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lach dem Echolotverfahren arbeitendes akustisches 13lindenleitgerät
Um Blinden -die Orientierung .im Raum zu ermöglichen, ist bereits vorgeschlagen
worden, das Vorhandensein von Hindernissen sowie ihre Entfernung und Richtung auf
akustischem Wege festzustellen, ähnlich wie es in der Natur beim Nachtflug der Fledermaus
beobachtet worden ist oder wie es in der Technik bereits durch das zur Ortung im
See- und Luftverkehr verwendete Echolotverfahren bekanntgeworden ist. Für die Wahrnehmung
der von den reflektierenden Objekten zurückkommenden Echos sowie ihrer der Entfernung
entsprechenden Laufzeit wird zweckmäßig der Hörsinn des Blinden.benutzt. Bei einem
bereits vorgeschlagenen Gerät wird die Entfernung durch akustische Zeichen unterschiedlicher
Tonhöhe wahrnehmbar gemacht, während die Richtung durch mechanisches Drehen des
mit dem Körper des. Blinden verbundenen, scharf .gerichteten Schallsenders ermittelt
werden kann.
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Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, bei Blindenleitgeräten zur
Wahrnehmung der Richtung, in der sich vor dem Blinden Hindernisse befinden, die
natürliche Fähigkeit des Gehörorgans auszunutzen, Schallrichtungen unmittelbar zu
empfinden. Diese unter .dem Namen Binauraleffekt bekannte Fähigkeit des menschlichen
Gehörorgans beruht darauf, daß bei seitlicher Lage einer Schallquelle die gleichen
Schallreize die beiden Ohren zeitlich nacheinander erregen. Je nach der Größe dieses
zeitlichen Unterschiedes in der Erregung der beiden Ohren wird die Empfindung einer
mehr oder weniger ,großen Seitlichkeit hervorgerufen. Bei genau gleichzeitigem Ankommen
der gleichen Schallreize an beiden Ohren empfindet man die
Schallquelle
als in der Geradeausrichtung liegend. Zeitunterschiede, .die einer Schallwegdifferenz
von etwa r cm entsprechen, d. h. einer Zeitdifferenz von etwa 0,3 X 10--s
Sekunden, sind eben .als Abweichung von der Geradeausrichtung bemerkbar. Wenn der
Zeitunterschied etwa o,6 X ro-4 Sekunden :beträgt, was einem Wegunterschied von
etwa 2i cm entspricht, hat man .den Eindruck größter Seitlichkeit, und zwar nach
.der Seite des- Ohres, das zuerst vom gleichen Schallreiz getroffen wird.
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Die Fähigkeit des Menschen, Schallrichtungen beim zweiohrigen Hören
unmittelbar zu empfinden, gibt ,also die Möglichkeit, eine Beziehung zum Raum zu
gewinnen, und der vorliegenden Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, diesen Raumorientierungssinn
des Menschen bei einem Blindenleitgerät auszunutzen. Zu diesem Zweck ist das Gerät
so ausgebildet, daß der Raum vor dem Blinden in einem Sektor bestimmter Breite und
Höhe vom Schallsender angestrahlt wird und das Echo von etwa in diesem Sektor vorhandenen
Objekten durch zwei in horizontalem Abstand voneinander angeordneten Empfängern
aufgenommen und beiden Ohren des Blinden getrennt zugeführt wird. Je nachdem, ob
die reflektierenden Objekte innerhalb des Sektors geradeaus, rechts oder links liegen,
werden sie unmittelbar infolge des Binauraleffektes in ihrer richtigen Seitenlage
empfunden. Das Verfahren hat also den Vorteil, daß man zur Wahrnehmung der Richtung
nicht auf scharf gebündelte Schallstrahlen angewiesen ist, die nacheinander in die
verschiedenen Richtungen; abgestrahlt werden müssen, sondern der Blinde kann einen
Schallsender benutzen, der den in Frage kommenden Sektor vor ihm dauernd gleichzeitg
bestrahlt. Ein weiterer Vorteil dieses B.inauralverfahrens besteht darin, daß Änderungen
der Richtung, in der sich reflektierende Objekte befinden, unmittelbar als ein Wandern
des Richtungseindruckes empfunden: werden. Der Blinde gewinnt durch die Anwendung
des Binauralverfahrens ein plastisches Bild des vor ihm befindlichen Raumes, während
beim normalen einohrigen Hören diese Raumvorstellung beim Gehörseindruck völlig
verlorengeht.
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Die Anzeige der Entfernung der reflektierenden Objekte kann bei dem
durch die Erfindung vorgeschlagenen Binauralverfahren in gleicher oder ähnlicher
Weise bewirkt werden wie bei den bereits vorgeschlagenen Geräten, z. B. durch eine
mit der Entfernung veränderliche Tonhöhe od. dgl.
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Um zu vermeiden, daß . durch das Aufsetzen der beiden Hörer dem Blinden
die Beobachtung der übrigen Schalleindrücke aus dem Raum unmöglich gemacht wird,
können Spezialhörer benutzt werden, bei denen Schalleitungskanäle vorgesehen sind,
welche den Gehörgang mit der freien Außenluft verbinden. Es kann auch so verfahren
werden, daß die beiden Hörer, die für die Erzeugung des Binauraleffektes erforderlich
sind., den Schall durch Knochenleitung den inneren Ohren zuführen. Der Binauraleffekt
tritt, wie Untersuchungen gezeigt haben, auch auf, wenn die Zuleitung zu den beiden
Gehörorganen durch Knochenleitung erfolgt. In der Zeichnung ist die Erfindung in
einem Ausführungsbeispiel schematisch veranschaulicht. Das Gerät besteht im wesentlichen
aus einem. Schallsender S, der vom Blinden beispielsweise a.n der Brust getragen
und -durch einen Generator G in regelmäßigen Zeitabständen zur Aussendung von Schallimpulsen
angeregt wird, sowie zwei in horizontalen Abstand D voneinander * angeordneten Empfängern-
E, die mit je einem Kopfhörer A bzw. B verbunden sind. Der Abstand
d der am Körper zu tragenden Empfänger wird zweckmäßig gleich der normalen
Basis des Richtungshörens, d. ,h. gleich etwa 21 cm gemacht. In diesem Falle werden
dann, die Schallrichtungen in derselben Weise empfunden wiebeim natürlichen- freiohrigen
Hören. Es kann aber auch der Abstand d größer als die Basis des natürlichen Hörens
gewählt werden, wodurch für jede Schallrichtung eine Vergrößerung der Seitlichkeitsempfindung
bewirkt wird. Dies ist deshalb im vorliegenden Falle von Vorteil, weil infolge der
Beschränkung des angestrahltem Sektors vor dem Blinden auf beispielsweise ¢5'°'
Öffnungswinkel die empfundenen Schallrichtungen bei der normalen Basis nur verhältnismäßig
geringe Abweichungen der Empfindung von der Geradeausrichtung ergeben.
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Befindet sich vor dem Blinden in dem vorgegebenen Raumsektor, der
vom Schallsender S angestrahlt wird, ein reflektierendes Objekt P, so erreichen
die von dort zurückgeworfenen Schallwellen die Empfänger A und B nur dann gleichzeitig,
wenn sich das Objekt in. der Geradeausrichtung befindet, und es wird auch nur dann
als geradeausliegend unmittelbar empfunden. Liegt das reflektierende Objekt dagegen
seitlich, so tritt eine Wegdifferenz As und eine entsprechende Laufzeitdifferenz
auf. Dies bewirkt nach dem geschilderten Binaur.aleffekt im Gehörorgan, einen seitlichen
Richtungseindruck, und zwar . wird das Objekt entsprechend seiner Lage rechts oder
links seitlich empfunden, je nachdem, ob das rechte oder linke Ohr zuerst von den
Echoimpulsen erreicht wird.
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Da für das Binauralhören reine und: insbesondere hohe Töne weniger
gut :geeignet sind als geräuschähnliche Schalleindrücke, ist es zweckmäßig, durch
entsprechende Mittel, z. B. durch elektrische überlagerung oder Verzerrung, .die
Echoimpulse, die zunächst reinen Toncharakter haben, in geräuschartige Knacke od.
dgl. umzuwandeln.
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Bei dem geschilderten Verfahren mit zwei in horizontalem Abstand voneinander
angeordneten Echoempfängern gewinnt der Blinde naturgemäß nur die Möglichkeit, zu
empfinden, ob ein Objekt sich rechts oder links seitlich von der Geradeausrichtung
.befindet, kann jedoch nicht beurteilen, ob sich das betreffende Objekt mehr oder
weniger schräg abwärts oder aufwärts befindet. Um auch hierfür eine Wahrnehmungsmöglichkeit
zu schaffen, kann man so verfahren, daß man zwei unter einem Winkel, insbesondere
von 90'' gegeneinander versetzte binaurale Empfangssysteme vorsieht. Hierbei wird.
zweckmäßig so verfahren, daß die horxzontale
Abweichung mit einer
.anderen Frequenz als die vertikale Abweichung zur Empfindung gebracht wird. Das
horizontale und vertikale Empfangssystem kann dabei abwechselnd mit verschiedener
Tonhöhe auf das Gehörorgan zur Einwirkung gebracht werden. Für den Blinden würde
dann beispielsweise die Wahrnehmung eines rechts seitlichen Schalleindruckes in
einer .bestimmten Tonhöhe und die Empfindung von Links.seitlichkeit in einer anderen
Tonhöhe anzeigen, daß sich das reflektierende Objekt rechts seitlich schräg unten
befindet, während die Empfindung Rechtsseitlichkeit in der einen Tonhöhe und Rechtsseitlichkeit
in der anderen Tonhöhe beispielsweise die Lage des, Ob-jekts rechts schräg
aufwärts. bedeuten würde usw.