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Hilfsvorrichtung für am Vertäumast gefesselte langgestreckte Luftschiffe
Die Vorrichtungen, die den Aufenthalt der Lenkluftschiffe am Landemast auf sichere
Grundlage stellen sollen, weisen noch verschiedene Unvollkommenheiten auf. Und zwar
bestellt in dieser Hinsicht kein Unterschied zwischen der Fesselung am hohen oder
am niedrigen Mast, am frei aufgestellten oder an dein über der Einfahrtsöffnung
einer Drehlialle angeordneten.
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Es kommt vor allem darauf an, dein an dem Mast gefesselten Luftschiff
seine ruhige waagerechte Lage zu sichern, ohne dabei seine Nachgiebigkeit in der
waagerechten Richtung, im Schwenken um den Mast zu schmälern.
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LTin ein am hohen Mast gefesseltes Luftschiff gegen übermäßige senkrechte
Bewegungen zu schützen, ist die Verwendung von kettengliederartig aneinandergereiliten
Ballastkörpern vorgeschlagen, insbesondere Ketten, die quastenartig so zusammengefaßt
sind, daß oben mir eine Kette mit dem Luftschiffkörper (dein Heck) verbunden ist,
die sich durch Anfügung von weiteren Ketten nach unten zu immer öfter gabelt, so
daß eine nach unten immer schwerer werdende Kettenquaste entstellt.
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Der hauptsächlichste Nachteil bei der Verwendung solcher Ballastketten,
die den Luftschiffkörper einwandfrei stabilisieren, solange es sich um rein senkrechte
Bewegungen handelt, ist darin zu erblicken, daß bei der waagerechten Schwenkbewegung
des Luftschiffes die Kette auf dem Boden geschleppt werden muß und daß auf diese
Weise der freien Waagerechtbewegung ein erheblicher Widerstand entgegengesetzt wird,
der auf das einerseits an der Spitze gefesselte, anderseits durch die schleppende
Kette zurückgehaltene Luftschiff die Wirkung haben muß, daß die Luftschiffachse
unter dem Einfluß des seitlichen Windes eine Kegelmantelfläche beschreibt, so daß
bei genügend starkem Wind das Heck des Schiffes auf den Erdboden aufschlagen kann.
Es liegt nun nahe und ist deshalb auch schon empfohlen worden, die kettenartigen
Ballastkörper auf einem Wagen unterzubringen und diesen mitsamt der Kette vom Luftschiff
bei seiner Schwenkbewegung nachschleppen zu lassen. Viel wird dabei nicht gewonnen;
denn wenn man auch den Kettenwagen so leicht wie möglich konstruieren wird, wird
er doch immerhin infolge des von ihm zu befördernden Kettengewichts selbst schwer
werden, so daß die zu seiner Beschleunigung erforderliche Kraft nicht viel geringer
sein wird als der Schleppwiderstand.
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Etwas anders liegen die Verhältnisse, wenn man das Heck des Luftschiffes
unmittelbar auf einem Wagen befestigt, der eine Kreisbahn um den Fesselungspunkt
des Schiffes beschreibt, wie dies bei Fesselung am niedrigen Ländemast schon mehrfach
ausgeführt worden ist. Für diese Kreisbahn kommt eigentlich nur ein Schienenweg
in Frage, weil sonst bei der Bewegung des Heckwagens auf unebenem Gelände zu starke
Stöße auf das durch seinegroße Masse unnachgiebige Schiff erfolgen. Eine Federung,
die groß genug wäre, um diese Stöße aufzufangen, ist nicht leicht zu konstruieren.
Diese Anordnung hat außerdem den Nachteil, daß der Wagen, wie oben der Kettenwagen,
möglichst leicht gehalten werden muß, damit er nicht bei seitlich auf das Luftschiff
auftreffendem Wind einen
zu großen Beschleunigungswiderstand seiner
Bewegung entgegensetzt, so daß das an der Spitze und am Heck festgehaltene Luftschiff
auf Biegung beansprucht-wird. Das nur durch Ketten am hohen Mast stabilisierte Luftschiff
verfügt im Gegensatz hierzu immer noch über eine gewisse Nachgiebigkeit und ist
im Vorteil. Dazu kommt noch, daß eigentlich der Wagen unter dem Heck des Schiffes
so schwer sein sollte, daß er durch keine Böen mit dem Luftschiff hochgehoben werden
kann. Hier stehen sich, wie man sieht, wieder völlig entgegengesetzte Konstruktionsbedingungen
gegenüber.
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Um allen diesen Nachteilen aus dem Wege zu gehen, wird erfindungsgemäß
vorgeschlagen, das Luftschiff immer nachgiebig mit dem Wagen zu verbinden und die
zur Beschleunigung und Verzögerung des Wagens erforderliche Kraft dadurch auf ein
Mindestmaß zu verringern, daß man den Wagen mit besonderen Antriebsmitteln und Bremsen
versieht, die durch die seitlichen Anfangs- und Endbewegungen des Luftschiffes in
Tätigkeit gesetzt und ausgeschaltet werden.
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Durch diesen Gedanken gewinnt die Erfindung der Ballastkette mit veränderlichem
oder nach unten zu wachsendem Gewicht erst ihre volle Bedeutung.. Die Dämpfung der
senkrechten Schiffsbewegungen kann durch entsprechend gewählte Abmessungen der Kette
beliebig weit getrieben -werden, ohne den Widerstand der waagerechten Schwenkbewegung
zu vergrößern. Der Kettenwagen und auch der Heckwagen kann jetzt, nachdem er eigenen
Antrieb erhält und sich dadurch seine Beschleunigung selbst erteilen kann, sobald
er dazu von dem voreilenden Luftschiff angestoßen wird, so schwer gemacht werden,
daß er als unbedingt verlässige Unterlage für Verankerungszwecke angesehen werden
kann.
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Wenn weiter unten zum Antrieb Akkumulatoren als Energiequelle vorgeschlagen
werden, so bildet in diesem Falle ihr hohes Gewicht eher einen Vorteil als eine
Schwierigkeit. Sie haben außerdem die hier besonders hoch zu bewertende Eigenschaft
der unbedingt sichergestellten Betriebsbereitschaft, die in dem gleichen Maße keine
andere Energiequelle besitzt.
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Wie die Betätigung der Schaltorgane bei Verwendung des hohen und des
niedrigen Mastes erfolgt, soll im nachstehenden an Beispielen des näheren erörtert
werden.
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Ist das Luftschiff an einem niedrigen Landemast gefesselt und soll
es gegen senkrechte Kräfte unnachgiebig auf einem Heckwagen und vielleicht noch
auf einem zweiten Wagen nahe seiner Mitte gelagert werden, so wird die Schaltbewegung
zwischen Wagen W und Luftschiffkörper L mit Hilfe eines zwischen dem Wagen und dem
Luftschiff angeordneten Schlittens oder Hilfswagens w bewirkt (Abb. z und 2). Dieser
Schlitten oder Hilfswagen w ist nur in der Waagerechten in Richtung der Geleise
beweglich, während er gegen senkrechtes Abheben vom Hauptwagen gesichert ist. Andererseits
ist der Schlitten oder Hilfswagen w mit dem Luftschiff L fest verbunden.
Erhält nun das Luftschiff durch seitlichen Wind eine Beschleunigung, so setzt es
sich zunächst mit dem an ihm befestigten Hilfswagen w oder Schlitten in Bewegung,
ohne den Hauptvagen W mitzunehmen. Diese dem Hauptwagen voreilende Bewegung des
Hilfswagens wird zum Schalten benutzt. Sind die Antriebsmittel für den Wagen elektrisch,
so kann das Schalten der Motoren M, DII' durch unmittelbare Betätigung des Schalthebels
S (Abb. x) oder mit Hilfe von Relais erfolgen. Erhält der Hilfswagen, um leicht
zu rollen, große Räder r, r', so kann von einem dieser Räder aus (r', Abb.2) die
Bremse und der Schalthebel h in Tätigkeit gesetzt werden, oder es kann mit der.
Achse des Hilfswagens eine Schaltwalze unmittelbar verbunden werden. Die seitliche
Bewegung des Hilfswagens gegenüber dem Hauptwagen ist natürlich begrenzt, wenn auch
die Antriebskräfte so groß bemessen werden sollten, daß der Hilfswagen in der Praxis
niemals gegen den Begrenzungsanschlag a fährt. Der Vorgang bei der Verwendung dieses
Hilfswagens ist nun wie folgt: Erzwingt das vom Winde in Bewegung gesetzte Luftschiff
einen Ausschlag des Hilfswagens dem vorerst noch stehenden Hauptwagen gegenüber,
so werden zunächst die 'Bremsen des Wagens gelöst, die geschlossen sind, solange
und sobald das Luftschiff senkrecht über der Mitte des Hauptwagens steht. Nach dem
Lösen der Bremsen schaltet der sich weiterbewegende Hilfswagen die Antriebsmittel
des Hauptwagens immer mehr ein, und dieser folgt mit wachsender Beschleunigung dem
Luftschiff, bis er es einholt. elberholt der Wagen das Luftschiff, sei es, daß die
Windwirkung auf das Luftschiff nachgelassen hat oder daß die zunehmende Beschleunigung
des Wagens die Ursache ist, so bleibt der Hilfswagen zurück und schaltet in umgekehrter
Reihenfolge zuerst die Antriebsmittel aus und läßt die Bremsen einfallen, sobald
seine Mitte senkrecht über der Mitte des Hauptwagens steht. Der Vorgang ist durch
symmetrische Anordnung der Schaltteile für Rechts- und Linksbewegung des Luftschiffes
der gleiche. Die beiden Wagen, der Heckwagen und der gegebenenfalls noch nahe der
Mitte des Luftschiffes angeordnete weitere Stützwagen, können jeder für sich unter
Ausnutzung der Relativbewegung (Voreilen und Nacheilen) des Luftschiffes geschaltet
werden.
Ebenso kann auch das Schalten des mittleren Wagens von der Bewegung des Heckwagens
abhängig gemacht werden, wobei die Verschiedenheit der Schwenkhalbmesser und -geschwindigkeiten
der beiden Wagen Berücksichtigung finden muß. Durch im Verhältnis der Schwenkhalbmesser
abgestufte Hintereinanderschaltung der elektrischen Antriebsmittel kann eine selbsttätig
richtige Verteilung der Zugkräfte auf beide Wagen erreicht werden.
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Wenn man als Energiequelle auch jede bewegliche Kraftmaschine, wie
z. B. Ölmotor, Benzinmotor usw., verwenden kann, so dürfte doch die elektrische
Akkumulatorenbatterie A die zweckmäßigste Stromquelle sein, weil sie, wie oben schon
bemerkt, stete Betriebsbereitschaft gewährleistet und nicht feuergefährlich ist
wie Verbrennungsmotoren, außerdem während des Betriebes keiner Wartung bedarf wie
die letzteren. Legt man auf sanftes Anfahren besonderen Wert, so kann die für solche
Zwecke .geeignete Ward-Leonard-Schaltung gewählt werden. Es muß dann allerdings
ein ständig laufender Leonard-Umformer, auf dem Wagen aufgestellt werden. Kommt
es aber nur darauf an, daß der Wagen unverzüglich dem voreilenden Luftschiff folgt,
so ist die Verwendung der für hohe Anzugskräfte besonders geeigneten Hauptschlußmotoren
(Bahnmotoren) am Platze. Daß die den Wagen bremsenden Einrichtungen sowohl mechanisch
als auch elektrisch betätigt werden können, bedarf keiner Erwähnung.
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Als Energiequelle zum Antrieb des Ballastwagens können z. B. auch
Luftschrauben verwendet werden (Abb. 3 und q., P, P'). Diese Luftschrauben sind
an dem Wagen möglichst hoch über dem Erdboden mit ihrer Achse parallel zur Luftschiffachse
(Abb. 3) angeordnet. Am zweckmäßigsten wird man zwei Luftschrauben P und P' verwenden,
je eine links und rechts des Luftschiffkörpers. Der längs des Luftschiffkörpers
streichende Wind wird die voll beaufschlagten Windräder dauernd antreiben, die aber,
solange das Luftschiff senkrecht über dem Wagen steht - im Beispiel ist das Luftschiff
am niedrigen Mooring-Mast gedacht -, im Leerlauf arbeiten, d. h. nicht mit dem Wagen
gekuppelt sind. Zwingt seitlicher Winddruck das Luftschiff zu seitlicher Bewegung,
so wird mittels des Hilfswagens oder wie in Abb. 3 mittels einer Hebelführung H
eine Kupplung K bewegt, die die Bremsen des Wagens löst und die Luftschrauben P,
P' mit den Antriebsteilen R, R' des Wagens kuppelt. Diese Kupplung kann z. B. mit
Hilfe eines Reibungswendegetriebes G erfolgen. Bleibt das Luftschiff stehen, so
wird der voreilende Wagen W in umgekehrter Reihenfolge die Luftschrauben vom Getriebe
abschalten und die Wagenbremsen anziehen.
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Die Verwendung von Luftschrauben hat noch einen besonderen Vorteil.
Ihre Kraft hängt von der Stärke des Windes ab, so daß also der Antrieb des Wagens
entsprechend der Windstärke erfolgt.
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Ein anderes Ausführungsbeispiel für den Windradantrieb der Stützwagen
wäre eine Anordnung, bei der die Achse der Windräder senkrecht zur Luftschiffachse
(Abb. q.) steht, so daß der längs dem Luftschiff strömende Wind sich entlang der
Windradebene bewegt und deshalb das Windrad nicht in Bewegurig setzt. Erst wenn
eine Windkomponente quer zur Luftschiffachse auftritt, erfolgt eine Beaufschlagung
der Steuerwindräder, die in diesem Falle dauernd fest mit den Antriebsvorgelegen
für den Wagen verbunden sind. Auch die Anordnung besonderer Bremsen erübrigt sich,
weil die Windräder selbst beim Stillstehen und Umsteuern die Aufgabe der Bremsung
übernehmen. Im Gegensatz zu den möglichst hoch anzubringenden, dauernd voll beaufschlagten
Windrädern des vorhergehenden Beispiels in-Abb. 3 müssen die mit ihren Achsen quer
zur Luftschiffachse stehenden Steuerwindräder in einer geringeren Höhe angeordnet
werden, damit sie sich dem unter dem Luftschiff und insbesondere dem Luftschiffheck
hindurchströmenden Querwind möglichst ausgiebig darbieten. Diese Anordnung ist ähnlich
der an Windmühlen verwendeten Vorrichtung, die zum selbsttätigen Einstellen der
Windflügelebene senkrecht zur Windrichtung benutzt wird.
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Befindet sich das Luftschiff an einem hohen Mast, so wird der Ausschlag
(Abb. 5 und 6), den das obere Ende O der Kettenquaste O oder - wie in der Zeichnung
- der Kette mit nach oben zu immer kleiner werdenden Gliedern dem Kettenwagen W1
gegenüber bei voreilendem Luftschiff erzeugt, zum Schalten benutzt. Der stehende
Wagen befindet sich in gebremstem Zustand. Diese Bremsen B sind über ein Differentialgetriebe
D durch Seile mit dem oberen Ende O der Kettenquaste und dadurch mit dem Luftschiff
selbst verbunden. Macht das Luftschiff nur senkrechte Bewegungen, so werden nur
die Federn F und F' gespannt und entspannt, aber die Achse C der Zw ischeriräder
des Differentialgetriebes ändert ihre Lage nicht im Raum, und es wird keine Schaltbewegung
ausgeführt, zu der man eben die Bewegung dieser Zwischenräderachse C im Raum verwendet.
Die Haupträder des Differentialgetriebes s, s sind als Seitentrommeln ausgebildet,
auf denen zwei von dem oberen Punkt der Kettenquaste gabelig abgehende Seile k,
h in entgegengesetzter Richtung aufgewunden sind,
wobei die Troxürrieln
so gegen$inander durch Federkraft F und F' gespannt werden, daß sie die beiden aufgewundenen
Seile in Zug halten. So kommt es, daß, wie oben schon erwähnt, bei rein senkrechter
Bewegung des Gabelungspunktes 0, 0' die Achse des Zwischenräderpaares C ihre Lage
im Raum nicht ändert. Wird jedoch durch eine Schwenkbewegung des Luftschiffes der
Gabelungspunkt zur Trommelachse seitlich verschoben nach 0" oder 0"', so wird die
Achse des Zwischenräderpaares vermittels der Seile T, T in derselben Richtung
mitgenommen. Ihr Ausschlag kann dann zur Betätigung von Bremsen, z. B. Schraubenbandbremse,
auf Abb. 5 oder Schalteinrichtungen S auf Abb. 6 benutzt werden. Je größer die Voreilung
des Luftschiffes wird, desto mehr und mehr werden die Antriebsmittel eingeschaltet,
und der Wagen folgt mit wachsender Beschleunigung dem Luftschiff. Läßt die Bewegung-
des Luftschiffes nach, holt also der Wagen W das Luftschiff ein, so kehrt sich die
Schaltbewegung und damit auch der Schaltvorgang um, die Antriebsmittel werden mehr
und mehr ausgeschaltet, und zum Schluß fällen die Bremsen ein, wenn das Luftschiff
senkrecht über dem Kettenwagen steht.