiedenen Glassorten grundsätzlich festzulegen.
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Es war aber nicht bekannt, daß die Eigenschaften der einzelnen aus
der gleichen Glassorte gefertigten Gegenstände so erheblich voneinander abweichen
können, daß dies für die praktischen Ergebnisse der Härtung an ausschlaggebender
Bedeutung ist.
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Den bisherigen Härtungsverfahren haften im Ergebnis im wesentlichen
zwei -.Fehler an. Erstens wird nicht stark genug und zweitens werden die einzelnen
Gegenstände untereinander nicht gleichmäßig genug gehärtet.- Die vorliegende Erfindung
beruht nun auf der Beobachtung, daß die größte Unsicherheit bei der Härtung auf
der Unkenntnis der kleinen Unterschiede beruht, welche die Glasgegenstände auch
dann zeigen, wenn sie aus dem gleichen Betrieb stammen und grundsätzlich die gleiche
Zusammensetzung haben. Es ist z. B. bekannt, daß sich Gläser hinsichtlich ihrer
Elastizität je nach der Dauer des Schmelzvorganges und je nach den Verhältnissen
bei ihrer Abkühlung sehr verschieden verhalten. Bei den physikalischen Vorgängen,
die für die Härtung maßgebend sind, spielen aber gerade das elastische Verhalten
und die Übergangseigenschaften vom plastischen in den elastischen Zustand eine ausschlaggebende
Rolle.
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Das vorliegende Verfahren sieht demgemäß vor, die Eigenschaften der
einzelnen zu härtenden Gläser bei diesem Übergang genauer festzustellen und danach
das Härten so einzurichten, daß jeder Glasgegenstand in der ihm angepaßten günstigsten
Weise gehärtet wird.
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Man muß besonders beim Härten von Gegenständen, deren Flächen optisch
einwandfrei bleiben sollen, z. B. Spiegelglasscheiben, darauf achten, daß man nicht
zu nah an den Erweichungsbereich während des der Härtung vorausgehenden Vortemperns
herankommt. Es ist aber andererseits bekannt, daß die Härtung an sich um so wirksamer
wird, je höher man den Glasgegenstand vorher erhitzt, möglichst bis an oder gar
über die Temperatur. eben beginnender Erweichung.
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Nun liegt nicht nur für jede einzelne Glaszusammensetzung, sondern
sogar, wie neuerdings beobachtet wurde, für jeden einzelnen- Glasgegenstand diese
Grenze der beginnenden Erweichung etwas verschieden.
Da Formveränderungen
upter allen Umständen vermieden werden müssen, mußte man bisher der Sicherheit halber
einen gewissen Temperaturabstand davon beibehalten, und es war nicht möglich, bei
jedem einzelnen Gegenstand das Vortempern bis unmittelbar an diesen Temperaturpunkt
heranzutreiben. Bei den zur Zeit üblichen Verfahren mit elektrischer Beheizung wird
die Vortemperungstemperatur selbsttätig durch Temperaturregler eingestellt, etwa
in einem Bereich von -5° C. Die Schwankung der Erweichung beträgt mindestens ebensoviel,
d. h. wenn man mit Sicherheit Formveränderungen während der Erweichung vermeiden
will, muß man io bis 2o° C im Mittel unter der Temperatur der mittleren Erweichung
bleiben. Dies bedeutet aber im allgemeinen einen Verzicht auf die Ausnutzung der
höchstzulässigen Temperatur. Nur im Einzelfall werden einzelne Gläser dabei unmittelbar
auf die höchstzulässige Temperatur erhitzt und somit zureichend gehärtet werden.
In anderen Fällen werden sie einen unzulässigen Temperaturabstand von diesem Punkt
haben und eine ungenügende Härtung aufweisen. Hieraus erklärt sich auch, daß bei
derartigen Verfahren die verschiedenen Einzelgegenstände unterschiedlich gehärtet
werden.
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Gewisse bisherige Verfahren zum Härten von Glastafeln . versuchen
daher den mittleren Abstand der Temperungstemperatur .von der Erweichungstemperatur
dadurch zu verringern, daß sie Vorkehrungen treffen, welche bei einem Übertempern
noch keine technisch merkliche Formveränderung bringen. Dies wird erreicht, indem
man die Platten senkrecht aufhängt an Stelle des früher bekannten Auflegens oder
Aufstellens. Damit wird aber nur die Gefahr der Formveränderung bekämpft, jedoch
werden die Schwankungen in den Härtungsergebnissen nicht vermieden, die durch mangelnde
Anpassung an die besonderen Eigenschaften des einzelnen Glasgegenstandes hervorgerufen
werden. Als solche Eigenschaften des einzelnen Gegenstandes können sich beispielsweise
bereits geringe, kaum zehntel Millimeter messende Dickenunterschiede zwischen den
einzelnen Glastafeln geltend machen.
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Die vorliegende Erfindung vermeidet die bislang beim Härten von Glasgegenständen
auftretenden unterschiedlichen Ergebnisse auf eine grundsätzliche andere Weise,
indem sie das Vortempern stets von- dem jeweils gleichzeitig und einzeln bestimmten
Erweichungszustand des einzelnen Glasgegenstandes abhängig macht. Dies geschieht,
indem der für das anschließende Härten erforderliche Erhitzungszustand für jeden
einzelnen Glasgegenstand dadurch festgestellt wird, daß während des Erhitzens des
Gegenstandes eine physikalische Eigenschaft des Glases in Abhängigkeit von der Temperatur
messend verfolgt wird, deren Koeffizient im betreffenden Temperaturbereich plötzlich
beträchtlich größer oder kleiner ist als im vorhergehenden Temperaturbereich.
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Man kann hierfür die verschiedensten physikalischen Eigenschaften
benutzen. So kann man beispielsweise die elektrische Leitfähigkeit oder den elektrischen
Widerstand des betreffenden Glases messend verfolgen, z. B. mittels an bestimmten
Stellen des Glasgegenstandes angebrachter Elektroden, zwischen deren Enden die Leitfähigkeit
bzw. der Widerstand durch einen Hilfsstromkreis gleichbleibender Stärke bestimmt
wird. Zweckmäßig wird, schon um Polarisationserscheinungen zu. vermeiden, Wechselstrom
geeigneter Wechselzahl verwendet. Es hat sich gezeigt, daß das plötzliche Absinken
des Widerstandes mit steigender Temperatur vor und im Erweichungsbereich mit großer
Schärfe beobachtet werden kann. Diese Feststellung %vird bestätigt durch eine neuere
Arbeit von Berg er, Thomas und Turner: »Bestimmung des Transformationspunktes an
gleichen optischen Gläsern in den verschiedenen Laboratorien« in den »Glastechnischen
Berichten« 1934, S. i72 bis 175, aus der eindeutig zu erkennen ist, daß bei der
Messung des elektrischen Widerstandes in Abhängigkeit von der Temperatur ein Punkt
erreicht wird, bei dem deutlich eine Umkehrung im Kurvenverlauf feststellbar ist,
und zwar bei einer Temperatur, die etwa der Erweichung des Glases entspricht.
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Beispielsweise können auf diese Weise auch örtliche Temperaturunterschiede
in der Beheizung von ausgedehnteren Gegenständen durch Anbringen verschiedener solcher
Prüfstellen leicht festgestellt werden, und diese Feststellungen können zum Ausgleich
in der Regelung der Beheizung benutzt werden, etwa dadurch, daß man die festgestellten
ungleichen Zoneri durch einzeln regelbare, grundsätzlich mit der gesamten Heizung
gleichgeschaltete Ausgleichsheizelemente ausrüstet.
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. Je nach dem gewünschten Erhitzungsgrad kann man den Wert, d. h.
die Maßzahl der Eigenschaft, die als Anzeigevorrichtung dienen soll, verschieden
wählen. Es kann zweckmäßig - sein, Eigenschaften, wie die elektrische Leitfähigkeit
des Glases, zu benutzen, welche unter bestimmten bekannten Umständen von den kleinen
Schwankungen in der Dicke des Glases nur in untergeordnetem Maße abhängig sind,
d. h. kleine Dickenschwankungen können berücksichtigt werden, brauchen es aber praktisch
meist nicht.
Es kann aber auch jede andere physikalische Eigenschaftsbenutzt
werden, die im entsprechenden Temperaturbereich eine wesentliche Temperaturabhängigkeit
aufweist, z. B. die Wärmeausdehnung. Es können sogar'
auch Eigenschaften,
deren wesentliche Temperaturabhängigkeit in einem anderen Temperaturbereich liegt,
durch Anwendung einer kleinen Abänderung der Arbeitsweise benutzt werden. Solche
Eigenschaften sind z. B. die optische Verspannung, die Sinterung und die Erweichung
selbst. Man muß in diesem Falle nur ein dem zu härtenden Glas in jeder Beziehung
vollkommen entsprechendes Glasc stückchen zur Verfügung haben, welches in entsprechender
Weise in der Temperatur vorauseilend oder nachhinkend mit dem Hauptgegenstand gleichzeitig
erhitzt wird. Bei elektrischer Erhitzung geschieht dies zweckmäßig z. B. durch den
gleichen Heizstrom. Der Prüfling muß sich dabei in einem Temperaturraum entsprechender
Untertemperatur befinden, wenn der Empfindlichkeitsbereich der Eigenschaften tiefer
liegt, z. B. bei elektrischem Widerstand, optischer Spannung oder Sinterungstemperatur
von Glaspulver. Hat dagegen die benutzte Eigenschaft des Prüflings einen höher liegenden
Empfindlichkeitsbereich als die Endtemperatur des Hauptgegenstandes, so muß der
Temperraum, in dem der Prüfling sich befindet, jeweils mit einer gewissen Übertemperatur
beheizt sein. Dies ist z. B. ,der Fall, wenn man die Erweichung selbst, z. B. als
Durchbiegung eines Stäbchens bis zu einem gewissen Zustand, als die messend zu verfolgende
Eigenschaft benutzt. In diesem Zusammenhang sei noch auf eine Arbeit von Klemm und
Berger: »Untersuchungen über denAusdehnungsverlauf beim Übergang vom spröden in
zähflüssiges Glas« in den »Glastechnischen Berichten« 1927/28, S. 405 bis 417, hingewiesen.
Besonders die Kurven in Bild 3 und 7 der genannten Arbeit lassen eindeutig erkennen,
daß beim messenden Verfolgen der Ausdehnungskoeffizienten von Gläsern in Abhängigkeit
von der Temperatur im Bereiche der Erweichung ein deutlich feststellbarer Umkehrpunkt
auftritt, der stets wiederholbar genau erkennen läßt, wann eine für das betreffende
Glas eigentümliche Temperatur erreicht ist. Diese Untersuchungen bestätigen, daß
die vorliegende Erfindung auf richtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.
Die genannte Arbeit gibt übrigens keinerlei Vorschläge, die betreffenden Untersuchungsergebnisse
zur Ausarbeitung eines neuen Härtungsverfahrens zu benutzen.
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Die Benutzung von Eigenschaften, deren empfindliche Änderung in einem
Temperaturbereich liegt, der nicht unmittelbar dem. Temperaturbereich des Glasgegenstandes
selbst entspricht, gelingt aus dem Grunde, weil erkannt wurde, daß alle Eigenschaften
mit erheblicher Temperaturabhängigkeit zwar für die einzelnen Glasgegenstände verschieden
verlaufen können, daß jedoch diese Verschiebung alle gleichmäßig betrifft, so daß
durch eine solche Gleichschaltung unter Wahrung des entsprechenden Temperaturabstandes
das eine Glasstück mit dem anderen gleich zusammengesetzten, jedoch im anderen Temperaturbereich
untersuchten beobachtet werden kann.
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Diese Arbeitsweise der Einzelbestimmung der geeigneten Ausgangstemperatur
für die Härtung für jeden einzelnen Glasgegenstand ist besonders zur Ausbildung
eines selbsttätigen Verfahrens geeignet. Hierdurch kann noch eine weitere Steigerung
der Genauigkeit der Härtung des einzelnen Glases erreicht werden. Im Gegensatz zu
der bisher meist geübten Arbeitsweise der selbsttätigen Einhaltung eines gewissen
Temperaturbereiches erfolgt hier ein langsames, aber stetiges Steigern der Ofentemperatur,
wobei dann selbsttätig die Heiztemperatur bei Erreichung des durch die Einzeleigenschaftsprüfung
angezeigten Temperaturpunktes abgeschaltet werden kann. Die Abschaltung der Heiztemperatur
braucht nicht vollständig zu erfolgen, sondern ein beliebiger Heizgrad kann selbsttätig
eingestellt und in ebenso einfacher wie wirksamer Weise noch eine kurze, vollkommen
hinreichende Zeit mit genauer Abmessung eingehalten «-erden.
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In einfachster Weise läßt sich dieses selbsttätig die Eigenschaften
des einzelnen Glases berücksichtigende Temperungsverfahren noch weitergehend selbsttätig
gestalten, etwa indem der Glasgegenstand nach Abschaltung des Anheizstromes und
nach Verweilen des Heizstromes, der die betreffende Temperatur einzuhalten gestattet,
nach einer bestimmten Zeit selbsttätig unter die erforderlichen Abkühlungsverhältnisse
gebracht wird. -