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Verfahren zur Entwässerung des von Nebenprodukten befreiten Destillationsgases
aus Kammer- und Retortenöfen Das Destillationsgas aus Kammer- und Retortenöfen enthält
Wasser sowohl in Tröpf. chenform als auch in Dampfform. Ersteres scheidet sich bei
der Fortleitung des Gases allmählich aus, besonders bei Richtungsänderung und Geschwindigkeitsverminderung.
Letzteres tritt als Kondensat in, Erscheinung, wenn das mit Wasserdampf gesättigte
Gas sich abkühlt oder wenn es komprimiert wird. Die Ausscheidung von Wasser aus
dem Gas macht das Einbauen von Wassersammeltöpfen in die Leitung notwendig, da andernfalls
das Wasser sich in der Leitung ansammelt und sie versperrt. Die Wassertöpfe müssen
ständig überwacht und entleert werden. Das aus dem Gas sich ausscheidende Wasser
macht sich aber noch in anderer Hinsicht bei der Fortleitung sehr unangenehm bemerkbar.
Es greift, da es in wässeriger Lösung korrodierend wirkende Gasbestandteile enthält,
Leitungen, Gasmesser usw. an. Es ergeben sich daher große Vorteile, wenn man das
Gas vor der Fortleitung von -dem schädlichen Wassergehalt so weit befreit, daß eine
Wasserausscheidung in dem Leitungsnetz nicht mehr erfolgen kann.
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Von großer Bedeutung ist die Entwässerung des Gases auch für eine
einwandfre;i:e Auswaschung des Naphthalins aus dem Gas mit Teeröl, die ihrerseits
wieder für eineinwandfreies Arbeiten der Gasentschweflungsanlage und für eine störungsfreie
Fortleitung des Gases notwendig ist. Ohne eine wenigstens teilweise Entwässerung
des Gases nimmt das Naphthalinwaschöl Wasser aus dem Gase auf und wird infolge Bildung
einer Emulsion, deren Menge durch Wasseraufnahme ständig zunimmt, vorzeitig unbrauchbar,
während es bei einer der Naphthalinwäsche voraufgehenden entsprechenden Entwässerung
des Gases so lange im Umlauf bleiben kann, bis es sich genügend mit Naphthalin ange:
reichert hat.
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Das Problem der Gasentwässerung ist durch die immer größeren Umfang
annehmende Ferngasversorgung in allen Ländern besonders in den Vordergrund getreten,
sowohl im Hinblick auf die Erhaltung der umfangreichen und teuren Leitungsnetze
als auch im Hinblick auf die für eine störungsfreie Reinigung und Fortleitung des
Gases unumgänglich notwendige Befreiung des Gases von Naphthalin.
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Über die für eine Entwässerung des Gases zwecks Fortleitung oder Entnaphthalinung
in Frage kommenden Möglichkeiten schreibt B e r t e 1 s m a n n in seinem Werk die
Leuchtgasindustrie, Bd. I, S. 414, daß alle Trocknungsvorschläge sich als praktisch
undurchführbar erwiesen haben. Es handelt sich bei diesen Vorschlägen um Trocknung
durch Abkühlen, Komprimieren und durch `Taschen des Gases mit wasserentziehenden
Mitteln. Alle diese Verfahren stellen sich aber sehr teuer. Praktische Bedeutung
hat
in Ermangelung eines einfachen und billigen Verfahrens nur die
Entwässerung mit Chlorcalciumlauge gewonnen. Das Gas wird mit in ständigem Kreislauf
befindlicher Chlorcalciumlauge gewaschen, ein Teil der jeweils vom Wascher kommenden
Lauge durch Destillation entwässert und dann wieder mit dem anderen Teil der Lauge
vereinigt. Die durch Wasseraufnahme und Destillation erwärmte Lauge muß nun zunächst
gekühlt werden und kehrt dann wieder zur Gaswaschung zurück. Dieses Verfahren stellt
sich sowohl in den Anlage- als auch in den Betriebskosten teuer. Ferner sind auch
die Unterhaltungskosten sehr erheblich, weil die Chlorcalciumlauge die Apparatur
angreift. Infolge dieser Umstände hat das Verfahren nur bei einigen wenigen Betrieben
Eingang gefunden. Mit Ausnahme dieser vereinzelten Betriebe arbeiten alle Kokereien
und Gaswerke noch ohne Gasentwässerung.
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Eine Entwässerung von Gasen durch Wa. schen mit Schwefelsäure ist
zwar ein bekanntes Verfahren, aber es ist nur in den Fällen üblich, wo es sich um
Gase handelt, die mit Schwefelsäure nicht chemisch reagieren. Versuche, Schwefelsäure
für die Entwässerung von Destillationsgas aus Kammer- und Retortenöfen zu verwenden,
haben bisher zu keinem Erfolg geführt, weil bei dem-angewendeten Verfahren die Säure
durch Einwir. kung der im Destillationsgas enthaltenen ungesättigten Bestandteile
verharzte und dadurch für anderweitige Verwendung unbrauchbar wurde. Ohne eine nachherige
Verwertung der Säure ist die Trocknung des Gases mit Schwefelsäure natürlich undurchführbar.
Um die Verharzung zu vermeiden, hat man durch künstliche Kühlung die Temperatur
niedrig gehalten. Dadurch .entstehen indessen hohe Kosten; die das Verfahren ebenfalls
unwirtschaftlich machen. Als Übelstand stellte sich bei der gewählten Art der Durchführung
der Entwässerung mit Schwefelsäure ferner heraus, daß das Gas Säureteilchen mit
fortführte, die durch besondere Säurefänger sorgfältig wieder aus dem Gas entfernt
werden mußten, was wiederum Kosten verursachte. Die Entwässerung von Destillationsgas
durch Waschen mit Schwefelsäure war daher bisher praktisch nicht durch führbar.
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Es wurden nun Bedingungen für die Trocknung von Destillationsgas aus
Kammer- und Retortenöfen mit Schwefelsäure gefunden, die nennenswerte Kosten nicht
verursachen, so daß nunmehr die technische Anwendung des Verfahrens . gegeben ist.
Diese Bedingungen bestehen erfindungsgemäß darin, daß die etwa 6o°ige Schwefelsäure,
die zur Bindung des im Destillationsgas vorhandenen Ammoniaks zu schwefelsaurem
Ammoniak dient, vorher zur Gasentwässerung verwendet wird und daß die Berührungsdauer
von Säure und Gas so kurz bemessen wird, daß eine Verunreinigung der Säure durch
Einwirkung der ungesättigten Kohlenwasserstoffe des Gases nicht eintritt. Man läßt
also die sonst direkt zur Ammoniakfabrik gehende Schwefelsäure zunächst einen entsprechend
dimensionierten, säurefesten Rieselturm von oben nach unten durchlaufen, durch den
im Gegenstrom zur Säure von unten nach oben das zu entwässernde Gas hindurchströmt
und leitet die Säure, deren Eignung zur -Ammoniakbindung durch die Wasseraufnahme
aus dein Gas keineswegs beeinträchtigt ist, dann zur Ammoniakfabrik. Um zu vermeiden,
daß Säure von dem Gas mitgerissen wird, führt man die Säurezuführungsrohre bis in
den Rieseleinbau des Waschers hinein.
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Die für die Ammoniakbindung benötigte Säuremenge reicht für so weitgehende
Gasentwässerung aus, daß Wasserausscheidung bei der Fortleitung kaum mehr möglich
ist. Soll das Gas nur so weit entwässert weiden, daß Wasserabscheidung in der Entnaphthalinungsanlage
nicht eintritt, , so genügt die Anwendung eines Teiles der in der Ammoniakfabrik
benötigten Säure.
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Die Vorzüge dieses Gasentwässerungsverfahrens gegenüber dem Chlorcalciumverfahren
und anderen sind außerordentlich groß und ohne weiteres einleuchtend. Die Apparatur
besteht im wesentlichen nur aus einem säurefesten Gaswascher und ist daher denkbar
einfach und billig. Da die zur Entwässerung benutzte Schwefelsäure der Amino.-niakfabrik
zur unmittelbaren Verwendung zugeführt wird, braucht das von der Schwefelsäure aufgenommene
Wasser nicht abgetrieben und die durch die Wasseraufnahme erwärmte Säure nicht gekühlt
zu werden. Die Betriebskosten des Verfahrens sind daher fast gleich Null. Ferner
sind auch die Unterhaltungskosten der Anlage äußerst gering, weil der Wascher durch
innere Verbleiung und durch Verwendung von säurefestem Einsatzmaterial von der Säure
nicht angegriffen wird.
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Es ist natürlich zweckmäßig, das Gas bereits vor der Entwässerung
mit Säure durch gute Kühlung und mit Hilfe eines Stoßscheiders möglichst weitgehend
von Wasser zu befreien.
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Beispiel 5ooo cbm Gas je Stunde mit einem Wassergehalt von 2o g je
cbm können durch Berieseln mit 0,35t etwa 6o°iger Schwefelsäure je Stunde bis auf
einen Wassergehalt von 49 j e cbm entwässert werden. 500o cbm
Überschußgas
einer Kokerei (Gesamtgas abzüglich Heizgas für die Koksöfen) je Stunde entspricht
ein stündlicher Durchsatz von etwa 33t trockene Kohle. Aus dieser Kohlenmenge werden
etwa o,4. t schwefelsaures Ammoniak erzeugt und für diese etwa o,4t 6o°ige Schwefelsäure
benötigt. Die für die Ammoniakfabrik erforderliche Säure ist also für eine sehr
weitgehende Entwässerung des gesamten Überschußgases einer Kokerei mehr als ausreichend.
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Soll nicht nur das Cberschußgas, sondern das gesamte bei der Destillation
von Kohle entstehende Gas mit der für die Ammoniakbindung erforderlichen Säure ,entwässert
werden, so ist eine Entwässerung in obigem Ausmaß natürlich nicht zu erreichen.
Immerhin kann man aber auch in diesem Falle, der bei Gaswerken meist vorliegt, das
Gas so weit entwässern, daß Wasserausscheidungen im Rohrnetz nur bei lange anhaltender,
starker Kälte und auch dann nur in sehr geringem Ausmaß stattfinden. Für die Vermeidung
störender Wasserabscheidungen bei der Entnaphthalinung des Gases ist die mit der
Ammoniaksäure zu erreichende Entwässerung des Gesamtgases vollkommen ausreichend.