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Verfahren zur Herstellung eines faserfesten, hochviscose Lösungen
gebenden, sehr reinen Zellstoffs Es ist bekannt, daß man harte Sulfit- oder Sulfatzellstoffe,
insbesondere sog. Kraftzellstoffe, zweckmäßig erst einer chlorierenden Vorbehandlung
unterzieht und im Anschluß daran die Chlorierungsprodukte durch schwaches Alkalisieren
entfernt, um den Aufschlußgrad weiter herunterzudrücken und sie dadurch für die
nachfolgende Bleiche usw. geeigneter zu machen.
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Eingehende Versuche haben gezeigt, daß gerade auf alkalischem Wege
aufgeschlossene Zellstoffe, insbesondere Sulfatzellstoffe, schon bei dieser Chlorierung
in ihrer Viscosität absinken und demgemäß auch an Festigkeit verlieren. Der Grund
für dieses Verhalten liegt darin, daß die für die Chlorierung derartig stark inkrustierter
Zellstoffe erforderlichen ziemlich großen Mengen an Chlor verhältnismäßig nur langsam
mit dem Lignin in Reaktion treten, so daß bei normaler Chlorierung in der sauren
Flotte längere Zeit ein Überschuß an freiem Chlor vorhanden ist, gegen welchen die
aus einem alkalischen Aufschiußprozeß stammende Cellulose sehr empfindlich ist.
Außerdem wird durch auftretende Geruchsbelästigung das Arbeiten in offenen Gefäßen,
wie Holländern usw., sehr erschwert.
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Der Vorgang spielt sich so ab, daß das zuerst zur Einwirkung gelangende
Chlor begierig von dem in den äußeren Schichten der Fasern lagernden Lignin aufgenommen
wird. Dabei bilden sich wasser- und alkalilösliche Produkte. Je weiter nun die Chlorierung
gegen die inneren Schichten zu fortschreitet, um so komplizierter werden die Chlorierungsvorgänge
bei den nicht wasserlöslichen, bereits anchlorierten Inkrusten. Dadurch wird dem
Chlor die Reaktionsmöglichkeit mit den darunterliegenden Ligninschichten immer mehr
erschwert, so daß es sich in der Flotte allmählich anreichert. Die Folge davon.
ist eine Herabsetzung der Viscosität und der Festigkeitseigenschaften des Zellstoffs.
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Dieser Nachteil ist zu vermeiden, wenn man zu der Vorsichtsmaßregel
greift, das Chlor nur so langsam zur Einwirkung gelangen zu lassen, daß es fortlaufend
von den Irkrusten des Zellstoffs aufgenommen wird, so daß deren Chlorierung also
in einer praktisch chlorfreien Flotte erfolgt. Da aber in diesem Falle, insbesondere
während der Zugabe des letzten Drittels an benötigtem Chlor, dieses nur außerordentlich
langsam verbraucht wird, müßte die Chlorierungsdauer weit über das technisch tragbare
Maß hinaus verlängert werden.
Es wurde nun gefunden, daß die Chlorierungszeit
-ohne Faserschädigung sehr stark abgekürzt werden kann, wenn man gleichzeitig mit
der Einleitung des Chlors dafür sorgt, daß die jeweils gebildeten Chloricrungsprodukte
durch genau dosierte Zugabe von Alkali gelöst werden, wobei der pH-Wert der Flotte
zwischen 6 bis 9, vorzugsweise zwischen 7,5 bis 8,5, gehalten wird.
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Es ist zwar bereits früher vorgeschlagen worden, den Zellstoff entweder
zuerst mit Alkali zu versetzen und dann mit elementarem Chlor durchreagieren zu
lassen oder ihn auch gleichzeitig mit Chlor und Alkali zu behandeln. In beiden Fällen
war aber die vorhandene Alkalimenge so groß, daß Hypochlorit entstehen mußte. Infolgedessen
waren ganz andere Reaktionsbedingungen als bei reiner Chlorierung gegeben, wodurch
der Zellstoff, wie Versuche zeigten, erst recht in seiner Viscosität und Festigkeit
geschädigt wird. Demgegenüber wird bei dem neuen Verfahren die Hypochloritbildung
dadurch vermieden, daß die Zugabe des Alkalis so einreguliert wird, daß deren Menge
gerade genügt, die - gechlorten alkalilöslichen Ligninkörper in Lösung zu bringen.
Hierbei wird beobachtet, daß eine im Vergleich zur gewöhnlichen Chlorierung in saurem
Medium größere Chlormenge in noch kürzerer Zeit zur Einwirkung gebracht werden kann.
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Die Erklärung dieser Erscheinung ergibt sich ohne weiteres aus dem
vorher Gesagten. Durch die Aufrechterhaltung eines pH--Wertes von etwa 8 werden
die alkalilöslichen chlorierten Lignine abgelöst und auch die darunterliegenden
Schichten für die Chlorierung freigelegt. Diese Freilegung erfolgt dementsprechend
viel gleichmäßiger, intensiver und schneller. Es findet infolgedessen auch keine
Anreicherung von Chlor in der Flotte statt, und ein Angriff der Cellulose wird vermieden.
Auf diese Weise wird nicht nur eine Verbesserung der Sieberzahl bei urigeschädigter
Viscosität erreicht; die schonende Behandlung äußert sich vielmehr sogar in einer
größeren Widerstandsfähigkeit auch gegen spätere chemische Einflüsse bei der Fertigstellung
des Zellstoffs. - Gleichzeitig hat das neue Verfahren den Vorteil, daß das gerade
bei den ligninreichen Kraftzellstoffen durch Kohlensäurebildung verursachte starke
Schäumen vollständig vermieden wird.
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Das neue Verfahren kann in allen solchen Behältern, die eine gute
und schnelle Durchinischung des Stoffbreis mit den chemischen Agenzien gewährleisten,
ausgeführt werden, wobei sich die jeweils einzuhaltende Stoffdichte nach der spezifischen
Wirkungsweise des Mischgefäßes zu richten hat. Die Vermeidung von freiem, überschüssigem
Chlor in der Flotte ermöglicht auch in offenen Holländern ein glattes, geruchfreies
Arbeiten. Außerdem wird dadurch, daß die Reaktion der Flotte mehr oder minder neutral
gehalten wird, ein Verschleiß der Armaturen, Waschtrommeln usw. vermieden.
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Nachstehende Versuche wurden derart durchgeführt, daß die Flotte nach
beendeter Chlorierung noch so weit alkalisch gemacht worden -war, daß eine o,o5"loige
Ätznatronlösung vorlag, dann wurde der Stoff gewaschen. Dabei ergaben sich folgende
ziffernmäßige Vorteile des neuen Verfahrens
Aus- Saures Neues |
gangs- Medium Verfahren |
Stoff |
Chlormenge % Cl, |
berechnet auf an- |
gewandten abs. |
tr. gedachten |
Zellstoff ....... 5 5 5 6 |
Chlorierungsdauer |
Min. ......... 1o3 39o 1o5 24o |
Kupferviscosität 837 655 746 7z8 693 |
Sieberzahl...... 56 17,9 18,6 =8,3 8,9 |
Da durch die kontinuierliche Zugabe von Alkali bereits während des Chlorierungsprozesses
die Hauptmenge der chlorierten Inkrusten in Lösung geht, läßt sich weiter eine nennenswerte
Chlorersparnis erzielen, wenn man durch gleichzeitige Zugabe von Wasser und Abziehen
der Behandlungsflüssigkeit, wie man es etwa durch Herunterlassen der Waschtrommel
in den Holländer erzielen kann, für eine Entfernung der gelösten chlorierten Produkte
sorgt, da die bereits chlorierten Produkte noch über die Chlormenge hinaus, die
für ihre Löslichmachung in Alkali notwendig ist, weiteres Chlor aufnehmen. Ein Versuch,
der mit gleichzeitiger Wasserwäsche durchgeführt wurde, bestätigte -diese Beobachtung,
da er mit nur 4 °f. Chlor eine Kupferviscosität von
791 und eine Sieberzahl
von
13 ergab.
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Da bei Sulfatzellstoff nur ein geringer Teil der Chlorierungsprodukte
wasserlöslich ist, mußte, wie auch durch Versuche festgestellt wurde, die kontinuierliche
Wäsche mit Wasser nach der bisherigen Arbeitsweise ohne kontinuierliche Zugabe von
Alkali erfolglos bleiben.
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Weitere Verbesserungen des Verfahrens lassen sich dadurch erreichen,
daß man in bekannter Weise die Chlorierung mindestens in zwei, durch eine alkalische
Wäsche getrennte Stufen zerlegt, wobei man in der ersten Stufe etwa 6o bis 8o °4
des zur Chlorierung notwendigen Chlors in Anwendung bringt. Da dieser erste Teil
der Chlorierung nachweislieh
ohne Schädigung der Cellulose verläuft,
kann man gegebenenfalls in diesem Stadium in gewöhnlicher Weise vorgehen. Erst in
der zweiten Stufe muß nach dem neuen Verfah-. ren, also unter gleichzeitiger Neutralisation
der Flotte, chloriert werden. Zwei Vergleichsversuche zeigen dies deutlich.
Chlorierung |
in beiden ini.Stufesauer, |
Stufen sauer in 2. Stufe |
I PH 7,5 bis 8,o |
Chlormenge °/o Cl... 3,7+1,0 3,7+1,4 |
Chlorierungsdauer |
Min............ 7o + 18o 7o -f- 6o |
Kupferviscosität ... 626 736 |
Sieberzahl........ 11,2 9 |
Durch diese Arbeitsweise werden auch die zusätzlichen Kosten für Alkali ganz erheblich
vermindert.
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Selbstverständlich kann man in der zweiten Stufe gleichzeitig auch
noch mit Wasser kontinuierlich waschen. Beispiel rooo kg Kraftstoff mit Sieberzahl
6o werclen in einem mit Waschtrommel versehenen Holländer mit 3,7 °% Cl in Form
von Chlorwasser chloriert. Zur Vermeidung eines Chlorüberschusses in der Flotte
wird die Chlorierungsdauer auf etwa 2 Stunden ausgedehnt; dann wird der Stoffbrei
eingedickt, gewaschen und mit so viel Alkali versetzt, daß die Flotte etwa o,o5
Na O H enthält. Nachdem man das Alkali 1/2 Stunde hat einwirken lassen, wird der
Holländer gut ausgewaschen. An diese Behandlung schließt sich dann eine zweite Chlorierung
mit F,1 0% Cl unter gleichzeitiger Alkalisierung an. Das Chlorwasser wird beispielsweise
eine gewisse Strecke vor der Schaufel bzw. dem Propeller des Holländers ziemlich
am Boden eingeleitet. Die Zugabe des benötigten Alkalis, als welches jedes lösliche
Alkali für sich allein oder in Mischung; vorzugsweise aber Ätznatron, Verwendung
finden kann, erfolgt in sehr großer Verdünnung hinter der Mischvorrichtung an der
Stelle, wo das Chlor praktisch verbraucht ist. Der pH-Wert der Flotte muß während
des ganzen Chlorierungsprozesses zwischen' 6,5 bis 9,o liegen. Hierzu sind etwa
1,3 0% NaOH (bezogen auf Zellstoff) erforderlich. Die Chlorierungsdauer dieser
Stufe beträgt ebenfalls etwa :2 Stunden und richtet sich nach der Intensität der
Mischvorrichtung bzw. der Umtriebszeit des Holländers. Nach beendeter Chlorierung
wird der Stoffbrei zur Einstellung einer in bezug auf ihren NaOH-Gehalt o,o5%igen
Flotte mit Alkali versetzt. Nach '/.,ständiger Einwirkung wird gut gewaschen. Der
so erhaltene Zellstoff hat mit 740 praktisch seine ursprüngliche Viscosität behalten,
dagegen ist die Sieberzahl bis auf etwa B heruntergegangen.
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.` Die Vorteile der geschilderten Arbeitsweise wirken sich schon in
der Oualität des ungebleichten Materials dahingehend aus, daß dasselbe in seiner
Faserfestigkeit den höchsten Ansprüchen genügt, dabei aber eine so niedrige Sieberzahl
hat, wie sie kein handelsüblicher hochbleichfähiger Sulfit- oder Sulfatzellstoff
aufweist. Seine lichtgelbe Farbe, die Geschmeidigkeit seiner Faser in Verbindung
mit seinen vorzüglichen Festigkeitseigenschaften, seiner Harzfreiheit und seinem
geringen Gehalt an Inkrusten machen ihn für Spezialpapiere aller Art sehr geeignet.
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Daß ein solcher Zellstoff sich auch ohne starke Beeinträchtigung seiner
Viscosität und Faserfestigkeit in ein gut weiß gebleichtes Produkt überführen läßt,
ist die selbstverständliche Folge seines niedrigen Ligningehaltes, und es ist klar,
daß, je höher die Vicosität des Ausgangsproduktes liegt, um so energischer die Bleiche
zwecks Erzielung eines hochweißen Materials geführt werden kann. Darin also liegt
mit der besondere Vorteil der schonend und doch kräftig durchgeführten Chlorierung.
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Alle diese Vorzüge äußern sich natürlich noch in höherem Maße, wenn
ein derartiger ungebleichter Sulfatzellstoff im Anschluß an die geschilderte Chlorierung
zuerst einer alkalischen Veredlung zum Zwecke der Herauslösung seiner Hemicellulosen
und der Erhöhung seines Alphacellulosegehaltes und dann einer Bleiche unterzogen
wird. Auf diese Weise können nicht nur für die Herstellung von Spezialpapieren,
sondern auch für die chemische Weiterverarbeitung besonders geeignete hochviscose
Edelzellstoffe erhalten werden. Das Verfahren bietet aber auch andererseits den
Vorteil, derartig veredelte, in ihrer Viscosität weitgehendst geschonte Zellstoffe
durch eine geeignete kräftige Bleiche in niedriger viscose Produkte von besonders
hohem Weißgehalt überzuführen.