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Beizen von Saatgut Gegenstand des Patents 576815 ist ein Verfahren
zur Behandlung von Saatgut mit Wasserstoffsuperoxyd, Peroxyden oder Persalzen, gemäß
welchem Verfahren das Saatgut einer lang andauernden Behandlung; z. B. von mehreren
Stunden, bei Verwendung von Wasserstoffsuperoxydlösungen oder wäßrigen Suspensionen
von festen Peroxyden oder Persalzen, oder von mehreren Tagen bis Monaten, bei Verwendung
von trockenen Peroxyden oder Persalzen unterworfen wird. Für diese Behandlung gilt
eine Konzentration der Wasserstoffsuperoxydlösungen zwischen o,5 und a °% H2 02
als Regel, wenn auch angegeben wurde, daß diese Konzentrationen unter- oder überschritten
werden können, falls die Natur oder Beschaffenheit der Samen dies erfordert.
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Den Gegenstand der Erfindung bildet ein Verfahren zur Behandlung von
Saatgut mit Wasserstoffsuperoxyd, echten Persal.zen oder Peroxyden, das im wesentlichen
darin besteht, daß das Gut mit Lösungen, deren Konzentration einem Wasserstoffsuperoxydgehalt
von mehr als 3 % entspricht, unter Vermeidung einer Tiefenwirkung behandelt
wird. Vor= zugsweise werden Lösungen verwendet, deren Konzentration einem Wasserstoffsuperoxydgehalt
von io bis 40 °/o oder darüber entspricht. Gemäß einer besonderen Ausführungsform
des Verfahrens kann an Stelle von Wasserstoffsuperoxydlösungen auch Wasserstoffsuperoxyddampf
zur Verwendung gelangen.
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Es wurde überraschenderweise gefunden, daß selbst konzentrierte Wasserstoffsuperoxydlösungen,
die eine sehr wirksame Vernichtung von Pflanzenschädlingen zu bewirken vermögen,
bei den Samen der meisten Pflanzen eine nachteilige Wirkung auf die Keimungsenergie
nicht ausüben, vielmehr eine Belebung und Kräftigung der Samen und eine gute Entwicklung
der Pflanzen hervorrufen. Dabei erfährt auch das Aussehen des Saatgutes eine Verbesserung,
indem gleichzeitig eine Bleichung und Schönung des Gutes erzielt wird. Überdies
wird etwa vorhandener dumpfiger Geruch oder Fäulnisgeruch vollständig beseitigt.
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Zwingende Bedingung für die Anwendbarkeit konzentrierter Lösungen
von Wasserstoffsuperoxyd ist jedoch, .daß die Einwirkung auf die Oberfläche der
Samen beschränkt bleibt. Hieraus ergibt sich die Forderung, daß nur so viel Flüssigkeit
mit den Samen in Berührung gebracht wird, Tals zur Benetzung der Oberflächen ausreicht,
daß also ein darüber hinausgehender Flüssigkeitsüberschuß
vermieden
wird. Aus diesem Grunde muß man für die Behandlung des Saatgutes mit konzentrierten
Wasserstoftsuperoxy dlösungen das Benetzuntsv erfahren wählen, um gering; Mengen
Lösung möglichst gleichmäßig adfw dem zu behandelnden Gut auszubreiten. Aii#.<
einfachsten geschieht dies, indem man eine entsprechend beschränkte ':Menge der
Lösung auf das Gut bringt und unmittelbar darauf durch Schütteln, Umschaufeln oder
ähnliche mechanische Mischvorgänge für eine rasche und gleichmäßige Verteilung,der
Flüssigkeit in dem Gut Sorge trägt. Zweckmäßig wird die Flüssigkeit schon im zerstäubten
oder vernebelten Zustand mit dem Saatgut zusammengebracht: auch kann man Mlasserstoffsuperoxyd
allenfalls in Dampfform auf das Gut einwirken lassen.
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Bei der Berührung des Wasserstoffsuperoxyds mit dem Samen tritt an
der Oberfläche eine starke katalytische Reaktion auf, die zu erheblicher Wärmeentwicklung
führt; wenn erwünscht, kann die Zersetzung durch auf das Gut vorher aufgebrachte
Katalysatoren, z. B. Kupfer- oder Eisensalze, befördert werden. Auch dadurch, daß
man das Wasserstoff Superoxyd in Form alkalischer Lösungen verwendet, kann man eine
erhöhte Zersetzungswirkung erzielen. Die Zersetzung kann andererseits verzögert
werden, indem man das Wasserstoffsuperoxyd in Form saurer Lösungen anwendet. Dies
erscheint in Fällen vorteilhaft, in welchen das Saatgut an sich sehr stark zersetzend
wirkt. Ähnliche Wirkungen lassen sich erreichen, wenn man das Gut einer Vorbehandlung
.mit alkalischen oder sauren Lösungen unterwirft.
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Bekanntlich kann der Stinkbrand oder Schmierbrand des Weizens, der
Hartbrand der Gerste, der Flugbrand des Hafers und der Roggenstengelbrand auch durch
die bekannten Beizmittel bekämpft werden, wogegen solche Beizflüssigkeiten auf den
Flugbrand des Weizens und der Gerste fast ohne Einfluß bleiben. Dies- beruht darauf,
daß die Erreger des '\Veizen- und des Gerstenflugbrandes in dem Korn selbst sitzen
und infolgedessen von den das Korn äußerlich umspülenden Beinflüssigkeiten nicht
erreicht werden. Nur durch etwa to Minuten langes Einwirken zeit Wasser bei 5.4°
C werden auch diese Brandpilze abgetötet. Die katalytische Zersetzung des Wasserstoffsuperoxyds
löst nun eine Erwärmung des Gemisches aus, die die Wirkung der Warmwasserbei7e hervorbringt
und so auch die tiefsitzenden Schädlinge miterfaßt.
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Da bei der Zersetzung der Perverbindungen eine beträchtliche Wärmeentwicklung
auftritt, kann die Flüssigkeitsmenge so gering bemessen werden, daß die Feuchtigkeit
durch die entstehende Wärme verdampft- wird, wodurch man nach der Behandlung unmittelbar
ein Gut erhält, welches ohne weitere Trocknung verwendet oder gelagert werden kann.
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-Eine ähnliche Wirkung wie mit konzentrier-!, :: Wasserstoff,superoxydlösungen
wird auch .@ : f; konzentrierten Lösungen von echten Persahen oder Peroxyden erzielt.
Von Persalzen kommen insbesondere Percarbonate, Persulfate oder Perphosphate, Perarseniate
und Verbindungen des Systems Natriumsulfat-H,0, in Betracht. Von Peroxyden sind
als besonders geeignet zu nennen: Calciumperoxyd, Magnesiumperoxyd, Bariumperoxyd.
Auch die bekannten organischen Perverbindungen, wie z. B. die Verbindungen des Systems
Harnstoff-H.,0, (Percarbamid) oder Verbindungen des Systems He3.amethvlentetramin-H202,
können Verwendung finden. Alle diese Perverbindungen können auch miteinander gemischt
verwendet werden. Den Sauerstoff abgebenden Mitteln kann man auch an sich bekannte
Beizmittel (z. B. Quecksilbersalze oder organische (Quecksilberverbindungen) und/oder
Düngemittel zusetzen.
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Die Wahl der anzuwendenden Konzentrationen hängt von der Beschaffenheit
des zu behandelnden Gutes und den zu bekämpfenden Pflanzenschädlingen ab. Handelt
es sich um die Beizung von Getreide zur Bekämpfung der gewöhnlichen Getreideschmarotzer,
so muß man zur Vernichtung der sehr wi,derstandsfähigen Sporen solcher Schädlinge
die höherkonzentrierten Lösungen anwenden. Wenn Samen mit glatter Oberfläche, wie
z. B. Erbsen, Bohnen, Salatsamen usw., gebeizt werden sollen, wo die Bekämpfung
weit weniger widerstandsfähiger Schädlinge in Betracht kommt, kann man beispielsweise
schon mit Konzentrationen von d. bis 61/, einen vollen Erfolg erzielen. Die bestwirkenden
Konzentrationen können im Einzelfalle durch wenige Versuche leicht ermittelt werden.
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Ausführungsbeispiele i. 25 kg Weizen (Winter- oder Sommersaatgut)
werden in einem Schüttelapparat mit i 1 Wasserstoff superoxydlösung, enthaltend
Zoo g H202 im Liter, zusammengebracht. Nach kurzem Schütteln macht sich die eintretende
Zersetzung durch Knistern und Erwärmung bemerkbar. Die Körner werden durch die Behandlung
nicht nur an der Oberfläche blank, sondern bis in die feinsten Ritzen und Risse
gereinigt. Es tritt ein intensiver Geruch nach frischem Getreide auf. Die Zersetzung
des Wasserstoffsuperoxyds ist nach 2o bis 30 Minuten beendet, und damit ist
auch der Beinvorgang durchgeführt. Die Körner kommen praktisch trocken aus dem Schüttelapparat;
die Aussaat kann sofort erfolgen. Man kann das Saatgut auch unmittelbar
lagern.
Doch empfiehlt sich in- diesem Fall eine mehrstündige Lüftung auf. der Tenne oder
auch in der Sonne;. um das Beizmittel vollständig ausreagieren@ zu. lassen; Sichtbare
Flüssigkeitsmengen sind. schon nach kurzer Behandlung im Schüttelapparat nicht mehr
wahrzunehmen. Die behandelten Körner zeigen eine sehr schöne helle Farbe.
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2. 25 kg Gerste werden- mit i 1 q.o. "/oiger Wasserstoffsuperoxydlösung
(q.oo g H202 im Liter), welche außerdem :20/" .Sublimat (Hg C12) enthält, behandelt..
Es-muß solange geschüttelt oder gerührtwerden,bis.eine gleichmäßige Verteilung der
Flüssigkeit erreicht ist. Die Reaktion spielt sich ähnlich ab, wie dies im Beispiel
i beschrieben worden ist.
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Ein Gemisch von Wasserstoffsuperoxyd mit einem zusätzlichen Beizmittel-
ergibt, die höchste Reinigungs- und Desinfektionswirkung, weil das Wasserstoffsuperoxyd,
abgesehen von seiner keimtötenden Kraft,. alle. Unreinheiten und Schädlinge an die
Oberfläche befördert und damit die Arbeit 'des zugesetzten Beizmittels sehr erleichtert.
Solche: Gemische werden insbesondere bei gesteigerter Infektionsgefahr angewendet.
Man kann. das Saatgut, feucht oder trocken, auch: mit einem katalytisch wirkenden
Beizmittel, z: B. Kupfersulfat, vorbeizen. -3. 1o kg Roggen werden mit 25o ccm 30
o%igem Wasserstoffsuperoxyd nach Beispiel i oder 2 behandelt. Man erhält ein tadellos
reines, helles und wohlriechendes Saatgut mit sehr guter Keimungsenergie.
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q.. i kg Rübensamen werden mit 3ö ccm i o o/oiger Wasserstoffsuperoxydlösung
gebeizt. Es wind ein reines, frisch riechendes Saatgut von heller Farbe, das sehr
gut aufgeht, erhalten.
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5. Zum Beizen von Gemüsesamen, z. B. Salatsamen, verwendet man vorteilhaft
3 bis 5 o%ige Wasserstoffsuperoxydlösungen, die in einer Menge von 2 bis io o% auf
das Samengewicht angewendet werden. Die Samen werden durch die Behandlung gereinigt
und erhalten eine bessere Keimfähigkeit.
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6. Vorteilhaft für Gemüsesamen aller Art und für Blumensamen ist auch
eine Behandlung mit konzentrierten Lösungen anorganischer oder organischer Persalze.
Man geht derart vor, daf man z. B. 2 bis 5 % des' betreffenden Persatzes,
bezogen auf das Samengewicht, trocken einmischt und dann 2 bis 5 % -Wasser,
also die gleiche Menge, unter Mischen zusetzt. Bei Verwendung von schwerlöslichen
Peroxyden oder Persalzen wird dem Wasser zweckmäßig etwas Säure, z. B. Ameisensäure,
Essigsäure, Phosphorsäure, zur Beförderung der Auflösung zugesetzt. Das Verfahren
geht sonst ebenso vor sich, wie im Beispiel i beschrieben. wurde. 7. 25_ kg Hafer
werden mit i kg Perphosphat mit einem Gehalt von 15 % H2 02 trocken gemischt:
und sodann mit i 1 Wasser versetzt. Man erhält ein schön aussehendes, reines und
sehr gutkeimendes Saatgut.
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B. i kg Fuxterrübensamen werden mit z oo g Natriumpercärbonat.. mit
einem Gehalt von 2o o/o H2 02 trocken gründlich vermischt, worauf' noch ioo ccm
Wasser eingemischt werden: Es tritt nach der Wasserzugabe, die das Wasserstoffsuperoxyd
frei macht, eine er° hebliche- Wärmeentwicklung ein. Die behandelten Samen zeigen
eine wesentlich höhere Keimkraft. als die gleichen aber unbehandelten Samen. Eine.
ähnliche Wirkung wird bei:gleicher Behandlungsweise durch Verwendung von Natriumperphosphat
oder Natriurizsulfat-H2 02 erzielt. Neben :der Erhöhung der Keimkraft. der Samen
wird in allen Fällen auch eine Abtötung von Pilzen und -Bakterien erreicht, g. zo.kg
Maiskörner werden mit i kg Calciumsuperoxyd oder einem Gemisch aus 5oo g Calciumsuperoxyd
und 500 g Natriumpercarbonat trocken vermischt; der Mischung wird sodann
etwa i 1 verdünnter Phosphorsäure zugesetzt. -Auch in diesem Falle tritt Wärmeentwicklung
auf. Die Brandsporen werden hierdurch restlos abgetötet. Das bei der Zersetzung
gebildete Calciumoxyd bzw. Calciumphosphat dient der Pflanze als Düngemittel.
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io. iokg Gerste werden mit 5oogNatriumsulfat-H2 02 mit einem Gehalt
von etwa z o % H202 vermischt, worauf i/21 Wasser zugegeben wird. Man erhält ein
schön aussehendes, fast steriles Saatgut.
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In dem Werke von H o l l r u ng, »Die krankhaften Zustände des Saatgutes«,
igig, ist auf S. 271 unter den Ersatzmitteln zur Enfseuchung der Getreidesamen von
Brandsporen Wasserstoffsuperoxydmitdem Beisatz»Tauchbeize i v. H. 15 Minuten« genannt.
Bei der angegebenen kurzen Behandlungsdauer kann man mit solchen Wasserstoffsuperoxydlösungen
niedriger Konzentration weder eine Stimulationswirkung noch eine wesentliche Reinigungswirkung
erzielen. Zudem ist euch die Wirkung alsEntseuchungsmittel, also hinsichtlich der
Abtötung von Schmarotzern, bei dieser bekannten Behandlungsweise nur eine geringe.
Es ist ferner vorgeschlagen worden, bei Saatgutbeizen, welche auf der Wirkung von
Formaldehyd beruhen, Sauerstoff abgebende Mittel, wie Benzoylperoxyd, mitzuverwenden.
Doch dienen-diese Stoffe im Rahmen des bekannten Verfahrens ausschließlich dazu,
die nachteiligen Wirkungen des Formaldehyds zu beseitigen. Formaldehyd ist bekanntlich
zwar ein gutes Mittel zur Desinfektion und Vernichtung, von Schädlingen, schädigt
aber
die Keimfähigkeit der Samen, besonders die von empfindlichen
Getreidearten. Um diese nachteilige Nebenwirkung einzudämmen, wirk der Formaldehyd
während der Behandlung. durch Sauerstoff abgebende Mittel Ameisensäure oxydiert.
Die Sauerstoff äb ; gebenden Mittel werden also in diesem Falledurch chemische Umsetzung
verbraucht. Zum Bleichen von Mehl und Getreide sind Wasserstoffsuperoxyd, Persalze
und Peroxyde schon vielfach verwendet worden. So ist empfohlen worden, um aus Getreidekörnern
einen möglichst hohen Prozentsatz weißes Mehl zu erzielen, die Getreidekörner, vorzugsweise
geschälte Körner, zeit sauren Lösungen von Wasserstoffsuperoxyd, beispielsweise
5o°/oigen Lösungen, denen außerdem Ameisensäure zugesetzt ist, zu bleichen. Schließlich
geht ein anderer Vorschlag dahin, pflanzliche und tierische Produkte, die Öle und
Fette enthalten, derart zu bleichen, daß sowohl die festen Bestandteile des Gutes
als auch die Fettstoffe in aufgehelltem Zustande gewonnen werden, zu welchem Zwecke
die Bleichung in Gegenwart erheblicher Mengen von Fettlösungsmitteln :durchgeführt
werden sollte. Diese Bleichverfahren, bei welchen es auf eine Erhaltung der Keimkraft
behandelter Samen nicht ankommt, konnten demgemäß auch nichts zur Überwindung des
Vorurteiles bei-,tragen, daß durch Anwendung von Wasser-' stoffsuperoxydlösungen
oder Lösungen andef#r Perverbindungen hoher Konzentration die Keimfähigkeit der
Samen geschädigt oder ganz zerstört wird. Dies ist um so weniger der Fall, als diese
bekannten Bleichverfahren zum Beizen von Saatgut auch tatsächlich ungeeignet sind,
weil, abgesehen von anderen Faktoren, die Mitverwendung von Ameisensäure oder Fettlösungsmitteln
nach den bekannten Verfahren zur Zerstörung der Keim-, Fähigkeit der Samen führt.