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Verfahren zur Entgasung von Rohbraunkohle Den Gegenstand der Erfindung
bildet ein Verfahren zur Entgasung von Rohbraunkohle, insbesondere grubenfeuchter,
mulmiger Braunkohle. Das neue Verfahren soll in der Praxis insbesondere zur Herstellung
eines normen,-gerechten Leuchtgases Anwendung finden.
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Man hat bereits ein Verfahren zur Herstellung von Leuchtgas aus Torf
und ähnlichen Brennmaterialien in senkrechten, nach unten zunehmend stärker beheizten
Retorten in Vorschlag gebracht, nach welchem die Gase aus der obersten, am wenigsten
beheizten Ofenzone, die hauptsächlich aus Wasserdampf bestehen, durch das Brennmaterial
in die dritte Zone geleitet werden, um die Teerabtrennung in dieser Gruppe zu erleichtern.
Die Gase der zweiten Zone, die hauptsächlich aus Wasserdampf und Kohlensäure bestehen,
werden durch das Brennmaterial in die vierte und heißeste Zone geleitet, damit der
Wasserdampf und die Kohlensäure in dieser Zone zerlegt werden. Die letzte Maßnahme
bezweckt, teils Teer zu bilden, der ohne Zerlegung abgetrennt wird, teils den Gasen
aus der dritten und vierten Zone, die aus der Retorte entweicheii, einen höheren
Wärmewert zu verleihen. Bei diesem Verfahren waren die einzelnen Zonen der Retorte
nicht scharf voneinander getrennt, da die senkrechte Retorte durch alle Zonen mit
gleichbleibendem Querschnitt. durchgeführt war.
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Da infolgedessen die notwendigen chemischen Reaktionen zur Umwandlung
der entstandenen Gase nicht zu Ende durchgeführt werden können, entsteht ein Mischgas
von unvorhersehbarer Zusammensetzung, das jedenfalls etwa ¢o bis 5o % Kohlensäure
enthalten muß. Insbesondere wird ein großer Teil der entstehenden inerten Gase bei
diesem bekannten Verfahren mit den in der mittleren Zone der Retorte abgeleiteten
Teerdämpfen unmittelbar ohne Umwandlung abgeführt werden. Anderseits werden bei
dieser Anlage außer Kohlensäure auch groß Teerdampfmengen in den untersten Teil
der Retorte-geführt, wo sie bei einer Temperatur von etwa 9oo° C zerstört werden.
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Die bekannte Anlage ist also in keiner Weise geeignet, um Braunkohle
in technisch und wirtschaftlich befriedigender Weise zu vergasen.
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Man hat ferner ein Verfahren zum Entgasen von Braunkohle, das sog.
Kasseler Verfahren, in Vorschlag gebracht, bei dem die Braunkohle durch eine außen
beheizte Retorte' geführt wird. Das etwa den oberen Zonen der Retorte entsprechende,
aus Wasserdampf, inerten Gasen und Schweldämpfen bestehende Gemisch wird im Gleichstrom
mit der Kohle nach unten durch eine Zone höherer Temperatur gedrückt. Auf diesem
Wege sollen die inerten Gase reduziert, die Wasserdämpfe zu Wassergas umgewandelt
und die Teerdämpfe zu leichten Kohlenwasserstoffen aufgespalten werden. Da hier
drei. Umwandlungsvorgänge zeitlich und örtlich in der Retorte vereinigt werden,
von denen jeder einzelne Vorgang für seine vollkommene
Durchführung
sehr verschiedene Temperaturbedingungen, Reduktionszeiten und Wege voraussetzt,
so können auf diesem Wege die angestrebten Umwandlungen nur in unvollkommenem Maße
erreicht werden. Auch ergibt sich keine Möglichkeit zur scharfen Regulierung der
verschiedenen Teile des lerhaltenen Gasgemisches und seines Heizwertes,. Ferner
wird bei diesem bekannten Verfahren neben den gasförmigen Produkten auf Koks gearbeitet.
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Es sind ferner schon Anlagen zur fraktionierten Destillation von Brennstoff
bekanntgeworden, bei denen :der Brennstoff kontinuierlich durch eine Anzahl übereinander,
liegender, durch Einschnürung voneinander getrennter Kammern hindurchgeführt wurde.
Endlich hat man auch schon Untersuchungen über die Verkrackupgsmöglichkeit von aus
der Destillation von Braunkohle gewonnenen Teerdämpfen ausgeführt und dabiei gefunden,
daß bei Anwendung geeigneter Temperaturen. eine Steigerung des Heizwertes des Gases
erzielt werden kann.
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Demgegenüber soll erfindungsgemäß eine praktisch vollständige" Vergasung
von Rohbraunkohle, insbesondere grubenfeuchter, mulmiger Braunkohle, unter vollständiger
Umwandlung ihrer gesamten brennbaren. Bestandteile in hochwertige Gase erzielt werden.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgable dadurch gelöst, daß die Braunkohle
in mehreren übereinander angeordneten, durch verengte überleitungen voneinander
getrennten Arbeitsräumen unter gleichmäßiger kontinuierlicher Zuführung der Braunkohle
in den obersten Raum und kontinuierlicher Abführung der entgasten und veraschten
Rückstände aus dem. untersten Raum verarbeitet wird. Dabei werden die im obersten
Raumentwickelten Wasserdämpfe und inerten Gase in einem tiefer liegenden Raum bei
Temperaturen von mindestens goo° C reduziert und gespalten, während die aus :einem
zweiten, tiefer liegenden Raum bei einer Temperatur von etwa '45o° C entwickelten
Schwelgase -und Teerdämpfe in dem untersten Raum verkrackt werden, der ,glühende,
veraschte Rückstände von etwa 65o° C enthält.
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Die Erfindung stellt also eine Kombination einer Reihe von an sich
in anderem Zusammenhang bekannter Maßnahmen dar, die in ihrem technologischen Zusammenwirken
zur Erzielung der vollständigen Entgasung der Rohbraunkohle unter Schutz gestellt
werden sollen.
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Praktisch läßt sich dies Verfahren z. B. in einer Anlage ausführen,
die aus fünf mit Außenbeheizung versehenen übereinanderliegenden Kammern oder Retorten
besteht, zwischen denen die erwähnten verengten überleitengen vorgesehen sind. Die
oberste dieser Kammern ist durch eine von ihrem Gasraum ausgehende Leitung mit dem
unteren Teil der vierten Kammer verbunden, während vom Gasraum der zweiten Kammer
eine überleitung nach dem unteren Teil der fünften Kammer führt. Die Gasräume der
dritten, vierten und fünften Kammer sind mit Rohrleitungen für die Abführung der
in ihnen. erzeugten brennbaren Gase an die Verbrauchsleitung versehen. Außerdem
können auch Zweigleitungen zum getrennten Abführen der Gase dieser Stufen zwecks
besonderer Verwendung, vor allem für die Beheizung der Kammern selbst vorgesehen
sein.
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In der beiliegenden Zeichnung ist beispielsweise und schematisch eine
zur Ausführung des beschriebenen Verfahrens dienende Anlage dargestellt.
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Die Anlage besteht aus fünf turmartig übere'inanderliegenden Arbeitsräumen
i, 2, 3, 4, 5-Die Retorten sind mit Außenbeheizung versehen, z. B. von Heizräumen
oder Heizzügen 6, 7, 8, g, io umgeben, durch welche heiße Gase hindurchgeleitet
werden können. Zwischen den einzelnen Retortenräumen befinden sich verengte flberleitungen
11, 12, 13, 1 ,1, durch die eine ausreichende Trennung der Arbeitsräume bewirkt
wird.
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Das Material wird aus einem Vorratsbehälter 15 durch die überlleitung
16, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Speisewalzen 17 oder von schleusenartig
wirkenden Fächerwalzen oder ähnlichen mechanischen Einrichtungen, in den ersten
Arbeitsraum i eingeführt, aus dem es durch die Überleitung i i sowie die gegebenenfalls
angeordnete Zwischenförderungsvorrichtung 18 in die folgende Retorte gelangt, von
der @es dann in derselben Weise in den nächsten Arbeitsraum übergeführt wird.
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Die Abführung der entgasten und veraschten Rückstände aus der untersten
Retorte 5 kann in beliebiger Weise z. B. durch die Leitung i 9 und durch eine beliebig
ausgestaltete Austragsvorrichtung 2o erfolgen. Die oberste Retorte i steht durch
eine Überleitung 2 i mit der Retorte 4 in Verbindung, während von der Retorte--
eine Überleitung 22 nach der Retorte 5 hinführt.
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' An die Retortenräume 3, 4 und 5 sind Ab-
leitungen 23, 24,
25 angeschlossen, die "gegebenenfalls in leine Sammelleitung oder in einen oder
verschiedene Sammelbehälter @einmünden können.
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Zweckmäßig werden die Übereinanderliegenden Arbeitskammern in ihrer
Größe der mit der Entgasung fortschreitenden Volumenvern-iinderung des Brennstoffs
angepaßt.
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Um eine' möglichst vollständige Entgasung der Braunkohle zu lerreichen,
wird die beschriebene Vorrichtung erfindungsgemäß derart
betrieben,
daß die der Kammer i zugeführte Braunkohle bis zur Austreibung des Wasserdampfes
und vier Kohlensäure erhitzt wird, während in der Kammer 2 eine Erhitzung bis etwa
45o° und in der Kammer 3 eine Erhitzung auf etwa goo° C erfolgt. In der Kammer 4
befindet sich glühender Koks von mindestens goo° C oder höherer Temperatur, während
die Kammer 5 mit veraschten Rückständen von etwa 65o° C gefüllt ist.
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Erfindungsgemäß wird dann so gearbeitet, daß man die aus der Kammer
i ausgetriebenen Wasserdämpfe nebst Kohlensäure und inerten Gasen in die Kammer
4 überleitet, in welcher das Gas unter Spaltung des Wasserdampfes und Reduktion
der Kohlensäure im wesentlichen in Wassergas umgesetzt wird. Die aus der Kammer
z entwickelten Teerdämpfe werden durch die Leitungen a2 nach der Kammer 5 geführt
und dort gekrackt. Die in der Kammer 3 ausgetriebenen Restgase, das die Kammer 4
verlassende Wassergas und die aus der Kammer 5 kommenden gekrackten Teerdämpfe oder
Kohlenwasserstoffe können dann durch die Leitungen 2s, z4, z5 in beliebiger Menge
und Zusammensetzung abgeführt und z. B. zur Bildung eines normengerechten Leuchtgases
vereinigt oder auch in beliebigem Maße für sich verwandt werden.
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Die Vorteile des beschriebenen Verfahrens bestehen einmal darin, daß
eine praktisch fast vollständige Vergasung der brennbaren Bestandteile beliebiger
Braunkohlen sich erzielen läßt. Dabei ist man in der Lage, ein ganz beliebiges Mischungsverhältnis
der drei gewonnenen Gasarten, nämlich des Restgases. aus der K ammer 3, des Wassergases
und der Kohlenwasserstoffe, je nach dem 'besonderen Verwendungszweck der
Gasmischung herzustellen und sich also speziell bei der Flerstellung von Leuchtgas
auch den verschiedensten Normenvorschriften ohne weiteres anzupassen.
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Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, daß ;auch feuchte,
mulmige Kohle von sehr verschiedenem Feuchtigkeitsgrad ohne besondere Vorbereitung,
wie Brikettieren, Pressen in Formstücke u. dgl., verarbeitet werden kann. Es lassen
sich also gerade minderwertige Braunkohlen, die viel erdige Bestandteile :enthalten,
die bisher bei Verkokungs- und Destillationsprozessen als Nachteil angesehen wurden,
besonders vorteilhaft verarbeiten.
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Die Verkrackung der Teerdämpfe kann gegebenenfalls in an sich bekannter
Weise bei Verwendung geeigneter Katalysatoren beschleunigt und verbessert werden.
Die einzelnen Kammern können zweckmäßig in ihrem unteren Teil mit Zuführungen zur
Zuführung von Gasen oder Dämpfen, z. B. von Wasserdampf, versehen sein.