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Verfahren zur Umwandlung von Kautschuk in Produkte mit den Eigenschaften
von Schwefelvulkanisaten Es sind bereits Verfahren bekannt, Latexkautschuk mit Hilfe
von Schwefel oder schwefelabgebender Verbindungen unter Anwendung von Wärme und
Druck bzw. bei Zusatz eines Beschleunigers unter Anwendung von Wärme, aber ohne
Druck zu verfestigen. Diese Art le Darstellung von Kautschuk aus Kautschukmilch
erfordert aber einen großen Schwefelüberschuß, so daß das Produkt auch nach dem
Absetzen noch etwas freien Schwefel enthält.
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Die Umwandlung von Rohkautschuk (z. B. smoked sheet, crepe usw.) durch
andere Mittel als Schwefel wurde auch schon vorgeschlagen. Diese Behandlung von
Rohkautschuk mit Verbindungen, die aktiven Sauerstoff abgeben können, lieferte unter
den beschriebenen Bedingungen ein Endprodukt, das qualitativ die wesentlichen Kennzeichen
vulkanisierten Kautschuks aufwies. Dieses bekannte Verfahren ist jedoch anscheinend
nicht im großen ausgebeutet worden, offenbar deshalb, weil, wie diesbezügliche Versuche
der Erfinderin zur Umwandlung_ von Rohkautschuk mit Hilfe der erwähnten ktiven Sauerstoff
liefernden Produkte gezeigt haben, Rohkautschuk nur qualitativ auf diese Weise umgebildet
werden kann. Es entstehen nämlich Produkte, die weder in bezug auf ihre Ausbeute
noch auf ihre Alterungsfähigkeit genügen. Die einmal z. B. durch Einwalzen in den
Kautschuk eingebrachten Umwandlungsmittel lassen sich nicht wieder entfernen oder
neutralisieren, so daß das umgewandelte Produkt den Überschuß davon enthält.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Umwandlung
von Kautschuk in ein Produkt, das die bekannten Eigenschaften von Schwefelvulkanisaten
aufweist, wie z. B. Unbildsamkeit, Leichtlöslichkeit in Benzol u. dgl., Nichtkleben
in der Wärme, dauernde Elastizität und Schmiegsamkeit auch bei Abkühlung: Als Ausgangsmaterialien
werden- natürliche Kautschukmilch, die mitAmmoniak konserviert ist, oder konzentierte
Kautschukmilch (Revertex) oder wiederemulgierter Kautschuk (z. B. Pratts Emulsion)
verwendet.
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Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich von den erwähnten bekannten
Verfahren dadurch, daß erfindungsgemäß Latexkautschuk, der also in Form einer wäßrigen
Emulsion dispergiert ist, vorzugsweise unter Anwendung von Wärme mit-Stoffen behandelt
wird, welche befähigt sind, naszierenden Sauerstoff zu liefern.
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hach der Erfindung gelingt es, ein Kautschukumwandlungsprodukt in
wäßriger Dispersion herzustellen, das beim Koagulieren
oder Festwerden
nach Verdampfung des Wassers ein Produkt von hervorragenden Eigenschaften in Platten-
oder anderer Form liefert, welches, wie besonders hervorgehoben werden muß, frei
von Schwefel ist, da ja bei seiner Herstellung kein Schwefel verwendet wurde.
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Die Kautschukteilchen werden in der behandelten Kautschukmilch in
ihrem ursprünglichen Zustand in Emulsion gehalten, und infolgedessen ist die Änderung
der ursprünglichen Kautschukmilchstruktur nur so weit erfolgt, wie es die Zusammenballung
und Verfestigung beim Trocknen oder auf andere Weise (z. B. mit. Essigsäure) erzieltem-
Koagulieren der erfindungsgemäß behandelten Kautschukmilch mit sich bringt.
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Ebenso wie bei der Schwefelvulkanisation ist auch bei der Umwandlung
mit Hilfe von aktiven Sauerstoff liefernden Agenzien der molekulare Vorgang unbekannt
und urnstritten. Soweit die Endprodukte in beiden Fällen qualitativ ähnliche Eigenschaften
aufweisen, kann man die beiden Verfahren als ähnlich ansprechen; man kann aber nicht
nachweisen, daß diese Ähnlichkeiten der Produkte auf gleichartige oder äquivalente
Vorgänge bzw.- Molekularanordnung zurückzuführen sind.
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Die Bedingungen, unter denen die aktiven Sauerstoff liefernden Agenzien
einerseits auf Rohkautschuk und andererseits auf Kautschukmilch einwirken, sind
weitgehend verschiedene. Die Kautschukaggregate oder -teilchen in wäßrigenDispersionen
unterscheiden sich nämlich konstitutionell von denen, die durch Koagulierung oder
andersartige Umwandlung in die Form von Rohkautschuk der verschiedenen Arten übergeführt
worden sind, z. B. dadurch, daß im Latex noch Wasser vorhanden ist und das Emulgiermedium
alkalisch ist infolge der An@vesenheit von Ammoniak als Konservierungsmittel bei
natürlicher Kautschukmilch; von Ätzalkali im Revertex und von Alkali, wie Borax,
zusammen mit Körpern, wie Casein, bei den wiederemulgierten Kautschukprodukten.
Es war also keineswegs vorauszusehen, ob Umwandlungsmittel der aktiven Sauerstoff
liefernden Gattung, von denen die meisten, insbesondere alle wirksamen, wasserlöslich
sind, geeignet sein würden, überhaupt Latexkautschuk umzuwandeln, von den wesentlichen
quantitativen Eigenschaften des Endproduktes garnicht zu sprechen.
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Weitere Beobachtungen zeigen ziemlich eindeutig, daß eine solche Umwandlung
auch unter den andersartigen Bedingungen, welche Rohkautschuk aufweist, der Umwandlung
mit Schwefel in bezug auf die molekularen Auswirkungen nicht so -ähnlich ist, wie
man bisher auf Grund der Arbeiten mit den üblichen Robkautschukarten des Handels
annahm. Diese Beobachtungen bestätigen vielmehr die Regel, daß der Begriff der Vulkanisation
u. dgl. ausschließlich auf die Umwandlung von Kautschuk mit Schwefel oder Schwefelverbindungen
anzuwenden ist.
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Nach allem verhalten sich also die durch aktiven Sauerstoff wirkenden
Umwandlungsmittel gegenüber Latexkautschuk nicht wie gegenüber Rohkautschuk, ebenso
wie die Schwefelvulkanisation der Kautschukmilch von der mit Sauerstoff abgebenden
Mitteln sich vollziehenden grundsätzlich verschieden ist.
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Wenn nun weiterhin bereits vorgeschlagen wurde, Lösungen von Kautschuk
in organischen Lösungsmitteln, wie z. B. Benzol, aroinatische Nitroverbindungen
zum Zwecke des Vulkanisierens hinzuzusetzen, so war, wie aus den.obigen Ausführungen
hervorgeht, aus einem solchen Verfahren keinesfalls abzuleiten, wie alle in Frage
kommenden Umsetzungsreaktionen in wäßrigen Dispersionen von Kautschuk sich abspielen
würden, und ob ein solches Arbeiten die Vorteile zeigen würde, die es in der Tat
aufweist.
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Die nach der Erfindung zur Anwendung kommenden aktiven Sauerstoff
liefernden Umwandlungsmittel lassen sich vom Allgemeinen zum Speziellen etwa. folgendermaßen
klassifizieren: z. Die Gruppe der aktiven Sauerstoff liefernden Verbindungen, die
einige anorganische -Verbindungen einschließt, 2. anorganische Verbindungen, die
aktiven Sauerstoff liefern, einschließlich Peroxyden und Nitroverbindungen, von
denen einige aliphatische Radikale entfalten, 3. organische Nitroverbindungen, q..
organische Nitroverbindungen aromatischer Radikale, 5. organische aromatische Nitroverbindungen,
die in alkalischen wäßrigen Medien löslich sind, 6. Nitrohenzolverbindungen, 7.
sym-Tr initrobenzol.
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In der gleichen Reihenfolge sind diese Verbindungen immer stärker
wirksam, die mit sym-Trinitrobenzol erhaltenen Produkte also bisher die besten.
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Durch weitere Untersuchungen wurde gefunden, daß dem Reaktionsgemisch
an einem beliebig geeigneten Punkt der Umwandlung zwecks Verhinderung einer zu weit
gehenden Einwirkung der Behandlungs- bzw. Umwandlungsmittel Reduktionsmittel zugesetzt
werden,können. Dieser Schritt wird durch den Umstand ermöglicht, daß die Umwandlung
von Latexkautschuk in der oben beschriebenen Weise sich vollständig vollzieht, während
der
Kautschuk in Wasser dispergiert bleibt, und daß der Überschuß an Umwandlungsmitteln
in dem Wasser in Lösung bleibt. Die verwendeten Reduktionsmittel sollen die Eigenschaft
haben, die aktiven Sauerstoff abgebenden Mittel umzuwandeln oder zu binden. Sie
sollen ferner nichtsauren Charakter besitzen, um die Koagulation des Kautschuks
zeitweilig zu verhindern und ein Produkt zu liefern, bei dem der Überschuß an Umwandlungsmittel
in dem Emulgierungsmittel zurückbleibt. Als Mittel zur Reduktion des überschüssigen
Umwandlungsmittels haben sich reine Eisenfeilspäne oder Aluminiumpulver als geeignet
erwiesen. Man setzt hiervon eine reichlich bemessene Menge in einem be= liebig gewählten
Augenblick des Umwandlungsverfahrens zu, erhitzt weiter und rührt die Emulsion gleichzeitig.
Das noch in der Lösung befindliche, aktiven Sauerstoff liefernde Umwandlungsmittel
bildet nun ein Substitutionsprodukt, das nicht mehr umwandelnd auf Kautschuk wirkt,
so daß der Überschuß an Umwandlungsmittel als solches aus derEmulsion und infolgedessen
auch aus dein hieraus gewonnenen Kautschukumwandlungsprodukt verschwindet. Andere
ähnlich wirkende Reduktionsmittel, wie sie sich z. B. unter den gewöhnlich verwendeten
Mitteln zur Verhinderung der Oxydation von Kautschuk finden, haben eine ähnliche
Wirkung. Beispiele i. Einer natürlichen Kautschukmilch von 35 0o wird auf je ioo
Teile Kautschuk ein vorbereitetes teigförmiges Gemisch von 3 Teilen m-Dinitrobenzol
und io Teilen einer ioo/oigen wäßrigen Caseinlösung zugesetzt. Die Mischung wird
- auf 95° erhitzt und 2o Minuten unter Rühren auf dieser Temperatur erhalten. Erhitzen
und Rühren können vorteilhaft durch Hindurchblasen von trockenem Dampf durch die
Mischung bewirkt werden.
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a. Auf je ioo Teile Kautschuk in einer 350%igen natürlichen Kautschukmilch
wird eine Lösung zugesetzt, die 5 Teile Kaliumstearat (in 4oo/oiger wäßriger Lösung)
und ein teigförmiges Gemisch von 3 Teilen sym-Trinitrobenzol in Wasser enthält.
Die Mischung wird unter Rühren eine Stunde lang auf 9-50 erhitzt. -3. Auf
je ioo Teile festen Kautschuks in einem unter dem Handelsnamen »Revertex« bekannten
Konzentrat mit 75 % Kautschukgehalt oder nach beliebiger Verdünnung wird ein vorbereitetes
teigförmiges Gemisch -von 3 Teilen m-Dinitrobenzol und 3 Teilen Wasser zugesetzt.
Die Mischung wird auf 9.5° erhitzt und unter Rühren 40 Minuten lang auf dieser Temperatur
gehalten. 4. Es wird: nach Beispiel 3 verfahren, nur wird das sym-Trinitrobenzol
durch m-Dinitrobenzol ersetzt und 6o Minuten lang auf 95° gehalten.
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5. Auf je ioo Teile Kautschuk in einer 350%igen Prattschen Emulsion
mit Casein wird ein vorbereitetes teigförmiges Gemisch von 3 Teilen m-Dinitrobenzol
und 3 Teilen Wasser zugesetzt und unter Rühren 6o Minuten lang auf 95' gehalten.
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6. Es wird nach Beispiel 5 verfahren, aber statt m-Dinitrobenzol sym-Trinitrobenzol
zugesetzt.
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7. Auf je ioo-Teile Kautschuk in einer natürlichen Kautschukmilch
von 3504 wird ein vorbereitetes teigförrniges Gemisch von i Teil Benzoy lperoxyd
und i Teil -Wasser zugesetzt und unter Rühren io Minuten lang auf 95' gehalten.
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8. Zu einem unter dem Handelsnamen »Revertex« bekannten Konzentrat,
das 75 0/0 Kautschuk enthält oder beliebig verdünnt ist, wird ebensoviel Benzoylperoxyd
zugesetzt wie in Beispiel 7 und 40 Minuten lang unter Rühren auf 95° gehalten.
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g. Zu. einer 35ojoigen Prattschen Emulsion mit .Casein wird Benzoylperoxyd
wie im Bei-` spiel 7 zugesetzt und io Minuten lang unter Rühren auf 95' gehalten.
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io. Einem unter dem Handelsnamen, »Revertex« bekannten Konzentrat
von 750(oKautschuk werden auf je ioo Teile festen Kautschuks io Teile einer i%igen
Kaliumpermanganatlösung zugesetzt und die Mischung i Stunde lang auf 59° erhitzt.
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Die nach diesen Beispielen erhaltenen Produkte besitzen sehr verschiedene
Zerreißfestigkeit und Dehnung, wobei letztere weniger differiert als erstere. Die
besten quantitativen Ergebnisse wurden nach Beispiel 4 erhalten. Hier entstand ein
Kautschukumwandlungsprodukt mit einer Zerreißfestigkeit von i2-5 bis 135 kg%cm2
und einer Dehnung von etwa 750 0f0.
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Alle bei den Beispielen verwendeten Kautschukmilchsörten reagieren
alkalisch, und die verwendeten Umwandlungsmittel waren einer neutralisierenden oder
die Alkalität verringernden Wirkung nicht fähig. Diese Arbeitsbedingungen scheinen
eine Sicherung gegen vorzeitige Koagulierung des Kautschuks zu bilden, der nach
der Behandlung in Dispersion verbleibt.
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Das Trinitrobenzol lieferte bessere physikalische Eigenschaften als
Dinitrobenzol und Benzoylperoxyd. Dies beruht vermutlich zum Teil auf derAriweSenhelt
von drei 1Vitrogruppen, mehr wohl noch auf der Tatsache, daß sym-Trinitrobenzol
sich in dem leicht alkalischen Medium stärker löst als Dinitrobenzol;
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ist zu beachten; .daß' -natürliche Kautschukmilch, die nur ein Konservierungsmittel,
wie Ammoniak, enthält,,sich von Revertex bzw. Prattscher Emulsion dadurch unterscheidet,
daß die beiden letzteren Dispergierungsmittel enthalten, die die Kautschukteilchen
schützen. Läßt man z. B. bei Beispiel i das Casein fort und setzt der natürlichen
Kautschukmilch die gleiche Menge m-Dinitrobenzol zu, so bleiben die Kautschukteilchen
nicht dispergiert, sondern bilden ein dichtes Koägulum, das nach einem Erwärmen
von 15 Minuten auf 95' vollständig ist. Dagegen kann man einem Revertex oder
Prattscher Emulsion, die beide Schutzkörper enthalten, ohne besondere Zugabe eines
Schutzkolloids, wie Casein, m-Dinitrobenzol zusetzen, ohne daß Koagulation eintritt.
Soll also Latexkautschuk z. B. mittels der Nitroverbindungen umgewandelt Werden,
so werden erfindungsgemäß den Kautschukdispersionen zweckmäßig Schutzkolloide gegen
die koagulierende Wirkung des Umwandlungsmittels zugesetzt.
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Es wurde ferner festgestellt, daß bei Zusatz eines anorganischen Bestandteils,
wie Bleioxyd ' (P70), verdünnte Käutschukernulsionen verwendet werden müssen. So
niuß man in einem solchen Falle z. B. Revertex auf 5o °f, oder weniger Kautschuk
verdünnen. Bei Zusatz anorganischer Körper muß auch etwas länger gekocht werden,
um ein Endprodukt von den besten Eigenschaften zu erhalten: Während in den Beispielen
überall 95° als Umwandlungstemperatur angegeben ist, ändern sich in- Wirklichkeit
die Temperaturen und Zeiten für die Umwandlungen proportional zueinander. Läßt man
z. B. das Gemisch nach Beispiel z einige Tage bei, gewöhnlicher Temperatur stehen,
so erhält man auch eine quanfitave Umwandlung." Die in den Beispielen angegebenen
Umwandlungszeiten sind diejenigen, die nach den bisherigen Untersuchungen Produkte
mit wertvollen Eigenschaften liefern; wobei eine zu geringe Umwandlung weniger schädlich
ist als eine zu weit getriebene.