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Verfahren zur Herstellung von Emulsionen hochmolekularer Stoffe durch
Emulsionsmischpolymerisation Emulsionen von Polyacrylestern, Polyvinylestern oder
ähnlichen hochmolekularen Stoffen finden in der Technik weitgehende Anwendung auf
allen solchen Gebieten, bei denen Beanspruchungen auf Biegung in Frage kommen. Dies
gilt z. B. für die Anwendung auf dem Ledersektor (Lederdeckfarben) und Textilsektor
(Appreturen und Beschichtung) sowie für die Herstellung von Faserleder und Faservliesen.
Die genannten Kunststoffe sind für diese Anwendungsgebiete auf Grund ihrer hohen
Geschmeidigkeit und Biegsamkeit prädestiniert. Der Hauptnachteil dieser Stoffe besteht
darin, daß sie als Ester gegen chemische Einflüsse nicht beständig sind. Auf der
anderen Seite liegt im Polystyrol ein Kunststoff vor, der gegenüber chemischen Einflüssen
sehr beständig ist, aber für die genannten Anwendungsgebiete nicht eingesetzt werden
kann, da ihm die erforderliche Geschmeidigkeit und Biegsamkeit fehlt. Polystyrol
hat so wenig filmbildende Eigenschaften, daß es selbst für Anstrichzwecke und ähnliche
Anwendungsgebiete nicht in Frage kommt. Da andererseits Styrol als billiges Ausgangsmaterial
in großen Mengen zur Verfügung steht, besteht das Bestreben, Polystyrolemulsionen
für die obengenannten Anwendungsgebiete besser zugänglich zu machen.
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Das gestellte Problem wird gemäß vorliegender Erfindung dadurch gelöst,
daß man größere Mengen Styrol mit kleineren Mengen an Butadien der Mischpolymerisation
in wäßriger Emulsion unterwirft. Bei Einhaltung der richtigen Bedingungen erhält.
man hierbei Kunststoffe, welche die guten mechanischen Eigenschaften von Polyacrylestern
u. dgl. mit der chemischen Beständigkeit von Polystyrol vereinigen. Sie können ebenso
wie Polyacrylester aus der wäßrigen Emulsion,
in der sie hergestellt
wurden, verarbeitet werden und eignen sich für dieselben Anwendungsgebiete, denen
Emulsionen von Polyacrylestern zugeführt wurden. Darüber hinaus können sie wegen
ihrer Billigkeit auch für solche Anwendungsgebiete, z. B. .lnstrichgebiet, in Frage
kommen, für die Polyacrylester normalerweise zu teuer sind, denen aber Emulsionen
von Polystyrol wegen der mangelnden filmbildenden Eigenschaften bisher nicht zugeführt
werden konnten.
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Erfindungsgemäß müssen bei Herstellung dieser Emulsionen folgende
Regeln eingehalten werden: a) Butadien wird in Mengen von io bis 4o% der zu polymerisierenden
Stoffe eingesetzt. Der Rest ist Styrol. Die Einpolymerisation von Butadien hat zur
Folge, daß das Polymerisat seine Sprödigkeit verliert. Damit es nun aber nicht in
ein Produkt von kautschukähnlichem Charakter übergeht, sondern seinen Kunststoffcharakter
behält, wird die Forderung aufgestellt, daß die Menge des Butadiens nicht mehr als
4o% der polymerisierbaren Komponenten betragen darf. Selbstverständlich liegt es
auch noch im Sinne der Erfindung, wenn ein Teil des Styrols durch andere Vinylverbindungen
ersetzt wird. Bei der Auswahl anderer Vinylverbindungen wird man naturgemäß darauf
achten, daß die chemische Beständigkeit nicht beeinträchtigt wird.
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b) Die Emulsionspolymerisation wird so weit durchgeführt, bis mindestens
go% der eingesetzten polymerisierbaren Komponenten polyinerisiert sind. Diese Forderung
steht im Gegensatz zu den Forderungen, welche bei der Herstellung kautschukartiger
Mischpolymerisate aus einer überwiegenden Menge Butadien und einer geringeren Menge
Styrol erhoben wurden. Bei der Herstellung von kautschukartigen Mischpolymerisaten
der genannten Art war ein vorzeitiger Abbruch der Polymerisation notwendig, um eine
zu starke Cyclisierung zu vermeiden. Die Cyclisierung bewirkt nämlich einen Verlust
an Plastizität, so daß hierdurch die Verarbeitungsmethoden, denen kautschukartige
Produkte normalerweise unterworfen werden, sehr erschwert sind. Man mußte daher
bei der Herstellung kautschukartiger Mischpolymerisate aus Butadien und Styrol in
wäßriger Emulsion einen Kompromiß schließen zwischen dem Wunsch nach hoher Ausbeute
und dem Bestreben nach Erhaltung einer guten Verarbeitbarkeit. Dieser Kompromiß
lag bei einer Ausbeute von etwa 6o bis 70%. Bei Emulsionen gemäß vorliegender Erfindung
besteht dieses Verarbeitungsproblem jedoch nicht, da die Polymerisate direkt aus
der Emulsion heraus verarbeitet werden sollen, z. B. für Imprägnierungen, Anstriche
u. dgl. Die Durchführung der Polymerisation bis zu go% und darüber bringt daher
keine Nachteile mit sich. Sie zeitigt im Gegenteil die überraschende Folge, daß
die Polymerisate trotz der durch die Einpolymerisation von Butadien bedingten höheren
Geschmeidigkeit und Biegsamkeit nicht klebrig sind. Die Zustandsänderung von einem
mehr plastischen zu einem höher vernetzten unplastischen Zustand, welche bei kautschukähnlichen
Produkten durch die Vtilkanisation herbeigeführt wverden soll, wird bei vorliegender
Erfindung durch bewußte Ausnutzung der bei hohen Polymerisationsausbeuten eintretenden
Cyclisierung verursacht.
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c) Als kapillaraktive Mittel werden für die Polymerisation erfindungsgemäß
l?mulgiermittel angewandt, d. h. solche Produkte, welche bevorzugt die Eigenschaften
entfalten, die zu dispergierende Phase in eine möglichst feine Verteilung zu bringen.
Als solche kommen beispielsweise alkylierte N aphthalinsulfosäuren oder Sulfosäuren
höherer Paraffine in Frage.
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d) Erfindungsgemäß müssen aber den Emulsionen vor der praktischen
:\tiwendung zusätzlich noch geringe Mengen an Schutzkolloiden zugesetzt werden.
Hierunter werden solche kapillaraktive Substanzen verstanden, welche bevorzugt die
Eigenschaft zeigen, ein Koagulieren der Polymerisatemulsionen zu verhindern. Als
solche Stoffe kommen beispielsweise Salze höherer Fettsäuren (Seifen) oder Umsetzungsprodukte
von mehreren Mol Äthylenoxyd mit höheren Fettalkoholen oder alkylierten Phenolen
in Frage. Diese Schutzkolloide brauchen nicht von vornherein zum Polymerisationsansatz
hinzugesetzt zu werden. Es ist lediglich erforderlich, daß sie vor der praktischen
Anwendung zugegen sind, um ein vorzeitiges Koagulieren der Emulsion, was bei der
Einverleibung von Füllstoffen, Farbstoffen, Weichmachern u. dgl. erfolgen kann,
zu verhindern.
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Die so hergestellten Emulsionen können in der Textilzurichtung, wie
z. B. zum Appretieren von Geweben und zur Herstellung von Einstrich-Körpern, verwendet
werden. Eine weitere Anwendung ist die Herstellung von Emulsionsanstrichen. Mit
Füllstoffen, wie Natronzellstoff, Faserleder, Schlackenwolle usw., lassen sich die
Emulsionen mit Vorteil zur Herstellung von Kunstleder. Formkörper us-,v. verarbeiten.
Beispiel s 75 Teile Styrol und ?5 Teile Butadien werden in der folgenden Emusion:
5 Teile isobutylnaphthalinsulfosaures Natrium, 13o Teile Wasser. o,5 Teile Kaliumpersulfat,
o,5 Teile Paraffinfettsäure, o,65 Teile Natronlauge, 75 Teile Styrol, 25 Teile Butadien,
bei 4o° polymerisiert. Nach 52 Stunden wird eine Ausbeute von ioo% erreicht. Man
kann auch mit 9o Teilen Styrol und io Teilen Butadien arbeiten. Die Etnulsion wird
mit 2 Teilen eines oxäthy lierten Benzyl-p-oxvdiphenyIs versetzt und ist dann gebrauchsfertig.
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Ein Gewebe aus Baumwolle wird mit der io%igen wäßrigen Emulsion des
oben beschriebenen Mischpolymerisates foulardmäßig behandelt und anschließend bei
etwa ioo° getrocknet. Durch diese Behandlung erli;ilt das Baumwollgewebe einen vollen,
leicht gesteiften Griff, der auch gegen wiederholte VN'äsche recht gut beständig
ist.
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Ein in Kette und Schuß stark schiebendes Gewebe aus Viskosekunstseide
wird mit einer 5%igen
w:ißrigen l?niulsioii des ollen angegebenen
Mischpolynierisates durch Eintauchen und Abquetschen behandelt. Nach dein Trocknen
zeigt das Gewebe bei nur geringfügiger Griffbeeinflussung eine sehr gute Schiebefestigkeit,
die auch gegen Wäsche gut best:indig ist. _\ii Stelle von schiebenden Geweben können
auch Gewirke bezüglich der Ntaschenfestigkeit auf gleiche Weise verbessert werden.
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12 bis 15 Gewichtsteile der auf 43 % eingestellten obigen l:niulsion
werden zu einer wäßrigen Aufschlämmung von 88 bis 85 Gewichtsteilen Natronzellstoff
in Wasser gegeben und 2 bis 3 Stunden gemischt. Die Mischung wird mit Aluminiumsulfat
gefällt und das :Material nach einem Pappengußverfahren auf eine Hohlform verarbeitet.
Nach (lein Trocknen wird bei i2o bis 16o° verpreßt. 13eispiel2 Eine l,.mulsion des
Mischpolymerisates aus 70 "feilen Styrol und 3o Teilen Bütadien wird wie folgt hergestellt:
5 Teile isobutylnaphthalinsulfosauresNatrium, 13oTeileWasser, o,5Teile Kaliumpersulfat,
o,5 Teile Paraffinfettsäure, o,65 Teile Natronlauge, 70 Teile Styrol, 3o
Teile Butadien. Nach 61 Stunden wird bei 45° eine Ausbeute von rooo/o erreicht.
Der Emulsion werden 2 Teile eines Einwirkungsproduktes von io Mol Äthylenoxyd auf
i 11o1 Oleylalkohol zugegeben.
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ioo Gewichtsteile dieser Emulsion werden zu too Gewichtsteilen Natronzellstoff,
der vorher mit Ammoniak neutralisiert wurde, zugegeben. Man läßt 2 bis 3 Stunden
durchmischen und fällt mit Aluminiumsulfat. Die Fällung wird in Platten gegossen
und nach dem Trocknen heiß verpreßt. Man erhält ein Halbfabrikat, das auf Bandrollenmaterial
verarbeitet werden kann.
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Beispiel 3 Eine Emulsion des Mischpolymerisates aus 7o Teilen Styrol
und 3o Teilen Butadien wird wie folgt hergestellt: 5 Teile des Natriumsalzes einer
höheren Paraffinsulfosäure, 13o Teile Wasser, o,5 Teile Kaliumpersulfat, o,5 Teile
Kokosfettsäure, o,5 Teile Natronlauge, 7o Teile Styrol, 30 Teile Butadien.
Bei 40° wird nach 57 Stunden eine Ausbeute von 98% erreicht.
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Der Putz der Fassade eines Hauses wird mit dieser Emulsion nach Verdünnen
mit gleichen Volumteilen Wasser vorgrundiert. Hierauf folgt ein ein- bis zweimaliger
Anstrich eines Binders aus ioo Gewichtsteilen Pigment, 5o Gewichtsteilen Wasser
und ioo Gewichtsteilen der obigen Emulsion. die zur Erhöhung der Stabilität mit
2 Teilen des oxäthylierten Benzyl-p-oxydiphenyls versetzt ist. Als Pigment dient
eine Mischung aus 5 Teilen Kalkspat, 25 Teilen Titandioxyd, die zur Tönung eine
geringe Menge Ocker enthält. Man erhält einen glatten Wasser- und wetterfesten Fassadenanstrich.
Beispiel 4 Eine Emulsion des Mischpolymerisates aus 6o Teilen Styrol und 4o Teilen
Butadien wird wie folgt hergestellt: 5 Teile isobutylnaphthalinsulfosaures Natrium,
13o Teile Wasser, 0,5 Teile Kaliumpersulfat, 0,5 Teile Kokosfettsäure, o,65 Teile
Natronlauge, 6o Teile Styrol, 4o Teile Butadien. Bei 40° wird nach 48 Stunden eine
Ausbeute von 95 % erreicht.
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Gewebe aus Viskosekunstseide bzw. aus Baumwolle werden auf einer Seite
mit einer durch geeignete Zusätze verdickten Emulsion obiger Art bestrichen. Die
Verdickung erfolgt zweckmäßig durch langsames Einrühren einer Lösung von Kochsalz
in wäßrigem Ammoniak. Es ist auch möglich, die Verdickung z. B. mit polyacrylsaurem
Natron vorzunehmen. Nach Aufbringen mehrerer Aufstriche erzielt man auf dem Gewebe
einen glatten Überzug, der das Gewebe als Material zur Herstellung von Taschen und
sonstigen Modeartikeln geeignet macht.