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Verfahren zur Herstellung von a-alkylsubstituierten Carbonsäuren Es
.ist bekannt, däß man Carbonsäuren sowohl aus den entsprechenden Aldehyden durch
Oxydation mit Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen wie aus den entsprechenden
Alkoholen durch Verschmelzen mit Alkalien herstellen kann. Beide Verfahren werden
technisch mit guten Erfolgen durchgeführt. .
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Es gibt nun Aldehyde mit q. oder mehr C-Atomen, die in der a-Stellung
verzweigt sind und die durch Aldolkondensation gleicher oder verschiedener Aldehydmoleküle
mit anschließender Wasserabspaltung und partieller Hydrierung der entstandenen ungesättigten
Aldehyde entstehen.
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Will man die diesen Aldehyden entsprechenden Säuren, in der a-Stellung
verzweigte Carbonsäuren, herstellen, so können die beiden obengenannten Reaktionswege
eingeschlagen werden, d. h. man muß entweder den gesättigten Aldehyd in der bekannten
Weise oxydieren oder ihn bis zum Alkohol durchhydrieren und diesen mit Alkalien
verschmelzen. Beiden Verfahren haften jedoch gewisse Nachteile an. So ist es beim
Oxydationsverfahren mit Rücksicht auf die Ausbeute erforderlich, die partielle Hydrierung
des ungesättigten Aldehyds möglichst quantitativ bis zum gesättigten Aldehyd zu
führen. Da es aber nicht zu vermeiden ist, daß bei Erreichung der Höchstmenge an
gesättigtem Aldehyd gleichzeitig noch etwas ungesättigter Aldehyd, andererseits
aber schon durch Weiterhydrierung entstandener Alkohol und vielfach
noch
höher kondensierte Produkte vorhanden sind, so kann eine quantitative Ausbeute niemals
erreicht werden. Zudem stören diese Nebenprodukte bei der Oxydation; sie müssen
daher entfernt werden. Infolge der nahe beieinander liegenden Siedepunkte des gesättigten
und des ungesättigten Aldehyds sowie des Alkohols ist die Trennung erschwert. Das
Endprodukt wird dadurch verteuert.
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Wählt man den anderen Weg, den ungesättigten Aldehyd bis zum Alkohol
durchzuhydrieren und dann mit Alkalien zu verschmelzen, so benötigt man bei der
Hydrierung die doppelte Menge Wasserstoff und bei der Alkalischmelze erhält man
eine sehr große Menge Gas, mithin bei geschlossenen Apparaturen sehr hohe Drücke.
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Es wurde nun ein Verfahren gefunden, das auf einem neuen Wege zu den
Carbonsäuren führt und den Vorteil hat, einige Mängel der alten Verfahren zu übergehen.
Es zeigte sich nämlich überraschenderweise, daß man auch die gesättigten, in der
a-Stellung verzweigten Aldehyde, die im Gemisch mit den ihnen entsprechenden Alkoholen
vorliegen, in flüssiger Phase mit mindestens äquimolekularen Mengen der Alkalien
verschmelzen kann und dabei mit ausgezeichneter Ausbeute zu den entsprechenden Carbonsäuren
kommt.
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Gegenüber den alten Verfahren hat das neue folgende Vorzüge: i. Bei
der Hydrierung kann man die Wasserstoffanlagerung so weit fortsetzen, bis praktisch
kein ungesättigter Aldehyd mehr vorhanden ist. Man erhält demgemäß ein Produkt,
das zum weitaus größten Teil aus dem gesättigten Aldehyd und einer kleinen Menge
des entsprechenden Alkohols besteht. Dieses Gemisch kann, da beide Verbindungen
bei der Alkalischmelze in flüssiger Phase die entsprechende Carbonsäure liefern,
unmittelbar weiterverarbeitet werden.
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z. Bei der Alkalischmelze entsteht nur wenig mehr als die Hälfte des
Druckes, der bei Anwendung des entsprechenden Alkohols entstehen würde. Die Apparate
brauchen demgemäß nicht für eine besonders hohe Druckbeanspruchung gebaut zu werden.
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Die Reaktion wird durch folgendes Schema wiedergegeben:
Daß eine solche Reaktion mit fast quantitativer Ausbeute möglich sein würde, war
nach dem bekannten Verhalten der Aldehyde nicht vorauszusehen. Es ist zwar bekannt,
daß Aldehyde, die an dem der Aldehydgruppe benachbarten C-Atom kein H-Atom besitzen,
die Cannizzarosche Reaktion geben. Hierbei wird bereits die Hälfte des Aldehyds
in die zugehörige Säure verwandelt. Die zum Alkohol reduzierte Hälfte müßte bei
der Alkalischmelze ebenfalls in die Säure übergeführt werden, so daß letzten Endes
mit einer nahezu quantitativen Überführung dieser Aldehyde in die entsprechende
Säure zu rechnen wäre. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um Aldehyde, die
an dem der Aldehydgruppe benachbarten (Alpha) C-Atom noch ein Wasserstoffatom tragen.
Von diesen Aldehyden ist bekannt, daß sie in Gegenwart von Allkali bei niederen
Temperaturen zunächst das entsprechende Aldol liefern, welches seinerseits vielfach
leicht weiterreagiert. So konnten bei dem besonders eingehend untersuchten Isobutyraldehyd
als Reaktionsprodukte bei der Alkalibehandlung je nach den Bedingungen das entsprechende
Aldol, ferner das Oktaglykolisobutyrat oder statt dessen das freie kristallisierte
Oktaglykol vom F. = 5i°, daneben Isobuttersäure und die dem Oktaglykol entsprechende
Oxycarbonsäure isoliert werden.
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Diese Angaben lassen sich experimentell leicht bestätigen und treffen
auch für ähnlich gebaute Aldehyde zu. Unterwirft man z. B. den Heptylaldehyd
einer entsprechenden Behandlung mit Alkalien, so erhält man ebenfalls beträchtliche
Mengen höher siedender Produkte, darunter vorwiegend eine auf Grund ihres O H-Gehaltes
und Molgewichts als das zu erwartende C14 Glykol anzusprechende Verbindung.
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Obgleich also bei der Behandlung solcher in der a-Stellung verzweigten
Aldehyde mit Alkalien ganz verschiedenartige Reaktionen eintreten, gelingt es überraschenderweise
doch, bei Anwendung von mindestens etwa i Mol Alkali auf i Mol Aldehyd über die
erwähnten Zwischenreaktionen und bei der Durchführung der Reaktion in flüssiger
Phase bei höheren Temperaturen unter Abspaltung von Wasserstoff nahezu quantitativ
die entsprechende Carbonsäure in Form ihres Alkalisalzes zu erhalten.
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Das Verfahren kann in zwei Stufen ausgeführt werden. Zunächst wird
der Aldehyd mit etwa der Hälfte der theoretischen Alkalimenge umgesetzt, wobei die
Zwischenreaktionen meist unter beträchtlicher Wärmeentwicklung ablaufen. Es ist
hierbei zweckmäßig, die Wärme durch Außenkühlung abzuführen und sowohl den Aldehyd
wie das Alkali nur allmählich einzutragen. Nachdem die Hauptreaktion vorüber ist,
wird das Produkt im Autoklav unter Zusatz der restlichen Alkalimenge auf Temperaturen
oberhalb 15o° erhitzt. In der Regel sind Temperaturen zwischen 2,30 und 300°,
bei Verwendung wäßriger Lösungen meist über 300° erforderlich. Durch den sich bildenden
Wasserstoff entwickelt sich Druck. Man kann zwar das Gas im Maße seiner Bildung
entweichen lassen, muß es jedoch in diesem Fall durch eine Wasch-oder Kondensationsanlage
leiten, um dampfförmig mitgeführte Zwischenprodukte zurückzugewinnen.
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Die Reaktion kann natürlich auch von Anfang an im Autoklav durchgeführt
werden, wobei eine geeignete Vorrichtung zum Eintragen der Reaktionsteilnehmer,
mindestens des Alkali, vorgesehen sein muß.
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Es besteht auch die Möglichkeit, die Umsetzung kontinuierlich durchzuführen,
besonders wenn in
Gegenwart von Lösungsmitteln, wie Wasser, gearbeitet
wird, so daß kein festes Salz auftritt.
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An Stelle von Alkalien können schließlich Erdalkalien oder deren Auflösungen
oder Aufschlämmungen in Wasser angewandt werden. In der Regel erweist sich jedoch
das Arbeiten mit Alkalien als zweckmäßiger.
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Die in a,-Stellung verzweigten Säuren sind als Zwischenprodukte für
die Herstellung von Arzneimitteln, Weichmachern und Lösungsmitteln von Bedeutung.
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Beispiele i. In eine für kontinuierliche Arbeitsweise eingerichtete
Apparatur führt man mit Hilfe von Pumpen gleichmäßig äquivalente Mengen von durch
Kondensation von Acetaldehyd mit Butyraldehyd und Hydrierung des Kondensationsproduktes
entstandenen und einen Gehalt an 2-Äthylbutanol aufweisenden 2-Äthylbutyraldehyd
und 4o°/oiger Natron- oder Kalilauge ein. Das Gemisch durchströmt langsam die auf
35o° geheizte Reaktionszone. Die Verweilzeit des Gemisches in ihr beträgt beispielsweise
4 Stunden. Nach erfolgter Abkühlung und Entspannung erhält man eine wäßrige Lösung,
die bei Zusatz einer starken Mineralsäure, Destillation der sich dabei abscheidenden
öligen Schicht und gegebenenfalls noch Extraktion der wäßrigen Schicht 88 bis 9o
°j, an 2-Äthylbuttersäure (Diäthylessigsäure) ergibt. Die Destillation kann bei
Normaldruck erfolgen;` wobei die 2-Äthylbuttersäure bei 194° übergeht. D'8 = o,92o.
Zur Extraktion der wäßrigen Schicht eignen sich Lösungsmittel, wie z. B. Chlorkohlenwasserstoffe,
wasserunempfindliche Ester od. dgl.
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2. In einem Autoklav mit Rührer werden in 3oo Gewichtsteile des im
Beispiel i genannten 2-Äthylbutyraldehyds unter Rühren in kleinen Portionen allmählich
6o Gewichtsteile Ätznatronpulver eingetragen. Man gibt anschließend noch einmal
3oo Gewichtsteile des Aldehyds und 6o Gewichtsteile Ätznatron in der gleichen Weise
hinzu. Nach Beendigung dieser Operation, die so durchgeführt werden soll, daß die
Temperatur ioo° nicht wesentlich übersteigt, fügt man noch 130 Gewichtsteile Ätznatron
in grobstückiger oder zerkleinerter Form hinzu und schließt den Autoklav. Innerhalb
von 8 bis io Stunden bei einer Temperatur von 25o bis 275° ist der Inhalt umgesetzt.
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Die im Beispiel i beschriebene Aufarbeitung gibt eine Ausbeute von
mindestens 9i °/o der Theorie an 2-Äthylbuttersäure.
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3. Das aus Butyraldehyd durch Aldolkondensation und Wasserabspaltung
erhältliche 2-Äthylhexenal wird nach bekannten Verfahren partiell bis zum 2-Äthylhexanal
hydriert und anschließend vom Katalysator befreit. Das rohe, fast farblose Hydrierungsprodukt
enthält beispielsweise 85 °/0 2-Äthylhexanal, 9 °/0 2 Äthylhexanol-(i) und einige
Prozent anderer Nebenprodukte.
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Von diesem Rohprodukt werden iooo Gewichtsteile unter Rühren in kleinen
Portionen mit zerkleinertem Ätznatron oder Ätzkali versetzt. Sobald keine Temperaturerhöhung
auf weiteren Alkalizusatz mehr eintritt, kann der Rest des Alkalis hinzugefügt werden.
Insgesamt sind auf i kg des Hydrierungaproduktes 8,5 Mol ioo°/oiges Alkali anzuwenden.
Die weitere Umsetzung und Aufarbeitung geschieht gemäß den vorstehenden Beispielen.
Man erhält z. B. aus iooo Gewichtsteilen des rohen Hydrierungsproduktes mindestens
94o Gewichtsteile 2-Äthylcapronsäure. Die Säure geht bei Normaldruck bei 226 bis
227° über, im Vakuum von 7,5 mm bei 113 bis i14°. D'20= 0,9077, "D (23°) = 1424.