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Verfahren zur Reinigung von Melassen für die Zwecke der Spiritus-
oder Preßhefefabrikation Als kohlehydrathaltige Rohstoffe werden in der Preßhefefabrikation
neben Getreide vor allem Melassen verwendet. - Während sich aus Getreidemaischen
durch einfache Läuterung klare Würzen gewinnen lassen, muß man die Rohstoffe von
sirupartiger Beschaffenheit einer besonderen Vorbehandlung unterwerfen, um sie von
den Verunreinigungen, die zum Teil kolloider Natur sind, hinreichend zu befreien.
Das vorliegende Verfahren bezieht sich auf diese Vorbehandlung von Melassen für
die Zwecke der Spiritus- oder Preßhefefabrikation.
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Das Verfahren besteht im Wesen darin, daß die Melassen unverdünnt
(d. h. in der ursprünglichen Konsistenz des eingedickten Abfallproduktes) oder äußerstenfalls
bis zu einer Dichte von 30° B6 verdünnt, vorzugsweise ohne Zufuhr von Wärme, mit
Adsorbentien behandelt und erst vor der Filtration, Dekantation, Zentrifugierung
o. dgl. auf die für diesen Arbeitsgang zweckmäßige Verdünnung gebracht-werden.
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Zur Reinigung der für die Verarbeitung im Gärungsgewerbe bestimmten
Melassen sind sehr mannigfaltige Verfahren bekannt und zum Teil auch in praktischer
Verwendung, die sich in die Hauptgruppen z. Behandlung in der Wärme, z. Behandlung
in der Kälte einordnen lassen.
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Zur ersten Gruppe gehören verschiedene Verfahren, deren Wesen darin
besteht, daß die verdünnte Melasse mit Mineralsäuren angesäuert, erhitzt und von
den sich ausscheidenden Niederschlägen entweder durch Dekantation, Zentrifugieren,
Läuterung oder durch Filtration befreit wird. Bekannt ist auch, die mit Säure erhitzten
Melasselösungen nach Abscheidung des Niederschlages und Zusatz weiterer Säuremengen
eine Zeitlang zu lüften, um dadurch eine erneuerte Fällung färbender und trübender
Stoffe zu erreichen. Weiter hat man vorgeschlagen, die verdünnte Melasselösung durch
Erhitzen mit kolloiden Niederschlägen, welche zugesetzt oder erst in der Lösung
erzeugt werden und die in der Lösung schwebenden Verunreinigungen einhüllen und
beim Absetzenlassen mit zu Boden reißen, oder durch Fällung der Eiweißstoffe und
organischen Verunreinigungen durch chemische Umsetzung, wie beispielsweise mit Alaun,
zu reinigen: Allen Verfahren dieser Gruppe haftet der Übelstand an, daß für die
nachfolgende Gärung nützliche Stoffe aus der Melasse entfernt werden, während zumeist
Stoffe in dieselbe hineingelangen, die für die Gärung mehr oder weniger unnütz sind.
Alle Verfahren dieser Art sind ferner umständlich, kostspielig und zeitraubend und
führen außerdem nicht immer zum Ziele, indem dann und wann Melassen zur;Verarbeitüng
gelangen, die sich nach keiner dieser Methoden vollkommen klären lassen.
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Zur Reinigung der Melasse in der Kälte wäre es am einfachsten, die
entsprechend verdünnte Melasselösung ohne weiteres kalt zu filtrieren.
Dieses
Verfahren scheitert aber schon an der Undurchführbarkeit, indem sich Melassen, die
in keiner Weise vorbehandelt wurden, schwer filtrieren lassen. Asbest- und Baumwollfilter
nach Art der Bierfilter werden durch die schleimigen Verunreinigungen der Melasse
in kurzer Zeit verlegt und müssen daher häufig auseinandergenommen und gereinigt
werden, was eine sehr unangenehme und zeitraubende Handleistung ist und zu beträchtlichen
1Vlelasseverlusten führt. Diesem Übelstand kann nur durch Verwendung sehr großer
Filterflächen einigermaßen begegnet werden. Auch die Vorreinigung der kalten Melasse
mit kolloiden Niederschlägen, die man der verdünnten Melasse zusetzt oder in ihr
zum Entstehen bringt, schafft keine genügende Abhilfe. Es wurde daher vorgeschlagen,
die kalte Melasse durch Pressen zu filtrieren, auf deren Tüchern vor Beginn der
Filtration entweder Schlämmkreide oder Talkumpulver niedergeschlagen wurde. Auch
die Einbringung der pulverförmigen Stoffe in die Preßkammern ist aber eine zeitraubende
Verrichtung. Überdies haftet dem Verfahren der Nachteil an, daß die Filtration nicht
immer klare Würzen liefert und die so behandelten Melasselösungen nicht vollständig
keimfrei sind. Die vorhandenen Kleinlebewesen rufen beim Stehen der filtrierten
Melasselösung Säuerungen hervor, weshalb man die Melasselösungen nach dem Filtrieren
unmittelbar in den Gärbottich ablaufen lassen muß.
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Allen bisher bekannten Verfahren ist gemeinsam, daß die Melasse, welche
die Zuckerfabriken mit einer Dichte von etwa 40 ° B6 verläßt, vor der auf ihre Reinigung
abzielenden Behandlung verdünnt wird, d. h. im Zustand einer verdünn-. ten Lösung
der Reinigungsbehandlung unterworfen wird.
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Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß beim Vermengen der
dicken. Melasse mit festen, hochporösen Adsorbentien eine nachhaltige Adsorption
der Kolloide eintritt, besonders wenn für eine innige Vermischung Sorge getragen
wird. Die Melassekolloide, in der Regel auch ein Teil der Farbstoffe, ferner der
größte Teil der Kleinlebewesen, die sich für gewöhnlich in der Melasse vorfinden,
haften sich fest an das Klärmittel. Dabei scheinen sich Adsorptionsverbindungen
zu bilden, die bei der nachfolgenden Verdünnung nicht oder nur zum Teil gelockert
werden. Wie immer sich das verhalten mag, so steht doch fest, daß man die im unverdünnten
oder wenig verdünnten Zustande mit geeigneten Adsorbentien behandelte Melasse hernach
ohne Beeinträchtigung des erzielten Reinigungseffektes vor der Filtration o. dgl.
auf die für diesen Arbeitsgang geeignete Verdünnung bringen und nun in gewöhnlichen
Tücherfilterpressen, wie man solche allgemein zum Pressen von Hefe verwendet, filtrieren
kann, ohne daß eine vorherige Beschickung der Filterpresse mit pulverigen Stoffen,
welche die Filtration begünstigen, notwendig wäre. Bei der Filtration der so vorbehandelten
Melasse bleiben sämtliche organischen Stickstoffverbindungen in ihr erhalten, es
tritt also kein Verlust an assimilierbaren Nährsubstanzen auf. Ferner- kann die
Abtrennung der Verunreinigungen ohne Zuhilfenahme hoher Drucke oder großer Filterflächen
leicht durchgeführt werden und liefert vollständig blanke Lösungen.
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Bei der Einbringung selbst hochaktiver Adsorbentien in verdünnte Melasselösungen
ist die adsorbierende Wirkung wesentlich geringer und unvollständiger, weil sich
das Adsorbens in dem verdünnten Medium nicht gleichartig verteilen läßt und daher
zur Fixierung der Melasseverunreinigungen und Kolloide nur teilweise ausgenutzt
wird. Daher kommt es, daß in der in verdünntem Zustande behandelten Melasse noch
Verunreinigungen verbleiben, die während des Gärprozesses grobdispers werden und
an der Hefe haftenbleiben, wodurch sowohl die Farbe als auch die Haltbarkeit der
Hefe beeinträchtigt wird.
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Als Adsorbentien lassen sich für das Verfahren die natürlichen und
künstlichen Klärmittel verwenden, die bei der Zuckerfabrikation und Erdölraffination
üblicherweise verwendet werden. Von den natürlichen Bleicherden sind beispielsweise
Fullererde, Kieselgur, Bauxit und die unter der Bezeichnung »Bentonit«, »Medizinalton«,
. "Papierton«, »Seifenton« in den Handel kommenden tonartigen Mineralien zu nennen,
die, mit Wasser angefeuchtet, auf das Mehrfache des ursprünglichen Volumens aufschwellen,
in benetztem Zustand weich und geschmeidig sind und neben den Trübungskolloiden
auch den größten Teil der in der Melasse vorhandenen Kleinlebewesen einschließen.
Von den künstlichen Klärmitteln kommen vor allem Kieselsäuregel und aktive Kohlen
in Betracht. Besonders geeignet ist »Bentonit«, welches natürliche tonartige Material
nicht nur ein hohes Adsorptionsvermögen; sondern auch eine ausgezeichnete Entfärbungskraft
besitzt, ferner ein Gemisch von »Bentonit« und Kieselgur oder ein Gemisch von Kieselgur
und aktiver Kohle. »Bentonit« ballt sich beim Einbringen in verdünnte Melasselösungen
zu Klumpen zusammen, so daß eine Klärung überhaupt nicht eintritt; hingegen zeigt
gerade dieses Adsorptionsmittel beim Vermengen mit konsistenter Melasse ein ausgezeichnetes
Klärvermögen. Aktive Kohlen vermögen verdünnte Melasselösungen in befriedigendem
Maße zu entfärben; nicht nur diese Wirkung, sondern der gesamte Adsorptionseffekt
wird aber wesentlich besser, wenn die Kohle, insbesondere im Gemisch mit Kieselgur,
mit konsistenter Melasse innig vermengt wird.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird die in
unverdünntem oder
wenig verdünntem Zustand mit Adsorbentien zusammengebrachte
Melasse hernach in Gegenwart der Adsorbentien in saurer Lösung gelüftet. Es geschieht
dies zweckmäßig gleichzeitig mit der Verdünnung oder nach dieser und gleichfalls
ohne Wärmezufuhr.
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Da durch die Behandlung der konsistenten Melasse mit Adsorbentien,
wie schon erwähnt, auch der größte Teil der Bakterien entfernt wird, ist es nicht
notwendig, dieselben unmittelbar nach der Filtration zu verarbeiten. Überdies kann
aber die in der beschriebenen Weise gereinigte Melasselösung dadurch vollkommen
sterilisiert werden, daß man sie nach der Filtration noch der Einwirkung von oxydierend
wirkenden Zusatzstoffen, wie z. B. von Ozon oder Peroxyden oder von Hypochloriten,
unterwirft, und zwar zweckmäßig unter fortgesetzter Lüftung. Eine so behandelte
Lösung kann beliebig in Vorrat gehalten werden, ohne daß eine Säuerung oder Nachtrübung
zu befürchten wäre, was eine bedeutende Arbeitsvereinfachung darstellt.
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Die Verwendung von derlei zur Keimfreimachung von Flüssigkeiten allgemein
gebräuchlichen Zusätzen zur Sterilisierung der für die Spiritus- und Hefefabrikation
bestimmten Melasselösungen stößt dann auf Schwierigkeiten, wenn nicht vollständig
blanke, von kolloiden Trübungsstoffen gänzlich befreite Würzen zur Verfügung stehen.
Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß solche sterilisierend wirkenden Stoffe
schon in geringer Konzentration das Wachstum der Hefe und den Gärprozeß stören und
auch die Hefefarbe ungünstig beeinflussen. Da bei der beschriebenen Vorbehandlung
der Melasse vollständig blanke Würzen erhalten werden, in denen nur sehr geringe
Mengen von Mikroorganismen vorhanden sind, genügen zur nachfolgenden Keimfreimachung
der Melasselösungen außerordentlich kleine Mengen der sterilisierenden Stoffe, die
bei dem nachfolgenden Gärprozeß keinerlei schädigende Wirkung ausüben.
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In der Zeichnung ist das Beispiel einer zur Ausführung des Verfahrens
geeigneten Anordnung schematisch veranschaulicht.
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1 ist ein mit einer Rührvorrichtung (zwei Propellern) ausgestattetes
Gefäß, in welchem die unverdünnte Melasse mit dem Klärmittel, beispielsweise »Bentonit«,
eingeteigt wird. Die Menge der der unverdünnten Melasse zuzusetzenden Klär- und
Bleichmittel hängt in hohem Maße von der Beschaffenheit und der Herkunft der Melasse
ab. Im allgemeinen kann als Richtschnur gelten, daß bei Verarbeitung von frischen
Rohrzuckermelassen o,1 bis 1,5%, bei Verarbeitung von Raffinerie- oder stark karamelisierten
Melassen 0,5 bis 20/0 der Adsorbentien, bezogen auf das Gewicht der zu verarbeitenden
Melasse, zuzusetzen sind. Das Gemisch von ?Melasse und Klärmittel fließt in den
Bottich 2, der gleichfalls eine geeignete Rührvorrichtung enthält und mit einer
(in der Zeichnung nicht dargestellten) Lüftungsanlage ausgestattet ist. Dieser Bottich
wird vor dem Ablassen der Melasse mit angesäuertem Wasser beschickt. Die Melasse
wird nun durch Rührwirkung oder Lüftung oder beide Mittel in dem Wasser gleichmäßig
verteilt und allenfalls noch eine Zeit gelüftet und hernach mit Hilfe der Pumpe
3 in die Presse q. gedrückt. Die von der Presse klar ablaufende Melassewürze wird
durch die Pumpe 3' in den Sterilisierbottich 5 befördert, dem durch das senkrechte
Zuführungsrohr 6, das mit dem Verteilungsrohr 7 verbunden ist, Luft zugeführt werden
kann, und dort mit einer klaren Lösung von Chlorkalk oder eines reinen Calciumhypochlorits
vermischt. Die Zugabe dieser Stoffe richtet sich nach dem Alter der Melasse; im
allgemeinen genügt eine Menge von o,ooi bis o,o1 °/°, auf das Gewicht der zu verarbeitenden
Melasse bezogen. Zum Antrieb der Pumpen und der Rührwerke in den Bottichen 1 und
2 dient der Motor B. Aus dem Sterilisierbottich 5 fließt die klare, vollständig
sterile und teilweise entfärbte Melasselösung in die Gärbottiche.
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Die Behandlung der Sirupe nach dem vorliegenden Verfahren zeichnet
sich durch ihre Einfachheit, Sicherheit, rasche Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit
aus. Die Würzen sind feurig klar. Die Lüftung verursacht keinerlei Nachtrübung.
Auch durch Kochen werden die Würzen nicht getrübt.
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In der Patentschrift 483 329 ist ein Verfahren zur Herstellung von
Preßhefe beschrieben, bei welchem die zur Ernährung der Hefe dienende Flüssigkeit,
d. i. die in Vorbereitung befindliche oder fertige Nährwürze, vor der Gärung der
Einwirkung von Adsorbentien ausgesetzt wird. Die aktive Kohle wird bei diesem bekannten
Verfahren benutzt, um aus der verdünnten Würze die Schaumbildner möglichst weitgehend
zu entfernen, so daß hernach ohne schaumbekämpfende Mittel gearbeitet werden kann.
Das Ausführungsbeispiel setzt die Verwendung von Melasse als Ausgangsstoff voraus.
Nach diesem Beispiel soll aber die Melasse in üblicher Weise verdünnt und bei Kochtemperatur
mit Schwefelsäure und Superphosphat erhitzt werden, damit die Schmutzstoffe ausflocken
und sich zu Boden setzen. Aus dieser Patentschrift konnte der Fachmann zweifellos
nicht lernen, daß es gelingt, die Melasse sogar in der Kälte ohne Verwendung von
Schwefelsäure zu reinigen, wenn man sie unverdünnt -der Einwirkung geeigneter Adsorbentien
aussetzt. Alle Vorteile, die das vorliegende Verfahren gegenüber den bekannten :Methoden
zur Reinigung der sirupartigen kohlehydrathaltigen Ausgangsstoffe zeigt, kommen
beim Vergleich mit dem Verfahren der Patentschrift 483 329 zur
Geltung,
da ja bei diesem Verfahren verdünnte Melasse in üblicher Art durch Chemikalien raffiniert
und erst die blanke Melassewürze der Einwirkung von aktiver Holzkohle ausgesetzt
wird; dazu kommt, daß beim vorliegenden Verfahren auch die assimilierbaren Stickstoffverbindungen
geschont bleiben.