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Verfahren zur Herstellung von Säuerungsmitteln für Back- und Nahrungsmittelzwecke
Es ist bekannt, insbesondere zur Herstellung von Teigsäuerungsmitteln, Mehl-Wasser-Gemische
mit reingezüchteten Säurebakterien des natürlichen Sauerteiges zu impfen und die
Gemische in unsterilisiertem Zustand bei Temperaturen von etwa 30 bis 35° C säuern
zu lassen, wobei Flüssigkeiten gewonnen werden sollen, die neben Milchsäure erhebliche
Mengen an Essigsäure enthalten. Ebenso ist es bekannt, zur Herstellung von essigsäurearmen
Säurelösungen höhere Gärtemperaturen anzuwenden, wobei insbesondere die thermostabilen
milchsäurebildenden Bakterien des natürlichen Sauerteiges zur Wirkung kommen sollen.
Diese Art der Säuerung hat man auch bereits unter Mitverwendung von Abstumpfungsmitteln
durchgeführt, die die gebildete Säure durch Neutralisation binden. Bei entsprechendem
Extraktgehalt der Mehl-Wasser-Gemische kann man auf diese Weise Flüssigkeiten erhalten,
die nach Zusatz einer stärkeren Säure, welche die gebundene Gärsäure wieder in Freiheit
setzt, etwa ioo/o an durch Gärung erhaltener Gesamtsäure aufweisen.
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Die genannten Verfahren lassen sich aber großtechnisch nur schwierig
oder mit unbefriedigendem Ergebnis durchführen. Zunächst verlaufen die Gärungen
bei Temperaturen von 3o bis 35 ° C sehr unregelmäßig, weil die Mitwirkung anderer
Säurebakterien, z. B. Buttersäurebakterien, unter diesen Umständen meist nicht genügend
unterbunden werden kann. Weiterhin kann bei den angegebenen Temperaturen, selbst
bei Vorhandensein einer genügenden Diastasemenge, die in den Mehl-Wasser-Gemischen
enthaltene Stärke nicht ausreichend in Zucker übergeführt werden. Die nicht verzuckerten
Anteile gehen für die Säuerung verloren.
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Es wurde nun gefunden, daß man ohne Herabminderung des Essigsäureanteils
an der Gesamtgärsäure die Säuregärung dennoch bei den in der
Praxis
wesentlich vorteilhafteren Temperaturen von etwa 45 bis 50' C durchführen
kann.
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Die spezifischen Sauerteigbakterien, insbesondere die reingezüchteten
Beta-Bakterien von K n u d -s e n , wachsen im Gegensatz zu den in der Literatur
aufgestellten Behauptungen in Roggenmehlmaischen oder Roggenmehl-Wasser-Gemischen,
die im Dampftopf bei o,5 atü sterilisiert sind, wohl gut und vermehren sich darin
auch, entwickeln auch bei Zusatz von Abstumpfungsmitteln rasch Säuremengen, die
bis zu einer Gesamtkonzentration von io% gehen, aber der Essigsäureanteil der gebildeten
Säuren sinkt hierbei sehr rasch ab. Vermehrt man jedoch die gleichen Säurebakterien,
die man zuvor zweckmäßig an Gärtemperaturen von 45 bis 55 ° C gewöhnt hat, zunächst
auf Roggennährböden, die nicht im Dampftopf sterilisiert sind, so bilden die gleichen
Sauerteigbakterien bei diesen erhöhten Gärtemperaturen und unter Verwendung von
Abstumpfungsmitteln regelmäßig neben Milchsäure ganz erhebliche Mengen an Essigsäure,
die bis zu 50% der Gesamtsäure ansteigen könn-ln.
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Bei der Durchführung des neuen Verfahrens werden deshalb die Sauerteigbakterien,
insbesondere die Knudsenschen Sauerteigbakterien Alpha, Beta und Gamma, zunächst
ip, Roggenmehl-Wasser-Gemischen vermehrt, die beispielsweise bis auf Temperaturen
von 5o bis 55 ° C erhitzt sein können und vor dem Beimpfen auf die gewünschte Gärtemperatur
abgekühlt sind. Zweckmäßig wird diese Vermehrung in mehreren aufeinander folgenden
Stufen wiederholt durchgeführt. Zur Vermehrung kann man auch wäßrige Auszüge aus
Roggen oder Roggenkleie verwenden, die bei Temperaturen unter 5o bis 55 ° C hergestellt
und mit Hilfe von Entkeimungsfiltern keimfrei gemacht sind.
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Vorteilhaft ist es in jedem Fall, wenn das der Vergärung dienende
Substrat zu einem erheblichen Teil aus Roggenmehlen oder Roggenmalzmehlen besteht.
Bei Veiwendung von Mehl aus ungemälztem Roggen kann je nach Bedarf eine entsprechende
Menge Diastase hinzugefügt werden; auch können Mehle anderer Getreidearten oder
Extrakte aus solchen beigemischt werden. Diese Gemische werden bei Temperaturen
von etwa 5o ° C oder wenig darüber weitgehend verzuckert, mit Abstumpfungsmitteln,
beispielsweise Calciumcarbonat, versetzt und dann mit den, wie oben beschrieben,
vorbehandelten Knudsenschen Sauerteigbakterien geimpft. Die Menge an Impfstoff hält
man möglichst hoch, um das Aufkommen wilder Bakterien bei der Gärung zu verhindern.
Im allgemeinen genügt eine Menge von 30% des Impfgutes, berechnet auf das zu vergärende
Substrat. Der Gehalt der Maische an vergärbaren Kohlehydraten wird so eingestellt,
daß bei ihrer Vergärung etwa io% Gesamtsäuren erhalten werden.
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Es hat sich insbesondere bei der Herstellung von Teigsäuerungsmitteln
als vorteilhaft erwiesen, den Extraktgehalt des Gärsubstrats über die vergärbare
Menge, die einem Säuregehalt von etwa io% entspricht, bis auf etwa 20% zu erhöhen,
weil dann nach dem Freisetzen der Gärsäure durch Zusatz einer stärkeren Säure Sauerwürzen
entstehen, die besonders gut abgepuffert sind. Solche Sauerwürzen enthalten nämlich
nach dem Freisetzen der Gärsäuren durch eine stärkere Säure noch eine beträchtliche
Menge an unvergorenen Abbaustoffen von Kohlehydraten und Proteinen, die als Kolloide
eine ausgesprochene Adsorptionswirkung zeigen. Sie heben nicht nur die gärhemmenden
Eigenschaften der Essigsäure, die sich besonders bei Verwendung von Preßhefe als
Gärmittel störend bemerkbar machen, weitgehend auf, sondern verbessern auch den
Wohlgeschmack der damit hergestellten Brote. Die Gärung ist je nach der Größe der
verwendeten Gärgefäße in etwa 5 bis 15 Tagen beendet.
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Die fertiggesäuerten Gärlösungen @%erden alsdann von den ungelösten
Bestandteilen getrennt. Aus der erhaltenen Würze werden unter Mitverwendung von
Entfärbungsmitteln die Gärsäuren durch Zusatz der äquivalenten -Menge einer stärkeren
Säure, beispielsweise Phosphorsäure oder Schwefelsäure, in Freiheit gesetzt. Auf
diese Weise erhält man nach dem Filtrieren die fertigen Sauerwürzen.
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Der .Essigsäuregehalt dieser Sauerwürzen beträgt je nach den angewendeten
Herstellungsbedingungen 3o bis 5o0/0 des Gesamtsäuregehalts. Sollte der Essigsäuregehalt
in besonderen Fällen zu hoch erscheinen, so kann er durch Zumischen einer auf üblichem
Wege hergestellten, vorwiegend Milchsäure enthaltenden Gärlösung, auf das gewünschte
Maß eingestellt werden.
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Zur Vergärung kann man auch Auszüge aus Roggenmehlen oder Roggenkleie,
gegebenenfalls unter Mitverwendung von Diastase und anderen Mehlen, verwenden, welche
bei Temperaturen unter 5o bis 55 ° C hergestellt sind. Diese werden vor der bei
Temperaturen von 45 bis 5o' C stattfindenden Vergärung auf die gewünschte Konzentration
von io bis 20% an vergärbarem Extrakt eingestellt.
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Beim weiteren Ausbau des neuen Verfahrens hat sich überraschenderweise
ergeben, daß das Knudsensche Beta-Bakterium Gamma auch dann noch die gleichen Mengen
an Essigsäure erzeugt, wenn das, wie oben beschrieben, vorbehandelte Bakterium zur
Vergärung solcher Maischen verwendet wird, die bei 70' C verzuckert sind,
während die anderen Beta-Bakterien bei derart vorbehandelten Maischen in ihrer Essigsäurebildung
stark zurückgehen und in der Hauptsache nur Milchsäure liefern. Durch diese neue
Feststellung ist es möglich geworden, die Verzuckerung der Mehl-Wasser-Gemische
bei Temperaturen bis zu 70' C vorzunehmen, wodurch der Vergärung von vornherein
völlig verzuckerte Maischen mit einem Extraktgehalt von io bis 200/0 zugrunde gelegt
werden können, die praktisch stärkefrei sind.
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Für spezielle Zwecke, insbesondere für solche Säuerungsmittel, die
bei der Teigbereitung Verwendung finden, hat ei sich als zweckmäßig erwiesen, das
Gärprodukt zu konzentrieren.
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Dabei geht man wie folgt vor: Die vergorene Sauermaische wird vor
dem Ansäuern von den ungelösten Bestandteilen befreit. Hierauf wird vorteilhaft
der
pH-Wert der Lösung auf etwa 6,5 bis y eingestellt. Diese Maische wird dann, um Eiweißzersetzungen
zu vermeiden, zweckmäßig im Hochvakuum bei einer Siedetemperatur von 45 bis 55 °
C so weit konzentriert, daß im Konzentrat etwa 25 bis 30°/o Gärsäuren in Form ihrer
Calciumsalze enthalten sind. Im Gegensatz zur Eindickung von Maischen, die nur milchsaure
Salze enthalten, sind die nach diesem Verfahren gewonnenen Lösungen bei einer Konzentration
von 25 bis 30% noch voll- ' kommen flüssig. Die Lösungen erstarren trotz der angewendeten
niedrigen Verdampfungstemperaturen nicht.
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In den Konzentraten werden die Salze der Gärsäuren durch Zusatz der
äquivalenten :Menge einer stärkeren Säure, z. B. Phosphorsäure oder Schwefelsäure,
in Freiheit gesetzt. Dann erfolgt das Abtrennen der unlöslichen Calciumsalze, wobei
der zu filtrierenden Lösung gegebenenfalls Entfärbungsmittel zugesetzt werden können.
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Auf diese Weise entstehen Würzen mit einem Gehalt an Sauerteigsäuren
von etwa 25%. Die Würzen enthalten neben Milchsäure etwa 3o bis 50% an Essigsäure,
auf den Gesamtsäuregehalt berechnet. Wenn ein überschuß an vergärbaren Stoffen in
der Nährlösung vorhanden war, so enthalten die Würzen neben den Sauerteigsäuren
noch einen erheblichen Gehalt an nichtvergorenen Abbaustoffen.
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Dem fertigen Säuerungsmittel kann man noch geringe Mengen von alkoholisch
vergorenen Dickextrakten zusetzen. Hierdurch tritt nach einer entsprechenden Lagerzeit,
die bei Anwendung von Lagertemperaturen von etwa 50' C wesentlich verkürzt
werden kann, eine erhebliche Verbesserung des Aromas der Sauerwürze ein.
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Die gewonnenen Säuerungsmittel können zum Ansäuern von Nahrungsmitteln
aller Art Verwendung finden. Bei ihrer Verwendung als Teigsäuerungsmittel werden
sie in Mengen von 1,5 bis 3% dem Brotteig zusammen mit Hefe, insbesondere Preßhefe,
zugesetzt, worauf der Teig in der bei der Trockensauerführung üblichen Weise zu
Brot verbacken wird.