-
Verfahren zur Herstellung von Lederaustauschstoffen, Kunstleder, Ledertuchen,
Verdeckstoffen, Ballonstoffen oder Bodenbelagstoffen aus Polyamiden Kunstleder,
Ballonstoffe oder Verdeckstoffe wurden bisher überwiegend aus Lösüngen von Nitrocellulose
unter Zusatz von Weichmachungsmitteln in flüchtigenLösungsmitteln hergestellt. Bodenbelagstoffe
auf Grundlage von Nitrocellulose hat man bisher in der Weise hergestellt, daß innige
Gemische von Nitrocellulose mit sogenannten Gelatinierungsmitteln unter Anwendung
von Wärme, gegebenenfalls unter gleichzeitiger Druckanwendung, auf einen weitmaschigen
Träger aus Gewebe oder Papier aufgebracht wurden. In ähnlicher Weise hat man unter
Benutzung der Polymerisate der Vinylgruppe pastenförmige Gemische dieser Polymeren
mit Weichmachungsmitteln auf Unterlagen aufgestrichen und diese dann bei erhöhter
Temperatur, gegebenenfalls unter gleichzeitigerDruckanwendung, zu einer zusammenhängenden
Filmschicht verformt. Ein anderes Verfahren der Kunstlederherstellung auf Grundlage
von Zrinylpolymeren besteht darin, daß fertig vorgeformte Folien unter Anwendung
von Druck und Wärme auf eine Gewebeunterlage aufgebracht werden. Es ist auch möglich,
die Eigenschaften solcher gelatinierende Weichmacher enthaltender Folien so zu gestalten,
daß sie ohne besonderen Träger als Lederaustauschstoff Anwendung finden können.
-
Wenn es auch gelungen ist, mit Hilfe dieser Rohstoffe in vielen Eigenschaften
dem Leder ähnliche Produkte zu erhalten, so ist jedoch zu beachten, daß alle diese
Stoffe konstitutionell von Leder völlig verschieden sind. In den Polyamiden, d.
h. den synthetischen Kondensationsprodukten mit der in regelmäßiger Folge wiederkehrenden
charakteristischen Gruppe N H C O, liegen nun. Verbindungen vor, die gerade wegen
dieser auch in den Kollagensubstanzen der natürlichen häute sich findenden Atomgruppierung
sich nach geeigneter Verformung vorzüglich als Lederaustauschstoff eignen. Man erhält
also mit Hilfe dieser Polyamide Austauschstoffe, die nicht nur in ihren physikalischen
Eigenschaften, sondern auch in ihrer chemischen Struktur
als lederähnlich
angesprochen werden können. Da- diese Flächengebilde aus synthetischen Polyamiden
auch auf Unterlagen aus beliebig dichten Geweben oder Gewirken aus Faserstoffen
oder auch auf Papierbahnei, aufgebracht werden können, so gelingt es, mit ihrer
Hilfe auch auf dein Gebiete der eigentlichen Kunstlederanwendung eine noch stärkere
Angleichung der Eigenschaften an Leder herbeizuführen.
-
Die Herstellung solcher Flächengebilde au Polyamiden kann. wie bekannt,
auf trockenem Wege sowie auch über den Umweg der Lösung oder Paste vorgenommen werden.
Bei der Verarbeitung der Polyamide bei erhöhter Temperatur macht die hierbei stark
in Erscheinung tretende Satterstoffernpfindlichkeit besondere Vorsichtsmaßnahmen
erforderlich. Die Verarbeitung der Polyamide über ihre Lösungen setzt naturgemäß
eine bestimmte Löslichkeit voraus; davon aber abgesehen weist diese Methode den
Nachteil auf, daß die Polyamide maximal nur zu einer verhältnismäßig niedrigen Konzentration
in einigen Lösungsmitteln löslich sind, so daß also für die Flächeneinheit Kunstleder
mehr Lösungsmittel verdampftwerden müssen als beispielsweise bei der Herstellung
von Nitrocellulosekunstleder.
-
Als Lösungsmittel für Polyamide sind bereits Ameisensäure unter Zusatz
von salzsäurehaltigem Alkohol, Aceton oder Äther, ferner Essigsäure, Phenol oder
Formamid vornehmlich nach dein Erwärmen vorgeschlagen worden. Die für Polyester
als Lösungsmittel bekannten Chlorkohlenwasserstoffe sind Nichtlöser für Polyamide.
-
Wie nun gefunden wurde, lassen sich die Polvainide zurHerstellung
vonLederaustatischstoffen, Kunstleder, Bodenhelagstoffen, Verdeckstoffen, Ledertuchen
oder Ballonstoffen unter Vermeidung obiger Nachteile verarbeiten, wenn man als Gelatiniermittel
für die Polyamide den tertiären Trichlor isobutylalkohol (Acetoncliloroform) von
der Zusammensetzung (C H3);, # C-C # Cl, benutzt.
-
Mit diesem bei gewöhnlicher Temperatur kristallinen Acetonchloroform
werden die Polyamide, die zweckmäßig in feinpulverföriniger Verteilung vorliegen
sollen, innig vermischt, und dieses Gemisch wird sodann in gleichmäßiger Schicht
auf eine beliebige Unterlage aufgebracht. Anschließend wird das Gemisch bei einer
über dein Schmelzpunkt des tertiären Trichlorisobutylalkohols liegenden, etwa ioo°
C betragenden Temperatur gelatiniert. Hierbei bildet sich sehr schnell eine konzentrierte
Lösung des Polyamids in dein Acetoncliloroform, aus der im weiteren Verlauf der
Wärmebehandlung schließlich der tertiäreTriclilorisobutylalkoliol (Kp. etwa 16d4°
C) restlos entfernt werden kann. Die auf der Unterlage befindliche oder von ihr
abgelöste Schicht wird sodann den vorgesehenen Anwendungsgebieten, beispielsweise
als Lederaustauschstoff oder Kunstleder, zugeführt.
-
Im Trichlorisobutylalkoliol liegt ein völlig neutrales Lösungsmittel
vor, das weder hydrolytisch auf die Polyamide noch irgendwie zerstörend auf die
bei der Kunstleder- oder Ledertuchherstellung eingesetzten Unterlagen wirkt. Es
ist also nicht erforderlich, wie dies bei Einsatz. der bekannten sauren Lösungsmittel
unbedingt notwendig wäre, zunächst die Gewebe zu imprägnieren. Aber auch an den
Fertigprodukten selbst macht sich der 1?influl.i saurer Lösungsmittel bemerkbar.
Bei Reißversuchen zeigt sich, daß die mit Hilfe der bekannten sauren Lösungsmittel
hergestellten Schichten beim Riß der Länge nach weitersplittern,während die erfindungsgemäß
hergestellten Schichten lediglich einen scharfen Trennriß aufweisen. Diese Eigenschaft
der bekannten Schichten macht praktisch ihre Verarbeitbarkeit durch Nähen unmöglich,
da die hierbei auftretende Verletzung nicht örtlich begrenzt bleibt. Dieser Nachteil
fällt bei der erfindungsgemäßen Arbeitsweise weg.
-
Uni eine besonders gleichmäßige Verteilung des pulverförmigen Gemisches
aus Polyamid und Acetonchloroforiu zu erzielen, ist es vorteilhaft, das Vermischen
unter Benutzung bekannter Einrichtungen, z. B. von Kolloidmühlen, und unter gleichzeitigem
Zusatz einer beide Produkte nicht lösenden Flüssigkeit, beispielsweise Wasser, vorzunehmen.
Ein; solche wässerige Paste läßt sich dann leicht auf den üblichen Kunstlederstreichmaschinen
verarbeiten und bietet Gewähr für die Erzielung einer gleichmäßigeren Schichtdicke.
Für die angestrebte leichte Gelatinierung der von dem tertiären Triclilorisobutylalkohol
umschlossenen Polyamidteilchen bieten die Wasserteilchen kein Hindernis. Stellt
man zunächst dieGelatinierungszone auf eineTemperatur unterhalb des Siedepunktes
des Wassers ein, so bildet sich auf der entstehenden Polvaniidtriclilorisobut_ylall;oholschmelze
ein; Wasserschicht aus, die in der nächsten, etwas «-ärmer eingestellten Zone praktisch
vollständig verdunstet ist. Da der tertiäre Trichlorisobutylalkohol mit Wasserdampf
flüchtig ist, beginnt hier bereits die Entfernung des überschüssigen tertiären Trichlorisobtitvlalkohols,
so daß also die sich anschließende Trockenperiode entsprechend verkürzt «-erden
kann.
-
Selbstverständlich ist die Ausführung des Verfahrens auch in der Form
möglich, daß das innige Gemisch aus Polyamid und tertiärem Trichlorisobutylalkohol
über geheizte
Walzen geführt wird. Auch hier tritt sehr schnell
die Gelatinierung der Masse ein, so daß sich von der Walze leicht eine frei tragende
Folie abziehen läßt, die zweckmäßig über eine odermehrere Walzen geführt wird, um
noch -die Reste des tertiären Trichlorisobutylalkohols vollends zu entfernen. Da
für die Verwendung einer solchen stärkeren, frei tragenden Schicht als Lederaustauschstoff,
beispielsweise als Sohlenleder, ein dichteres Gefüge von Wichtigkeit sein kann,
so kann man in den Herstellungsgang auch eine Behandlung der Folie durch ein gegenläufiges
Walzenpaar einschieben. Ebenso kann es für manchen Verwendungszweck vorteilhaft
sein, das feinpulverförmige Gemisch aus Polyamid und Acetonchloroform unter gleichzeitiger
Druckanwendung zu gelatinieren. Die Entfernung des überschüssigen tertiärenTrichlorisobutylalkohols
geschieht dann durch Verhängen bei einer Temperatur von etwa iio bis i2o° C.
-
Je nach dem beabsichtigten Verwendungszweck des herzustellenden Flächengebildes
aus Polyamid kann man dem Gemisch aus Polyamid und tertiärem Trichlorisobutylalkohol
Pigmente, Füllmittel oder Weichmacher beimischen. Bei Zusatz von Weichmachern kann
es von Vorteil sein, diese in Form von wässerigen Dispersionen zu dem Polyamidtrichlorisobutylalkoholgemisch
zuzusetzen.
-
Zur Durchführung des Verfahrens eignen sich alle. diejenigen Polyamide,
die durch Polykondensation aus bifunktionellen Verbindungen, z. B. aus co-Aminocarbonsäuren
mit mindestens fünf Kohlenstoffatomen zwischen Amino- und Carboxylgruppen öder deren
amidbildenden Derivaten oder aus a, co-Diaminen mit mindestens vier Kohlenstoffatomen
zwischen den Aminogruppen und Dicarbonsäuren oder deren funktionellen Derivaten
erhalten werden, ferner die durch Polykondensation von o:, co-Diamiden mit x, co-Dihalogenkohlenwasserstoffen
-erhältlichen Verbindungen oder schließlich diejenigen linearen Kondensationsprodukte,
bei denen die regelmäßig wiederkehrenden Kettenglieder, N H C O, auch durch andere
Elemente als Kohlenstoffatome, z. B. durch Schwefel, Sauerstoff, Stickstoff oder
durch ringförmige Radikale von Carbocyclen oder Heterocyclen, untereinander verbunden
sind. Beispiel Das aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure einerseits und s-Caprolactam
.andererseits hergestellte Mischkondensationsprodukt, das in eine feinpulverige
Form gebracht wurde, wird mit der gleichen Menge von tertiärem Trichlorisobutylalkohol
in einer Kolloidmühle vermischt. NTan trägt sodann das trockene Pulver durch eine
Dosiervorrichtung auf eine in langsamer Bewegung befindliche Unterlage aus Faserstoffen,
die zweckmäßig erwärmt wurde, auf. Sobald die aufgetragene, gleichmäßig verteilte
Masse in ein Temperaturgebiet von etwa 85° C gelangt, gelatiniert sie durch und
verbindet sich fest mit der Unterlage. Man führt die Masse sodann durch eine auf
etwa i2o° C erwärmte Trokkenzone, in der die überschüssige Trichlorisobutylalkoholmenge
verdunstet. Die Entfernung zwischen Einschmelzzone und Trokkenzone kann verhältnismäßig
klein gewählt werden. So ist es möglich, sofort anschließend an die Trockenzone
eine zweite Einrichtung, bestehend aus Dosiervorrichtung, Schmelzzone und Trockenzone,
anzutringen und so fort. Man hat es leicht in der Hand,- die Schichtdicke auf der
Unterlage beliebig einzustellen.
-
Falls es die Eigenschaften des Polyamids erforderlich machen, kann
die Lösungsaktivität des Trichlorisobutylalkohols noch durch Zusatz einer geringen
Menge Chlorwasserstoff oder einer anderen Säure erhöht werden. In diesem Falle empfiehlt
sich die Verarbeitung eines pastenförmigen Gemisches. Selbstverständlich ist es
auch möglich, das Polyamidtrichlorisobutylalkoholgemisch aufUnterlagen zu verformen,
von denen es nachher wieder abgezogen wird. Ebenso lassen sich Unterlagen, die bereits
eine Grundierung aus polyarnidfremden Stoffen aufweisen, mit diesen Gemischen überziehen.