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Verfahren zur Änderung der Umsetzungsfähigkeit von natürlichen Gebilden
oder künstlich geformten Gebilden, die aus Proteinstoffen bestehen oder diese enthalten,
oder von anderen hochmolekularen, basische Amino- oder Imino-' grüppen enthaltenden
Gebilden Es wurde gefunden, daß man die chemischen Eigenschaften und damit -auch
die Affinität von natürlichen Gebilden oder künstlich geformten Gebilden, die aus
Proteinstoffen oder deren Abkömmlingen bestehen oder diese enthalten, oder von anderen
hochmolekularen, basische Amino- oder Iminogruppen enthaltenden Gebilden zu verschiedenen
Behandlungsmitteln, wie Farbstoffen, Farbstoffkomponenten, Beizen, Beschwerungsmitteln
oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, beträchtlich beeinflussen kann, wenn man Verbindungen
auf sie einwirken läßt, welche befähigt sind, sich mit basischen Amino- oder Iminogruppen
unter Bildung von Resten mit
N |
der Gruppe C umzusetzen, in welcher |
N |
eine Bindung zwischen C und N ungesättigt sein soll.
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Es sind dies Verbindungen, die mit Amino-oder Iminogruppen zu Cyanamiden
oder zu Amidinen oder zu Guanidinen zusammentreten können. Dementsprechend kommen
ganz allgemein Verbindungen in Frage, welche durch einfache Anlagerung an die Amino-oder
Iminogruppen oder durch Kondensation unter Abspaltung von Halogenwasserstoffen,
Sulfonsäuregruppen, Alkoholen, Mercaptanen, Ammoniak oder Aminen zur Bildung der
teil-
N |
weise ungesättigten Gruppe C befähigt |
N |
sind, also z. B. Halogencyane und deren Polymere, Cyanamid, dessen Alkylderivate
und deren Tautomere, Alkylrhodanide, cyclische und acyclische Isoharnstoffäther
und Isothioharrnstoffäther, durch Amine @spalrobare Di-
I |
sulfide -mrit ider Gruppe - N = C - S - S - |
(Fromm, Liebigs Annalen Bd. 447, S.
290,
und Bd. 348, S. r44), Imindiather
und Iminothioätiher,insbesondere solche mit cycli.sch gebundener Iminogruppe, cyclische
und acyclische Amidine mit leicht austauschbaren Amino- oder Iminogruppen. Zahlreiche
Ver-
ISindungen dieser Art sind im einzelnen weiter unten aufgeführt.
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Da es sich um Umsetzungen im heterogenen System handelt, so ist der
Eintritt der Um-Setzung und ihr mehr oder weniger glatter Verlauf von den jeweiligen
Arbeitsbedingungen, von der Art und vom Ouellungszustand der Gebilde und von der
Löslichkeit der eitiwirkenden Verbindungen in den jeweils angewandten Lösungsmitteln
und von ihrer Neigung zu Nebenumsetzungen, insbesondere zur Polyinerisation, in
erheblichem Mahe abhängig. Es ist- daher von Fall zu Fall notwendig, die Brauchbarkeit
der an sich zur Amidin- oder Cyanamidbildung befähigten Verbindungen für die jeweils
svorliegenden Gebilde durch Vorversuche festzustellen und die günstigsten Umsetzungsbedingungen
zti erinitteln. Schon verhältnismäßiggeringeUnterschiede in der Konstitution der
einwirkenden Verbindungen können die Wirkung wesentlich beeinflussen. So gibt z.
B. das durch Anlagertuig von i, a7Propyleiioxyd an Cyanamid leicht erhältliche a-Aini,no-5-methyloxazolin
auf `Volle nur eine verhältnismäßig schwache, aber doch zweifelsfrei nachweisbare
Wirkung, während das aus i. =-Epichlorhydrin in gleicher Weise erhältliche 2-Amino-5-clilorinetlivloxazolin
sehr stark einwirkt.
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Die einwirkenden Verbindungen können außer der für die Cyanamid- oder
Amidinbildung eigentümlichen Gruppe noch beliebige andere Substituenten tragen,
z. B. hydropliile, also Wasserlöslichkeit bedingende Reste oder Reste, welche die
Affinität oder Substantivität zum Ge:hilde steigern, oder Reste, welche nicht nur
die hydrophilen Eigenschaften, sonclern auch die Affinitätsv, rhältnisse des behandelten
Gebildes durch elektrochemische Eigenschaften, die ihnen eigentümlich sind, inafigeblich
beeinflussen, oder schließlich auch Reste, die noch nachträgliche Veränderungen,
z. B. Substitution, auf dein behandelten Gebilde ermöglichen. In Betracht kommen
z. B. Carboxyl- oder Sulfonsäuregruppen, Amin-oder Annnoniumreste, Halogenalkyl-
oder Ha-Io,Tenoxyalkylgruppen, Thiocarbamid-, Thiourethan-, Oxyalkylreste. Die eintretenden
Substituenten können auch beliebige Chromophore oder Chromogene, z. B. zu
kuppelnde Enole oder aromatische Kerne, enthalten oder auch Reste, die eine spezifische
Schut7wirkung gegen Textilschädlinge, z. B. gegen Mottenlarven oder Schirninelpilze,
bewirken.
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Enthalten die Substituenten noch tunsetzungsfähige Atome oder Atomgruppen,
so können fliese wtiteren Umsetzungen unter-«-orfen werden, z. B. gegen basische
oder saure Reste, Reste von Farbstofkomponenten oder von Farbstoffen ausgetauscht
werden. Inn letzteren Fall entstehen Färbungen mit besonders. guten Echtheitseigenschaften.
Eine Nachbehandlung, z. B. mit Aminen oder Aininosäuren, kommt auch dann in Frage,
wenn die primären Umsetzungsverbindungen die Aini,lingruppe, wenn auch vorgebil(let,
so doch nicht in ausgesprochen basischer Form #:ntlialten, z. B. im Falle der Einwirkung
von Diwan oder Halogencyan. Die hier entstehenden Stoffe sind aber häufig für sich
schon befähigt. durch sekundäre Unisetzungen in basische Stoffe überzugehen.
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Wenn die im Sinne der Erfindung zur Umsetzung befähigten Verbindungen
starke Basen sind. kann es vorteilhaft oder auch erforderlich sein, sie in Forin
ihrer Salze finit anorgaiiischen oder organischen Säuren, z. B. finit Salzsäure,
Rhodanwasserstoitsä ure, Essigsäure, Weinsäure, Citronensäure, Salicylsiiure oder
1'oluolsulfonsäure, zur Einwirkung bringen. An Stelle der genannten Säuren können
auch solche mit oberflächenwirksaniernAnion treten, z. B. Tetrali\=dronaphtlialinsulfonsäure
oder Dodecylschwefelsäure. Gegebenenfalls können die Basen auch nur teilweise mit
Säure abgesättigt sein. Je nach :der Beständigkeit und U nisetzungsfähigkeit der
ein wir-Icen .-enVerbindungen, z. B. wenn die Amidiiibildner oder die umsetzungsfähigen
basischen Gruppen des Gebildes in Form eines -umsetzungsträgen Salzes vorliegen,
kann es auch zweckmäßig sein, die Umsetzung iii Gegenwart vor. säurebindenden 'Mitteln
oder von pufternden Verbindungen vorztmuhinen, z. B. in Gegenwart von Aatritiniacetat,
\atrittinborgt. Dinatriuinpliosphat oder Alkalisalzen von 1)ialkvlaminoessigsäureii.
In den meisten Fällen sind solche Zusätze nicht erforderlich. Die Umsetzung läßt
sich ferner durch Vorbehandlung der Gebilde, z. B. durch Eimwirkung von Mitteln,
welche die Unisetzungsfähigkeit der Gebilde steigern oder ihre Struktur lockern,
oder von quellenden 'Mitteln wie gegebenenfalls durch einen Zusatz von quellenden
Stoffen zum Behandlungsmittel mehr oder weniger erheblich verstärken oder erleichtern.
So wird z. B. die C-msetzungsfä higkeit von Wolle durch milde Clilorierung, durch
vorausgellendes Kochen init Rhodansalzlösungen oder durch vorausgehende Oxvdation
finit Wasserstoffsuperoxyd ganz ei-findungsgeniäß beträchtlich gesteigert.
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Als Quellungsmittel kommen z. B. in Frage: Harnstoff, Thioharnstoff,
Formaniid, Resorcin, Methanol, Glykol, Mannit, Rhodansalze oder Alkalisalicvlate.
Auch schon durch zweckmäßige Wahl der Anionen bei Verwendung von Salzen der Aniidinbildner
kann eler Otiellungszustand der Gebilde beeinflußt werden. (-)tiellungstnittel sind
f>eson@lers (Mann angebracht, wenn die zur Unisetzung menden Verhindit;l_gen ein
verli<iltnismä l:@ig
hohes Molekulargewicht besitzen und deshalb
nicht ohne weiteres befähigt sind, in das Gebilde einzudringen.
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Man kann die Gebilde vor, während oder nach dem Färben mit wässerigen
Flotten der einwirkenden Verbindungen in der beim Färben üblichen Weise, gegebenenfalls
in geschlossenen Färbevorrichtungen, behandeln, falls die Umsetzungsfähigkeit der
Verbindungen .genügend groß ist, besonders wenn etwa infolge der Anwesenheit von
sauren Gruppen oder von oberflächenwirksamen Resten eine den Verbindungen eigentümliche
Affinität zum Substrat vorliegt. Meistens ist es jedoch vorzuziehen, .die Ware mit
Lösungen zu behandeln, dann abzuschleudern oder abzupressen und sie dann, bei Geweben
z. B. in aufgerolltem Zustande, bei passender Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu
lagern oder auf Rollen langsam umlaufen zu lassen, bis die gewünschte Umsetzung
eingetreten ist. Im allgemeinen sind Temperaturen zwischen .I0 und 8o° C angemessen:
Bei verhältnismäßig wärmebeständigen Gebilden, z. B. bei Kunstfasern aus Cellulose
oder bei Seide, kann die Temperatur über zoo° C liegen. Auch Wolle kann in saurem
Zustande tauf Temperaturen über zoo° C erhitzt werden. Genügend flüchtige Stoffe,
z. B. Iminoäther, können dampfförmig zur Einwirkung gebracht werden.
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Zur Vermeidung, von Faserschädigungen können Faserschutzmittel bekannter
Art zugegen sein, vorausgesetzt daß sie keine unerwünschten Nebenumsetzungen mit
den zur Einwirkung kommenden Verbindungen eingehen. Auch in Gegenwart oxydierender
oder reduzierender -Bleichmittel kann gearbeitet «,erden, um einer von Fall zu Fall
auftretenden Neigung der -Gebilde zur Vergilbung entgegenzuarbeiten oder um gleichzeitig
mit der Veredelung eine Bleichung von Rohware zu erreichen.
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Natürlich ist auch eine örtliche Anwendung der Mittel mach den .im
Zeugdruck üblichen Arbeitsweisen möglich. Es kann ferner die allgemeine oder nur
östliche Behandlung der Gebilde auch in Gegenwart von Farbstoffen, von Farbstoffzwischenverbindungen
und von anderen Behahdlungsmitteln, oder beiden zugleich, z. B. von Ätzmitteln,
vorgenommen werden. Ebenso können alle anderen in der Textilindustrie üblichen Verfahren,
die besondere Wirkungen hervorrufen, z. B. Reserv ier ungsverfahren, sinngemäß Anwendung
finden.
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Das Verfahren kommt in erster Linie für geformte Gebilde aus tierischen
Rohstoffen, insbesondere für natürliche oder künstliche Faserstoffe, in Betracht.
Beispielsweise seien genannt: Wolle, chromierte Wolle, gechlorte Wolle, mit Alkali,
alkalisch reagierenden Salzen, Rhodansalzen oder mit Wasserstoffsuperoxyd vorbehandelte
Wolle, erschwerte oder unerschwerte Seide, Fibroinkunstseide, Caseinkunstseide,
Federn, Borsten, Pelze, Filze, Horn oder gegerbte oder ungegerbte tierische Haut.
Es kann aber auch ohne weiteres auf beliebige andere Gebilde synthetischer oder
halbsynthetischer Art angewendet werden, welche Reste mit umsetzungsfähigen Aniino-
oder Iminogruppen enthalten, z. B. auf Celluloseabkömmlinge oder Polymerisate, in
welche stickstoffhaltige Reste mit beweglichem Wasserstoff an basischem Stickstoff,
z. B. in Form von basischen Ester-, Äther-oder Amidgruppen, eingeführt sind. Auch
solche Gebilde sind verwendbar; welche neben z. B. Cellulose noch Proteine oder
Proteinabkömmlinge, wie Casein oder basische Kunstharze, als Animalisierungsmittel
enthalten. Man kann durch das beanspruchte Verfahren nicht nur die färberischen
Wirkungen in den Gebilden steigern, sondern auch die Fixierung der in den künstlichenoGebilden
enthaltenden Zusatzstoffe verbessern: Wenn die eintretenden Gruppen aliphatische,
araliphatische oder alicyclische Reste mit mehr als 8 Kohlenstoffatomen in einer
Kette enthalten, kann zugleich mit der Veränderung der Affinitätsverhältnisse haltbare
Weichmachung der Gebilde oder Erhöhung der wasserabstoßenden Eigenschaften der Gebilde
erreicht werden.
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Es .ist nicht unbedingt erforderlich, daß .die auf die Gebilde einwirkenden
Verbindungen in vorgebildeter Form eingesatzt worden. Sie lassen sich auch auf :den
Gebiltden oder in Gegepwart der Gebilde durch chemische Umsetzungen oder Spaltungen
erzeugen. So kann man z. B. Wolle mit einem Alkylthioharnstoff in Gegenwart- eines
Cyanamidbildung bewirkenden Entschwefelungsmittels behandeln. Man kann auch Wolle,
die mit einem Alkylthioharnstoff getränkt ist, mit Alkylierun.gsmitteln, wie ohlores@sigs-aureni
Natrium, Bromäthyl, Äthansulfonsäuremethylester, Toluolsulfonsäuremethylester oder
Mono- oder Dichlorhydrin, nachbehandeln oder eine Mischung aus einem Thioharnstoff
und einer umsetzungsfähigen Halogenverbindung auf IdlIe Faser a.ufklotzen. Erwähnt
sei hier die Behandlung von Wolle mit einem Thioliarnstoff der Fettreihe, z. B.
mit dem. Thioharnstoff aus Dodecylamiri und Methylsenföl oder Allylsenföl, und anschließende
Nachbehandlung mit einemAlkylierungsmittel, wie Bromäthyl. Leicht spaltbare Verbindungen,
die für das Verfahren in Betracht kommen, sind ferner die durch Einwirkung von Senfölen
oder Isocyaiiaten auf Cyanamide entstehenden Körper oder auch die Kondensationsverbindiungen
von Cyaniamiid tnit Carbonylverbindungen, z. B. Acetessigester.
Die
zusätzliche Bildung von Amidin- oder Guanidingruppen, z. B. auf Wolle, ermöglicht
auch eine wirksamere -Nachbehandlung mit Mitteln, die ausschließlich oder vorwiegend
an den veränderten basischen Gruppen einwirken, z. B. mit Carbonylverbindungen,
wie Formaldehyd, Chloral, Cliloracetaldeliyd,Glyoxal, Diacetyl, Acetessigester und
mit Abkömmlingen dieser Verbindungen, ferner mit Methylolverbindungen von Aminen
und Amiden, z. B. mit Dimethylaminomethanol, Dimethylolliarnstoff, Methylolabkömmlingen
der Cyanursäuren und der Amilio-1, 3, 5-triazine. Solche Kondensationen können auch
in Gegenwart weiterer, mit Carbonylverbindungen sich umsetzender Verbindungen; insbesondere
von Amiden oder Phenolen, ZB. Harnstoff, Dicyandiamid, Thioharnstoff, Toluolsulfonsäureamid
oder Phenol, und in Gegenwart anorganischer oder organischer basischer oder saurer
Verbindungen oder in Gegenwart beider Arten von Verbindungen erfolgen. Man kann
die Amidinbildner auch bei Gegenwart von Verbindungen dieser Art auf die Gebilde
einwirken lassen. -Auch wenn keine unmittelbare Umsetzung mit den Amidinbildnern
zu erwarten ist, können bei der Umsetzung gleichzeitig oder vor oder mach der Umsetzung
noch beliebige Alkylierungsmittel oder unter den Umsetzungsbedingungen Alkylierungsmittel
bildende Verbindungen auf die Gebilde zur Ein--virkung gebracht werden, insbesondere
auch Verbindungen, welche basische Reste enthalten. Zu nennen sind hier Bromäthyl,
Jodäthyl, p-Toluolsulfonsäuremethylester, Benzylchlorid, p-Kylylenchlorid, Chloressigsäuremethylester,
Vinylchloracetat, Chloraceton, 1, 3-Dichloraceton, Diazoparaffine, Äthylenoxyd,
Propylenoxyd, Propylensulfid (Patentschrift 536708), Epichlorhydrin (Berthelot,
Annales de Chimie (3), Band 41 [185q.], S.-299)# Tetrachloroxypropylammoniumchlorid
(Patentschrift 69197o), Piperidopropenoxyd (-N i e m i 1 ow i c z, Monatshefte für
Chemie, Band 15 [189q.], S. r19), Triäthyloxydopropylammoniumchlorid (obige Annalen,
Band 337, S. 116), Butyläthylenimin (Patentschrift (i66 6.-16), Pentainethylenäthyleniminiumchlorid
(Marckwald, Frobenius, Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, Band 34.
[19011 , S. 355), das duartäre Salz aws 1 Mol Piperazin und :2 Mol Epichlorhydrin
(hergestellt entsprechend den Angaben von N i e m i 1 o w i c z , obige Monatshefte,
Band 15 [i894.], S. 121).
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Durch die Behandlung, welche sich nicht mir auf einheitliche Faserstoffe,
sondern abenso auf gemischte Faserstoffe, überhaupt auf Gebilde der oben gekennzeichneten
Art, inbeliebigeni Verarbeittings-undVeredelungszustand anwenden läßt, wird das
chemische Verhalten der Gebilde je nach der Wahl der Mittel und der Arbeitsbedingungen
mehr oder weniger weitgehend verändert. Die Affinität für Farbstoffe, Farbstoffabkönnnlinge
oder Farbstoffkomponenten mit sauren Gruppen sowie für andere sa:a.re Behandlungsmittel
ist in der Regel beträchtlich gesteigert. Wenn die einwirkenden Stoffe saure Gruppen
enthalten, kann auch die Aufnahmefähigkeit für basische Farbstoffe gesteigert sein,
besonders wenn es sich uin Sttlfoiisäuregruppen handelt, ohne daß eine eigentliche
Reservierungswirkung eintritt. Die Steigerung der Umsetzungsfähigkeit der behandelten
Gebilde gestattet, die Färbetemperatur herabzusetzen, was z. B. in Gemischen, die
Kunstfasern aus Celluloseabkömmlingen enthalten. sehr erwünscht ist. Meist erfährt
zugleich mit der Affinität auch die Echtheit der Färbungen eine Verbesserung. Dasselbe
gilt für die Fixierung von Gerbstoffen, Mottenschutzmitteln, Reservierungs- und
Beschwerungsmitteln. Auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber alkalischen 1litteln
kann erheblich verbessert sein, besonders wenn die einwirkenden Stoffe oder einzelne
etwa zusammenwirkender Verbindungen zwei oder mehrere umsetzungsfähige Stellen im
Molekül aufweisen. Die Veränderung des chemischen Verhaltens kann mit Vorteil zur
Herstellung von Färbe- oder Druckmustern benutzt werden. Bei .gemeinsamer Verarbeitung
von behandelten und nicht behandelten Gebilden lassen sich starke Ton-in-Ton- oder
Bunteffekte erzielen.
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Eine Anzahl der für das Verfahren der Erfindung in Frage kommenden
Stoffe ist in der nachstehenden Aufstellung und in den Beispielen enthalten.
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Äthylcyanamid (Beilstein, IV. Auf luge, Band q., S.116), D.ipropylcya.nanid
(Beilstein, IV. Auflage, Band .l, S. 144), Dipropylcarbodiimid (Beilstein, IV. Auflage,
Band 4., S. r.45), 3-Cyananiinobenzoesiiure (Ber. dtsch. chem. Ges. Band
15, =113), 2-Dimethylaminophenylcyanamid (Azokoinpg)-nente) (aus dein
Thioliarnstoff aus 1:)iinetliy1-o-phenyldiamin und Bleioxyd), succincyanamidsaures
Barium (J. prakt. Chein. 2. 22.
197R.), Acetilni,notlliooxyätli_vlätlier(@ius.lceton;itri:l,
Oxyätliylmercaptan und Chlorwasserstoff), Terephthalsäure-bis-iniinoiitlivläther
(Ber. dtsch. chein. Ges. Band 17, S. 1-43(»,
Äthylisothioharnstoffhydrobromid
(IJielügs Arm. Chein.,Band 179, S. r45), _\nlagertingsverbindungvon 3-Chloroxvpropanstilfotisätire
an -N-Diätliylaminoätlivl--N'-allylthioliarnstoff (erhalten durch Anlagerung vors
Allvlsenföl an j)-Diätliylaminoäthylamin und Ei-iv-ärinen der Anlagerungsverbindung
in alkoholischwässeriger
Lösung mit 3-chloroxypropansulfonsaurem
Natrium), z-Oxy-4-methylthiazol, Benzothiazol-2-sulfonsäure (Natriumsalz), 2-Metlioxypyridin-jodmethylat,
¢, 6-Dichlor= N-methylpyridinium-2-sulfonsäure (hergestellt durch Anlagerung von
Dimethylsulfat an 2, 4, 6-Trichlorpyridin und Umsetzen der Anlagerungsverbindung
in wässerigerLösung mit einem Mol Natriumsulfit, D.ichlorpyrid azin (aus Malei.nsäurehydraziid
,mit Pihosphorpentachlori.d), Maltonitril und Trichlaraceton:itril. Beispiele 1.
Man behandelt Zepfifirgarn 20 Minuten bei Zimmertemperatur mit einer ro0/,igen wässerigen
Lösung von S-Oxäthyl-,u-mercaptodihydro glyoxalinchlorhydrat aus Äthylent!hidharnstof
und Äbhylenchlorhydrin entsprechend den Angaben von Schatzmann, . Liebigs Ann.al'em
Ader Chemie, Brand 261, S. 2, schleudert ab und verhängt die Stränge 16 Stunden
bei 5ö bis 6o° C bei 450/, relativer Luftfeuchtigkeit. Das äußerlich unveränderte
Garn nimmt Farbstoffe mit sauren Gruppen, z.B. AlizarindirektblauA (Kränzlein :
Werden, Sein und Vergehen der künstlichen organischen Farbstoffe, Sammlung chemischer
und chemisch-technischer Vorträge, Neue Folge, Heft 25, Stuttgart, 1935,-S.38),
Thiazinrot R (Schultz, FarbstofF-tabellen, 7. Auflage, Nr. 277) bedeutend stärker
auf als unbehandeltes Garn. Bemerkenswert und wichtig ist, daß diese Wirkung sowohl
beim Färben in neutralem Bade als auch beim Färben in saurem Bade in Erscheinung
tritt.
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2. Man tränkt ein Mischgewebe aus Wolle und Acetatkunstseide mit einer
80/,igen Lösung von 2-Amino-5-chlormethyloxazolin-(2,3) (Fromm, obige Annalen, Band442,
1925, S..142) in.5o0/, Methanol (auf das Warengewicht berechnet) und lagert das
gut abgepreßte Mischgewebe im aufgerollten Zustande 16 Stunden lang bei 50° C und
75 0/, relativer Luftfeuchtigkeit. Die Affinität des Mischgewebes für saure Farbstoffe
ist ganz erheblich gesteigert, so daß das Gewebe im neutralen Bade mit sonst weniger
oder nicht zum Färben von Wolle geeigneten Farbstoffen ohne Schädigung der Acetatkunstseide
bei niedriger Temperatur in tiefen Tönen gefärbt werden kann. An Stelle der freien
Base können auch Salze der Base verwendet werden,jedochsinddieWirkungen mit derfreien
Base kräftiger.
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3. Wolle wird mit einer Y Lösung der Umsetzungsverbindung von N-cu-Diäthylaminon-propyl
- N'-allyl - thioharnstoffhydrochlorid (aus as-Diäthylpropylendiamin und Allyl-Senföl)
und Äthylenchlorhydrin getränkt und nach dem Abschleudern bei 750/, relativer Luftfeuchtigkeit
auf 6o' C erwärmt. Die nach dieser Behandlung kaum merklich angegilbte Wolle wird
mit Alizarindirektblau A gemeinsam mit unbehandelter Wolle in neutralem Bade bei
9o° C gefärbt. Die amidinierte Wolle färbt sich dunkler als die unbehandelte Wolle.
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Man tränkt Wolle mit einer io%igen, warmen Lösung von Äthylenthioharnstoff
und behandelt bei 6o° C und 451f, relativer Luftfeuchtigkeit mit 15'/, Bromäthyldampf
16 Stunden lang nach. Die amidinierte Wolle nimmt schon in neutralem Bade viele
saure Farbstoffe erheblich besser auf als unbehandelte Wolle. Die Echtheit der Färbungen,
z. B. mit Amidonaphtolrot 6 B (Schultz, a. a. 0., Nr. i io), ist deutlich verbessert.
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5. Wollstoff wird mit einer Lösung von äquimolekularen Mengen Äthylenthioha.rnstoff
und Chloräthyldiäthylaminchlorhydrat geklotzt, abgepreßt, aufgerollt und über Nacht
bei a20/0 relativer Luftfeuchtigkeit und 75° C gelagert. Die färberischen Eigenschaften
der Wolle sind in ähnlicher Weise verbessert wie in dem vorangehenden Beispiel.
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6. Man klotzt Wolle mit dem Isothioharnstoffätherisalz raus. i Mol
1, 3-Propylcnbromi@d und Äthylenthioharnstoff und erwärmt dann i2 Stunden auf 6o°
C bei 92 0/, relativer Luftfeuchtigkeit.
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7. Man behandelt Seide wie im Boispiel 2 beschrieben. Die Färbbarkeit
der Seide ist verbessert.
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B. Wolle wird 3 Stundeai mit 8% Malonitril in Gegenwart von
301, Kaliumacetat in Methanol gekocht. Das Malonitril wird von der Wolle
gebunden und hat sich wahrscheinlich an die Guanidingruppe des Arginins angelagert.
Die reaktionsfähige C H.= Gruppe ist durch die -üblichen Kondensationsreaktionen
nachweisbar.
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g. Viscosekunstseide, welche durch Einwirkung von Äthyleriimin animalisiert
wurde (Patentschrift 662 335), wird, wie im Beispie12 beschrieben, behandelt. Die
Färbbarkeit und die Echtheit der Färbungen mit sauren Wollfarbstoffen sind verbessert.
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io. Filme aus Cellulose-methyl-p-nitrobenzyläther (britischePatentschrift
344 42o) werdennachReduktion derNitrogruppen i2Stund@en über 5'1, Benznm@inomethyläther
bei 45 0/D relativer Luftfeuchtigkeit verhängt. Die vorher nur schwache Affinität
der Filme zu sauren Farbstoffen ist jetzt stark ausgeprägt.
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i i. Wolle, welche vorher mit 31/0 Amidonaphtholrot 6 B (S ch u 1
t z, a. a. O. Nr. i i o) gefärbt wurde, wird mit einer io%igen wässerigen Lösung
von S-Oxyäthyl-,u-mercaptodihydroglyoxylinchlorhydrat getränkt, abgeschleudert
und
12 Stunden bei 5o° C und 450"', relativer Luftfeuchtigkeit in Gegenwart von io°/o
Propylenoxyd (Dampf) gelagert. Die Echtheit der Färbung ist bedeutend verbessert.
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12. TrOCkeneWOlle wird mit io°fo Cyanurchlorid in Aceton (Flottenverhältnis
i : 2o) oder Tetrachlorkohlenstoff 6 Stunden lang in geschlossenem Gefäß auf 6o°
C erwärmt.
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ach dein Abkühlen wird das Aceton durch Abpressen entfernt und der
Rest durch heiße Luft ausgetrieben. Die Ware, die gegebenenfalls noch finit Wasser
gespült wird', läßt sich in normaler Weise färben, zeigt aber eine wesentlich erhöhte
Widerstandsfähigkeit gegen Alkali. Die Wirkung kann noch erhöht werden, wenn gleichzeitig
ein Alkylierungsmittel; z. B. Butadiendioxyd oder auch F_pi-Chlorli_vdrin, zur Einwirkung
gebracht wird.
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13. Eine Kunstfaser aus CelluloseätIiylp-nitrolienzylätlier wird nach
Reduktion der Nitrogruppe zur Aminogruppe in einem neutral `reagierenden Färbebade
gefärbt, welches neben 3°/o AlizarindirektblauA io°fo Benziminoniethylätlier, fein
verteilt mit Oleylpolyglykol, enthält. blau behandelt zunächst i Stunden bei 6o
bis ä5° C und setzt dann allmählich etwas Essigsäure nach. Man erhält eine kräftige,
blaue Färbung.