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Verfahren zur Herstellung von linearpolymeren Schwefelverbindungen
Bei der Umsetzung von Diestern von Glykolen mit starken Säuren, z. B. Halogenwasserstoffsäuren
oder Sulfonsäuren, mit bifunktionellen Verbindungen mit zweiwertigem Schwefel, d.
h. mit Mono-, Di- und Polysulfiden oderDimercaptiden,insbesondere derAlkalien, stört
häufig die ungenügende gegenseitige Löslichkeit der Reaktionsteilnehmer. Auch die
gewöhnlich nur zeitweilige Löslichkeit in gemeinsamen Lösemitteln ist oft unzureichend,
zumal im Interesse der Bildung längerer Ketten und zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
eine möglichst hohe Konzentration erwünscht ist. Meist bilden sich nach kurzer Zeit
zwei Phasen, wenn nicht schon von vornherein ein heterogenes System (Emulsion) vorlag.
Je weiter die Polykondensation fortschreitet, desto ungünstiger werden die Verhältnisse,
namentlich bei den besonders wertvollen Polythioäthern mit Resten von sechs und
mehr kettenbildenden Atomen zwischen den Schwefelatomen.
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Es wurde nun gefunden, daB die Umsetzungen schneller verlaufen und
leichter im Sinne der Bildung längerer Ketten beeinflußbar sind, wenn wenigstens
im fortgeschrittenen Stadium der Reaktion alkalibeständige organische Oniumverbindungen
organophilen (lipophilen) Charakters zugegen sind.
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Oniumverbindungen, die als Zusatz im Sinne der Erfindung verwendbar
sind, sind z. B. Propyltrimethylammoniumsulfid, Dimethyldibutylammoniumhydroxyd,
Trimethylisoheptylammoniumbromid, Isododecylguanidiniumbrornid, Trimethylcetylammoniummethylsulfat.
Bevorzugt sind Oniumverbindungen mit einem organischen Rest mit wenigstens 3 bis
q. Kohlenstoffatomen. Je nach Art und Menge des
Lösungsmittels sind
aber auch kürzerkettige Verbindungen, wie Trimethyläthylammoniumhydroxyd bzw. dessen
Salze, noch brauchbar. Die Menge dieser Oniumverbindungen kann in -weiten Grenzen
schwanken, z. B. zwischen 1/lao und 1/" Mol und mehr, bezogen auf i Mol Esterverbindung.
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Zweckmäßig liegt die Zusatzmenge zwischen 1/@0 und 1/l0 Mol. Besonders
wirksam sind Oniumverbindungen mit kapillaraktiven Kationen, gegebenenfalls in Mischung
mit nichtkapillaraktiven.
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Zur weiteren Beschleunigung der Umsetzung können noch geringe Mengen
von Alkalijodiden zugegeben werden. Auch die Oniumverbindungen können in Form ihrer
Jodide verwendet werden.
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Zur Herstellung der Polymeren können beispielsweise folgende bifunktionelle
Esterverbindungen Verwendung finden: Hexamethylendichlorid, ß-Methylhexamethylendichlorid,
Heptamethylendibromid, Heptamethylen-glykol-bis-benzolsulfonsäureester, heptamethylen-glykol-bis-scli-vefelsaures
Natrium, Decamethylendibromid, Di- i-chlorheptylsulfid, linearpolymeres Dibromid
(Polymerhomologengemisch), erhalten durch Umsetzen von überschüssigem Heptamethylendibromid
mit der Dinatriumverbindung aus Heptamethylendimercaptan.
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Zur Umsetzung mit derartigen zweiwertigen Esterverbindungen eignen
sich beispielsweise Mono-, Di-oder Polysulfide der Alkalien oder auch organischer
Basen, wie Tripropylamin. In Form ihrer Dimercaptide können folgende Dimercaptane
verwendet werden: Tetramethylendimercaptan, Hexamethylendimercaptan, ß-Methylbexamethylendimercaptan.
Während die Dimercaptane zweckmäßig in ungefähr äquivalenter Menge oder mit geringem
Überschuß zur bifunktionellen Esterverbindung angewandt werden, ist bei den Salzen
des Schwefelwasserstoffs häufig ein erheblicher Überschuß am Platze, namentlich
wenn in wäßriger Dispersion mit z. B. io-bis 2o°/Qigen Natriumsulfidlösungen gearbeitet
wird.
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Als Lösungs- bzw. Verdünnungsmittel kommen z. B. in Frage: Alkohole,
wie Methylalkohol, Äthylalkohol oder Butylalkohol, Tetrahydrofurfuralkohol, Pyridin,
Amide, wie Diäthylcyanamid, a-Pyrrolidon, N-Methyla-pyrrolidon und N-Methylacetamid,
Sulfone, -wie Cyclotetramethylensulfon, oder Methyläthylsulfon. Hochsiedende Löser,
vor allem Amide, wie N-Methyla-pyrrolidon, eignen sich auch besonders gut als Zusatz,
wenn mit höchstkonzentrierten wäßrigen Lösungen von Alkalisulfiden, z. B. mit geschmolzenem
kristallisiertem Natriumsulfid, gearbeitet wird.
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Beim Arbeiten in wäßriger Dispersion kann man zur Verbesserung der
Löslichkeit wasserunlöslicher Ester außer Alkoholen auch noch andere indifferente
wasserlösliche organische Löser, z. B. Tetrahydrofuran oder Dioxan, zusetzen. Ferner
bzw. an Stelle von solchen kann man in geringer Menge nicht mischbare Lösungs- bzw.
Quellungsmittel, z. B. Anilin, 3-Chlortetrahydrofuran, Anisol, Isochinolin, verwenden.
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Die Umsetzungstemperatur kann je nach Art und Menge etwa angewandter
Lösungs- oder Verdünnungsmittel in ziemlich weiten Grenzen schwanken, z. B. zwischen
50 und 22o'. In den meisten Fällen liegt die Arbeitstemperatur zwischen
70 und i30'. Bei Verbindungen, die Disulfid- oder Polysulfidgruppen enthalten,
empfiehlt es sich, Temperaturen von 130 bis 140' nicht zu überschreiten. Will man
hochmolekulare lineare Produkte erhalten, so empfiehlt es sich, die Reaktion gleich
zu Beginn möglichst schnell und stoßweise ablaufen zu lassen, indem man z. B. die
Reaktionskomponenten in für die Erzielung eines hohen Molekulargewichtes möglichst
günstigen Mengenverhältnissen auf einmal zusammentreten läßt.
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Bei vielen Umsetzungen ist es zweckmäßig, das Lösungsmittel während
der Reaktion allmählich herauszudestillieren, gegebenenfalls unter vermindertem
Druck, und gleichzeitig die Temperatur zu steigern. Verwendet man Alka.lisulfide,
so kann an Stelle der wasserfreien Salze auch wasserhaltiges Salz, z. B. kristallisiertes
Natriumsulfid, benutzt -werden. In fortgeschrittenem Zustande der Umsetzung kann
das Wasser aus der entstehenden wäßrigen Phase mit Hilfe von Xylol, Chlorbenzol
oder anderen Azeotrope bildenden organischen Lösungsmitteln entfernt werden. Zweckmäßig
arbeitet man unter Verwendung von hochleistungsfähigen Dispergiervorrichtungen,
die eine Scherwirkung auf das Reaktionsgut ausüben, insbesondere Schneckenmaschinen,
z. B. solche mit mehreren gleichlaufenden Schneckenspindeln.
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Aus den fertigen Polymeren lassen sich die zugesetzten Oniumverbindungen
durch Auskochen mit Wasser oder besser verdünnten Säuren entfernen und wiedergewinnen.
Zur weiteren Beseitigung von anorganischen Verunreinigungen kann man die Polythioäther
in einem flüchtigen Lösungsmittel, -wie Methylenchlorid, lösen und diese Lösung
in heißes Wasser eindüsen, wobei das Lösemittel abdestilliert.
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Manche Polymere lassen sich auch aus Aceton oder Essigester oder Gemischen
dieser Lösungsmittel mit Methylenchlorid umlösen. Vielfach genügt aber schon ein
gründliches Durchkneten mit Wasser auf Waschwalzen.
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Die nach dem Verfahren bevorzugt hergestellten Polythioäther sind
wachsartig weiche bis hartparaffinartige, bei genügend hohem Molekulargewicht auch
elastische, mechanisch vergütbare Kunststoffe, die z. B. in der Textilveredlung
oder als Vergußmassen Verwendung finden können. Besonders wertvoll sind sie als
Ausgangsstoffe für die Gewinnung linearer Polysulfone durch Oxydation. Polymere
mit Disulfidgruppen haben ähnliche physikalische Eigenschaften, während höher geschwefelte
Erzeugnisse typische Thioplaste sind. Beispiel i i Mol reines Hexamethylenbromid
wird mit 3 Mol kristallisiertem Natriumsulfid (Na, S - g H2 0) in 6,4 Gewichtsteilen
Äthylalkohol, bezogen auf das Sulfid, unter Zusatz von 1/1o Mol des Anlagerungsproduktes
von Benzylchlorid an das Dimethylalkylamingemisch aus den Bromiden der Palmkernfettalkohole
und Dimethylamin 8 Stunden am Rückflußkühler gekocht. Trotz der großen Menge an
Alkohol entsteht auch zum Anfang kein homogenes Reaktionsgemisch. Es bilden sich
vielmehr zwei Flüssigkeitsschichten. Nach
dem Erkalten wird die
körnige Abscheidung abgesaugt, mit Wasser zur Entfernung der Salze gewaschen und
durch zweimaliges Umschmelzen aus siedendem Wasser gereinigt. Der Polythioäther
wird hierbei als fester, an der Gefäßwand filmbildender, fast farbloser Kuchen erhalten.
Er schmilzt bei 7q.° und läßt sich aus der Schmelze mit dem Glasstab zu Fäden ausziehen,
die eine geringe Reckbarkeit besitzen. In Methylenchlorid und Chlorbenzol ist die
Substanz gut löslich, ebenso in konzentrierter Schwefelsäure. Vermindert man die
Menge des Natriumsulfids auf i';'2 Mol, so geht auch das Durchschnittsmolekulargewicht
des Polythioäthers zurück.
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Arbeitet man in gleicher Weise, aber ohne Zusatz des quartären Ammoniumsalzes,
so wird ein bei gleicher Temperatur schmelzender Polythioäther von wesentlich niedrigerem
Durchschnittspolykondensationsgrad erhalten. Er läßt sich nicht zu Fäden ausziehen.
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In beiden Fällen bildet sich neben dem Linearpolymeren auch eine erhebliche
Menge monomeres Hexamethylensulfid. Beispiel 2 In eine Lösung von 36 g kristallisiertem
(3/9 ,0 Mol) in 44 ccm Wasser, die noch o,6 g des quartären Dimethylalkylbenzylammoniumchlorids
aus dem Amingemisch aus Palmkernfettalkohol enthält, tropft man unter heftigem Rühren
und unter Ausschluß von Luftsauerstoff durch Überleiten von Stickstoff bei 95 bis
ioo° 1/2a Mol Hexamethylenbromid ein. Schon nach wenigen Minuten beginnt eine sichtbare
Reaktion. Die disperse Phase wird zäher. Später ballt sich das Reaktionsprodukt
zusammen. Nach im ganzen 31/2stündigem Rühren unter Stickstoff läßt man erkalten,
gießt die wäßrige Phase ab, wäscht mit Wasser nach und behandelt zur Beseitigung
flüchtiger Nebenprodukte, die hier nur in geringer Menge auftreten, mit Wasserdampf.
Zur weiteren Reinigung wird in Chloroform gelöst und durch Eintropfen in siedendes
Wasser wieder ausgefällt. Der erhaltene Polythioäther, ein hartwachsähnlicher, zäher,
farbloser Kunststoff, schmilzt bei 74 bis 76° zu einer viskosen Schmelze, aus der
sich lange Fäden abziehen lassen. Diese Fäden können auf das Mehrfache ihrer Länge
kalt gereckt werden und geben dann bei der Durchstrahlung mit Röntgenlicht ein Faserdiagramm.
Ausbeute 93 °/o.
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Erhöht man die Menge an Natriumsulfid von 3/2O Mol auf 1/4 Mol, so
wird ein Polythioäther mit fast gleichen Eigenschaften erhalten.