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Meßgerät zur Bestimmung der in einem statisch unbestimmten Trägersystem
auftretenden inneren Kräfte und deren Einflußlinien Gegenstand der Erfindung ist
ein Meßgerät, das dazu dienen soll, die in beliebig geformten, beliebig belasteten
und beliebig" fach statisch unbestimmten Trägersystemen auftretenden inneren Kräfte
(statisch unbestimmte Größen) und deren Einflußlinien mit Hilfe eines dem zu untersuchenden
Trägersystem nachgebildeten Modells zu bestimmen.
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Bei einem bekannten analytischen Verfahren zur Berechnung der inneren
Kräfte (Normalkräfte, Querkräfte und Momente) in dem zu untersuchenden Querschnitt
eines beliebig statisch unbestimmten Systems unter .der Einwirkung einer äußeren
Kraft denkt man sich den Träger an dieser Stelle aufgeschnitten und durch Einführung
der dort vorhandenen inneren Kräfte als äußere Kräfte den Gleichgewichtszustand
wiederhergestellt. Die statisch unbestimmten Größen lassen sich dann mit den bekannten
El.astizitätsgleichungen errechnen.
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Um einen großen Teil dieser Rechenarbeit zu ersparen, wird nach der
Erfindung der beim analytischen Verfahren nur gedachte Schnitt an einem zu diesem
Zweck bekannten Modell wirklich ausgeführt und das Meßgerät in die Schnittstelle
eingesetzt. Dabei sind auf die Schnittenden aufgesetzte Riegel des Meßgeräts um
eine senkrecht ,zur Ebene des Modells innerhalb der Schnittebene liegende gemeinsame
Gelenkachse schwenkbar, wodurch die Schnittflächen an einer gegenseitigen Verdrehung
in der Modellebene nicht gehindert, aber gleichzeitig andere Verschiebungen und
Verdrehungen ferngehalten werden. Das neue Gerät kann seiner Wirkungsweise entsprechend
als Drehwinkelverforrnungslehre bezeichnet werden.
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Die Anwendung von besonderen Meßgeräten zur statischen Bestimmung
von Trägern und Stabzügen auf mechanischem Wege, die an einem dem zu untersuchenden
Trägersystem nachgebildeten Modell angeordnet werden, ist bekannt, jedoch hat man
dabei nicht mit durchgeschnittenen Modellen gearbeitet und daher nicht die im folgenden
näher beschriebenen Vorteile erreicht. Die Modellversuche mit dem neuen Meßgerät
ermöglichen die Nachprüfung der Ergebnisse von theoretischen Untersuchungen und
Berechnungen (analytische und graphische Methoden). Schließlich gestattet das neue
Gerät die Behandlung von vielfach statisch unbestimmten Systemen; die sonst nur
unter weitgehenden Annahmen angenähert und mit großem Zeitaufwand berechnet werden
können.
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Insbesondere wird eine erhebliche Vereinfachung und Verbesserung bei
dem neuen Gerät dadurch erreicht, daß die Riegel, an welchen die Schnittenden des
Modells eingespannt werden, eine gemeinsame Gelenkachse haben. Die Gelenkachse wird
gebildet durch
einen Bolzen oder durch eine Pfanne und Schneide,
die beide unter Federdruck aufeinander gehalten werden. An den freien Enden der
Riegelschenkel sind Einstellvorrrichtungen, eine Meßuhr oder eine Winkelhebelanzeigeeinrichtung
oder eine Noniusteilung zur Ermittlung der Verschwenkung der Riegelschenkel gegeneinander
angebracht.
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In den Figuren ist die Erfindung beispielsweise dargestellt.
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Fig. i zeigt in schematischer- Darstellung einen mit einer Last P,n
im Angriffspunkt m belasteten Träger eines n-fach statisch unbestimmten - Systems,
der im Querschnitt s durchgeschnitten ist, wo die statisch unbestimmten Größen Xa,
Xb und X, als äußere Kräfte eingeführt sind; Fig. 2 zeigt einen Grundriß
des neuen Meßgerätes; Fg, 3 ist eine Seitenansicht im Schnitt nach der Linie A-B
von Fig..2; Fig. q. ist eine Seitenansicht im Schnitt nach der Linie C-D von Fig.
2; Fig. 5 und 6 zeigen .als. Einzelheit die Ausbildung der Gelenkachse als Bolzenlager;@
Fig. 7 zeigt eine Ausführungsform der Gelenkachse als Lager mit Schneide und Pfanne;
Fig..8 zeigt im Schnitt die Ausbildung eines Gerätes, bei dem die Modellebene mit
der. Mittelebene des Gerätes zusammenfällt; Fig. 9 zeigt eine Noniusteilung am Ende
der Meßschenkel; Fig. rozeigt eine Hebelübersetzung am Ende der Meßschenkel zum
-Messen der Schwenkbewegung der Schenkel gegeneinander; Fig. i i zeigt in kleinerem
Maßstab als Fig. 2- .ein Gerät mit nur je einem Meßschenkel. -Wie sonst bei elastizitäts-theoretischen
Untersuchungen so ist auch 'hier Voraussetzung, daß die am Modell erzwungenen Formänderungen
so klein sind, daß sie unterhalb, -.der "Elastizitätsgrenze bleiben, damit
das Hookesche Proportionalitätsgesetz noch gilt; und daß die Formänderungen sich
nur in der Hauptsystemebene (Modellebene) vollziehen. _ Bei dein Modellverfahren
mit dem neuen Meßgerät wird durch Einfügen eines Gelenkes, dessen Drehachse senkrecht
zur Modellebene liegt, in dem zu untersuchenden Querschnitt des Modells eine der
.statisch unbestimmten Größen, nämlich das am belasteten System im Schnitt auftretende
Biegungsmoment, ausgeschaltet und so das ursprünglich n-fach statisch unbestimmten
System auf ein (n-i)-fach statisch unbestimmtes Grundsystem zurückgeführt. Wesentlich
ist dabei, daß .das Gerät eine gegenseitige Verdrehung der Schnittflächen in der
Modellebene gestattet und daß gleichzeitig andere Verschiebungen und Verdrehungen
ausgeschaltet sind.
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Ganz allgemein kann die Einflußlinie irgendeiner statisch unbestimmten
Größe X, eines n-fach statisch unbestimmten Systems als Biegelinie eines (n-.-j-i)-fach
statisch unbestimmten Grundsystems erzeugt werden, an dem X,. ausgeschaltet und
als äußere Kraft angebracht ist.
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Durch Erzeugung einer kleinen genau meßbaren gegenseitigen Verdrehung
.der Schnittflächen um die Gelenkachse des Meßgerätes und die Messung des dadurch
hervorgerufenen Verformungszustandes des Modells kann also die ausgeschaltete statisch
unbestimmte Größe X, für einen bestimmten Belastungszustand (z. B. P. im Angriffspunkt
m) oder die Einlußlinie dieser Größe für eine wandernde Einzellast P- = i bestimmt
werden.
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Da am ursprünglichen System bei inneren Kräften die gegenseitigen
Verschiebungen der Schnittflächen stets gleich Null, sind, so ergibt sich die Momentengleichung
Hierin bedeuten dr, = gegenseitige Verdrehung der Schnittflächen um die Schwerachse
des Querschnitts im Drehsinn des Moments X" wenn X,. = i ist, d,. = gegenseitige
Verdrehung der Schnittflächen im Drehsinn des Moments X,., wenn P", =
i ist.
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Nach Anwendung des Maxwellschen Satzes
worin am,, die Verschiebung des Angriffspunktes m .der äußeren Kraft P", bedeutet,
wenn X, = i ist, wird für
Man hat also nur die .durch eine bestimmte Verdrehung 0" der Schnittflächen hervorgerufenen
-Verschiebungen A., des Modells an mehreren Stellen zu messen, um die Einflußordinaten
für eine wandernde Einzellast P = i zu erhalten.
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Das aus Cellüloid, Pappe oder einem anderen elastischen Stoff bestehende
Modell r wird bei s durchgeschnitten und dann, wie in Fig:2 dargestellt, das Meßgerät
mit seiner Drehachse senkrecht zur Modellebene darin eingesetzt. Das Gerät besteht
aus zwei gegeneinander um eine ,gemeinsame Gelenkachse verschwenkbaren Riegeln a.
Die Ge-
Lenkachse ist mit b bezeichnet und wird von einem Bolzen
oder Zapfen c oder von einer Schneide d, die in eine entsprechende Pfanne dl des
anderen Schenkels eingreift, gebildet.
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Bei der Verwendung von Schneide und Pfanne werden die beiden Riegelschenkel
a durch den Druck von Federn t gegeneinandergedrückt, die unter Vermittlung von
Schraubenbolzen u gehalten werden.
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Die Befestigung der Schnittenden des Modells y erfolgt durch Klemmplatten
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welche durch Anziehen von Klemmschrauben m auf den Schenkeln a befestigt
werden. Um die Stellen, die der Gelenkachse b gegenüberliegen, genau festzulegen,
sind Zentrierstifte n vorgesehen.
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An den freien Enden tragen die Schenkel Führungsplatten e, die dafür
sorgen, daß die Riegel a nur gegeneinander - verschwenkt werden, aber nicht verkanten
können. Die Bewegung der Riegelschenkel gegeneinander um die Gelenkachse wird kontrolliert
durch auf die Enden der Schenkel aufgesetzte Meßinstrumente, z. B. eine Einstell-
oder Mikrometerschraube f, eine Meßuhr h, oder eine Noniusteilung
q oder eine Hebelanzeigeeinrichtung i. Außerdem ist noch eine Stellschraube v vorhanden.
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Mit der Einstellvorrichtung, z. B. Differenzen- oder Spektrometerschraube,
wird eine bestimmte Verdrehung der Riegel und damit eine gegenseitige Verdrehung
der Schnittflächen in der Modellebene um die Gelenkachse b erzwungen. An der Meßvorrichtung,
z. B. Meßuhr, wird das Maß der Verdrehung genau abgelesen. ` Das Meßgerät kann auch
noch in einfacherer Form (Fig. rr) ausgeführt werden, indem die zwei um den Bolzen
c schwingenden Schenkel a an ihren freien Enden eine Mikrometerschraube tragen.
Für viele Fälle reicht die einfache Ausführung, bei der die Ablesung der Verdrehung
an der Mikrometerschraube stattfindet, aus.
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Zweckmäßigerweis.e wird das Modell mit dem Meßgerät auf einer Glasplatte
p gelagert, die unter Zwischenlagerung von Kugeln wieder auf einer Glasplatte liegt,
die ihrerseits. auf einer Unterlage, z. B. einem Reißbrett (Fig. 3), aufliegt. Modell
und Meßgerät können sich daher reibungslos verschieben und drehen.