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Bremseinrichtung für Schienenfahrzeuge Fahrzeugbremsen vernichten
die kinetische Energie der Fahrzeuge vorzugsweise durch Reibung. Bei Schienenfahrzeugen
verwendet man vorwiegend Klotzbremsen, bei denen Bremsklötze aus Gußeisen an die
Radreifen gepreßt werden, oder in neuerer Zeit auch Belagbremsen ähnlich den aus
dem Kraftfahrzeugbau bekannten Bremsen, bei denen Bremsbeläge gegen Trommeln oder
Scheiben, die auf den Achswellen befestigt sind, gepreßt «erden.
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Daneben werden für Schienenfahrzeuge auch sog. Magnetschienenbremsen
verwendet, die ihre Bremswirkung durch magnetisches Ansaugen der Bremsschuhe auf
der Schiene erzielen.
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Alle diese Bremsen sind jedoch in ihrer Wirkung begrenzt durch die
physikalischen Werte der Haftreibung bz«-. gleitenden Reibung, die bei Eisen auf
Stahl in der Regel nicht viel über den Wert ,u = o,15, d. h. je Tonne Fahrzeuggeschwindigkeit
bzw. Anpreßdruck t5o kg Verzögerungskraft, hinauskommen.
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Die Bremsleistungen der Straßenkraftfahrzeuge liegen, normale Fahrbahn
vorausgesetzt, wesentlich höher, da der Reibungswert ,u der gummibereiften Räder
hier Werte bis zu 0,7, d. h. lob kg je Tonne Fahrzeuggewicht, zu erreichen
gestattet.
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Daher die im Vergleich zu den Straßenkraftfahrzeugen überlangen Bremswege
aller Schienenfahrzeuge, die bisher nur durch die Magnetschienenbremse, die ja einen
über den Achsdruck hinausgehenden Anpressungsdruck auf die Fahrschiene erzeugt,
verbessert werden konnten.
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Diesem Nachteil soll die nachstehend beschriebene Bremseinrichtung
entgegentreten.
Bei- -Schienenfahrzeugen haben in der Regel sowohl
die Räder als auch die Schienen saubere, ebene und durch den Gebrauch blanke und
.glatte Metalloberflächen. Es mu,ß _daliex.-rnö.glich sein, durch Verwendung von
@ Breirisbelägen in ihren hohen spezifischen Reibungswerten (u = 0,3 bis
0,7)
in direkt auf des Fahrschiene wirkenden Bremsschuhen die erreichbaren
Verzögerungskräfte erheblich zu vergrößern. Für die Lösung dieses Problems gibt
es eine ganze Reihe von konstruktiven Möglichkeiten, von denen im nachstehenden
einige beschrieben werden sollen (Abb. i).
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Die normale Bremsanlage .des Fahrzeuges bleibt die gleiche wie bisher,
sei es, daß eine Klotz-, Trommel- oder Scheibenbremse verwendet wird. Sie kann in
ihrer Dimensionierung lediglich evtl. durch eine den Achsdruck verringernde Wirkung
der zusätzlichen Belagbremse beeinflußt werden. Zwischen zwei Rädern des Fahrzeuges
ist außerdem die bisher bereits mit Erfolg verwendete Magnetschienenbremse a angeordnet.
Die Zusatzbremswirkung dieser Bremse beträgt entsprechend dem Reibungsfaltor nur
etwa 15 °/o ihres magnetischen Anpreßdruckes. Deshalb wird vor oder hinter dem Brems=
schuh derMägnetschienenbremse ein zweiterBremsschuh mit Bremsbelägen b angeordnet,
der über einen Hebel c sowohl mit dem Magnetbremsschuh als auf der freien Seite
auch mit einem Druckluftzyli.nder d mit Hubfeder e verbunden ist ünd
durch den Lenkhebel f- in die Lage versetzt wird, die horizontalen Bremskräfte auf
das Fahrzeug zu übertragen.
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Wird nun eine Bremsung eingeleitet, so zieht neben der normalen Fahrzeugbremse
der Bremsmagnet an, und zugleich wird Luft aus dem Fahrzeugbremssystem in den Bremszylinder
d geleitet, und zwar je nach der gewünschten Bremswirkung, jedoch höchstens so viel,
daß in keinem -Fall die magnetische Anziehungskraft des Bremsmagneten überschritten
wird. Rechnet man als Beispiel mit einer Anziehungskraft von 3 t für den Bremsmagneten
und einer Anpreßkraft von 21/2 t des Bremszylinders d, so wird, gleiche Hebellängen
zwischen Bremsmagneten undBelagschuhbzw.Belagbremsschuh und Bremszylinder vorausgesetzt,
der Belagbremsschuh mit 2 -:2,5 = 5 t auf die Schiene gepreßt. - Durch diesen -
Bremsschuh können dann rund 5 - 0,6 = 3 t Bremskraft erreicht werden. Der Bremsmagnet
liegt ,nun nur noch -mit o,5 t auf der Schiene auf, die notwendig sind, um ein Abheben
des Bremsmagneten zu verhindern. Die Fahrzeugräder werden um 21/2 t entlastet entsprechend
der Reaktionskraft des Bremszylinders d. Dementsprechend sind dis Bremsen der Räder
den etwas geringerenAnpreßdrückenanzugleichen, umeinSchleifen der Räder bei dem
verringerten Achsdruck zu verhindern. Die maximale Gesamtbremskraft des Fahrzeuge,
das mit 2.6 t Raddruck auf der untersuchten Fahrzeugseite angenommen sein
mag, beträgt hiernach: i. im Fall einer normalen Bremsausstattung mit Radbremse
und Magnetschienenbremse von 3 t: 2.6.0,15 -I-- 3 - o,15 = 1,8. -I- 0,45 = 2,25
t ; - 2. im Fall der Ausstattung mit zusätzlicher Belagschienenbremse: (2-6 - 2,25)
- o,15 -I- 0,5 . 0,15 +5'o,6=4,5 t.
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Die Bremskraft des Fahrzeuges wird also bei sonst gleichen Abmessungen
der Regelbremseinrichtungen mit Hilfe dieser Belagbremse von 2,25 auf 4,5, d. h.
auf das Doppelte, erhöht.
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In entsprechender Art kann auch eine Anordnung ohne Magnetschienenbremse
geschaffen werden, bei der die Belagbremse b lediglich durch Preßluftzylinder d
usw. auf die Schiene gedrückt wird (Abh. 3), wobei nur .darauf zu achten ist, daß
die dadurch entstehende Entlastung der Räder das für die Sicherheit gegen Entgleisung
zu forderndeMaß nicht überschreitet.
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Auch ist es für z. B. einfache Fälle möglich, die Anpreßkräfte für
den Belagbremsschuh auf die Schiene von den Bremsklötzen g an den Rädern abzunehmen.
Der Teildruck der Belagbremse mit ihrem entsprechend höheren Reibungswert auf der
Schiene wird zu einer Erhöhung der Gesamtbremsleistung führen. Dieser Fall ist in
Abb.2 schematisch dargestellt.
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Bei einer Vollbremsung mit angenommen ioo % Bremsklotzdruck, bezogen
auf den Achsdruck, werden von dem mit 6 t belasteten Rad h bei einer angenommenen
Übersetzung des Hebelwerkes k von 1 : 2 4,5 - 2 - o,i 5 = 1,35 t auf die
Belagbremse b wirken, während 4,5 t Restraddruck normal abgebremst werden. Die .Klotzbremse
wird also hier statt 6 - o,15 = o,9 t nur 4,5 - o,15 = o,68 t Bremskraft bringen,
die Belagbremse aber mit ihrem 1,35 t Anpreßdruck 1,35 - o,6=o,$i t zusätzlich,
so daß auch bei dieser einfacheren Anordnung schon ein reiner Gewinn von rd. o,6
t = 65 °/a an Bremskraft insgesamt entsteht.
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Da die Schienen in ihrem Profil infolge .des Verschleißes nicht die
Gleichmäßigkeit der Reibfläche kichern können, wie dies z. B. bei einer Scheibenbelagbremse
möglich ist, wird es notwendig sein, die Belagbremsschuhe mit längs und quer unterteilten
Belagsegmenten auszuführen, bei -denen .der spezifische Anpreßdruck (kg/cm2) aller
Segmente auf die Schiene gleichgehalten wird (Abb.4). Dies kann durch mechanische,
aber auch hydraulische oder pneumatische Übertragungsglieder erreicht werden.
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Außerdem ist eine Konstruktion der Belagbremsschuhe - mit größeren
Kühlflächen und Kühlluftführungen so möglich.
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Bei Belagbremsen rechnet man in der Regel mit einem höchstzulässigenAnpreßdruck
von iokg/cm2. Bei der hier beschriebenen Anordnung wird dieser Wert ohne weiteres
im praktischen Betrieb angewendet werden können., da die bei Bremstrommeln oder
-scheiben durch die zu vernichtende Energie auftretende starke Erwärmung sich hier
auf die große Eisenmasse der Schienen verteilt und so praktisch keine Rolle spielen
wird. Im Gegenteil, die Schiene wird ständig kühlend auf den Bremsbelag wirken.
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Da der Weg, der zur Vernichtung .der lebendigen Energie des Fahrzeuges
(m-t) erforderlich ist,
direkt proportional der Bremskraft ist,
ist leicht zu erkennen, daß eine auf diese Art erreichbare Verdoppelung .der maximalen
Bremskraft eine Verkürzung der Bremswege auf die Hälfte mit sich bringen würde.