DE619978C - Verfahren zum Veredeln von Acetatseide - Google Patents

Verfahren zum Veredeln von Acetatseide

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Description

Der Veredelung von Acetatseide steht deren verhältnismäßig große Indifferenz gegenüber den hierzu in Frage kommenden Behandlungsverfahren entgegen. Gemäß der Erfindung gelingt die Überwindung dieser Schwierigkeit dadurch, daß die Acetatseide in einer wässerigen Lösung von Formaldehyd, der Methylalkohol oder ein anderes mit der wässerigen Lösung mischbares und mit Formaldehyd acetalbildendes Hilfsmittel in einem wesentliche Lösungserscheinungen ausschließenden Mischungsverhältnis zugesetzt ist, bei gewöhnlicher oder erhöhter, durch die Kochempfindlichkeit begrenzter Temperatur behandelt wird vxnter wesentlichem Ausschluß von die Acetylcellulose hydrolysierenden oder kondensierenden Mitteln.
Das Verfahren eignet sich auch ausgezeichnet zur Vorbehandlung von Acetatseide für das Färben im Strang oder Stück. Durch diese Behandlung wird die Acetylcellulosefaser gequollen, und unter Erhaltung des Ouellungszustandes werden, auch bei gleichzeitig zu erreichender Strukturänderung der Faser, mannigfaltige Effekte hervorgerufen. Die Folge dieser Wirkung besteht beim Faden darin, daß er ein größeres Volumen an-. nimmt; gleichzeitig wird er im Griff weicher; er verliert den starken Glanz und wird im Aussehen matt bis undurchsichtig weiß. Beim Behandeln von Textilien nach dem Verfahren äußert sich die Wirkung weiter darin, daß die Ware eine dichtere Einstellung erhält und sich in ihrem Aussehen der natürlichen Seide nähert. Auf Acetatkreppfäden erzielt man ferner einen natürlichen Kreppeffekt, der sich je nach dem Grade des Krepps auch durch ein entsprechendes Einspringen der Ware äußern kann. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, daß die Ware (Strang oder Stück) bei geeignetem Verfahren ein verstärktes Färbevermögen aufweist; u. a. läßt sich die Ware auch durch Zusatz von Farbstoff zum Veredelungsbad selbst ohne weiteres mit den sonst in der Färberei allgemein üblichen Farbstoffen, besonders auch mit wasserlöslichen, dauerhaft färben.
Das Verhalten der Acetatkunstseide gegenüber wässerigen Formaldehydlösungen der bezeichneten Art und bei der vorstehenden Behandlungsweise ist wesentlich verschieden von dem Verhalten anderer Kunstseiden bei der Behandlung nach dem in der Literatur von E sch alier (französische Patentschrift 374 724 und Zusatzpatent 10 760, Patentschrift 197965) und von Kaplus (Patentschrift 382 086) beschriebenen Verfahren. Diese lediglich auf die damals in der Praxis bekannten Kunstseiden (Viscose-, Kupferammoniak-, Nitro- und Albuminkunstseide) zu beziehenden Verfahren, bei denen Aldelryde, besonders Formaldehyd, in verhältnismäßig
geringen Konzentrationen in einem Vakuum oder einer Atmosphäre inerter Gase · unter Verwendung von wasserentziehenden Mitteln, wie Säuren, sauren Salzen oder auch Ammoniak und ähnliche, angewandt wird und man die so vorbehandelte Ware einer Nachbehandlung durch Erhitzung und Trocknung unter Anwendung zum Teil sehr hoher Temperaturen, bis i6o°, unterwirft, nehmen eine 1Q kondensierende bzw. p,olymerisierende Wirkung des Aldehyds auf die Faser in Anspruch und wollen hierdurch eine Erhöhung der Zerreißfestigkeit, insbesondere der Naßfestigkeit, erreichen.
Es ist ferner der Zusatz von Alkohol als Lösungsmittel für Acetylcellulose zu einer konzentrierten wässerigen Formalinlösung bekannt (Patentschrift 37516(40). Demgegenüber wird beim Verfahren gemäß der Erfindung das Mischungsverhältnis der wässerigen Formaldehydlösung und der Alkohole so gewählt, daß eine Lösung der Acetatseide vermieden und lediglich eine Quellung bewirkt wird. Die zu vermeidenden wesentlichen Lösungserscheinungen machen sich durch ein Opakwerden der Faser leicht erkennbar, so daß hiernach im besonderen Falle das .Mischungsverhältnis bestimmbar ist. So beträgt beispielsweise das hochstzulässige Mlschungsverhältnis von wässeriger konzentrierter Formaldehydlösung und Methylalkohol dem Volumen nach 2:1.
Ganz anders als gegenüber den bekannten, lösend wirkenden Gemischen verhält sich jedoch die Acetatseide bei der Behandlung gemäß der Erfindung. Die wesentliche Wirkung besteht in einer Quellung der Acetatfaser, die anscheinend dadurch zustande kommt, daß aus der verhältnismäßig starken wässerigen Lösung das Formaldehyd als Acetal an den Zusatzstoff gebunden in die Fasersubstanz eintritt. Nach dem späteren Austreten dieser Produkte aus der Faser durch Auswaschen und Verdunsten bleibt der Quellungszustand bestehen. Eine Erhöhung der Festigkeit, insbesondere auch der Naß-. festigkeit, findet naturgemäß durch das Quellen nicht statt. Gleichzeitig mit der Quellung der Acetatfaser vollziehen sich bei mäßiger Erhöhung der Temperatur des Bades, meist schon bei etwa 400, Struktur änderungen an der Faser, die anscheinend durch molekulare Umlagerungen bedingt sind, wie z.B. neuerdings von K. Hess und _Mitarbeitern an Acetylcellulose beschrieben worden ist (Zeitschrift für physikalische Chemie, Abteilung B, Bd. 7, S. 1 und folgende).
Die durch diese Vorgänge an der Acetatseide hervorgerufenen Effekte sind sehr Po mannigfaltig. Von dem der Naturseide näherkommenden Glanz und Griff abgesehen, läßt sich u. a. durch die Quellung bei Acetatkreppfäden leicht ein guter Kreppeffekt erzielen. Die Einstellung des Gewebes wird dichter, und dies läßt sich so weit steigern, daß es auf rein chemischem Wege möglich wird, Ware von solcher Dichte herzustellen, wie es auf dem üblichen textiltechnischen Wege nicht zu erreichen ist. Letzteres führt zum Teil zu Waren mit vollkommen neuen Eigenschaften.
Löst man ferner in dem Veredelungsbad gleichzeitig einen Farbstoff auf, so dringt dieser bei dem Quellungsvorgang in die Faser ein, wird von dieser zurückgehalten und färbt sie intensiv und echt.
Das Verfahren gestaltet sich wie folgt: i. Für Stränge,
a) Bei gewöhnlicher Temperatur: Erforderlichenfalls wird der Firnis oder das Öl u. dgl. durch ein geeignetes Lösungsmittel entfernt. Sodann bringt man die Stränge in eine wässerige Lösung von Formaldehyd mit nicht zu geringem Formaldehydgehalt (z. B. 15 bis 35 °/0), der Methylalkohol oder andere mit Wasser mischbare und mit Formaldehyd acetalartige Verbindungen bildende Stoffe, wie Äthyl-, Propyl-, Isopropyl- und Butylalkohol, zugesetzt sind, und läßt sie je nach der Natur der Acetylcellulose und der gewünschten Wirkung kürzere oder längere Zeit in dem Bade. Die Menge des Zusatzes richtet sich gleichfalls nach der Art des Zusatzes und der zu erzielenden Wirkung. Sie beträgt in der Regel etwa 10 bis 30 Raum-Prozente der Lösung. Nach Ablauf der für die Wirkung erforderlichen Zeit werden die Stränge aus dem Bad genommen, von der anhaftenden Badflüssigkeit durch Auswinden, Abschleudern oder sonstwie befreit, mit Wasser gewaschen und getrocknet, b) Bei erhöhter Temperatur: Man erwärmt die Stränge in dem Bad je nach der chemischen Eigenart der betreffenden Acetylcellulose ungefähr 1 bis 2 Stunden lang bis auf etwa 40 bis 500C.
Im Falle a erhält man einen mehr oder weniger voluminösen und weichen Faden von matterem Aussehen, der bei entsprechend intensiver Behandlung und chemischer Eigenart der Acetylcellulose eine gewisse wellige Beschaffenheit der Einzelfäden aufweisenkann. Tm Falle b ist der Faden undurchsichtig weiß, matt und weich und besitzt einen gewissen Nerv. .
2. Für Textilien und Acetatseide ist das Verfahren im wesentlichen, das gleiche wie vorstehend. Stuhlrohe Ware ist vorher zu entschlichten. Bei ausgerüsteter, gefärbter Ware vollzieht sich gleichzeitig eine Umfärbung, wobei der Farbstoff auch in die inneren Schichten des Fadens übergeht.
Die gebrauchten Lösungen sind, u. U. nach entsprechender Regenerierung, für fernere Behandlung weiter benutzbar.
Ausführungsbeispiele
1. Stränge.
a) Strang (120 d 32/150, geölt) wird bei gewöhnlicher Temperatur in 30°/Oige wässerige Formaldehydlösung, der 30 Volumenprozent Methylalkohol zugesetzt sind, getaucht. Alsbald wird die Volumenvergrößerung des Fadens daran erkennbar, daß die zwischen den einzelnen Teilfäden eingeschlossene Luft in Bläschen austritt. Man läßt den Strang mindestens so lange im Bad, bis die letztere Erscheinung aufhört.
Befund: voluminöser, mattierter Faden mit weichem Griff.
b) Strang (60 d, schwach geölt) wird im Bad von vorstehender Zusammensetzung ι Stunde lang auf 45 ° erwärmt und sodann ausgewaschen und getrocknet.
Befund: sehr voluminös, mattiert und durchsichtig weiß, weicher Griff bei gewissem Nerv.
2. Stoffe. ■
a) Taffet, Behandlung wie vorstehend unter 1 b.
Befund: vornehm matter Glanz. Brei ten eingang der nicht gespannten Ware 15 °/0, fein, seidenähnlich; Griff trotz mangelnder Ausrüstung nicht strohig.
b) Crepe de Chine mit Acetatkrepp, wie vorstehend behandelt.
Befund: gut mattiert, Breiteneingang (ungespannt) etwa 15 °/0, natürlicher Kreppeffekt. Warenbild fein, seidenähnlich; Griff sehr weich. ■
c) Schwerer Crepe de Chine (schon fast Crepe Marocain) mit Acetatkrepp. 30 Minuten lang in reiner 3O°/0iger Formaldehydlösung bei 40 ° bzw. bei gewöhnlicher Temperatur in dem Gemisch unter a, b mehrere Stunden lang stehenlassen.
Befund: mattiert, Eingang (ungespannt) 14 °/0, deutlicher natürlicher Kreppeffekt; Warenbild fein, seidenähnlich wie Seiden-Crepe de Chine; Griff weich.
d) Voile (mit Farbmuster bedruckt).
In den Gemischen 30 °/0 wässeriges Formaldehyd + 30 Volumenprozent Methylalkohol bzw. 30 °/0 wässeriges Formaldehyd + 10 Volumenprozent Butylalkohol 10 Minuten bzw. 1Z2 Stunde lang bei gewöhnlicher Temperatur behandelt.
- Befund: Starke Verdichtung, Druckmuster entsprechend enger, erinnert im Aussehen an Crepe Georgette.
e) Charmeuse (zweimaschinig) in 3o°/0igem Formaldehyd mit 20 Volumenprozent Propylalkohol nach dreistündigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur.
Befund: mattiert, sehr viel dichter, Griff sehr weich.
Nach ι stündigem Erwärmen im obigen Bad auf 45°.
Befund: mattiert, vollkommen dicht.
f) Satin, lederartig bedruckt, in 3O°/0igem Formaldehyd mit 20 Volumenprozent Methylalkohol und mehrere Stunden lang bei gewohnlicher Temperatur stehenlassen.
ι Stunde lang auf 40 ° erwärmt.
Befund: vornehm, matt, sehr weich. Die Wirkung des Druckmusters ist geradezu umgekehrt und erinnert an gewebte Muster (Damast).
3. Stoffe gleichzeitig veredelt und gefärbt.
Kreppartiges Gewebe mit Acetatkrepp. Das entschlichtete Gewebe weist noch keinen Kreppeffekit auf. Im Bad (3O°/0iger Formaldehyd mit 30 Volumenprozent Methylalkohol) nach Zusatz der verschiedensten, in der Badflüssigkeit löslichen Farbstoffe, wie z. B. Tartrazin, Lichtgrün, Sudan, Methylviolett, in der Kälte mehrere Stunden lang stehenlassen.
Befund: Starker Kreppeffekt, gleichmäßige schöne Färbung bei mattem, seidenähnlichen Glanz und weichem Griff.

Claims (1)

  1. Patentanspruch:
    Verfahren zum Veredeln von Acetatseide durch Behandlung mit formaldehydhaltigen wässerigen Lösungen, dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlungsflüssigkeit außer Formaldehyd auch Methylalkohol oder einen anderen mit der Formaldehydlösung mischbaren und mit Formaldehyd acetalartige Verbindungen bildenden Zusatzstoff in einem wesentliche Lösungserscheinungen ausschließenden Mischungsverhältnis enthält und daß die Behandlung bei gewöhnlicher oder erhöhter, jedoch durch die Kochempfindlichkeit begrenzter Temperatur erfolgt.
DE1930619978D 1930-02-06 1930-02-06 Verfahren zum Veredeln von Acetatseide Expired DE619978C (de)

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