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Verfahren zur Herstellung von hochwertigen Leimen aus Knochen Man
hat bisher aus dem verschiedenen Knochengut, das zur Leimgewinnung dient, nicht
die Leimqualitäten erzielen können, die eigentlich bei der Art des Ausgangsproduktes,
d. i. der Knochenknorpel (Kollagen) im Knochen, erwartet werden konnten.
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Dieser Umstand wurde im allgemeinen damit erklärt daß durch das Kochen
der aus Haushalten usw. entstammenden Knochen sowie durch das Entfetten der Knochen,
sei es durch heißes Wasser, Dampfdruck oder organische Lösungsmittel; z. B. Benzin,
ferner auch durch die Entleimungsarbeiten selbst das Kollagen stark abgebaut würde.
Diese Ansicht fand noch eine besondere Stütze in der Tatsache, daß gerade Knochenleim
besonders viel Abbauprodukte (Gelatosen, Aminosäuren) enthält.
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Systematische Untersuchungen zwecks Verbesserung der Knochenleimqualitäten
ergaben die Unrichtigkeit der bisherigen Annahme. Es wurde vielmehr festgestellt,
daß der Trocknungsgrad des Knochengutes in der Hauptsache bestimmend für den Zustand
des Kollagens nach den erwähnten Behandlungsarten ist. Es erfolgt kein nennenswerter
Abbau des Kollagens in dem obenerwähnten Sinne, vielmehr erleidet das Kollagen in
dem Sinne eine Veränderung, als es bei der Trocknung Hydratationswasser verliert.
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Als eine Trocknung des Knochenguts 'im Sinne der Erfindung ist demgemäß
nur eine solche anzusehen, durch die tatsächlich ein Verlust an Hydratationswasser
in merkbarem Umfang eintritt. Eine solche kann entweder die Folge eines natürlichen
Trocknungsvorganges sein wie beispielsweise bei dem viel verwendeten indischen Knochenschrot
infolge der Sonnenwärme oder sie kann auch als Begleiterscheinung einer Entfettung
durch gleichzeitige Einwirkung von Entfettungsmitteln von der Art des Benzins und
erhöhter Temperaturen auftreten, wie sie bei der Leimbereitung aus Knochengut meist
angewendet wird. Nicht dagegen tritt eine dehydratisierende Trocknung im Sinne der
Erfindung ein bei der Entfettung mittels kalter Entfettungsmittel oder heißen Wassers,
wie sie bei der Gelatinebereitung verwendet zu werden pflegt.
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Nachdem festgestellt wurde, daß frisch angefallene Knochen, in denen
das Kollagen seinen ursprünglichen Wassergehalt noch besitzt, für die Gewinnung
hochwertigen Leims durchaus geeignet sind, wurde untersucht ob die Abgabe des Hydratationswassers
aus dem Kollagen reversibel sei. Man hat überlegt, daß bei einem umkehrbaren Verlauf
dieser Reaktion die Möglichkeit gegeben sein müsse, das trockene Knochengut bzw.
das Kollagen wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen und es dadurch
für die Erzielung hochwertiger Leime geeignet zu machen.
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Hier setzt nun die Erfindung ein, durch. die mit einfachsten Mitteln
die gestellte Aufgabe in überraschend wirkungsvoller Weise gelöst werden kann. Es
wurde gefunden, daß eine Behandlung des getrockneten Knochenmaterials in schwachen
Lösungen von geeigneten
Säuren oder Salzen es ermöglicht, dem Kollagen
das Hydratationswasser ohne Schädigung des empfindlichen Guts wieder einzuverleiben
und es dadurch in einen Zustand zurückzuversetzen, in dem das Köllagen für die Erzielung
hochwertiger Leime geeignet ist, wie es aus dem bisher verarbeiteten Knochengut
auch nicht annähernd möglich war.
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Demgemäß besteht nach der Erfindung ein Verfahren zur Herstellung
von hochwertigen Leimen aus Knochen durch Behandlung mit Lösungen von anorganischen
oder organischen Säuren bzw. deren sauren oder neutralen Salzen darin, daß dieser
Behandlung getrocknetes Knochengut vor der Entleimung zum Zweck der Wiedereinverleibung
des durch die Trocknung verlorenen Anteils an Hyd'ratationswasser unterworfen wird.
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Die Säuren, sauren und neutralen Salze sollen in so schwachen Lösungen
verwendet werden, daß eine nennenswerte Lösung der Mineralsubstanz nicht erfolgt.
Diese Arbeitsweise hat deshalb nichts gemeinsam mit der Mazeration von Knochengut
durch z. B. Salzsäure für die Osseinge-vinnu.ng der Gelatinefabrikation, weil mit
großen Säuremengen in verhältnismäßig starker Konzentration gearbeitet werden muß,
um die Mineralsubstanz des Knochengutes mehr oder minder zu lösen.
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Ebensowenig hat die erfindungsgemäße Vorbehandlung zu tun mit einer
schon früher, allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen und zu einem ganz anderen
Zweck vorgeschlagenen milden alkalischen Behandlung von Knochengut. Es handelte
sich dabei ausschließlich um die Reinigung des Knochenguts. Die erfindungsgemäß
erstrebte Wirkung wurde aber bei jenen Verfahren weder erstrebt noch konnte sie
erreicht werden, weil die für das neue Verfahren kennzeichnende Wiedereinverleibung
von verlorenem Hydratationswasser naturgemäß nur dann in Frage kommt, -wenn von
getrocknetem Knochengut ausgegangen wird.
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Auch die schon seit langem in der Knochenleimfabrikation übliche Behandlung
des Knochenguts vor der Dampfbehandlung mit Bädern von schwefliger Säure, die auch
den ausgesprochenen Zweck hatte, das Knachengut von Blut und anderen Verunreinigungen
zu reinigen, kommt hier nicht in Frage.
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Denn gerade die Behandlung mit schwefliger Säure führt,-wie festgestellt
wurde nicht zu den Leimqualitäten, die nach der Erfindung erzielt -werden, und zwar
wurde festgestellt, daß die Ursache darin liegt, daß Schwefligsäurebäder mit dem
Knochengut sich sehr schnell auf eine Wasserstoffionenkonzentration einstellen,
die in unmittelbarer Nähe des isoelektrischen Punktes liegt. Es ist bekannt, daß
Leim und Gelatine bzw. Kollagen beim isoelektrischen Punkt die geringste Hydratationsneigung
zeigen, also auch im Sinne der Erfindung den schlechten Effekt ergeben müssen, was
die bisherige Praxis bestätigt.
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Alle anderen Säuren, sauren und neutralen Salze, welche gemäß der
vorliegenden Erfindung benutzt werden, ergaben Leimqualitäten, die erheblich über
den bisher erzielten Qualitäten liegen. Es wurde einwandfrei ermittelt, daß die
bessere Wirkung von Bädern mit diesen Chemikalien darauf zurückzuführen ist, daß
deren Wasserstoffionenkonzentration während der ganzen Dauer des Bades oder während
des überwiegenden Teils dieser Dauer abseits des isoelektrischen Punktes liegen,
oder daß sie zumindest aber, so weit einzelne dazu neigen, längere Zeit eine Berührung
mit dem Knochengut benötigen, bis sie sich auf den isoelektrischen Punkt einstellen.
In jedem Falle sind aber alle diese Reagenzien befähigt, die Hydratation genügend
herbeizuführen, bevor in Einzelfällen der isoelektrische Punkt erreicht ist.
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Demgemäß soll bei dem erfindungsgemäßen Verfahren der Verfahrensgang
so geleitet werden, daß die Wasserstoffionenkonzentration der Lösungen entweder
über oder unter der Wasserstoffionenkonzentration (im letzten Falle bis zu Ph 7)
von 4,7 bis 5,o liegt, die dem Wirkungsgebiete des isoelektrischen Punktes für Kollagen
entspricht. Beispiel i 4. kg entfetteter Knochenschrot werden mit etwa 5 1 einer
n/io-Phosphorsäure i5 Stunden lang überdeckt. Hierauf wird d'as Bad ablaufen gelassen,
der Knochenschrot dreimal hintereinander mit Wasser gewaschen und in geeigneter
Weise weiter verarbeitet. . Beispiel z 4 kg entfetteter Knochenschrot werden mit
etwa 5 1 einer verdünnten Citronensäure übergossen, welche pro Liter 0,7
g Citronensäure enthält. Diese Flüssigkeit bleibt 1a Stunden auf den entfetteten
Knochen stehen und -wird dann abgelassen. Nach dreimaligem Waschen mit Wasser -wird
der Schrot in üblicher Weise auf Leim weiter verarbeitet. Beispiel s ioo kg entfetteter
Knochenschrot werden mit einer n/ i o-Magnesiumchloridlösung g erade übergossen.
Nach 14 Stunden wird das Bad abgelassen, zwei- bis dreimal mit Wasser einige Stunden
nachgewaschen und alsdann in üblicher Weise auf Leim verkocht.
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Nach den obigen Beispielen ist es möglich, aus einem Knochengut, das
z. B. nach der im Rahmen der allgemein üblichen Entleimungsverfahren
meist
verwendeten Reinigung des Knochenguts in Bädern von schwefliger Säure einen Leim
mit einer Viscosität bei 17/4'/, Spindelung und 30°C - 2,4 Englergrade ergab, eine
erhöhte Leimqualität zu gewinnen, deren Viscosität unter den gleichen Bedingungen
bei etwa 4,0 oder darüber liegt. Es ist bekannt, daß die Leimqualität nicht nur
durch die Viscosität, sondern auch durch die Gallertfestigkeit bedingt wird. Diese
erhöht sich ebenfalls durch das neue Verfahren sehr wesentlich gegenüber der bisher
geübten Arbeitsweise, und zwar im Verhältnis von 8,5: 15o. Es ist ferner
bekannt, daß Leime, die in ihrer Viscosität als auch bezüglich der Gallertfestigkeit
in so ausgedehntem Maße qualitativ erhöht werden, sehr erheblich bessere Klebkraft
besitzen und deshalb dem Verbraucher nennenswerte Ersparnisse bringen.