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Verfahren zur Herstellung von Haarhutstumpen Die Herstellung von Haarhutstumpen
ist bisher allgemein in folgender Weise durchgeführt worden Hasen- und Kaninfelle
wurden in luftgetrocknetem Zustand nach leichtem Anfeuchten von der Fleischseite
her glatt gestreckt und dann auf einem Tisch mit einer Bürste auf der Haarseite
mit der Beize bestrichen, wobei etwa ein Drittel der Haarlänge, von der Spitze aus
gemessen, von der Beize erfaßt wird. Die so behandelten Felle wurden dann bei etwa
5o bis höchstens 7o° getrocknet, nach Abkühlen und gegebenenfalls kurzem Lagern
erneut von der Fleischseite her angefeuchtet und dann das Haar mit Schneidemaschinen
abgeschnitten. Die so gebeizten Haare wurden dann zwecks Überführung in Hutstumpen
nach Reinigung in einer Blasmaschine in bestimmten Mengen, z. B. von 9o bis i2o
g, der Fachmaschine zugeführt. In dieser wurden die durch Luft im Schwebezustand
gehaltenen Haare auf ein umlaufendes Fach, einen gelochten Metallkegel mit Hilfe
einer Saugvorrichtung derart aufgesaugt, daß eine der Form des Fachkegels entsprechende
gleichmäßige Haarschicht entsteht. Das so gebildete Fach wurde dann durch Aufspritzen
von heißem Wasser zu einem gewissen Zusammenhalt gebracht, so daß man nach Öffnen
der Fachmaschine und Abstellen der Saugleitung den Konus herausheben und das kegelförmige
Haargebilde abstreifen konnte. Die so erhaltenen Haargebilde wurden dann in ein
Gewebe eingewickelt und leicht angefilzt. Durch weiteres Filzen und späteres Walken
wurden die Gebilde nach und nach verdichtet und unter Verkleinerung in die Stumpen
übergeführt.
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Man hat seit langem versucht, den umständlichen, zeitraubenden und
kostspieligen Vorgang des Beizens der Haare durch Aufbürsten der Beize auf die Felle
und die dazugehörigen Arbeitsgänge auszuschalten. Hierbei hat man sich insbesondere
bemüht, die Haare in ungeheiztem Zustand von den Fellen abzuschneiden und durch
Tauchen in Beizlösung, Ausschleudern und Trocknen in filzfähigen Zustand überzuführen.
Es hat sich indessen gezeigt, daß die hierbei in ihrer ganzen
Länge
von der Beize beeinflußten Haare sich schlecht für die Hutfabrikation eignen; sie
konnten im allgemeinen nur in Mischung mit normal gebeizten, d. h. durch Aufbürsten
der Beize auf die Felle gewonnenen Haare verwendet werden.
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Die Hutindustrie arbeitet seit etwa zoo Jahren im Prinzip nach dem
vorstehend geschildertenVerfahren, da bessereund einfachereWege nicht gefunden worden
sind.
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Die bisher verwendeten Beizmittel enthalten alle saure und oxydativ
wirkende Agenzien, welche die Haarkeratine oxydativ und hydrolytisch beeinflussen.
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Nach der Erfindung werden Haarhutstumpen derart hergestellt, daß Huthaare,
wie Hasenhaare oder Kaninhaare, in ungeheiztem Zustand vom Fell abgeschnitten werden
und vor oder nach Überführung in Fache mit wäßrigen Lösungen von Stoffen gebeizt
werden, welche, wie z. B. Thioglykolsäure, Natriumbisulfit oder das Natriumsalz
der Oxymethansulfinsäure, reduzierend wirken und die Cystinbindungen der Haarkeratine
im Sinne des Filzbarmachens der Haare zu beeinflussen vermögen und die so erhaltenen
Fache in an sich bekannter Weise durch Filz- und Walkvorgänge in Stumpen übergeführt
werden.
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Die zur Herstellung von Hüten gebräuchlichen Haare enthalten normalerweise,
je nach Herkunft, etwa g bis zo °/o Cystin. Durch Behandlung der Haare mit Stoffen
der vorstehend gekennzeichneten Art, die in wäßriger Lösung zur Anwendung gebracht
werden, gelingt es, die Cystinbindungen der Haarkeratine, die sogenannten Schwefelbrücken,
derart zu beeinflussen, daß die in ungeheiztem Zustand vom Fell abgeschnittenen
Haare gut und gleichmäßig verfilzbar werden. Vermutlich handelt es sich um Angriffe
der Cvstinbindungen, durch welche Lockerungs- oder Aufspaltvorgänge stattfinden.
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Die Konzentration der erfindungsgemäß anzuwendenden Beizlösung, die
Temperatur und die Behandlungsdauer richtet sich nach der Haarsorte und der Art
der Weiterbehandlung der Haare beim Filzen und Walken.
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Das Beizen der vom Fell geschnittenen Haare mit Hilfe der vorstehend
gekennzeichneten Beizmittel kann in einfachster Weise mit Hilfe des Tauchverfahrens
durchgeführt werden, was bei Anwendung der bisher gebräuchlichen Beizmittel, wie
bereits oben erwähnt wurde, nicht in befriedigender Weise möglich war. Die Durchführung
des Tauchverfahrens kann z. B. derart erfolgen, daß die vom Fell geschnittenen Haare
über Nacht in eine 5o/oige Natriumbisulfitlösung bei- Raumtemperatur eingelegt werden.
Durch Arbeiten in der Wärme kann man den Vorgang erheblich beschleunigen. Beim Einlegen
der Haare in eine 5o/oige Natriumbisulfitlösung, die auf etwa 8o° gehalten wird,
ist der Beizvorgang in etwa z bis 2 Stunden beendet. Die erfindungsgemäß gebeizten
Haare sind vollwertig; sie können für sich, also ohne Zumischung von am Fell gebeizten
Haaren, in einwandfreier Weise auf Hutstumpen verarbeitet werden, indem die tauchgebeizten
Haare ausgeschleudert, getrocknet, in der Blasmaschine aufgelockert bzw. von Verunreinigungen
befreit und im übrigen in der bei der Hutfabrikation üblichen Weise weiterbehandelt
werden. Mit Vorteil kann man erfindungsgemäß auch derart verfahren, daß die Felle
unter Verzicht auf das bisher übliche Beizen der Haare am Fell enthaart werden,
die so gewonnenen Haare in ungeheiztem Zustand in Fache übergeführt werden und die
Fache durch Behandlung mit einem Beizmittel gemäß Erfindung filzbar gemacht und
dann in üblicher Weise durch Maßnahmen, wie Filzen und Walken, in Stumpen übergeführt
werden.
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Die praktische Durchführung dieser Ausführungsform kann z. B. in folgender
Weise stattfinden: Die ungeheizten Haare werden nach erfolgter Reinigung mit Hilfe
der Blasmaschine in die Fachmaschine eingeführt, dort in bekannter Weise in das
Fach übergeführt, das mit heißem Wasser angespritzt wird. Hierauf wird das Fach
von dem Konus abgenommen, in ein Gewebe eingeschlagen und nun mit einer wäßrigen
Lösung von Thioglykolsäure behandelt. Bei Anwendung einer etwa 2o/oigen Thioglykolsäurelösung,
die etwa 2 Stunden lang bei etwa q.o bis 50° zur Einwirkung gebracht wird, werden
einwandfreie Ergebnisse erzielt. In Sonderfällen kann die bestgeeignete Behandlung
durch Versuche leicht ermittelt werden. Nach Imprägnierung des Faches mit Thioglykolsäurelösung
wird die überschüssige Flüssigkeit durch Maßnahmen, wie Abquetschen und Ausschleudern,
entfernt. Die Weiterbehandlung durch Filzen und Walken kann in bisher üblicher Weise
unter Verwendung warmer Lösungen von Säuren, zumeist Schwefelsäure, welche den Filz-
und Walkvorgang begünstigen, erfolgen. Es hat sich hierbei als vorteilhaft erwiesen,
der Säurelösung, z. B. verdünnter Schwefelsäure, Netzmittel zuzugeben. Als solche
kommen u. a. sulfurierte Öle, sulfurierte Fette, Fettalkoholsulfonate usw, in Betracht.
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Die Erfindung bietet den Vorteil, daß auf das bisher unentbehrliche,
umständliche Beizen der Haare am Fell verzichtet werden kann und das Beizen der
Huthaare z. B. durch Behandlung derselben nach dem Tauchverfahren oder durch Behandlung
der aus ungeheizten Haaren hergestellten Fache mit geeigneten Beizmitteln in technisch
und wirtschaftlich vorteilhafter Weise und unter Erzielung einwandfreier Ergebnisse
auch in den Hutfabriken selbst durchgeführt werden kann.