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Verfahren und Vorrichtung zum Aufschließen von Stroh od. dgl. Es ist
bereits vorgeschlagen worden, Stroh oder anderes Fasermaterial durch Kochen oder
andere Wärmebehandlung mit Kalk, Soda oder anderen Alkalien aufzuschließen. Die
Erfindung betrifft Verbesserungen dieses Verfahrens und der dabei benutzten Apparatur.
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Die Erfindung bezweckt in erster Linie, ein kontinuierliches Kochen
oder Aufschließen bei oder etwa bei Atmosphärendruck und kontinuierlicher Zufuhr
von Rohmaterial und kontinuierlicher Abfuhr des Stoffes nach dessen Aufschließung
in gewünschtem Grad zu ermöglichen. Hierbei kann man sowohl einen horizontalen als
auch einen vertikalen Kocher sowie auch eine Kombination dieser Typen anwenden.
In beulen Fällen müssen die am Aufschließungsprozeß teilnehmenden Substanzen eine
ausreichende Relativbewegung erhalten, so daß die noch nicht fertig aufgeschlossenen
Strohpartikeln in wirksame Berührung mit der Kochflüssigkeit gelangen. Gemäß der
Erfindung wird dies dadurch erreicht, daß die Flüssigkeit eine andere Geschwindigkeit
erhält als das Strohmaterial.
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Besonders bei der Anwendung von ,horizontalen Kochern mit Umrührern
kann die gewünschte wirksame Relativbewegung dadurch erleichtert werden, daß die
Stoffdichte unterhalb eines gewissen Wertes gehalten wird, der, wie festgestellt
wurde, bei 5 bis 8% liegt, da der Umrührer bei höheren Stoffdichten nicht ausreichend
wirksam arbeitet. Weiterhin kann die relative Geschwindigkeit der Kochflüssigkeit
im Verhältnis zum Stroh dadurch verbessert werden, daß eine gewisse Menge Kochflüssigkeit
am Ablaufende des Kochers entnommen und zum Kocher in der Nähe von dessen Zuführungsende
zurückgeführt wird. Eine solche kräftige Relativbewegung Ist besonders notwendig,
wenn
man z. B. mit Kalksuspension arbeitet und von Anfang an einen
Kalküberschuß in der Flüssigkeit hat (nur ein geringer Teil -des Kalks ist im Wässer
gelöst), denn hierbei soll die beim Kochen verbrauchte Kalkmenge -durch neue dadurch
ersetzt werden, daß ein Teil des ungelösten Ca(OH)2 in Lösung geht. Der ungelöste
Kalk ist im Strohmaterial in Form von größeren oder kleineren Körnern eingemischt,
und wenn die Flüssigkeit 'eine ausreichende Bewegung im Verhältnis zum Stroh erhält,
wird. nur der Flüssigkeit in einem kleinen Gebiet um jedes Kalkkorn herum neuer
Kalk je nach dessen Verbrauch beim Kochen zugeführt.
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Dadurch, daß ein Teil der Kochflüssigkeit auf diese Weise umläuft,
können weitere Vorteile erzielt werden. So kann die zum. Kochen erforderliche Wärmezufuhr
ganz oder teilweise dadurch erfolgen, daß die umlaufende Kochflüssigkeit direkt
oder indirekt erwärmt wird, bevor sie wieder in den Kocher eingeführt wird. Weiterhin
kann die beim Kochen gebildete Ausfällung mit der umlaufenden Lauge entnommen und
in geeigneter Weise, z. B. durch Sedimentierung, ziemlich vollständig von dieser
Lauge vor deren Rückführung in den Kocher abgeschieden werden. Das Aufschließungsmittel,
z. B. Kalk, Soda oder andere Alkalien, kann auch der umlaufenden Lauge zwecks Einführung
in den Kocher zugesetzt werden.
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Bei Anwendung von Kalk als Aufschließungsmaterial kann dieser dem
Kocher als Kalkmilch oder in fester Form zugesetzt werden. In letzterem Fall wird
der Kalk zweckmäßig im Kocher selbst oder m einem Vorwärmer gelöscht, wodurch die
beim Löschen frei gewordene Wärme beim Kochprozeß ganz oder teilweise ausgenutzt
wird. Wenn der Kalk dem Kocher in Form von Kalkmilch zugeführt wird, soll die beim
Löschen frei gewordene Wärme derart ausgenutzt werden, daß die Kalkmilch durch sie
erwärmt wird. Eine solche Ausnutzung der Wärme kann auch erfolgen, wenn Soda oder
Alkali als Kochflüssigkeit angewandt wird.
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Auch die Wärme des am Entleerungsende des Kochers entnommenen Stoffes
sowie mitfolgender Lauge kann für das kontinuierliche Kochen z. B. dadurch wiedergewonnen
und ausgenutzt werden, daß das -für .den Kochprözeß vorgesehene Wasser auf den warmen
Stoff gespritzt oder in anderer Weise mit ihm in Berührung gebracht- wird, bevor
das Wasser gegebenenfalls mit mitfolgender alter Lauge in den Kocher eingeführt
-wird..
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Die .kontinuierliche -Abfuhr des Stoffes aus dem Kocher kann mittels
einer kontinuierlich arbeitenden mechanischen, hydraulischen oder pneumatischen
Anordnung, z. B, einer Schnecke, -einer Mammutpumpe od. dgl. erfolgen. Die Schnecke
kann hierbei gegebenenfalls die gleiche sein, ,die zum Umrühren im Kocher angewandt
wird. Bei'vertikalen Kochern kann man auch bei ausreichend-- kräftiger Umrührung
und beim-Umpumpen,der Lauge den Stoff am Boden mittels einer geeigneten Schleuse
abziehen. In vielen Fällen ist jedoch die Mammutpump-e- vorzuziehen; wobei der Kochflüssigkeit
gleichzeitig eine abwärts gerichtete Geschwindigkeit beigebracht wird, die größer
ist als die de's Strohs, so. daß dlie obengenannte Relativbewegung zwischen der
F1üs-sigkeit und dem Stroh beibehalten wird. Bei der Anwendung einer Mammutpumpe
oder einer anderen Pumpe wird der Stoff vom Boden des Kochers aus gepumpt, wobei
der Laugenüberschuß, gegebenenfalls nach Erwärmung, zum Kocher zurückgeführt wird.
Am Boden des Kochers soll hierbei das Verhältnis Lauge: Stoff so groß sein, daß
die Masse, gegebenenfalls nach Mischung mit dem Umrührer, gepumpt werden kann. In
gewissen Fällen muß daher Lauge in besonderer Weise am Boden des Kochers zugeführt
werden, um dorrt die Stoffdichte niedrig zu halten, wie oben erwähnt worden ist.
Bei vertikalen Kochern ist es oft zweckmäßig, die Stoffdichte auf einem niedrigen
Wert von 2 bis 40/0 zu halten. Nach der Entnahme aus dem Kocher wird die mitfolgende
Menge Lauge vom Stoff in geeigneter Weise abgeschieden sowie zum Kocher in oben
angegebener Weise im Kreislauf zurückgeführt.
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Wenn die Stoffdichte am Ausgangsende des Kochers ausreichend niedrig
gehalten wird, kann die Entnahme des Stoffes in gewissen Fällen auch ohne besondere
Pumpe, z. B. dadurch geschehen, daß man die Bodenöffnung des vertikalen Kochers
an ein äußeres, vertikales Steigerohr anschließt, dessen Mündung etwas unter dem
Laugenniveau im Kocher gelegen ist. Hierbei strömt Lauge und mitfolgender Stoff
vom Kocherboden aufwärts durch das Steigerohr und strömt durch die Abzugsmündung
aus. Die ausströmende Menge kann durch Regelung des gegenseitigen Unterschiedes
zwischen dem Laugenniveau im Kocher und dem Mündungsniveau des Steigerohres abgepaßt
werden. Das Laugenniveau kann mittels einer Schwimmeranordnung geregelt werden,
die die Wasserzufuhr zum Kocher automatisch regelt. Weiterhin kann die ausströmende
Menge mittels eines zweckmäßig mit Schwimmer versehenen. Ablaufventils geregelt
werden.
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Eine Ausführungsform eines vertikalen Kochers mit Entnahme des Stoffes
mittels einer Mammutpumpe ist in der Zeichnung schematisch dargestellt.
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In der Zeichnung bezeichnet z den Kocher, der oben mit- einem Abzug:?
für Luft;- Gäse und Dampf (weshalb der Kocher bei oder ungefähr bei Atmosphärendruck
arbeitet), sowie mit einem oder mehreren Einlässen 3 für Häcksel und Kalk oder
Soda. öder-kaustischem Alkali versehen ist, das getrennt vom Häcksel oder
zusammen-mit diesem eingebracht werden kann. Gemäß einer -zweckmäßigen Ausführungsform
werden die Rohmaterialien durch den Einlaß -oder die Einlässe 3 tangential in den
zylindriseJhen oder konischen Kocher eingeblasen, so daß eine Zyklonwirkung entsteht
und der Häcksel mit dem Kalk -usw. innig gemischt wird, bevor die Mischung' das
Laugenniveau q. im Kocher erreicht. Der Kalk kann hierbei ungelöscht in Pulver-
oder Stückform sein oder `als pulverförmiges Ca(OH)2 oder Kalkmilch zugesetzt werden..
Soda kann in fester Form oder Lösung und Alkali kann in Lösung zugesetzt werden.
Der- Stoff und die in geeigneter
Weise auf eine Temperatur von etwa
95 bis ioo° erwärmte Lauge wird im Kocher mittels mechanischer, hydraulischer oder
pneumatischer Umrühranordnungen umgerührt. Als Beispiel zeigt die Zeichnung, daß
Druckluft und bzw. oder Dampf von einer Druckleitung 5 einer Anzahl Austrittsdüsen
6 am unteren Teil des Kochers zugeführt werden. Ein Teil der Luft oder des Dampfes
wird auch durch eine Leitung ;7 in ein im wesentlichen vertikales Rohr 8 im Kocher
eingeführt, das somit als Mammutpumpe zur Entnahme des fertiggekochten Stoffes und
mitfolgender Lauge an der Rohrmündung oberhalb, des Laugenniveaus 4 arbeitet. Der
Stoff wird von derLauge dadurch abgeschieden, daß er z. B. überein Filter 9 geleitet
wird, von dem der Stoff bei io austritt, während d ie Lauge durch eine Rückführleitung
i i in den Kocher zurückläuft. Die Leitung mündet zweckmäßig in eine Heizanordnung
i2., die z. B. aus einem in geeigneter Weise erwärmten Mantel 13 besteht:- Dampf
oder ein anderes Heizmittel wird dem Mantel durch die Leitung 14 zugeführt, während
das Kondensat durch den Abzug 15 ausströmen kann. Zweckmäßig wird der Laugenumlauf
in der Heizanordnung 12 durch Einführung von Luft oder Dampf mittels einer Leitung
16 verbessert. In der Praxis kann es natürlich zweckmäßig sein, die gesamte Heizanordnung
außerhalb des Kochers anzubringen und eine Pumpe für die Zirkulation anzuordnen.
Ebenso kann die Leitung ii an. ein Schlammahsetzbassin oder eine ähnliche Anordnung
zur Abscheidung der beim Kocher gebildeten Ausfällungen angeschlossen werden. Die
Wirkung der Mammutpumpe wird derart den übrigen Umlaufsanordnungen angepaßt, da3
die Geschwindigkeit -der Flüssigkeit nach dem Ab-
lauf zu größer ist als die
Geschwindigkeit des Stoffes. Das Aufschließungsmittel kann auch durch diese Leitung
zugeführt werden, wenn man den oben beschriebenen Mischzyklon nicht anwendet. Frischwasser
wird in geeigneter Weise in passenden Mengen zugeführt, so daß das Laugenniveau
4 auf der gewünschten Höhe gehalten wird. Wie oben erwähnt, ist es oft zweckmäßig,
mittels z. B. einer Anordnung 17 dieses Wasser über den zuletzt entnommenen Stoff
auf dem Filter 9 zu sprühen, wodurch die Wärme des Stoffes teilweise zurückgewonnen
wird, während sie gleichzeitig gewaschen wird.
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Der Stoff kann, gegebenenfalls nach Zusatz von Rinde und Fasermaterial
aus Holz oder anderen Ursprungs, z. B. auch von Torf (Torfstroh), Erdnußfasern usw.
zur Herstellung von Papier, Faserplatten oder anderen Faserprodukten angewandt werden,
gegebenenfalls gemäß den Methoden, die in den Patenten 814 09 und 818 9oo beschrieben
sind. Statt Stroh oder zusammen mit Stroh kann z. B. auch Schilf od. dgl. :angewandt
werden.