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Sodaverfahren mit Nebengewinnung von Ammoniak oder Ammonsulfat Es
ist an sich bekannt, schwefelsaures Alkali in Gegenwart von kohlensaurem Kalk durch
Einwirkung von Kohlenstoff und Stickstoff bei hoher Temperatur, z. B. i ooo° C,
zu Alkalicyanid, -cvanamid o. dgl. umzusetzen.
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Das Verfahren verläuft beispielsweise bei der Verarbeitung von Natriumsulfat
zu Natriumcyanid gemäß folgender Formel: Na, S04+6C+CaC03+N2 =z Na CNT ! CaS ` 3C0+zC02.
Der Erfindung liegt nun der Gedanke zugrunde, durch Einführung dieser bekannten
Verfahrensstufe in den bekannten Leblancschen Sodaprozeß diesen insofern erheblich
zu verbessern, als hierbei als Nebenprodukt durch Verseifung des Natriumcyanids
Ammoniak oder Ammonsulfat anfällt. Hierdurch wird die bekanntlich bisher höchst
fragwürdige Wirtschaftlichkeit dieses Prozesses ganz wesentlich gehoben.
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Es ist allerdings schon früher vorgeschlagen worden, die bekannte
Leblänc-Reaktion in Verbindung mit einem Cyanisierungs- und Verseifungsvorgang zu
verwenden. Dies geschah aber ausschließlich zu dem Zweck der Erzeugung von Ammoniak,
so daß eine Verbesserung des Sodaprozesses selbst nicht erzielt werden konnte.
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Im Gegensatz hierzu soll gemäß der Erfindung ein abgeändertes Verfahren
zur Herstellung von Soda nach L e b.1 a n c unter Nebengewinnung von Ammoniak oder
Ammonsulfat darin bestehen, daß Natriumsulfat in Mischung mit Kohlenstoff und Kalk
durch Einwirkung von Stickstoff bei hoher Temperatur in Natriumcyanid übergeführt
und dieses zwecks Herstellung von calcinierter Soda unter Nebengewinnung von Ammoniak
(das gegebenenfalls auf Ammonsulfat verarbeitet wird) verseift wird.
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Außer dem grundlegenden Vorteil gegenüber dem alten Leblanc-Verfahren,
der in der Nebengewinnung von Ammoniak zusätzlich zu der Soda besteht, werden noch
weitere erhebliche Vorteile durch die neue Verfahrensweise erreicht. Diese Vorteile
sind im wesentlichen durch die Zusammensetzung der Reaktionsmasse, ihre Struktur
sowie ihre Verarbeitung begründet.
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Die Zusammensetzung der Reaktionsmasse des Leblanc-Verfahrens ist
bekanntlich im allgemeinen % bis, 1/z Kohle und 2/3 bis s(;, Kalk auf i Teil Sulfat.
Demgegenüber beträgt die Kohlenmenge bei dem erfindungsgemäßen Verfahren in der
Regel wesentlich über i Teil bis zu 3 Teilen auf i Teil Sulfat, während die Kalkmenge
in der Regel in gleicher Höhe wie bei dem Leblanc-Verfahren angewendet wird. Die
größere Kohlenmenge ergibt sich zwanglos aus dem Kohlebedarf der Cyan.isierung.
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Die gegenüber dem Leblanc-Verfahren erheblich größere Kohlenmenge
ergibt für die Reaktionsmasse des erfindungsgemäßen Verfahrens eine weit vorteilhaftere
Struktur, weil die große Kohlenmenge im Zusammenhang mit der für eine Cyanisierung
bekanntlich stets notwendigen Pulverfeinheit aller Stoffe ein Ausschmelzen des Alkalis
verhindert. Es
wird vielmehr das in sehr feiner Verteilung in der
gesamten Masse verbreitete Alkali in der Glühhitze von den Feststoffen festgehalten,
so daß die Struktur der gesamten Masse ein lockeres- und poriges Gefüge aufweist
im Gegensatz zu der Schmelze des Leblanc-Prozesses.
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Ein derartiges Produkt ist aber naturgemäß wesentlich einfacher industriell
zu verarbeiten als eine im Schmelzfluß befindliche Masse, wie sie bei dem Leblanc-Verfahren
bekanntlich in rotierenden Ofen unter dauernder sorgfältiger Beobachtung der Masse
und Zugabe richtig abgepaßter besonderer Zuschläge behandelt werden muß. Demgemäß
hängt der Erfolg der Verarbeitung einer Leblanc-Schmelze auch in hohem Maße von
der persönlichen Geschicklichkeit der Bedienungsmannschaft ab, während sich die
Reaktionen bei dem erfindungsgemäßen Verfahren infolge der Pulverfeinheit aller
Stoffe und der daraus folgenden engen Nachbarschaft aller Teilchen ohne besondere
Schwierigkeiten vollziehen.
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Infolge der Unterschiede in der Zusammensetzung und Struktur der Reaktionsmassen
bei den beiden verglichenen Verfahren liegen aber nicht nur bezüglich der Durcharbeitung
der Masse die größeren Schwierigkeiten auf seiten der Leblanc-Schmelze, sondern
auch hinsichtlich der Aufbereitung der Masse bestehen für das Leblanc-Verfahren
ungünstigere Verhältnisse als für die Reaktionsmasse des erfindungsgemäßen Verfahrens.
Einmal ist es bekanntlich an sich schon sehr schwierig, den richtigen Zeitpunkt
abzupassen, zu welchem die Leblanc-Schmelze abgelassen werden muß, damit ein für
die Auslaugung einigermaßen brauchbares Gefüge der erkalteten Masse erhalten wird,
sodann ist aber dieses aus dem Schmelzfluß gewonnene Material naturgemäß stets schwieriger
auszulaugen als ein aus einem Glühprozeß in hochporöser Form anfallendes, feinpulveriges
Gemenge. Es bestehen somit auch wesentliche Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens
gegenüber dem Leblanc-Prozeß bei der endgültigen Gewinnung der Soda aus der Reaktionsmasse.
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Die Herstellung von calcinierter Soda unter Gewinnung von Ammoniak
als Nebenprodukt durch Verseifung des Natriumcyanids bei etwa q.oo bis 5oo° C verläuft
gemäß folgender Formel: 2 Na C N + q. H2 O - Na, CO, -f- CO -i- H@ + 2 NH3.
Zur Erzeugung weiterer Ammoniakmengen ist es zweckmäßig, den durch Verseifung der
Natrium - Stickstoff - Verbindung gebildeten Rückstand vor der Auslaugung des Carbonats
durch nochmalige Cyanisierung in Natriumcyanid, -cyanamid o. dgl. umzusetzen und
dieses wiederum zu verseifen und den Ge-' samtvorgang gegebenenfalls einige Male
zu wiederholen.
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Will man statt Ammoniak als Nebenprodukt der Sodagewinnung Ammonsulfat
unmittelbar aus dem Verfahren gewinnen, so verfährt man zweckmäßig wie folgt: Die
gemäß der oben wiedergegebenen Formel bei der Darstellung von Cyanid entfallende
Schwefelverbindung, z. B. Schwefelcalcium, CaS, kann ohne weiteres und mit Vorteil
z. B. durch Behandlung mit Kohlensäure und Wasser bei entsprechenden Bedingungen
in Carbonat, welches zweckmäßig wieder in den Cyanisierungsprozeß eingeführt werden
kann, und Schwefelwasserstoff umgewandelt werden. Die Umsetzung von Schwefelwasserstoff
mit Sauerstoff, zweckmäßig in Gegenwart von Katalysatoren, liefert in bekannter
Weise mit H@O Schwefelsäure. Durch Umsetzung dieser- Schwefelsäure mit dem bei der
Verseifung des erzeugten Cyanids, Cyanamids o. dgl. erzeugten Ammoniak kann also
mit Vorteil nach an sich bekanntem Vorgang Ammonsulfat als wertvolles Düngemittel
gewonnen werden. Andererseits ist es natürlich nicht notwendig, die beiden Erzeugnisse
Ammoniak und Schwefelsäure auf Ammonsulfat zu verarbeiten, sie können selbstverständlich
auch einzeln verwertet werden, da jedes für sich ein begehrtes Rohprodukt der chemischen
Großindustrie darstellt.
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Als kohlenstoffhaltiges Reagens bei der Cyanisierungsstufe kann mit
Vorteil sowohl Koks wie auch Kohle verwendet werden. Koks ist deshalb besonders
brauchbar, weil er den Kohlenstoff in besonders hochaktiver Form darbietet, während
andererseits Kohle, zumal Rohkohle, sich durch Billigkeit auszeichnet und die Gewinnung
ihrer nutzreichen und wertvollen Nebenprodukte sich leicht mit dem Hauptverfahren
verbinden läßt. Ferner kann bei der Verwendung von Kohle oder Koks als Kohlenstoffträger
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren eine Ausnutzung des in der Kohle oft in ausnutzbaren
Mengen enthaltenen Schwefels verbunden werden. Es erfolgt dann, wie ohne weiteres
erkennbar ist, eine gewisse zusätzliche Erzeugung von Schwefelsäure, deren Gewinnung
sich aus dem Gang des Verfahrens ohne nennenswert vermehrte Aufwendungen ergibt.
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Ausführungsbeispiel r ooo kg Natriumsulfat werden zusammen mit z 22o
kg Steinkohle und 930 kg Kalk vermischt und fein gemahlen. ,
Die
Masse wird sodann einem beheizten Cyanisierapparat zugeführt und der Einwirkung
von Stickstoff bei einer Temperatur von etwa i ooo° C unterworfen.
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Nach der Cyanisierung wird die Masse ausgeschleust und einem Verseifungsapparat
zugeleitet. In diesem Verseifungsapparat wird die Masse der Behandlung durch Wasserdampf
bei ungefähr q.5o° C unterworfen. Dabei werden 145 kg Ammoniak abgetrieben.
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Nach der Verseifung wird die abgekühlte Masse in einen Auslaugebehälter
eingeführt und die Soda durcb Wasser ausgelaugt. Der feste Rückstand und die Lauge
sind in bekannter Weise zu trennen, und die Lauge ist gegebenenfalls von etwa vorhandenen
Verunreinigungen zu befreien. Aus der Lauge werden dann 5oo kg von einer Reinheit
von 98 0110 gewonnen.
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Der feste, nach der Auslaugung verbleibende Rückstand wird nach dem
Verfahren von C h a n c e mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt und in mehreren
hintereinandergeschalteten Zylindern mit Kalkofenkohlensäure geblasen. Die entweichenden
schwefelwasserstoffhaltigen Endgase werden zwecks Bildung von Anhydrid verbrannt,
und das Anhydrid wird sodann nach dem Kontaktverfahren in Schwefelsäure umgesetzt.
Auf diese Weise werden 52o kg Schwefelsäure erhalten.
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Die Umsetzung von Schwefelsäure mit dem bei der Verseifung gewonnenen
Ammoniak liefert 55o kg Ammoniumsulfat.