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Verfahren zur Behandlung von Faserstoffen Bekanntlich müssen Faserstoffe
vor der schließlichten. Verwendung im allgemeinen einer Reihe von Behandlungen unterworfen
werden, um sie für den jeweiligen Verwendungszweck geeigneter zu machen. Diese Textilfaserbehandlungsmaßnahmen,
wie Aufschließen, Bleichen, Waschen usw., bezwecken die Entfernung oder Zerstörung
unerwünschter Verunreinigungen. Bei der Anwendung der hierfür üblichen chemischen
Mittel läßt sich aber eine ungünstige Einwirkung auf das zu behandelnde Gut nicht
vermeiden.
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Es wurde nun gefunden, daß Stoffe, welche die Bildung eines Oxydor
eduktionssystems ermöglichen, bereits in sehr geringen Mengen eine günstige Einwirkung
bei den genannten Vervollkommnungsarbeiten ausüben. EingehendeVersuche haben die
allseitigeAnwendung von Methylenblau beim Aufschließen, Beugen, Mercerisieren und
Bleichen ergeben. Ähnliche Wirkungen erzielt man, wenn statt Methylenblau andere
oxydoreduzierende Substanzen, wie Phenolindophenol, Nilblau (Schultz, Farbstofftabellen,
6. Auflage, Nr. 653 und 654.), Capriblau (a. a. O., Nr. 620)
oder Neumethylenblau
(a. a. O., Nr. 663), verwendet werden.
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Es ist bereits vorgeschlagen worden, Bleichflotten Farbstoffe zuzusetzen,
um detl gelben Farbton des gebleichten Gutes zu verdecken. Bei diesen Verfahren
können nur solche blauen Farbstoffe verwendet werden, die gute Echtheitseigenschaften
aufweisen, und sie müssen in solchen Mengen zur Anwendung gelangen, daß eine bläuliche
Färbung erzielt wird. Im Gegensatze dazu sind die oxydoreduzierendenSubstanzen Farbstoffe
mit sehr schlechten Färbe- und Echtheitseigenschaften. Es ist daher die nach vorliegendem
Verfahren erzielte Wirkung eine ganz andere und außerdem eine viel bessere als die,
welche durch die bekannte Bläuung erreicht werden kann. Dies läßt sich z. B. daran
erkennen, daß bei gebläuten Waren, die nachher Behandlungen unterworfen werden,
durch die der blaue Farbstoff zerstört wird, der gelbe Ton wieder zum Vorschein
kommt, während nach vorliegendem Verfahren behandeltes Gut unter gleichen Bedingungen
keine Verschlechterung aufweist.
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Wird Methylenblau der Beuchlauge zugesetzt und dann wie üblich gebeucht,
so tritt Entfärbung ein, und das Baumwollgewebe weist nach der Waschung eine bessere
Farbe und eine bessere Festigkeit auf als Baumwollgewebe, welches in der bisher
bekannten Weise gebeucht wurde. Besonders hervorzuheben ist, daß bei nachfolgender
Bleichung auch ein viel besseres und haltbareres Weiß erhalten wird als bei der
Beuchung ohne Methylenblauzusatz und nachfolgender gleicher Bleichbehandlung.
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Werden Textilmaterialien ohne vorhergehende Beuchung gebleicht, z.
B. nach der neuzeitlichen alkalischen Wasserstoffsuperoxydbleiche oder nach der
Kaltbleiche mit
Natr iumhypochlorit, so bewirkt ein Zusatz von Methylenblau
zur Bleichlösung eine allmähliche Entfärbung. Nach Beendigung der Bleiche und darauffolgendem
Waschen besitzt. das so behandelte Textilgut eine viel bessere Farbe, auch kann
an Bleichmitteln gespart werden.
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Aber auch das Bleichen schlechthin mit Hypochloriten, z. B. Chlorkalk,
wird durch Zusatz von Methylenblau oder ähnlich wirkenden Substanzen bedeutend verbessert.
Dies ist besonders für die Zellstoffindustrie von großer Bedeutung. Durch Zusatz
einer geringen Menge, z. B. 25 g Methylenblau auf 2o t Bleichflüssigkeit, wird ein
gebleichter Zellstofft von besseren Eigenschaften als ohne Methylenblauzusatz erhalten.
Ebenso wie bei Textilwaren kann auch bei Zellstoffen, die einer alkalischen Behandlung
unterworfen werden sollen, der alkalischen Behandlungsflüssigkeit Methylenblau zugesetzt
werden. Auch beim Mercerisieren von Baumwolle oder ähnlichen Textilwaren mit konzentrierten
Alkalilaugen wird durch Zusatz von Methylenblau ein sehr guter Effekt erzielt. Gute
Ergebnisse werden auch erhalten, wenn bei der Darstellung von Alkalicellulose zum
Zwecke der Herstellung von Viscose oder Alkylcellulosen der Lauge Methylenblau zugesetzt
wird. Bei der Herstellung von Viscose kann durch Zusatz von Methylenblau zur Alkalicellulose
eine Viscoselösung von höherer Viscosität erhalten werden. Ist letztere für die
Verspinnung zu hoch, so kann durch Mischung mit Viscose, die nach den üblichen Verfahren
hergestellt ist, ein geeignetes Produkt erhalten werden.
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Das vorliegende Verfahren läßt sich in ß'eeigneter'Weise auch mit
anderen bekannten Verfahren vereinigen. Man kann beispielsweise in üblicher Weise
gebeuchte Baumwolle mit Bleichmitteln unter Zusatz von oxydoreduzierenden Substanzen
bleichen oder aber diese Stoffe bereits der Beuchflotte zugeben und hieran die übliche
Bleichbehandlung mit oder ohne Zusatz von Katalysatoren anschließen. Es können aber
auch beide Behandlungen unter Zusatz v dn oxydorectuzierenden Substanzen durchgeführt
werden.
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Der Zusatz der oxydoreduzierenden Stoffe kann entweder in fester Form
oder in Form von Lösungen, z. B. wässerigen oderalkalischen Lösungen, erfolgen.
Besonders hervorzuheben ist, daß die Substanzen auch in Form ihrer farblosen Leukoverbindungen
mit demselben guten Effekt verwendet werden können. Die oxydoreduzierenden Stoffe
oder deren Derivate, wie Leukoverbindungen, Salze oder Lacke, können entweder dem
zu behandelnden Gut oder den Behandlungsflüssigkeiten oder beiden zugleich einverleibt
werden. Ferner können die oxy doreduzierenden Substanzen auch auf einen besonderen
organischen oder anorganischen Träger, z. B. auf Baumwolle, fixiert in die Behandlungsflüssigkeit
hineingebracht und nach einer bestimmten Einwirkungszeit wieder entfernt werden,
wodurch vorliegendes Verfahren an leichter Ausführbarkeit nicht nur gewinnt, sondern
zugleich die praktisch nicht einfache Aufgabe der Einführung verhältnismäßig geringer
Mengen Zusatzstoffe in einfachster Weise gelöst ist.
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Einige Ausführungsformen des Verfahrens sind nachstehend beschrieben.
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i. Nicht vorbehandelte Baumwolle wird einer Kaltbleiche mit Natriurnhypochlorit
(etwa 2 g C1/Liter) unterworfen. Der Bleichflotte wird nur so viel Methylenblauzugesetzt,
daß sie etwa o,ooo8 g im Liter enthält. Eine etwaige anschließende Peroxydbehandlung
kann mit oder ohne Zusatz. von Methylenblau erfolgen. Den angewandten Bleichflüssigkeiten
können auch etwa i bis :20j, Natriumcarbonat und Sauerstoff übertragende Katalysatoren,
wie Nickel-, Kobalt- oder Silbersalze, neben Methylenblau zugesetzt werden.
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z. Schwer bleichbare Fasern werden mit einer Beuchlauge von üblicher
Stärke, die im Liter etwa o,ooi2 g Neumethylenblau enthält, behandelt. je nach 'dem
Gehalt an Verunreinigungen wird früher oder später Entfärbung eintreten. Bei Bedarf
können neue Mengen Neumethylenblau zugefügt werden. Nach der Beuche wird gewaschen
und ohne Säuerung nach den üblichenArbeitsweisen mitoderohne Zusatz von Methylenblau
wie im Beispiel i gebleicht.
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Den Beuchlaugen können außer Methylenblau auch Netzmittel, z. B. Phenole,
Alkohole, Terpene, ferner Sulfite oder andere bekannte Zusätze zugefügt werden.
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Die angewandte Beuchlauge kann wiederverwendet werden, wobei bei vorliegendem
Verfahren der große Vorteil erzielt wird, daß die gebrauchte Lauge viel länger verwendet
werden kann, bevor sie regeneriert oder ersetzt werden muß, als Laugen ohne Zusatz
von Methylenblau. Dasselbe gilt, wenn die gebrauchten Laugen vor der Wiederverwendung
mit Oxydationsmitteln behandelt werden. In beiden Fällen kann aber auch gleichzeitig
Methylenblau gespart werden, da es sich gezeigt hat, daß eine methylenblauhaltige
Lauge bei einer nochmaligen Verwendung ohne neuen Zusatz von Methylenblau ein viel
besseres Weiß ergibt als diegewöhnlichen Beuchlaugen, denen keinMethylenblau zugesetztworden
ist.
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3: Zellstoff beliebigen Ursprungs wird nach bekannten Verfahren, z.
B. mit Chlorkalk oder N atriumhypochlorit, unter Zusatz von etwa 18 g Methylenblau
für iooo kg Zellstoff gebleicht. Die Menge Methylenblau richtet sich natürlich nach
dem Gehalte an Verunreinigungen.
Je verunreinigter der Zellstoff
ist, desto schneller wird das Methylenblau entfärbt.
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Die Bleichung von Zellstoffen kann aber auch in zwei oder mehreren
Stufen durchgeführt werden, wobei die Methylenblaumenge in der ersten Stufe auf
einmal oder in den folgenden Stufen in aliquotenTeilen zugesetzt wird. Bei diesen
Stufenbleichungen können bestimmte pH-Konzentrationen aufrechterhalten werden, oder
einer Stufe mit niedrigem pH kann eine zweite mit hohem pH folgen. Desgleichen können
reduzierende und oxydierende Bleichbehandlungen aufeinanderfolgen, wobei (las Methylenblau
in der einen oder der anderen oder in beiden Behandlungsarten zur Anwendung gelangen
kann.
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. Den bei der Veredelung von Zellstoffen angewandten alkalisch reagierenden
Flüssigkeiten wird Methylenblau zugesetzt. Auch hier wird Methvlenblau um so schneller
entfärbt, je mehr yHemicellulose im ursprünglichen Zellstoff vorhanden war. Ein
vorgebleichter Sulfitzellstoff verbrauchte bei der Behandlung mit 8 % Ätznatron
berechnet auf Trockensubstanz, 2 i g Methylenblau auf iooo kg Sulfitzellstoff.
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5. Baumwolle wird in einem o,5-bis i o,öigen Wasserstoffsuperoxydbade
unter Zusatz von alkalisch wirkenden Mitteln, wie Ammoniak, Borax, Wasserglas u.
dgl., und Leukomethylenblau bei 4o bis ioo° gebleicht.
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6. Baumwolle, Leinen, Kunstseide oder andere pflanzliche Fasern werden
mit einer alkalischen Lösung von Methylenblau, beispielsweise einer 2°/oigen Boraxlösung,
getränkt und dann einer Bleichung mit oxydierenden Mitteln unterworfen. Wird die
Bleiche bei höherer Temperatur durchgeführt, so ist der pII-Kontrolle eine besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.