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Die
Erfindung betrifft die Cathepsin-G hemmende Oligonucleotide und
diese enthaltende Arzneimittel.
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Cathepsin-G
ist eine Serin-Protease, die Chymotrypsin ähnlich ist und die sich in
erster Linie in den azurophilen Körnchen von segmentkernigen
Leukocyten (PMN) befindet. Das Enzym wird während der PMN-Degranulation
freigesetzt, es stimuliert die Blutplättchen-Aggregation und es hydrolysiert
Proteoglycane, Glycoproteine und Collagen in der Gefäßwand. Ferner
werden Zellen, die im Blut zirkulieren, insbesondere Leukocyten,
aktiviert. Ein weiterer Aspekt von Bedeutung liegt darin, daß Cathepsin-G
an der Aktivierung von Gerinnungsfaktoren, wie Faktor V, und an
der proteolytischen Aktivierung von den menschlichen Blutplättchen-Glycoproteinen
Ib–IX
und IIb/IIIa beteiligt ist. Die Blutplättchen stimulierende Wirkung
von Cathepsin-G ist ähnlich
derjenigen von Thrombin, unterscheidet sich aber von dieser durch
die Tatsache, dass sie durch einen getrennten Mechanismus (Rezeptoren)
hervorgerufen wird. Außerdem
kann die Freisetzung von Cathepsin-G zu einer Schädigung der
Zellwand und anderem Gewebe führen.
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Außerdem ist
eine große
Zahl weiterer Wirkungen von Cathepsin-G bekannt, so daß zusammenfassend
festgestellt werden kann, daß Cathepsin-G
während
der Degranulation von PMN freigesetzt wird, es biologisch wichtige
Proteine spaltet und so zu einer Gewebeschädigung während entzündlichen und ischämischen
Ereignissen beiträgt.
Die früheren
Feststellungen bezüglich
der Wirkungen von Cathepsin-G führen
zu der Annahme, daß die
Hemmung von Cathepsin-G geeignet ist zur Behandlung und Prophylaxe
von entzündlichen
Ereignissen und Prokoagulations-Zuständen.
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Bekannte
Cathepsin-G-Antagonisten sind die Proteine Eglin B und C (Handbook
of Enzyme Inhibitors, 2. Aufl., hrsg. von Chemie Weinheim, 1993),
die jedoch nicht oral als Arzneimittel angewandt werden können und
bei denen die deutliche Gefahr von immunologischen Komplikationen
besteht. Ferner sind Inhibitoren wie Heparin nicht selektiv und
hemmen auch andere Enzyme, wie Thrombin.
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Das
Ziel der vorliegenden Erfindung ist es daher, Cathepsin-G-Inhibitoren
und diese enthaltende Arzneimittel zur Verfügung zu stellen.
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Dieses
Ziel wir erreicht durch Cathepsin-G hemmende Aptamere, umfassend
Oligonucleotide, ausgewählt
ist aus der Gruppe, bestehend aus den folgenden Sequenzen 2, 3,
4, 7, 8, 9, 12, 13 und 14. Die Sequenzen 1, 5, 6, 10, 11, 15 und
16 fallen nicht unter die Erfindung.
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Derartige
Sequenzen sind auch wirksam als Bestandteil eines längeren Oligonucleotids
mit z. B. 90 Nucleotiden.
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Die
erfindungsgemäßen Aptamere
zeigen eine starke Hemmwirkung in Bezug auf reines Cathepsin-G. Die
durch Cathepsin-G induzierte Stimulierung der Aggregation von gewaschenen
menschlichen Blutplättchen wird,
abhängig
von der Konzentration, durch das Cathepsin-G-Aptamer gehemmt. Die
erfindungsgemäßen Aptamere
hemmen auch die durch fMLP stimulierte Freisetzung von O2-Radikalen von PMN.
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Da
eine Denaturierung der erfindungsgemäßen Oligonucleotide oder Aptamere
im Magen/Darmtrakt nicht zu erwarten ist, werden sie als oral verabreichende
Arzneimittel vorgeschlagen.
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Die
erfindungsgemäßen Aptamere
werden ferner vorgeschlagen als Arzneimittel, insbesondere zur Behandlung
von Krankheiten, bei denen neutrophile Granulocyten aktiviert werden.
Derartige Krankheiten oder pathologischen Zustände umfassen entzündliche
und Prokoagulations-Zustände.
Spezielle Indikationen sind Asthma, Bronchitis, Knochen- und Knorpel-Erkrankungen
und rheumatoide Zustände.
Andere Indikationen sind die Prophylaxe und Behandlung von Koagulopathien
in den Gefäßen, insbesondere
im Zusammenhang mit einem septischen Schock und damit zusammenhängenden
Erkrankungen, thrombotische Erkrankungen und arterielle und venöse Vasopathien,
die die durch PMN induzierte Aktivierung von Blutplättchen,
das plasmatische Koagulationssystem und Gefäßschädigungen umfassen.
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Derartige
Krankheiten sind insbesondere Myokardinfarkte, periphere Gefäßverschlüsse und
entzündliche
und thrombotische Erkrankungen des Venensystems und eine Schädigung der
Wiederdurchblutung aufgrund eines Cathepsin-G abhängigen Gewebeabbaus
des ischämischen
Herzmuskels. Schließlich
werden die erfindungsgemäßen Aptamere
vorgeschlagen zur Prophylaxe und Hemmung des Fortschreitens von
Alzheimer Krankheit.
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Die
erfindungsgemäßen Oligonucleotide
können
in Form von DNA- und RNA-Oligonucleotiden
vorkommen. Die Sequenzen können
modifiziert sein, um ihr Halbwertszeit zu erhöhen. Gemäß der Erfindung sind für diesen
Zweck Nucleotide geeignet, die z. B. modifiziert sind durch 2'-Fluoruracil oder
2'-Fluorcytosin,
oder Nucleotide, wie 2'-Amino-CTP
und 2'-Amino-UTP.
Die Oligonucleotide können
auch mit Phosphor thioat stabilisiert sein.
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Arzneimittelformen,
die erfindungsgemäß zur Verabreichung
der Aptamere geeignet sind, sind injizierbare, oral verabreichbare
und topisch wirksame Zubereitungen. Oral verabreichbare und topisch
wirksame Arzneimittel umfassen insbesondere Tabletten, Pillen, Kapseln
und Sirups in Form von Lösungen
oder Suspensionen der erfindungsgemäßen Aptamere sowie ausstreichbare
Zubereitungen. Die Herstellung solcher Arzneimittel und die zu verwendenden
Adjuvantien sind dem Fachmann bekannt.
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1 zeigt die Hemmung der
Cathepsin-G-Aktivität
durch das Aptamer 10 in einem chromogenen Assay mit dem Substrat
S 2545 von der Gesellschaft Chromogenix (Essen, Deutschland) (Blood,
77, (1991), 2379–2388).
Die Cathepsin-G-Aktivität
wurde gemessen unter Bezug auf die Hydrolyse von Suc-Ala-Ala-Prp-Phe-Pna.
Die Aktivität
von Cathepsin-G wird gehemmt in Abhängigkeit von der Konzentration;
eine maximale Hemmung von 60% wird bei einer Aptamer-Konzentration
von 300 nM erreicht.
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2 erläutert die durch Cathepsin-G
induzierte Thrombozyten-Aggregation, die durch das Aptamer 10 gehemmt
wird (Blood, 81 (1993) 2947–2957).
Erneut tritt eine konzentrationsabhängige Hemmung der durch Cathepsin-G
induzierten Wirkung auf. Ein Hemmungsgrad von 90% wird bei einer
Aptamer-Konzentration von 200 nM erreicht.
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3 zeigt die Konzentrationsabhängigkeit
der durch Cathepsin-G induzierten Thrombozyten-Aggregation, die
durch die Aptamere gehemmt wird: Die in 2 gezeigten Ergebnisse werden hier näher ausgeführt. Außerdem kann
gezeigt werden, daß das
thrombinhemmende Aptamer keine Hemmwirkung aufweist.
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4 zeigt die Stabilität eines
Aptamers in menschlichem Plasma. Es tritt kein deutlicher Verlust
der Aktivität
der Aptamere während
der Preinkubation in menschlichem Plasma während bis zu 15 min. ein. Diese Illustration
zeigt die Stabilität
der Aptamere, während
sie Nucleasen in Plasma ausgesetzt sind.
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Alle
in den 1 bis 4 angegebenen Daten sind
Mittelwerte von n = 3 ± SD.
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Diese
biologischen Tests zeigen, daß eine
maximale Hemmung bereits mit etwa 200 nM Cathepsin-G-Aptamer erreicht
wird. Die Hemmkonstante IC50 beträgt etwa
60 bis 100 nM, was zur Erwartung einer Ki im unteren nanomolaren
Bereich führt.
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Ferner
wurden die Aptamere 1, 3, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 14 und 15 untersucht,
um ihre Hemmkraft zu bestimmen. Erneut war die Basis für diese
Tests die Hemmwirkung dieser Aptamere auf die Aktivität von Cathepsin-G
zur C-terminalen Abspaltung eines Substrats an aromatischen Aminosäuren. Das
Substrat war Succinyl-L-Alanyl-L-Prolyl-L-Phenylalanin-p-nitroanilid (Suc-Ala-Pro-Phe-Pna).
Cathepsin-G wurde in einer Form verwendet, von der angenommen wurde,
daß sie
rein war. Die Bestimmung der Aktivität von Cathepsin-G in Gegenwart
der erfindungsgemäßen Aptamere
wurde in 0,03 M Tris, pH 7,2, 150 mM NaCl, 5 mM MgCl2 und 5
mM KCl durchgeführt.
Die Veränderung
der Absorption wurde bei 405 nm (2 Werte) gemessen und die Aktivität von Cathepsin-G
wurde berechnet. In Tabelle 1 ist der Grad der Hemmung als Prozentsatz
einer nicht gehemmten Vergleichsprobe angegeben.
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HERSTELLUNGSBEISPIEL
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1. In-vitro-Selektion
zur Isolierung von Cathepsin-G-bindenden Aptameren
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Die
Sequenzen des Cathepsin-G hemmenden Aptamers nach der Erfindung
können
vorzugsweise nach einem Verfahren erhalten werden, das grundsätzlich in
NATURE 355, 564–566
(1992) und speziell in Gene, 137 (1993), 22–31 zur Isolierung von Einzelstrang-DNA-Nucleotiden
beschrieben ist, die menschliches Thrombin binden und hemmen.
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1.1 Herstellung eines
Oligonucleotid-Pools
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Zur
Isolierung einer bisher unbekannten Enzym bindenden Sequenz (Aptamer)
ist eine ausreichende Anzahl an synthetischen Oligonucleotiden,
die sich voneinander unterscheiden, erforderlich. Dieser Oligonucleotid-Pool
sollte die folgenden Anforderungen erfüllen: a) mindestens 1013 unterschiedliche Sequenzen, b) die Oligonucleotide
müssen
mit Hilfe einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) amplifiziert werden
können
und c) die Möglichkeit
des direkten Klonens.
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Die
erforderliche Menge an unterschiedlichen Oligonucleotiden wird erreicht,
wenn in einem Molekül, das
60 Nucleotide umfasst, jede Stellung von jeder der 4 Basen A, C,
G und T eingenommen werden kann.
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Die
Fähigkeit,
durch PCR amplifiziert zu werden, wird erreicht durch Verbinden
von 18 Basen einer definierten Sequenz sowohl an das 5'- als auch an das
3'-Ende des Nucleotids
mit 60 Basen. Die Möglichkeit des
direkten Klonens wurde erreicht durch Einfügen einer geeigneten Restriktions-Schnittstelle
in die 5'-Primer-Sequenz
des Oligonucleotids für
die Restriktions-Nuclease Eco RI. Das erhaltene Oligonucleotid mit
96 Basen erfüllt
alle angegebenen Anforderungen und die Sequenz ist unten angegeben.
wobei
N Nucleotide bedeutet. Es befinden sich 60 Nucleotide zwischen solchen
18 Basen langen Primer bindenden Reagentien. In diesem Reagens kann
sich jede der möglichen
Basen an jeder Stelle befinden. Das liefert die Anzahl von etwa
10
13 unterschiedlichen Sequenzen. Dieses
Oligonucleotid wird durch HPLC gereinigt.
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1.2. Inkubation von Oligonucleotiden
mit Cathepsin-G
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In
dieser Herstellungsstufe werden DNA-Oligonucleotide an das Zielenzym
gebunden und Oligonucleotide, die nicht gebunden worden sind, werden
durch Ionenaustausch-Chromatographie abgetrennt.
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In
der ersten Stufe wird eine ausreichende Menge des Oligonucleotid-Pools
(300 μg ≈ 10 nmol)
mit 100 μg
Cathepsin-G inkubiert. Der Inkubationspuffer enthielt 30 mM Tris-HCl,
150 mM NaCl, 5 mM KCl und 5 mM MgCl2, pH
7,5. Die Inkubation wurde 30 min bei Raumtemperatur durchgeführt und
das Inkubat hatte ein Gesamtvolumen von 1 ml.
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1.3. Ionenaustausch-Chromatographie
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Anschließend wurde
das Inkubat einer 1 ml Hightrap SP-Kationenaustauschersäule, Pharmacia,
ausgesetzt. Das Säulenmaterial
war vorher mit dem Inkubationspuffer ausgeglichen worden. Weitere
Ausrüstungsgegenstände, die
in dieser Stufe verwendet wurden, sind eine Membranpumpe und ein
Spektralphotometer sowie eine Aufzeichnungsvorrichtung.
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Nach
weiterem etwa 25 min langem Inkubieren bei 4°C wurden DNA-Fragmente, die
nicht gebunden waren, ausgewaschen (Fließgeschwindigkeit 1 ml/min),
während
das positiv geladene an DNA-Fragmente gebundene Cathepsin-G auf
dem Säulenmaterial
verblieb. Das Eluieren des DNA/Enzym-Komplexes, der an das Säulenmaterial
gebunden war, wurde mit 0,8 M NaCl und 50 mM Tris-HCl-Puffer, pH
7,8, (Fließgeschwindigkeit 0,5
ml/min) erreicht. Fraktionen, von denen photometrisch festgestellt
wurde, dass sie DNA enthielten, wurde gesammelt und der bekannten
Ethanol/Acetat-Ausfällung nach
Sambrook, Fritsch und Maniatis, Molecular Cloning, Cold Spring Harbor,
Laboratory Press, (1989) unterworfen. Es wurde dreimal das Volumen
von Ethanol zugegeben. Nach dem Ausfällen über Nacht bei –20°C wurde die
Probe 1 h mit 12000 × g
(Heraeus Biofuge 13) zentrifugiert. Die erhaltene Perle wurde getrocknet
und in 50 μl
sterilem H2O verdünnt. Die folgende Polymerase-Kettenreaktion
wurde mit 15 μl
DNA-Lösung
durchgeführt,
entsprechend konnten bis zu 3 Amplifizierungen mit einer Fraktion
durchgeführt
werden.
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1.4 Polymerase-Kettenreaktion
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Die
Polymerase-Kettenreaktion wurde mit den Primern 5'-CGTACGGAATTCGCTAGC-3' und 5'-CACGTGGAGCTCGGATCC-3' durchgeführt. Die
Bedingungen für
eine maximale Amplifizierung der eluierten DNA wurden vorher in
Testreihen bestimmt. Die optimale MgCl2-Konzentration
betrug 2 mM, die optimale Primer-Konzentration betrug 1,5 μM. Daneben
wurden ein PRIMEZYME-Kit von Biometra, umfassend Polymerase und
Puffer, sowie MgCl2-Lösung verwendet. Die Temperatur
zur Denaturierung betrug 94°C,
die Temperatur zur Hybridisierung des Primers 42°C und zur Verlängerung
72°C (1
min). Die Verwendung von 1 E Polymerase war ausreichend, um eine
maximale Ausbeute zu erzielen. Es wurden 40 derartige Zyklen durchgeführt. Das
Produkt dieser Reaktionen wurde durch Elektrophorese über Agarosegel
analysiert und durch Vergleich mit dem DNA-Verlängerungs-Standard quantifiziert.
Anschließend
wurde es ausgefällt,
in destilliertem Wasser aufgenommen und anschließend durch thermische Denaturierung
(95°C) zu
der Einzelstrang-Form umgeformt. Das ist das Ende eines Zyklus;
dann wurde die DNA ein weiteres Mal zu der oben angegebenen Inkubation
transferiert.
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1.5 Vermeidung einer Anreicherung
von DNA-Sequenzen, die unspezifisch an das Säulenmaterial gebunden sind
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Um
eine Anreicherung von Sequenzen zu vermeiden, die an das Säulenmaterial
binden, wurde das Verfahren in den letzten 3 Zyklen modifiziert.
Die DNA wurde nicht vorher mit Cathepsin-G inkubiert, sondern das
Enzym wurde auf die Chromatographie-Säule
aufgebracht. Eine vorgeschaltete weitere Säule wurde nur mit Kationenaustauscher-Material
gefüllt
und sichergestellt, dass durch anschließendes Aufbringen von DNA (Fließgeschwindigkeit
0,3 ml/min) nur solche Fragmente an Cathepsin binden können, die
nicht unspezifisch mit dem Säulenmaterial
der ersten Säule
binden.
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1.6 Klonen und Sequenzbestimmung
des PCR-Produktes nach dem letzten Zyklus
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Nach
dem letzten Zyklus wurde das erhaltene PCR-Produkt mit einer Klenow-Polymerase komplettiert,
eine Phosphorylierung durchgeführt
und das Gemisch einem EcoR1-Restriktionsabbau unterworfen. Dann
wurde ein gezieltes Klonen in den Vektor pUC18 durchgeführt. Anschließend wurden
Sequenz-Homologe in den Sequenz- Einfügungen gesucht.
Die erhaltenen Sequenzen wurden mit Hilfe eines Computerprogramms
(Husar, EMBL Database, Heidelberg) untersucht.
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SEQUENZ-AUFLISTUNG
für 96118661.6
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