-
Handprothese
Seit jeher bemüht man sich darum, für verlorene Gliedmaßen
durch entsprechende Prothesen möglichst vollwertigen Ersatz zu finden. Dies gilt
besonders für Handprothesen, denn in den meisten Berufen ist das Vorhandensein beider
voll verwendungsfähiger Hände Voraussetzung für die Arbeitsmöglichkeit.
-
Die Erfindung macht es möglich, den Verlust einer Hand mittels dieser
Prothese, die die gleichen natürlichen Funktionen des Greifens und Festhaltens ausführt,
so auszugleichen, daß der Träger einer solchen Prothese seinen Beruf in den meisten
Fällen weiter ausüben kann.
-
Als bisher beste Lösung einer beweglichen Handprothese ist die Sauerbruch-Hand
bekannt. Diese kann aber erst nach einer komplizierten Operation angebracht werden
und stellt deswegen nicht die ideale Lösung dar, zumal sie sehr kostspielig ist.
-
Vor kurzem wurde als neuestes Ergebnis eine künstliche Hand vorgelegt,
die in Liechtenstein entwickelt wurde und ebenfalls bewegliche Finger hat, die greifen
und halten können und damit eine Arbeitsverwendung ermöglichen. Sie arbeitet aber
mit einer elektrischen Batterie als Stromquelle und setzt voraus, daß die Nervenreaktion
in dem vorhandenen Gliedstumpf noch voll vorhanden ist.
-
Diese Prothese erfordert also noch Fremdenergie.
-
Die Handprothese nach der Erfindung stellt eine voll finger- und
gelenkbewegliche Handprothese dar. Dem Prothesenträger wird es dadurch ermöglicht,
die künstliche Hand ebenso wie die natürliche zur Arbeit zu verwenden, weil er mit
ihr ebenso greifen und halten kann.
-
Die Prothese besteht aus folgenden Teilen: a) künstliche Hand; b)
Führungsleiste mit Stahlsaiten zur Kraftübertragung; c) besonderer Handschuh für
die gesunde Hand; d) Feststellvorrichtung.
-
Die Hand selbst ist der wesentlichste Teil, da sie ja an die Stelle
des verlorenen natürlichen Gliedes tritt. Sie besteht aus einem handförmigen Hohlkörper
aus Leichtmetall, der entweder beweglich an
einem Unterarmstutzen
befestigt oder mit diesem in einem Stück gefertigt wird. Der Unterarmstutzen wird
an dem verbliebenen Gliedstumpf befestigt, wobei die Art der Befestigung der im
Einzelfall gegebenen Notwendigkeit entsprechend vorgenommen werden kann, am besten
wohl durch Saugstutzen.
-
Die vier Finger der Hand und der Daumen sind der natürlichen Form
entsprechend aus Hohlkörpern angefertigt. Die Beweglichkeit wird dadurch ermöglicht,
daß jedes Glied als Einzelteil gefertigt ist, das mit den anderen Gliedern und dem
Handkörper durch Scharniere beweglich verbunden ist, wobei zur besseren Beweglichkeit
in den Gelenken Kugel- oder Rollenlager eingebaut werden. An der Außen-(Ober-)Seite
der Fingerglieder sind innen im Hohlkörper Federn angebracht, die die Glieder in
der Ruhelage gestreckt halten.
-
Die ganze Handkonstruktion steckt in einem Lederhandschuh.
-
Die Kraftübertragung und damit die Beweglichkeit der künstlichen
Hand wird auf folgende Weise erreicht: In der Innen-(Unter-)Seite der Fingerhohlräume
verlaufen Stahlsaiten, die an der jeweiligen Fingerspitze fest angebracht sind und
durch die Innenseite des Handkörpers und den Unterarmstutzen hochlaufen, geführt
durch entsprechend angebrachte Oesen. Diese Saiten treten einzeln aus -dem Unterarmstutzen
kurz vor dessen Ansatz an den Gliedstumpf heraus und verlaufen von da ab in einer
Führungsleiste zu der gesunden Hand.
-
Mittels dieser Stahlsaiten wird die Bewegung der Finger der gesunden
Hand' auf !die der künstlichen Hand übertragen und dadurch eine koordinierte Bewegung
der Finger der künstlichen Hand erzeugt.
-
Dies wird dadurch ermöglicht, daß die Stahlsaiten, die von den Fingerspitzen
der künstlichen Hand ausgehen und mittels der Führungsleiste entlang des verbliebenen
Gliedstumpfes über die Schultern hinweg zu der gesunden Hand verlaufen, in einem
Handschuh für die gesunde Hand enden, in dem sie auf der Außen-(Ober-)Seite bis
zu den Fingerspitzen laufen und über diese etwas hinweggeführt befestigt sind.
-
Sobald der Prothesenträger die künstliche Hand angelegt hat und die
Führungsleiste mit den kraftübertragenden Stahlsaiten so gelegt ist, daß sie an
der gesunden Hand endet und diese i,n dem für sie bei stimmten Handschuh steckt,
bewirkt jede Bewegung eines Fingers der gesunden Hand durch die dabei erzeugte Spannung
der zugehörigen Stahlsaite eine entsprechende Bewegung des Fingers der künstlichen
Hand.
-
Dies entspricht der natürlichen Arbeitsweise des Menschen, der meist
mit beiden Händen die gleiche Bewegung ausführt und gleichmäßig zufaßt.
-
Soll aber nur die künstliche Hand allein zufassen, so ist es nötig,
mit der gesunden Hand die entsprechende - -Greifbewegung fiktiv- durchzuführen,
wodurch die künstliche Hand greift. Wenn darüber hinaus die künstliche Hand allein
festhalten soll, während die gesunde Hand eine andere Bewegung ausführt, so ist
dies durch eine Feststellvorrichtung ermöglicht, die durch einfachen Fingerdruck
der gesunden Hand betätigt wird.
-
Die gesunde Hand trägt bei Verwendung der Prothese ebenfalls einen
Handschuh, der aus Leder besteht und in dem die Stahlsaiten, die die Kraftübertragung
ausführen, von der Führungsleiste her kommend an der Außen-(Ober-)Seite entlanglaufen
bis zu den Fingerspitzen, über die sie etwas hinweggeführt und befestigt sind.
-
Die volle Verwendungsfähigkeit der Prothese für Greifen und Festhalten
wird dadurch erreicht, daß eine Feststellvorrichtung die Finger der künstlichen
Hand in jeder bestimmten Stellung festhält.
-
Diese Feststellvorrichtung arbeitet in der Weise, daß sie die Stahlsaiten
durch Scherengriff festhält, der sich durch Druck auf einen Auslösekontakt schließt
bzw. öffnet. Dadurch kann jede der Stahlsaiten, die an dieser Stelle in kurzen Abständen
Knoten zum besseren Festhalten tragen, festgehalten werden, wodurch gleichzeitig
das betreffende Glied der Prothese in der entsprechenden Stellung festgehalten wird.
-
Diese Feststellvorrichtung kann je nach Lage des Einzelfalles in
dem Handschuh für die gesunde Hand oder auch an anderer Stelle, je nach Zweckmüßigkeit,
eingebaut werden.
-
-Die Handprothese kann jederzeit für Oberarmamputierte als Armprothese
gebaut werden, indem in den Armstutzen ein Ellenbogengelenk eingebaut wird, das
ebenso konstruiert ist wie die Fingergelenke. Es wird durch eine entsprechend stärkere
Stahlsaite mit dem Ellenbogen des gesunden Armes verbunden und arbeitet dann ebenso
wie die Fingergelenke durch die gleiche Art der Kraftübertragung.
-
Die Art der Konstruktionlder Prothese verlangt, daß sie genau den
Körpermaßen des Prothesenträgers angepaßt wird. Hinsichtlich der künstlichen Hand
bestehen keine Schwierigkeiten, da diese in verschiedenen Größen hergestellt werden
kann. Der Handschuh für die gesunde Hand wird entsprechend der Handgröße des Prothesenträgers
gewählt.
-
Entscheidend ist es aber, daß die Stahlsaiten, die die Bewegung übertragen,
in ihrer Länge ganz genau an die Körpermaße des Prothesenträgers angepaßt werden,
was aber auch ohne große Schwierigkeiten durch entsprechendes Maßnehmen und genaues
Anpassen erfolgen kann.
-
Die Stahlsaiten liegen zur besseren Führung in einer Führungsleiste
aus Leder oder biegsamem Kunststoff, in der für jede Saite eine Führungsnaht abgesteppt
ist. Diese Leiste führt vom Armansatz der künstlichen Hand an der Innenseite des
Armstumpfes herauf, über Brust und Nacken hinweg zur Außenseite des gesunden Armes,
diesen herunter, wo sie in dem Handschuh für die- gesunde Hand endet.
-
Die Führungsleiste kann in jeder Jacke, die der Prothesenträger anzieht,
mittels Knöpfen befestigt werden, wodurch sie so viel Halt gewinnt, daß die Prothese
einwandfrei arbeitet. Die Tätigkeit des
Einknöpfens der Führungsleiste
kann der Prothesenträger selbst ohne fremde Hilfe durchführen.
-
Am zweckmäßigsten ist aber die Verwendung eines Kollers, in das die
Führungsleiste für die Stahlsaiten eingearbeitet wird und das der Prothesenträger
unter der Oberkleidung trägt. Dadurch wird ein einwandfreier Sitz und sicheres Arbeiten
des Gesamtmechanismus gewährleistet.
-
Die Erfindung ermöglicht es, lediglich durch Ausnutzung der Fähigkeiten
des menschlichen Körpers und durch zweckmäßige Kraftübertragung einen vollwertigen
Ersatz für eine verlorene Hand zu bieten. Es ist dabei vor allem das psychologische
Moment berücksichtigt, daß der Mensch aus Gewohnheit mit beiden Händen die gleichen
Bewegungen auszuführen pflegt. Jeder Prothesenträger wird nach kurzer Übung mit
dieser Prothese imstande sein, die künstliche Hand wie die natürliche zu gebrauchen.
-
Als Fortschritt ist damit erzielt, daß keine Operation oder sonstige
Vorbereitung an dem Armstumpf nötig ist und Fremdenergie nicht gebraucht wird. Die
Prothese kann an jedem Armstumpf befestigt werden und arbeitet lediglich durch Kraftübertragung
von der gesunden Hand.
-
Diese einfache Lösung macht alle sonst nötigen Voraussetzungen entbehrlich.
Dadurch werden erhebliche Kosten vermieden, was im Interesse einer allgemeinen Anwendung
der Prothese von Armamputierten liegt. Bei einer Serienfertigung dürften die Kosten
so niedrig sein, daß die Prothese jedem Armamputierten nutzbar gemacht werden kann.