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Verfahren zur Wiederherstellung der Quellbarkeit von bei der Verrottung
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Inkohlung organischer Substanzen irreversibel gewordenen Kolloiden
Bei
der Entstehung von Kohle aus Pflanzensubstanz iiber Torf, Braunkohle zu Steinkohle
liegen bei der Inkohlung, zum Teil bis weit hinein in die Steinkohle, die Umsetzungsprodukte
in kolloidaler Form vor. Ganz analog liegen die Verhältnisse bei der Verrottung,
d. h. der chemischen Humusbildung.
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Diese Kolloide, besonders ausgeprägt bei Torf (zersetzter Torf) und
jüngerer Braunkohle, sind, vor allem nach Unterschreitung des art eigenen Wassergehaltes,
d. h. ganzer oder teilweiser Trocknung durch Kondensation bzw. Polymerisation, irreversibel,
was bedeutet, daß sie nicht mehr durch Quellung in den kolloidalen Zustand überzuführen
sind.
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Es wurde nun gefunden, daß durch Einbau von lyophilen Gruppen die
Quellbarkeit wiederhergestellt werden kann, wobei dieser Einbau erfolgt: I. an dem
noch nicht zerstörten Kolloid in feuchtem Zustand, 2. an dem bereits irreversiblen
Kolloid bei gleichzeit oder Molekülverkleinerung.
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Die unter I,uftausschluß gebildeten Kolloide werden sofort nach der
Gewinnung bzw. Förderung unter weitestgehender Vermeidung einer Berührung mit I,uft
einer Reaktion unterworfen, welche entweder die lyophilen Gruppen, die bereits vorhanden
sind, stabilisiert oder lyophile Gruppen aus dem Molekül aufbaut oder derartige
Gruppen an das Molekül anlagert.
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Die Stabilisierung der lyophilen Gruppen wird zweckmäßig durch innige
Vermischung, z. B. Verknetung, mit Alkalien durchgeführt. Man erhält so die Alkaliverbindungen.
Um zu den freien Säuren zu gelangen, vermischt man zweckmäßig mit Hydroxyden, insbesondere
Erdalkalihydroxyden und zersetzt die Reaktionsprodukte mit Säuren, vornehmlich Mineralsäuren.
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Der Aufbau der hydrophilen Gruppen aus dem Molekül wird durch Oxydation
mit aktiviertem Sauerstoff, z. B. anodisch entwickeltem Sauerstoff oder katalytisch
zersetztem Hydroperoxyd bewirkt,
wodurch neue Carboxyl- bzw. Hydroxylgruppen
gebildet werden.
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Als hydrophile Gruppen, die an das Molekül angelagert werden, kommen
in erster Linie die Sulfon-und Phosphorsäuregruppen in Frage. Hierzu kann das Ausgangsmaterial
z. B. mit Szhwefelsäure, Chlorsulfonsäure, Schwefelsäureanhydrid, Meta-, Ortho-,
Pyrophosphorsäure, Phosphorsäureanhydrid u. dgl. behandelt werden.
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Da bei Wasserentzug und gleichzeitiger Anwesenheit von Luftsauerstoff
bei den vorliegenden Körpern eine Molekülvergrößerung eintritt, wobei die Carboxyl-bzw.
Hydroxylgruppen durch Kondensation größtenteils verändert und unwirksam werden,
muß neben dem Einbau der hvdrophilen Gruppen eine Molekülverkleinerung eintreten.
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Um einen Um- oder Abbau. der sich am Auftreten yon CO.! zu erkennen
gibt, durch erhöhte Temperatur zu vermeiden, darf die Reaktionstemperatur bei Kompost
und jüngeren Torfen I500 C und bei Schwarztorfen und Kohlen 2500 C normalerweise
nicht überschreiten.
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Durch das vorliegende Verfahren ist es erstmalig möglich geworden,
die bei der Verrottung bzw.
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Inkohlung entstehenden Substanzen in reversible Kolloide überzuführen.
Hierdurch kann man einmal Verrottungs- und Inkohlungsprozesse beliebig und willkürlich
unterbrechen und sie zu einem späteren gewünschten Zeitpunkt in der gleichen Weise
fortsetzen bzw. in einen anderen Reaktionsablauf einschalten, zum anderen können
diese reversiblen Kolloide als solche technisch eingesetzt werden, z. B. in der
Medizin für Bäder, Packungen, Kataplasma, Einreibmittel, subkutane Depotstoffe,
in der Emulsionstechnik als Schutzkolloide, bei der Wasserenthärtung als Entgiftungskolloide,
Adsorptionskolloide, Kolloide für Düngezwecke.
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Beispiel I I kg gut verrotteter abgedeckter Kompost (700!o Wassergehalt,
davon 400 bis 450 g = 40 bis 450/0 kolloidal gebunden) wird sofort nach dem Aufdecken
mit 30 g Kalilauge (30 g festes Ätzkali in 30 ccm Wasser gelöst) verknetet. Das'getrocknete
Produkt ist wieder restlos quellfähig (Bei Wasserzugabe von 700 ccm werden wieder
400 bis 450 g = 40 bis 450/0 des Wassers kolloidal gebunden. Das gequollene Produkt
ist griffig weich.) Der unbehandelte Kompost ist nach der Trocknung nurmehr teilweise
quellfähig. (Bei Wasserzugabe von 700 ccm werden 100 bis 150 g = 10 bis 15010 des
Wassers kolloidal gebunden. Das gequollene Produkt ist griesig hart.) Beispiel 2
100 kg bergfflscher Schwarztorf (go°/O Wassergehalt, davon etwa 700/0 kolloidal
gebundenes Wasser, 1201o nichtkolloidale Fasersubstanz, PH = 3,4) werden mit Kalkmilch
(enthaltend i,6 kg CaO) innig verknetet, PH der Mischung = 8,1. Das Reaktionsgut
wird bei II5° C getrocknet, gemahlen, mit 3,5 kg 5obiger Schwefelsäure 10 Minuten
auf 80" C erwärmt, sofort portionsweise fünfmal mit je 4 bis 5 1 kaltem Wasser auf
einer Nutsche nachgewaschen, das Reaktionsprodukt mit etwa 400/, Wassergehalt wird
bei Io50 C getrocknet. Das erhaltene Produkt ist in Wasser nach 24 Stunden restlos
durchgequollen.
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(IOO g Trockensubstanz binden 650 bis 75o g Wasser kolloidal, das
gequollene Produkt ist pastenattig weich.) Beispiel 3 I kg jüngerer bergfrischer
Zwischenmoort<'rf (wo0/, Wassergehalt, davon 400 g = 4001o kolloidal gebunden,
500 g = 500/, nichtkolloidale Fasersubstanz) wird in einer Zerreißanlage zerkleinert,
mit I 1 Wasser in einer Diaphragmenzelle katalytisch oxydiert. Das Reaktionsprodukt
ist nach der Trocknung quellfähig.
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Anfangswert Pl' = 6,4, nach 55 Minuten PH = 4,3, durchgequollen in
3 Stunden; Wassertemperatur 250 C (IOO g Trockensubstanz binden 350 bis 400 g Wasser
kolloidal, das gequollene Produkt ist griffig weich). Anfangswert PH = 6,4, nach
240 Minuten P, = 3,2, durchgequollen in lo Minuten, Wassertemperatur 25° C (IOO
g Trockensubstanz binden 400 bis 450 g Wasser kolloidal, das gequollene Produkt
ist pastenartig weich).
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Beispiel 4 1 kg feingemahlener Braunkohlenstaub (Kolloidwasseraufnahme
etwa 30 g 30/,') wird mit 200 g Nitriersäure (HNO3 - H2S04) behandelt, das Reaktionsprodukt
mit Wasser gewaschen und bei einem Feuchtigkeitsgehalt von etwa 400/, 2 Stunden
in einem Autoklaven unter 6 atü auf 1500 C erhitzt.
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Zur Pufferung der freiwerdenden Säure gibt man IO g Natronlauge zu.
Das getrocknete Reaktionsprodukt ist innerhalb 4 Stunden in Wasser (30° C) gequollen
(IOO g Substanz binden 300 bis 350 g Wasser kolloidal, das gequollene Produkt ist
weich, halbfiüssig).
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Beispiel 5 1 kg Torfstaub (bindet mit Wasser von 200 C etwa 50 g
kolloidales Wasser innerhalb 24 Stunden) wird bis zu einer Gewichtszunahme von 50
g mit Chlorgas behandelt. Das Reaktionsprodukt wird mit I90 g Natriumbisulfit vermischt
und in einem Autoklaven I Stunde auf I50° C erhitzt. Das getrocknete Reaktionsprodukt
ist innerhalb I2 Stunden in Wasser von 20° C durchgequollen (IOO g Substanz binden
500 bis 600 g Wasser kolloidal, das gequollene Produkt ist pastenartig, halbflüssig).