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Verfahren zur Herstellung von Acetaldehyd Die Bildung von Acetaldehyd
aus Äthylenoxyd ist bekannt (vgl. I p a t i e w, Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft 36, 2017; N e f , Liebigs Annalen der Chemie 335, toi; Sabatier
und Durand, Chemisches Zentralblatt 1926, T, 3229; ferner das britische Patent 331
i85). Eine Nachprüfung der bekannten Verfahren ergab jedoch, daß (vielleicht mit
Ausnahme des zuletzt genannten) keines technisch verwertbar ist. Aluminiumoxyd wirkt
auf Äthylenoxyd nicht nur umlagernd, sondern auch wasserabspaltend und kondensierend
ein. Neben Acetaldehyd entsteht ein kompliziertes Gemisch höher siedender, gelb
gefärbter Stoffe. Außerdem wird der Katalvsator durch Abscheidung brauner Harze
bald stark verunreinigt. Die Angabe von N e f, daß Äthylenoxyd bei q.oo bis q.20°
sich langsam und ohne Gasentwicklung in Acetaldehyd umwandle, konnte nicht bestätigt
«erden. Bei langsamem Durchleiten von Äthylenoxyd durch ein auf q.oo bis q.20° erhitztes
Verbrennungsrohr wurden neben unverändertem Äthylenoxyd beträchtliche Mengen von
Gasen, aber nur Spuren von Acetaldehyderhalten. Das britische Patent 33I 185 benutzt
kompliziert aufgebaute Katalysatoren, in denen Elemente der fünften und sechsten
Gruppe des periodischen Systems die Hauptrolle spielen. Kieselgur tritt in einem
Beispiel nur als Katalysatorträger auf.
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Demgegenüber wurde die überraschende Feststellung gemacht, daß Silicagel
ein ganz hervorragender Katalysator für die Umwandlung von Äthylenoxyd in Acetaldehyd
ist. Nicht alle im Handel befindlichen Silicalmarken sind gleich wirksam. Bei den
aktivsten Sorten ist für gute Ableitung der Reaktionswärme Sorge zu tragen, damit
lokale Überhitzungen des Katalysators und der Reaktionsprodukte vermieden werden.
Dies kann geschehen durch sinngemäße Anwendung an sich bekannter Anordnungen, die
sich auch sonst bei exothermen katalytischen Reaktionen bewährt haben, z. B. durch
Zumischung indifferenter Stoffe von guter Wärmeleitfähigkeit zum Katalysator, durch
Aufbringen des Katalysators auf Metalldrahtnetz, schließlich auch dadurch, daß man
den Katalysator in einer indifferenten Flüssigkeit aufschwämmt, deren Siedetemperatur
der gewünschten Reaktionstemperatur entspricht.
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Beispiel i Staubfeines Silicagel (Sorte »bag fines« der Silicagel-Gesellschaft
Berlin) wird mit Wasser zu einer steifen Paste angeteigt, die Paste auf dem Wasserbad
angetrocknet, der so erhaltene Kuchen in etwa erbsengroße
Stückchen
gebrochen und diese in ein Verbrennungerohr gefüllt. Der. Katalysator wird nun im
Verbrennungsrohr in einem schwachen Strome trockner Luft'bei'etwa 22o° getrocknet.
Zur Beschleunigung des Trocknens kann man gegen Schluß auch Vakuum anwenden. Über
den so vorbereiteten Katalysator werden Dämpfe siedenden Äthylenoxyds unter Einhalten
einer Reaktionstemperatur von etwa :22o° mit einer Geschwindigkeit von i2o bis Zoo
g pro Stunde und Liter katalysatorerfülltem Raum übergeleitet. Die das Verbrennungsrohr
verlassenden Dämpfe werden durch gute Kühlung (Eis) verdichtet. Man erhält so aus
ioo Teilen Äthylenoxyd 95 bis 98 Teile eines Kondensats mit einem Gehalt von etwa
75 °/o Acetaldehyd. Die restlichen 25 °/o setzen sich ungefähr zur
Hälfte aus unverändertem Äthylenoxyd, zur anderen Hälfte aus höher als Acetaldehyd
siedenden Produkten zusammen. Unter letzteren wurde Anwesenheit von Par aldehyd
(gelegentlich auch Metaldehyd), Crotonaldehyd, Dioxan (als Tiefsiedegemisch mit
Wasser), Äthylalkohol und ungesättigte Körper noch unaufgeklärter Konstitution festgestellt.
Die Isolierung des Acetaldehy ds von den Nebenprodukten geschieht durch fraktionierte
Destillation. Beispiel e Staubfeines Silicagel wird mit fein verteiltem Aluminiumpulver
(sogenannter Aluminiumbronce) im Verhältnis i : i innig gemischt, mit Wasser, dem
man zur Aufhebung von Flotationserscheinungen etwas Sprit zufügt, zu einer steifen
Paste angeteigt, die Paste abgenutscht und der Filterkuchen zwischen Filterpapier
mit Hilfe einer Kopierpresse kurze Zeit gepreßt, sodann in Stückchen geschnitten
und in ein Verbrennungsrohr gefüllt. Die weitere Behandlung geschieht wie bei Beispiel
i. Man erhält bei einer Reaktionstemperatur von i8obis2oo° und einer Strömungsgeschwindigkeit
von 115 bis 145 g pro Stunde und Liter katalysatorerfülltem Raum aus ioo Teilen
Äthylenöxyd 95 bis 98 Teile eines Rohproduktes mit einem Gehalt von etwa 85 bis
88 °/o Acetaldehyd. Das Rohprodukt enthält nur unwesentliche Mengen unverändertes
Äthylenoxyd, im übrigen die unter Beispiel i erwähnten Nebenprodukte.
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Beispiel 3 Engmaschiges Aluminiumdrahtnetz wird sorgfältig entfettet
in einen dünnflüssigen, wäßrigen Brei von Silicagelpuder getaucht. Danach läßt man
kurze Zeit abtropfen und trocknet, zweckmäßig im Reaktionsofen, in ähnlicher Weise
wie bei Beispiel i beschrieben. Im übrigen verfährt man nach den unter Beispiele
gegebenen Anweisungen und, erzielt ungefähr die gleichen Ausbeuten wie dort. Beispiel
4 Man leitet Äthylenoxyd durch eine Aufschlämmung von i Teil Silicagelmehl in 2
Teilen siedenden Tetralins.
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Als Reaktionsgefäß eignet sich beispielsweiseein gasbeheiztes röhrenförmiges
Rührwerk von etwa 6oo mm Länge und 45 mm 1. W. mit horizontaler Achse, das am einen
Ende einen Stutzen zur Einleitung des Äthylenoxyds, am anderen Ende einen luftgekühlten
Rückflußkühler zur Kondensation der Tetralindämpfe trägt. Die Reaktionsprodukte
verlassen den Apparat am oberen Ende des Rückflußkühlers in dampfförmigem Zustand
durch eine Rohrleitung, die sie einem gut wirkenden, absteigenden Kühler zuleitet.
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Mit der genannten Apparatur konnten 70°%0 des Äthylenoxyds bei einmaligem
Durchleiten in Acetaldehyd umgewandelt werden. Das unverändert gebliebene Äthylenoxyd
kann durch eine zweite Behandlung (evtl. nach Abtrennen der Hauptmenge des gebildeten
Aldehyds) ebenfalls umgesetzt werden.