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Massen aus hochpolymeren organischen Stoffen Es ist bekannt, Formkörper,
insbesondere Folien, ferner Überzuge, Imprägnierungen, Verklebungen u. dgl. aus
organischen hochpolymeren Stoffen herzustellen, indem man wäßrige Dispersionen dieser
Stoffe, die gegebenenfalls Füllstoffe enthalten können, auf Unterlagen oder sonstige
zu behandelnde Flächen bringt. Bei Verwendung von Hochpolymeren mit latentem Filmbildungsvermögen,
d. h. Hochpolymeren, die bei gewöhnlicher Temperatur nicht plastisch sind und aus
wäßriger Dispersion nicht zu einem geschlossenen Film auftrocknen, setzt man den
Dispersionen geeignete Weichmachungsmittel oder Lösungsmittel zu und behandelt nach
Wegdunsten des Wassers noch gegebenenfalls unter Wärme und Druck. Im allgemeinen
sind die Erzeugungsstellen der Dispersionen, die meist durch Emulsionspolymerisation
der Monomeren hergestellt werden, von den Verwendungsstellen räumlich weit getrennt,
so daß große Mengen Wasser transportiert werden müssen, und zwar oft in besonderen
Gefäßen oder Fahrzeugen. Hinzu kommt, daß die Dispersionen häufig frostempfindlich
sind und in der kalten Jahreszeit entweder nicht oder nur mit besonderen Vorsichtsmaßnahmen
befördert werden können. Zudem sind sie oft nur begrenzt lagerfähig und zum Teil
auch empfindlich gegen das unvermeidliche Schütteln.
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Es wurde nun gefunden, daß diese Schwierigkeiten nicht auftreten bei
Verwendung von trockenen Massen aus feinverteilten, hydrophilen
anorganischen
Stoffen mit Adsorptionsvermögen und auf diesen in feiner Verteilung befindlichen,
aus wäßriger Dispersion niedergeschlagenen hochpolymeren, polare Atome oder Atomgruppen
enthaltenden Stoffen mit latentem Filmbildungsvermögen, in denen das Mengenverhältnis
des anorganischen Stoffes zu dem Hochpolymeren so abgestimmt ist, daß nach Anteigen
mit Wasser bei Zusatz organischer Lösungsmittel oder Weichmacher für das Hochpolymere
keine Koagulation stattfindet. Die Herstellung dieser Massen stützt sich auf mehrere
wichtige Erkenntnisse. Wesentlich war vor allein die Feststellung, daß man beim
Ausfällen von polare Atome oder Atomgruppen enthaltenden hochpolymeren Stoffen,
beispielsweise Polyvinylchlorid, Polyacrylnitril, Polyvinylester u. dgl. auf feinverteilte
hydrophile anorganische Stoffe mit Adsorptionsvermögen,wie aktive Tone, z. B. Kaoline,
Westerwälder Ton, Bentonit, ferner Kieselgel, Aluminiumoxyd oder Aluminiumhydroxyd,
Magnesiumoxyd oder Magnesiumhydroxyd u. dgl., Additionsverbindungen erhält, die
sich in ihren Eigenschaften von denen der Ausgangsstoffe -,@ esentlich unterscheiden,
und zwar insbesondere erhöhte Zerreißfestigkeit und verringerte elastische und plastische
Dehnung aufweisen. Stellt man solche Additionsverbindungen aus Hochpolymeren mit
latentem Filmbildungsvermögen her und wählt das Mischungsverhältnis von anorganischem
Stoff mit dem Hochpolymeren über i : i, bei Verwendung von Polyvinylchlorid z. B.
etwa 1,5 : i oder 2 : 1, trennt die ausgefällten Additionsverbindungen ab und trocknet
sie unter Vermeidung hoher Temperaturen, so kann man die dann erhaltenen Massen
durch Anteigen mit Wasser, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der für solche Zwecke
gebräuchlichen Maschinen, wie Farbmühlen oder Walzenstühlen, in außerordentlich
gleichmäßige Verteilung bringen, so daß das Ganze den Zustand einer Paste oder bei
Verwendung von mehr Wasser einer gleichmäßigen milchigen Dispersion annimmt. Aus
diesen Massen kann sich also der Verarbeiter an Ort und Stelle in leichter und bequemer
Weise wieder gebrauchsfertige Dispersionen oder Pasten herstellen. Setzt man zu
diesen Pasten oder Dispersionen Weichmacher oder organische Lösungsmittel zu, insbesondere
solche, die erst in der Wärme Lösungsvermögen oder Gelierungsvermögen für das Hochpolymere
besitzen, so lassen sich auch diese in einfacher Weise, meist schor durch Schütteln,
in der Paste dispergieren. Wählt man das Mischungsverhältnis von anorganischem Stoff
zum Hochpolymeren so, daß das Hochpolymere funktionell überwiegt, so lassen sich
die Lösungsmittel oder Weichmacher in die Paste oder Dispersion der Additionsverbindung
in Wasser nicht gleichmäßig einarbeiten, sondern es tritt Koagulation ein. Das Mengenverhältnis
zwischen anorganischem Stoff und Hochpolymeren ist bezüglich des anorganischen Stoffes
nach oben hin dadurch begrenzt, daß bei zu großen Mengen davon die mechanischen
Festigkeiten allmählich abzusinken beginnen. Das geeignete Mengenverhältnis ist
leicht durch einige Versuche zu ermitteln. Die weitere Verarbeitung der Pasten oder
Dispersionen geschieht praktisch in der gleichen Weise, wie auch die bisher bekannten
Dispersionen und Pasten der Hochpolymeren verarbeitet wurden.
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Die mit den Massen gemäß der Erfindung erhaltenen Folien, Überzüge,
Iml)rägnierungen u. dgl. zeichnen sich in vielen Fällen durch erhöhte mechanische
Festigkeit, bessere Klebefestigkeit und auch bessere Verformbarkeit in der Wärme
aus, als wenn sie nur aus den Hochpolymeren ohne den Zusatz der genannten anorganischen
Stoffe hergestellt worden wären. Hinzu kommt die bereits erwähnte leichte und bequeme
Handhabbarkeit der Massen sowie die Tatsache, daß durch die Mitverwendung der anorganischen
Stoffe auch eine Verbilligung eintritt, abgesehen von der Verbilligung, die durch
die erleichterte Transportierbarkeit und Lagerhaltung erzielt wird.
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Beispiel i 2ooTeile windgesichteter, tonerdereicher Westerwälder Ton,
der einen möglichst geringen Anteil an freier kristallisierter Kieselsäure enthält,
werden in 2ooo Teile Wasser unter kräftigem Rühren eingestäubt. Die erhaltene Dispersion
wird mit iooo Teilen einer io°/oigen wäßrigen Dispersion von Polyvinylchlorid innig
vermischt. Durch Zusatz einer geringen Menge eines Elektrolyten, z. B. Aluminiumsulfat,
unter Rühren wird das Polyvinylchlorid in feiner Verteilung auf dem Ton ausgefällt.
Der Niederschlag wird von der wäßrigen Flüssigkeit getrennt, elektrolytfrei gewaschen,
getrocknet und gepulvert oder auch nach Absetzen und Abgießen der darüber stehenden
Flüssigkeit durch Versprühen, gegebenenfalls unter vermindertem Druck, getrocknet
und dabei unmittelbar als Pulver erhalten. Im letzten Falle empfiehlt es sich, vorhandene
Elektrolyte in eine wasserunlösliche Form zu bringen, z. B. bei Verwendung von Aluminiumsulfat
als Koagulierungsmittel, dieses durch Zusatz der äquivalenten Menge Bariumhydroxyd
in unlösliches Bariumsulfat und Aluminiumhydroxyd überzuführen. Das erhaltene trockene
Pulver ist beliebige Zeit lagerfähig. Es kann, gegebenenfalls nach Zusatz von Farbstoffen,
mit Wasser angeteigt und zwecks Homogenisierung auf einer Farbmühle oder einem Walzenstuhl
behandelt werden. Man erhält dabei eine Paste, in der sich die erforderliche Menge
Weichmacher oder Lösungsmittel oder beides durch einfaches Einrühren gleichmäßig
verteilen läßt. Gegebenenfalls kann man auch die Paste dann nochmals in einer Farbmühle
homogenisieren. Man kann auch das mit Wasser angeteigte Pulver sofort mit dem Lösungsmittel
oder Weichmacher versetzen und dann das Gemisch von Hand oder maschinell homogenisieren.
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Die Masse kann dann, gegebenenfalls je nach dem Verwendungszweck nach
Verdünnen mit Wasser,' in an sich bekannter Weise zur Herstellung von Streichstoffen,
Kunstleder, Folien, fugenlosen Bodenbelägen, Estrichaufstrichen o. dgl. verwendet
werden.
Meist muß z\\-ccl:s Gelatinierung dann noch Wärme, gegebenenfalls auch Druck, angewandt
werden.
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Belsple12 Eine aus Zoo Teilen aktivem Ton oder einem anderen der eingangs
genannten hydrophilen anorganischen Stoffe mit Adsorptionsvermögen und ioo Teilen
eines Mischpolymerisats aus 8oTeilen Vinylchlorid und 2o Teilen Acrylsäuremethylester
bestehende Masse läßt sich in gleicher Weise wie im Beispiel i beschrieben mit Wasser
anteigen bzw. dispergieren und nimmt etwas leichter als die Masse mit reinem Polyv
inylchlorid Weichmacher und Lösungsmittel auf, ohlie zu koagulieren. Eine thermische
Nachbehandlung unter Druck ist bei der Verarbeitung dieser Massen nicht unbedingt
erforderlich.