-
Verfahren zum Trennen eines flüssigen Gemisches geometrischer cis-
und trans-stereoisomerer geradkettiger organischer Verbindungen Die Erfindung bezieht
sich auf die Fraktionierung gewisser Gemische organischer Verbindungen. Sie befaßt
sich insbesondere mit der Zerlegung der Gernische von cis- und trans-Stereo-iso.meren.
-
Die Trennung von Gemischen organischer Verbindungen wird gewöhnlich
durchgeführt durch die bekannten Maßnahmen, wie fraktionierte Destillation, fraktionierte
Kristallisation od.e,r Extraktionsverfahren unter Anwendung von Lösungsmitteln,
einschließlich der extrahierenden Destillation,. Für viele Zwecke und für zahlreiche-
Gemische sind diese Methoden gut brauchbar: sie sind jedoch nicht befriedigend bei
der Trennung anderer Gemische, z. B. von Gemischen geometrisch stereo-. isomerer
Paare geradkettiger organischer Verbindungen,, wie sie nachstehend noch genauer
umschrieben werden. Die Trennung von ciis- und t.rans-Stereoisomeren ist erwünscht
zur Herstellung vo-n für verschiedene Zwecke vorzugsweise verwendeten Materialien.
-
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Trennung von cis- und
trans-Isomeren. Ein weiterer Zweck der vorliegenden Erfindung ist die Schaffung
eines Verfahrens zur Zerlegung von Gemischen von Stereoisomaren in zwei Fraktionen,
wobei die trans-Isomeren in einer Fraktion und die cis-Isomeren
in
einer anderen Fraktion angereicherti werden. Weitere Ziele der Erfindung ergeben
sich aus der nachfolgenden Beschreibung.
-
Gemäß vorliegender Erfindung wurde ein Verfahren zur Zerlegung von
flüssigen, geradkettigßn geornetristhen Stiereoisomeren in zwei Fraktionen gefunden,
nach welchem die eine Fraktion die cis-Iso.meren und die andere Fraktion die trans-Isoineren
jeweils in angereicherter Form enthält. Das Verfahren besteht darin, daß solche
Gemische mit Harnstoff behandelt werden, wobei sich kristalline Komplexverbindungen
zwischen Harnstoff und einem Teil des Gemisches bilden, welche von den nicht umgesetzten
flüssigen Bestandteilen des. Gemisches getrennt und in ihre Be istandteile zerlegt
werden können. Es. wurde festgestellt, daß die tr.ans-Isomeren sich in der Fraktion
anreichern, welche Harnstoffkomp.lexverbindungen bildet, während sich die cisJsomeren
in der flüssigen, nicht umgesetzben Fraktion anreichern.
-
Stereoisomerie, insbesondere die geometrische Stereoisomerie, ist
eine wohlbekannte Erscheinung und in zahlreichem. Standardwerken ausführlich erläutert,
z. B,. in dem Werk »Fatty Acids,« von Markley, 1947 (Interscience Publishers, Incorporated),
insbesondere im Kapitel 3 dieses Werkes. Der Ausdruck Flüssigkeit umfaßt in vorliegender
Beschreibung Sbereoisomeren, die normalerweise bei Zimmertemperatur flüssig sind,
. und auch flüssige Zusammensetzungen, welche entweder flüssige oder gelöste Stereoisomeren
enthalten. Ein Beispiel für die letztgenannte Arv wäre eine Lösung von Stereoisomeren,
weiche bei Zimmertemperatur flüssig ist und aus welcher die Stereoisomeren bei Zimmertemperatur
nicht ausfallen.. Der Ausdruck geradkettige geometrische Stereoisomeren umfaßt stereonsomere
Paare geradketbiger organischerVerbindungen, einschließlich der Ol.efinkohlenwasiserstoffe,
ungesättigter Fettsäuren und der Derivate solcher Säuren, wie Ester, Amide, Alkohole
und Nitrile. DieAngabe, daß die Stereoisomeren geradkettige Stoffe darstellen sollen,
bezieht sich auf organische Verbindungen, welche von unverzweigten Olefinkohlenwasserstoffen
abgeleitet werden können, denen .Kette mit Ausnahme der Endgruppen nur Wasserstoff
als Substitwenten aufweist. Die Endgruppe kann vorzugsweise eine Carboxyl-, eine
Ester-, Hydroxyl-, Amino-, Amildo- oder Nitrilgruppe sein. Die unverzw eigte Kohlenwasserstoffkette
soll mindestens 4 Kohlenstoffatome aufweisen. und muß mindestens eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung
enthalten, welche die geometrische Isomerie verursacht (vgl. auch G i 1 m a n, »Organic
Chemistry«, Bd. i [i943], S.444) Das erfindungsgemäße Verfahren hat sich als besonders
wirksam erwiesen, wenn mindestens i Teil eines Stereoisomeren zusammen mit 9 Teilen
des entsprechenden Stereoisomeren im Gemisch vorliegt.
-
Die Umsetzung von Harnstoff mit geradk ett-igen Kohlenwasiserstoffen
und sauerstoffhaltigen Stoffen. ist bekannt, und die Anwendung dieser Umsetzung
zur Trennung geradkettiger Stoffe von verzweigtkettigen: Stoffen ist bereits vorgeschlagen
worden. Bisher ist jedoch die bevorzugte Bildung kristalliner Komplexverbindungen
zwischen Harnstoff und trans-Stereoisomeren gegenüber den cis;-Stereoisomeren noch
nicht ausgewertet worden. Die Erfindung befaßt sich daher insbesondere mit der Auswertung
dieser neuentdeckten Erscheinung zur Zerlegung von Gemischen aus cis- und trans-Stereoisoifneren.
-
Das. Verfahren ist besonders geeignet zur Trennung von Fetts,äuresbereoi,someron,
z. B,. der Ölsäure von der Elaidinsäure oder der Unolensäure von der Linolelaidinsäure,
welche typische s:tereoisomere geradkettige Fettsäuren darstellen, die in das. bevorzugte
Anwendungsgebiet des erfindungsgemäßen Verfahrens fallen, da sie mindestens io Kohlenstoffatome
in dem geradkettigen Teil des Moleküls aufweisen. Die Bildung kristalliner Komplexverbindungen
mit Harnstoff ist bei -geradkettigen Stoffen beobachtet worden, die bis, zu etwa
14 Kohlenstoffatome aufweisen. Wenn dies auch die höchste durch Versuche erhärtete
Grenze ist, so besteht doch kein Grund zur Annahme, daß das Verfahren nicht auch
auf gerade Ketten von größerer Länge anwendbar sein dürfte.
-
Während sich das Verfahren als äußerst wirksam bei der Trennung von
Fettsäurestereoisomeren erwiesen hat, kann es auch verwendet werden zur Trennung
geradkettiger Olefinkohlenwasiserstoffe, wie Octen-2, u. dgl. Die Anwesenheit von
mehr als einer olefinischen Doppelbindung scheint sogar eine noch schärfere Trennung
zu ermöglichen als bei Anwesenheit einer einzigen olefinischen Bindung, sofern beide
Bindungen eine cis-Struktur haben. Infolgedessen gelingt die Zerlegung solcher Gemische,
z. B. der Stereoisomeren von.Hexadecadien, sehr gut. Das gleiche Verfahren kann,
wie oben erwähnt;, auf geradkettige olefinische Koh:lenwassersüaffe angewendet werden,
die polare Endgruppen aufweisen, insbesondere auf eine ungesättigte Fettsäure oder
ein Derivat derselben. Außer auf Fettsäuren läßt sich das vorliegende Verfahren,
auch zur fraktionierten Zerlegung von Estern solcher Säuren mit einwertigen Alkoholen
beson,dersierfodgreich anwenden. Vorzugsweise enthält der Alkohol i bis vo Kohlenstoffatome.
-
Andere stereo:isomere Gemische, die nach dem vorliegenden Verfahren
zerlegt werden können, sind z. B. die Stereoisomeren =gesättigter Amide, welche
die oben angegebene Struktur besitzen, z. B. Limolsäureamid und Linolelaidin.siäureamid.
-
Da die den. geradkettigen ungesättigten Fettsäuren entsprechenden
Alkohole als Stereoisorneren; existieren, ist es auch möglich, das vorliegende Verfahren
zur Zerlegung sbereoisomemer Alkoholgemische zu verwenden, z. B. von Oleinalkohod-und
Elaidinalkoholgemischen. Das Verfahren ist besonders. wertvoll zur fraktionierten
Zerlegung von Mischungen, die durch Verseifung pflanzlicher Ölsäureglyceride erhalten,
oder von synthetischen Mischungen, wie sie bei der Fischer-Tropsch-Synthese gewonnen
werden. Im letztgenannten Fall wird ein Gemisch aus Säuren, Aldehyden., Ketonen
und
Alkoholen, gebildet, und es ist manchmal erwünscht, aus diesem Gemisch die etwa
vorhandenen ci-s- und trans,Isomeren abzutrennen. Auch Nitrile können dem Verfahren
unterworfen. werden, z. B. ungesättigte Nitrile, welche eine olefinische Doppelbindung
aufweisen und 18 Kohlenstoffatome in der Kohlenwasserstoffkette enthalten.
-
Es wird angenommen, daß die Bildung kristalliner Komplexverbindungen
zwischen geradkettigen Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten einerseits und Harnstoff
andererseits infolge der Bildung einer spiralförmigen Struktur aus Harnstoff, welcher
die gerade Kohlenwasserstoffkette des in der Verbindung enthaltenen Molekfids umgibt,
stattfindet. Es konnte festgestellt werden, daß auf jedes Kohlenstoffatom in der
Kohlenwasserstoffkette etwa ein Harnstoffmolekül trifft. Dieses Verhältnis sinkt
etwas, wenn sich das Molekulargewicht der ge,radkettigen Verb:i.ndung erhöht. (Der
Grund für die bevorzugte Bildung von Komplexverbindungen zwischen Harnstoff und
den trans-Isomeren gegenüber den cis-Isomeren ist nicht bekannt.) Die nach dem Verfahren
gemäß der Erfindung hergestellten kristallinen Komplexverbindungen werden. bei Berührung
mit einem Lösungsmittel für Harnstoff oder mit einem Lösungsmittel für die darin
enthaltene organische Verbindung zerlegt. Die Zerlegung tritt unter diesen Umständen
nur über einer bestimmten Temperatur ein., welche in. den meisten Fällen bei 75
bis ioo° liegt, insbesondere wenn Wasser verwendet wird. Unter gewissen Bedingungen
können zur Zerlegung der Komplexverbi-ndu:ngen niedrigmoleku.larer Stoffe schon
so niedrige Temperaturen wie etwa o° aus reichen.. Wäßrige @littel, z. B. verdünnte
Harnstofflösung, sind zu diesem Zweck auch brauchhar und können zur Rückgewinnung
der in deir Komplexverbindung enthaltenen organischen Verbindung und zur gleichzeitigen
Auffrischung der erschöpften, Harns,tofflösungen verwendet, werden.
-
Das Verfahren gemäß der Erfindung umfaßt das 'Vermischen einer Harnstofflös:üng
mit den Stereoisomeren bei einer Temperatur, die- gewöhnlich zwischen o und 75°
liegen. soll. Die Harnstofflösung -ist vorzugsweise konzentriert, und die Reakt.ionstemperatuT
wird vorzugsweise so geregelt, daß die Harnstofflösung jederzeit während des Verlaufs
des Prozesses beim Sättigungspunkt gehalten wird. Es können jedoch zwecks selektiver
Extraktion einzelner Mischungsbestandteile auch verdünntere Harnstofflösungen verwendet
werden. Dies beruht auf der Beobachtung, daß jede Verbindung nur unter scharf begrenzten
Bedingungen kristalline ILomplexverbindungen mit- Harnstoff bildet. Wenn z. B,.
zwei Paare von Stereoisomeren in einem Gemisch vorliegen und die Abtrennung des
trans-Isomeren mit dem höchsten MoleIzulargewicht gewünscht wird, verwendet man
zu diesem Zweck eine Harnstofflösung bei einer Temperatur, welche über jener Temperatur
liegt, bei der Komplexverbindungen mrit den Stereoisomeren vom niedrigsten Molekulargewicht
gebildet werden. Wenn alle übrigen Bedingungen gleichbleiben, steigt die maximale
Temperatur, bei der Kompl.exverbin.dungen gebildet werden können., mit dem Modekulargeiwicht
der gerad:ettigen Verbindung.
-
Wie schon oben erwähnt, kann das Gemisch eo@metrischer Stereoisomerer
ohne Änderung des vorliegenden Verfahrens getrennt werden, wenn die Isomeren bei
der Temperatur der Komplexbildung flüssig sind. Vorzugsweise werden sie aber in
solchen Lösungsmitteln. gelöst, die eine solche Bildung unter den oben beschriebenen
Bedingungen begünstigen. Lösungsmittel, die besonders brauchbar sind, umfassen insbesondere
niedrigmolekulare Ketone, wie ÄIethylätliylketon, und ganz besonders 2vlethylisobutyllceton.
Auch Alkohole, wie Methyl-, Äthyl-, Isopropyl-, Isobutyl- oder Isoamylalkohol, können
an Stelle der anderen Lösungsmittel oder gewünschtenfalls neben diesen verwendet
werden.
-
Die Behandlung mit Harnstoff wird nur so weit durchgeführt, daß sich
Komplexverbindungen mit einem Teil des Ausgangsgemisches der Stereoisomeren bilden.
Es ist ersichtlich, daß bei derWeiterführung des Verfahrens bis zur äußersten Grenze
unter Umstanden praktisch das gesamte Gemisch, welches nur geradkettige organische
Verbindungen enthält, krisstalline Komplexverbindungein mit dem Harnstoff bilden
würde. Da jedoch im vorliegenden Fall eine Fraktionierung gewünscht wird, muß die
Behandlung mit Harnstoff hinsichtlich der Zeit, der Temperatur und des Verhältnisses
von Harnstoff zu Stereoisomeren so geregelt werden., da,ß nur ein gewünschter Anteil
der Stereoisomeren kristalline- Harnstoffkomplexe bildet. Es wird in fast allen
Fällen festgestellt werden, daß sowohl der Extrakt als auch das Raffinat Glieder
eines bestimmten. Paares von Stereoisomeren enthält, wobei aber das trans-Isomere
im Extrakt, das cis-Isomere dagegen im Raffinat angereichert wird. Durch Zurückführen
der getrennten Fraktionen zu einer weiteren Harnstoffbehandlung kann ein schärferer
Fraktioni@erungsgrad erzielt werden. Unter Extrakt wird die Fraktion des stereoisomeren
Gemisches verstanden, welche unter den Arbeitsbedingungen Harnstoffkomplexverbindungen
bildet. Die Bezeichnung Raffina.t wird verwendet für dein flüssigen,, nicht umgesetzten
Teil der Ausgangsmischung, welcher nach der Extraktion mit Harnstoff zurückbleibt.
Die nachstehenden. Beispiele erläutern das Verfahren noch näher. Beispiel i 75 Teile
eines Gemisches., welches 2:5 Teile Elaidinsäure und 5o Teile Ölsäure enthielt,
wurden bei Zimmertemperatur 2 Stunden mit 6oo Teilen einer methylalkoholischen Harnstofflös.ung
geschüttelt, die bei etwa 27° gesättigt worden war. Die bei dieser Behandlung erhaltenen
kristallinen Komplexverbindungen wurden von dem restlichen nicht umgesetzten Flüssigkeitsanteil
des Gemisches abfiltriert, mit einer gesättigten methvlalkoholischen Harnstofflösung
gewaschen und dann durch Erhitzen mit Wasser auf etwa 8o° zerlegt. Die gewonnenen
Fettsäuren wurden durch Infrarotabsorption
untersucht. Das flüssige,
nicht um- . gesetzte Raffinat wurde ebenfalls nach der gleichem. Methode geprüft.
Es wurde gefunden, daß die extrahierten Fettsäuren, welche aus. den kristallinen-Komplexverbindungen
gewonnen worden. waren, etwa 51"/o Elaidinsäure enthielten, während die Säuren des:
Raffinats nur etwa 3:0% Elaidinisäu@re enthielten.
-
Beispiel 2' Die gemäß Beispiel i erhaltenen Säuren des Raffinats wurden
in der oben beschriebenen Weise einer zweiten Behandlung mit Harnstoff unterworfen.
Es zeigte sich bei Infrarotabsorptionsuntersuchumgen, daß die erhaltenen extrahierten
Säuren etwa 51% Elaidinsäure enthielten, während die flüssige Raffinatfraktion nur
27'/0- Elaidinsäure enthielt.
-
Beispiel 3 55 Teile eines Gemisches, welches. 19%, Elaidin- . siäure
und 8,i % Ölsäure enthielt, wurden in 6o Teilen Methyliso#butylketon gelöst. Das
verdünnte-Gemisch wurde mit 3ooTeileneiner wäßeigen Harnstoffläsung, welche bei
etwa 32° gesättigt worden war, geschüttelt. Die Temperatur des Reaktionsgefäßes
wurde im Verlauf der Reaktion stufenweise auf 2i° erniedrigt. Es wurde fastgestellt,
daß; die so extrahierten und in der oben beschriebenenWeise gewonnenen Säuren 280/a
E,laidinsäure enthielten., während das nicht- umgesetzte Raffinat etwa i2#0/9 Elaidinsäure
enthielt.