-
Verfahren zur Herstellung von farbigen Baustoffen aus natürlichem
Anhydrit Der Anhydrit, die wasserfreie Form des Calciumsulfats, kommt in der Natur
in großen Mengen vor, kann aber auch auf thermischem Weg durch Brennen von Gipsstein,
der wasserhaltigen Form des Calciumsulfats, gewonnen werden. Der künstlich erzeugte
Anhydrit wird seit langem als Bindemittel für sich oder im Gemisch mit Magerungsmitteln
für Bauzwecke benutzt. Er ist unter der Bezeichnung Estrichgips bekannt. Die daraus
durch Anmachen mit Wasser hergestellten Baustoffe besitzen eine große Druckfestigkeit.
-
Dagegen zeigt der natürliche Anhydrit, selbst wenn er in zementfein
gemahlenem Zustand mit Wasser angemacht wird, trotz allmählicher Aufnahme von Hydratwasser
keine oder nur unbefriedigende Erhärtungseigenschaften. Werden jedoch dem Mehl aus
natürlichem Anhydrit bestimmte Stoffe, sogenannte Anreger, zugesetzt, dann wird
das Erhärtungsvermögen günstig beeinflußt, und er kann als Bindemittel im Baufach
verwendet werden. Als Anreger sind zahlreiche Stoffe, sowohl saure als auch basische,
vorgeschlagen worden. Ein solches Anhydritbindemittel kann zur Bereitung von Mörtel
zum Mauern und Putzen sowie zur Herstellung von Estrich benutzt werden. Besonders
zur Anfertigung von fugenlosen Fußbodenbelägen ist ein Anhydritbindemittel geeignet,
da es beim Abbinden bei geeigneter Wahl des Anregers nur geringe Volumenveränderungen
erleidet und deshalb beliebig große Flächen rissefrei und fugenlos ausgeführt werden
können. Wegen der verhältnismäßig niedrigen Wärmeleitzahl kann ein Anhydritbelag
als
fußwarm bezeichnet werden: Er bedarf natürlich der Pflege durch Behandeln mit Wachs
oder ähnlichen Stoffen, wie -dies auch bei Steinhölzfußböden üblich und notwendig
ist.
-
Um dem Boden ein gefälliges Aussehen zu geben, mischt man dem weißen
Anhydritbindemittel Pigmente, in den meisten Fällen Eisenoxydrot, zu. Beim Färben
von Zement und Steinholz werden hohe Anforderungen an die Reinheit des Pigments
gestellt, da sonst unliebsame Störungen im Abbindeverhalten und bei der Erhärtung
auftreten können. Auch zum Färben von Anhydritbindemitteln und der daraus hergestellten
Baustoffe hat man bisher reine, handelsübliche Pigmente, z. B. die. bekannten Eisenoxydfarben,
verwendet. Diese -Eisenoxydfarben spielen eine große Rolle beim Färben von Baustoffen;
es sind reine, unverschnittene Eisenoxyde bzw. -hydroxyde, deren Gehalt an Eisenoxyd
bis zu 98 % beträgt. Sie enthalten keine freien Säuren und nur ganz geringe Spuren
wasserlöslicher Salze.
-
Beide Stoffe, das Pigment und der für das Abbinden des Anhydrits,
notwendige Anreger; mußten also bisher in getrennter Form dem Anhydrit zugemischt
werden. Dem Anhydritmehl werden bei seiner Verarbeitung zunächst freien Kalk enthaltende
Stoffe oder saure, neutrale oder alkalische Salze oder beides zugemischt. Diese
als Anreger wirkenden Stoffe können mehrere Prozente des Anhydrits betragen. Dem
Gemisch werden dann bis zu 3 % eines Pigments zugemischt. Ein Nachteil der in dieser
bekannten Weise gefärbten Anhydritbaustoffe ist die durch die Pigmente verursachte
Neigung zum Schwinden. Es besteht daher bei fugenlosen Fußbodenbelägen die Gefahr
der Rißbildung. Da sowohl die Anreger als auch die Pigmente ausschließlich durch
besondere chemische Verfahren hergestellt werden, sind sie verhältnismäßig teuer.
-
Es wurde nun gefunden, daß farbige Baustoffe aus natürlichem Anhydrit
dadurch hergestellt werden können, daß dem gemahlenen Anhydrit farbige, bei saurem
oder alkalischem Aufschluß von Mineralien oder Erzen anfallende Rückstände zugemischt
werden, die gleichzeitig als Pigment und als Anreger wirken. So fallen z. B. beim
chemischen Aufschluß von Bauxit oder Chromerz zur Gewinnung von Tonerde bzw. Chromoxyd
-rote, eisenoxydhaltige Massen an, wobei der Aufschluß sauer oder alkalisch .erfolgen
kann. überraschenderweise hat sich gezeigt, :daß die Verunreinigungen des bei einem
solchen Aufschlußverfahren anfallenden Rückstandes sieh im Gemisch mit Anhydrit
nicht nur 'nicht störend, sondern im Gegenteil sehr vorteilhaft auf den Erhäxtungsvorgang
auswirken. Ein weiterer Vorteil ist, daß sich die Erhärtung ohne jegliche Sehwindung
vollzieht.
-
Bei der Verwendung einer derartigen Masse tritt außer der erwünschten
Färbung auch eine Anregung des Anh-drits ein, die zu Festigkeitszahlen führt, die
beträchtlich über die Werte hinausgehen, die mit den bisher bekannten Anregern erreicht
werden. Man kann also die zum Färben und Anregen des Anhydrits vorgeschlagenen Rückstände
ganz allgemein mit besonderem Vorteil als Anreger ver-Zvenden in Fällen, wo keine
bestimmte Färbung angestrebt wird bzw: die Färbung nicht stört. Die Verarbeitung
der gemäß Erfindung hergestellten Masse kann je nach den angestrebten Eigenschaften
entweder im ungemagerten Zustand oder unter Zusatz von Holzsägespänen und/oder mineralischen
Zuschlagsstoffen erfolgen.
-
Das neue Verfahren hat also einmal den Vorteil, daß das Färben und
die Anregung des Anhydrits in einem Arbeitsgang und mit nur einem Zusatzstoff ermöglicht
wird. Außerdem liegen bei geeigneten Rückständen Anreger und Pigment für den vorliegenden
Zweck in einem geradezu idealen Verteilungszustand vor. Offenbar bewirkt dieser
Verteilungszustand in Verbindung mit der besonders hohen Oberflächenaktivität solcher
Rückstände die sehr große Festigkeit der daraus hergestellten Anhydritbaustoffe.
-
Je nach dem gewünschten Färbungseffekt und den verlangten Festigkeiten
können beliebige Mengen der Aufschlußrückstände zugesetzt werden. Vorteilhaft werden
5 bis io 1/o verwendet. In allen Fällen tritt der gleiche Verfestigungsgräd ein.
Die Rückstände werden im allgemeinen als trockenes Pulverzugemischt. Ist der Anteil
an leichtlöslichen Salzen bei hohen Zusätzen so groß; daß beim Austrocknen Ausblühungen
an der Oberfläche auftreten, muß man bei Fußbodenbelägen in entsprechenden Zeitabständen
die Oberfläche so lange abwaschen, bis sich während der Austrocknung keine Ausblühungen
mehr zeigen.. Anschließend erfolgt die Imprägnierung mit Wachs oder ähnlichen Stoffen.
Man kann den Rückstand zur Vermeidung von Ausblühungen auch mit überschüssigem Wasser
einsumpfen oder waschen und ihn nach dem Waschprozeß als wäßrige Aufschlämmung dem
Anhydritmehl kurz vor der Verarbeitung zusetzen. Man kann auch die Ausblühungen
unterbinden; indem man das nach dem neuen Verfahren hergestellte Anhydritbindemittel
mit einer verdünnten, zweckmäßigerweise mit einer 2- bis 2,5%igen Eisenchloridlösung
anmacht.
-
Das neue Verfahren bedeutet gegenüber der bisherigen Arbeitsweise
durch die Verwendung von billigen Rückständen bzw. von Abfallprodukten einen großen
wirtschaftlichen Vorteil und einen erheblichen Fortschritt in der Baustofftechnik.
-
Es wurde weiter gefunden, daß außer den bisher vorgeschlagenen und
bekanntgewordenen Anregern sich ganz besonders auch Natriumaluminat als Anreger
des gemahlenen natürlichen Anhydrits eignet. Diese neue Erkenntnis gibt die Möglichkeit,
mit Vorteile solche eisenoxydhaltigen Rückstände zum gleichzeitigen Anregen und
Färben des Anhydrits zu verwenden, die beim Aufschluß von Mineralien und Erzen mit
Natronlauge anfallen, wie :dies z. B. beim alkalischen Aufschluß von Bauxit oder
Chromerz der Fall ist. Da im Gegensatz zu den bekannten alkalischen oder sauren
Anregern Natriumaluminat in weiten Grenzen als Anreger zugesetzt werden kann, besteht
bei diesem neuen Verfahren die Möglichkeit,
je nach dem Eisenoxydgehalt
des Rückstandes und je nach dem gewünschten Färbungseffekt die Menge des Zusatzes
der genannten Rückstände in weiten Grenzen abzustufen.
-
Beispiel i go Gewichtsteile eines zementfein gemahlenen Anhydrits
mit 2o % Rückstand auf dem Sieb mit io ooo Maschen je Quadratzentimeter werden mit
io Gewichtsteilen eines beim alkalischen Aufschluß von Bauxit anfallenden Rückstandes
(Rotschlamm), der 910 0/0 S'02, 28% A1203 + Ti02, 430/0 Fee 03, :2'/o Mg O, i %
S O3, 8% Na2 O und 8 % Glühverlust enthält, innig vermischt. Das Gemenge wird mit
22 % Wasser zu einem Brei verarbeitet und als Fußbodenbelag in etwa 2 cm Stärke
ausgebreitet und abgerieben. Nach einer Erhärtungsdauer von etwa 14 Tagen wird der
leuchtend rote Belag mit einem Fußbodenpflegemittel imprägniert. Die Druckfestigkeit
beträgt i5o kg je Quadratzentimeter. Beispiel e 75 Gewichtsteile eines zementfein
gemahlenen Anhydrits mit 20010 Rückstand auf dem Sieb mit io ooo Maschen je Quadratzentimeter
werden mit io Gewichtsteilen eines beim alkalischen Aufschluß von Chromerz anfallenden
Rückstandes, der i4 % Si 02, 10 % Ale 03 + Ti 02, 2o % Fee 03, 2 % Ca O, 25'/o M90,
. 31/o Na2 O, 6% Cr2 03 und 170/0 Glühverlust enthält, mit 15 Gewichtsteilen Fein
sand unter o,2 nim Korngröße innig vermischt. Das Gemenge wird in gleicher Weise
wie in Beispiel i verarbeitet.
-
An Stelle des in Beispiel i und 2 genannten Zusatzes von reinem Wasser
zur Herstellung des Bindemittelbreies kann zur Verhinderung etwaiger Ausblühungen
eine 2- bis 2,5°/aige Eisenchloridlösung als Anmachflüssigkeit verwendet werden.