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Verfahren zum Chlorieren von gesättigten aliphatischen Kohlenwasserstoffen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Chlorieren von gesättigten aliphatischen
Kohlenwasserstoffen mit mehr als zwei Kohlenstoffatomen dadurch, daß Chlor in Dampfform
mit dem zu chlorierenden Stoff ohne Explosionsgefahr zusammengebracht wird.
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Bei der Chlorierung ist die Explosionsgefahr groß, wenn Chlordampf
mit einem Kohlenwasserstoffdampf in explosiblen Mengenverhältnissen gemischt wird.
In einer solchen Mischung tritt unter der Wirkung von Licht, hoher Temperatur oder
einer mit hohem Druck verbundenen verhältnismäßig niedrigen Temperatur eine Explosion
ein. Überdies kann eine Mischung, die Chlor und Kohlenwasserstoffe in explosiblen
Mengenverhältnissen enthält, sicher gehandhabt und zur Reaktion gebracht werden
dadurch, daß die Mischung in Abwesenheit einer Flamme oder eines Lichtes, die eine
Explosion einleiten könnten, erhitzt wird. Es ist daher ein zwingendes Erfordernis,
jede Zündungsmöglichkeit in irgendeinem Teil der Mischung zu verhindern. Selbst
wenn jedoch eine solche Mischung aus Chlor und Kohlenwasserstoff solchen Temperatur-
und Druckbedingungen unterworfen wird, daß eine spontane Explosion nicht oder wahrscheinlich
nicht eintreten. kann, so besteht dennoch die Möglichkeit einer Zündung an derjenigen
Stelle, wo die Chlor- und Kohlenwasserstoffdämpfe zwecks Erzeugung der Mischung
unter innerhalb der Sicherheitsgrenzen liegenden Temperaturen und Drücken zusammengebracht
werden. Außerdem kann die Zündung an dem Treffpunkt des Chlors und des Kohlenwasserstoffes
selbst dann eintreten, wenn die endgültige Mischung keine unter den vorhandenen
Temperatur- und Druckbedingungen explosible Zusammensetzung hat, obgleich in einem
solchen Falle eine Explosion auf die Zündung nicht folgt. Mit anderen Worten: es
kann an dem Treffpunkt eine Zündung eintreten ohne Rücksicht darauf, ob die sich
ergebende Mischung bei den gegebenen Temperatur- und Druckbedingungen explosible
Zusammensetzung hat oder nicht. Wenn auch nur geringe Zündungsgefahr an dem Treffpunkt
dann besteht, sobald irgendwelche Stoffe mit dem Chlor bei Außentemperatur gemischt
werden, so erhöht sich doch diese Zündungsgefahr an dem Treffpunkt, sobald die Stoffe
bei höheren Temperaturen gemischt werden. Pentan ist ein Beispiel eines solchen
Stoffes.
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Die bisher bekanntgewordenen Vorschläge zur Verhinderung einer Explosionsgefahr
bei der Chlorierung von Kohlenwasserstoffen gehen dahin, die Temperatur während
des Mischens möglichst niedrig zu halten und das Mischungsverhältnis in geeigneter
Weise zu wählen sowie auch schädliche Einflüsse, wie z. B. Licht, auszuschalten.
Der Erfindung liegt dagegen die Erkenntnis zugrunde, daß bei einem Verfahren zum
Chlorieren von Kohlenwasserstoffen mit mehr als zwei Kohlenstoffatomen im Molekül
eine Entzündung sich mit Sicherheit durch geeignete Wahl der Strömungsbedingungen
vermeiden läßt. Bei einem derartigen Verfahren, das unter Einwirkung von Wärme arbeitet
und bei dem die Vereinigung der dampfförmigen- Kohlenwasserstoffe bei Temperaturen
erfolgt, unter denen die Reaktionsgeschwindigkeit mit Chlor
gering
ist, tritt dieser Erfolg dann ein, wenn einer der beiden -Dämpfe an der Stelle,
an der die Gasströme zusammengebracht werden, mit hoher Geschwindigkeit bewegt wird,
die gleich oder größer ist als die kritische Geschwindigkeit, bei der infolge der
Dampfbewegung ein Fortbestehen der Zündung verhindert wird. Es sei darauf hingewiesen,
daß die Bestimmung der erforderlichen Geschwindigkeit von Fall zu Fall zu erfolgen
hat und daß sie sich nicht immer aus der turbulenten Geschwindigkeit ohne weiteres
ergibt. Die Dämpfe werden zunächst in dem Rohr zusammengebracht, und man läßt eine
Entzündung eintreten. Diese Erscheinung läßt sich durch ein Glasfenster beobachten.
Es wird dann die Geschwindigkeit des Dampfes so lange gesteigert, bis die Flamme
von der Zusammentrittsstelle fortgerissen wird und nicht länger bestehen bleibt
bzw. auch nicht wieder zurückschlägt. Damit die Übersichtlichkeit und Regelbarkeit
des gesamten Verfahrens nicht durch eine vorzeitige Umsetzung innerhalb des Gasgemisches
beeinträchtigt wird, wird der schnell bewegte Dampf ohne Verzögerung dem Reaktionsraum
zugeführt. Durch diese Maßnahmen wird eine Entzündungsgefahr sicher ausge= schlossen,
und man kann die Mengenverhältnisse, in welchen das Chlor und der Kohlenwasserstoff
zusammengebracht werden und die in der endgültigen Mischung vorhanden sind, frei
wählen. Erfolgt das Zusammenbringen der Gasbestandteile in der hier beschriebenen
Art und Weise, so wird eine Zündung und eine Explosion an dem Treffpunkt verhindert
sowohl dann, wenn die endgültige Mischung Chlor und Kohlenwasserstoff nicht in explosiblem
Mengenverhältnis enthalten soll, als auch dann, wenn explosible Mischungen zufällig
während der Herstellung solcher Mischungen, die keine explosible Zusammensetzung
haben sollen, entstehen.
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Es hat sich in vielen Fällen als zweckmäßig erwiesen, den bewegten
Dampf auf einer Geschwindigkeit zu halten, die um die Hälfte größer ist als die
für eine ausgesprochene turbulente Strömung der Mischung erforderliche, beispielsweise
auf einer Geschwindigkeit von nicht weniger als i5 m in der Sekunde in einer Leitung
von nicht mehr als 2o cm Durchmesser.
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Die Geschwindigkeit, mit welcher die Mischung eine turbulente Strömung
durch die Leitung, annimmt, welche sie nach dem Reaktionsraum bringt, kann auf verschiedene
Weise bestimmt werden. Ein praktisches Verfahren zur Bestimmung dieser Geschwindigkeit
besteht darin, daß die Leitung von außen, etwa durch umlaufendes Wasser, gekühlt,
ein Thermometer in die Leitung mit in deren Achse liegender Kugel eingebracht, ein
zweites Thermometer in die Leitung mit nahe deren Wandung liegender Kugel eingeführt
und die Strömungsgeschwindigkeit erhöht wird, bis beide Thermometer im wesentlichen
die gleiche Ablesung ergeben. Solange die -Strömung nicht schnell genug ist, um
Turbulenz zu erzeugen, zeigt das Thermometer nahe der Wandung der' Leitung eine
niedrigere Ablesung an. Sobald aber die Geschwindigkeit der turbulenten Strömung
erreicht wird, veranlaßt die damit verbundene Durchwirbelung innerhalb der Leitung.
einen gleichen Stand beider Thermometer.
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Wenn Chloi mit Kohlenwasserstoff dadurch gemischt wird, daß es in
den Kohlenwasserstoffdampf eingeleitet wird, wird eine Zündung an dem Treffpunkt
mit Hilfe der Erfindung bei Temperaturen vermieden, bei denen sonst eine Zündung
eintreten würde, da offenbar in der Zone, in welcher die Stoffe zusammengebracht
werden und sich ineinander verteilen, Mischungen von allen Zusammensetzungen auftreten.
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Bei der Chlorierung von Stoffen auf industriellem Wege werden der
Chlordampf und der zu chlorierende Stoff zusammengebracht, und die sich ergebende
Mischung wird in einen Reaktionsraum geleitet, in welchem die Reaktion schnell durch
besondere Bedingungen, beispielsweise durch Wärmeanwendung, durchgeführt wird, wobei
diese Bedingungen in solcher Weise aufrechterhalten werden, daß eine gewünschte
Substitution des Chlors an Stelle einer Zündung eintritt. Sind die Bedingungen während
der Mischung der Gase derart, daß während des Übergangs von der Mischungsstelle
zu dem Reaktionsraum keine wesentliche Chlorierung stattgefunden hat, so kann der
Reaktionsgrad der nach dem Reaktionsraum übergeleiteten Mischung als niedrig angesprochen
werden.
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So ist es als Beispiel zur Anwendung der Erfindung möglich, Chlor
in Pentandampf einzuführen, um eine Mischung von sogar gleichen Mengenverhältnissen
bei einer Temperatur von go ° zu erzielen, ohne daß eine Zündung an dem Treffpunkt
eintreten kann, vorausgesetzt, daß der Pentanstrom sich mit einer Geschwindigkeit
bewegt, die um die Hälfte größer ist als die für eine ausgesprochene turbulente
Strömung der Mischung notwendige, d. h. mit einer Geschwindigkeit von 15 m in der
Sekunde. Bei dieser Temperatur würde an dem Treffpunkt eine Zündung eintreten, wenn.
das Pentan sich nicht mit der notwendigen Geschwindigkeit bewegt, selbst dann, wenn
die Mengenverhältnisse von Pentan und Chlor sich wie 5 : r verhalten oder noch höher
sind. .
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Die Geschwindigkeit, mit der sich der Dampf gemäß der Erfindung bewegen
muß, um eine Zündung an dem Treffpunkt zu vermeiden, hängt von dem Mengenverhältnis
des Chlors zum Kohlenwasserstoff und von der Temperatur der sich ergebenden Mischung
ab, und die Geschwindigkeit muß erhöht werden, sobald die Temperatur steigt und
sobald die Zusammensetzung
der Mischung die am meisten explosible
Zusammensetzung erreicht. Es wurde gefunden, daß die Reaktionsgeschwindigkeit zwischen
Dämpfen von Pentandampf und Chlordampf bei Temperaturen unter i5o ° sehr gering
ist.
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In der Praxis ist es jedoch ratsam, eine höhere Geschwindigkeit aufrechtzuerhalten
als die für den normalen Betrieb notwendige, weil zufällige Veränderungen der Temperatur
und der Zusammensetzung der Mischungen sonst Bedingungen schaffen können, die eine
solche höhere Geschwindigkeit zwecks Vermeidung von Zündung erfordern. Ausführungsbeispiel
Pentandampf, der durch Fraktionierung von Naturgas und Benzin gewonnen ist und einen
Siedebereich von 28 bis 37o besitzt, wird unter einem Druck von 4,2 Atm. bei einer
Temperatur von ioo ° durch ein Rohr von io cm mit einer Geschwindigkeit von ungefähr
i6oo m in der Minute geschickt. Ein Strom von verdampftem Chlor wird bei einer Temperatur
von ioo ° dem Strom des Pentandampfes in solchen Mengen zugeführt, daß das Verhältnis
des Pentans zum Chlor sich auf 15: i beläuft. Die Mischung von Chlor- und Pentandampf
wird nunmehr durch ein Rohr oder eine Reihe von Rohren geschickt, die in einem gasbeheizten
Ofen liegen, in dem die Dampfmischung auf ungefähr 300' erhitzt wird. Bei
dieser Temperatur geht die Reaktion schnell vor sich, und die Dämpfe werden dann
gekühlt und rektifiziert, um das Pentan und den Chlorwasserstoff von dem chlorierten
Pentan zu trennen. Diese chlorierten Pentane enthalten die Monochlorpentane in folgenden
Mengenverhältnissen i-Chlorpentan ................ 2q.0/ 0 2-Chlorpentan ................
8% 3-Chlorpentan ................ i80/0 i-Chloro-2-methylbutan ....... 3o0/0 2-Chloro-2-methylbutan
....... 50/0 4-Chloro-2-methylbutan ....... 15 0/0 Von dem umgesetzten
Pentan sind ungefähr 9o bis g80/0 an Monochlorpentan in den vorstehenden Mengenverhältnissen
umgewandelt worden. Der Rest des umgesetzten Pentans ist in andere Produkte, wie
Dichlorpentan, Dichlorpenten, Monochlorpenten und Penten, übergeführt.