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Lehrapparat für Musikunterricht Das Lesen der seit Jahrhunderten gebräuchlichen
Notenschrift bietet zwar dem Fachmann infolge langer Übung keinerlei Schwierigkeit
mehr, bereitet aber erfahrungsgemäß dem Anfänger große Mühe. In der Tat ist diese
Schrift in sich unlogisch, so daß der Schüler zu deren Erlernung kaum irgendwelche
logischen Anhaltspunkte findet. Gerade hierin liegt die pädagogische Schwierigkeit,
welcher der Lehrer beim Unterrichten der Grundbegriffe begegnet. Ihm einers°its
sind die verschiedenen Zeichen vollkommen in Fleisch und Blut übergegangen, so daß
er kaum noch die Schwierigkeiten versteht oder erkennt, denen der Schüler begegnet,
und selbst wenn er sie schließlich aus irgendeiner Fragestellung des Schülers erkannt
hat, so wird es nur wenig Lehrern möglich sein, auf die betreffende Frage des Schülers
eine Antwort zu geben, der eine vernünftige oder logische Begründung innewohnt.
So ist es beispielsweise für den Anfänger nicht ohne weiteres einzusehen, wieso
ein Takt, dessen räumliche Entfernung seiner Begrenzungsstriche nur einen Bruchteil
der räumlichen Entfernung der benachbarten Taktstriche aufweist, den gleichen Zeitwert
hat. In der Tat kann man einen Takt, der nur aus einer ganzen Note besteht, beispielsweise
sechzehnmal kürzer auf dem Papier aufzeichnen als einen Takt des gleichen Zeitmaßes,
der nur Sechzehntelnoten aufweist. Inkonsequent erscheint es ferner, den Zeitwert
einer Note einmal durch hohle oder volle Zeichnung des Kopfes, das andere Mal wieder
durch Anhängen von Strichen, dann wieder durch Versehen dieser Striche mit einem
oder mehreren Fähnchen und schließlich durch Anbringung eines oder mehrerer Punkte
hinter den Notenköpfen zu kennzeichnen.
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Unlogisch erscheint es ferner, daß der Abstand zwischen einer auf
einer Notenlinie liegenden Note und der über der betreffenden Linie liegenden Note
das eine Mal einem halben, das andere Mal wieder einem ganzen Ton entspricht. Der
Anfänger steht also vor der Tatsache, daß unsere Notenschrift, räumlich gesprochen,
nach zwei Richtungen hin unlogisch und willkürlich geschaffen ist, nämlich das eine
Mal hinsichtlich der Kennzeichnung des Zeitwertes und das andere Mal bezüglich der
Tonhöhe der betreffenden Note.
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Dem Lehrapparat gemäß der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, Tonhöhe
und Zeitwert der Noten sowie die Tonart des betreffenden Stückes lediglich durch
räumliche Darstellung nach Art eines rechtwinkeligen Koordinatensystems klarzumachen.
Die Ordinatenwerte werden hierbei durch die Höhe der verschiedenen Notenlinien über
einer bestimmten Grundlinie bestimmt, während der Zeitwert der Noten auf diesen
Linien in einem Längenverhältnis aufgetragen wird, welches dem Verhältnis ihres
Zeitwertes entspricht, so daß alle Takte die gleiche absolute Länge erhalten. Zur
Verkörperung dieses
Gedankens dient gemäß der Erfindung ein durch
Füße o. dgl. senkrecht aufstellbarer Rahmen, dessen seitliche Leisten mit einer
Anzahl übereinanderliegender Nuten versehen sein können, um die die Notenlinien
darstellenden Leisten in beliebiger Höhe einschieben zu können, auf welche sodann
Pappscheiben, Klötze oder andere die Noten kennzeichnende Körper aufgelegt werden
können, deren Länge in der Lesrichtung ihrem Zeitwert proportional ist.
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Die Erfindung sei an Hand der Zeichnung näher erläutert, die ein Ausführungsbeispiel
des neuen Lehrapparates erkennen läßt.
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Fig. i ist eine Vorderansicht und Fig. z ein Schnitt nach Linie II-11
der Fig. i.
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Der Apparat gemäß der Erfindung besteht aus zwei senkrecht stehenden
Leisten 2, 2, die an ihren Unterenden mit geeigneten Füßen versehen oder auch durch
nicht dargestellte OOuerstreben miteinander verbunden werden können, so daß sie
senkrecht zu stehen vermögen. Die einander zugekehrten Flächen der beiden Leisten
sind mit einer Anzahl von Nuten 3 versehen, in welche die die Notenlinien ersetzenden
Leisten 4. eingeschoben werden können. Die oberste dieser Leisten oder, wie dargestellt,
eine besondere Deckleiste 5 ist breiter als die Leisten 2 und ¢, so daß ihre eine
Längsseite die Leisten ¢ überragt. Der überragende Rand der Leiste 5 ist in gewissen
gleichmäßigen Abständen voneinander mit Löchern versehen, durch welche Stäbe 6 hindurchgeführt
-werden können, deren Länge wenigstens bis zur Höhe der untersten 'Tuten 3 reicht,
indem die Stäbe 6 unmittelbar vor die Vorderkanten der Leisten 4 zu liegen kommen
und somit die Taktstriche darstellen. Die Leisten q. können an ihrer Oberseite sowohl
in den Abständen der Taktstriche als auch in Hälften, Viertel, Achtel oder Sechzehntel
dieser Abstände unterteilt sein, indem man sie in geeigneter Weise einritzt oder
mit Strichen versieht.
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Die Nuten 3 in den Leisten 2 besitzen alle den gleichen Abstand voneinander,
welcher dem kleinsten Tonintervall, also für normale Verhältnisse einem halben Ton
entspricht.
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Um dem Schüler beispielsweise das Wesen einer Tonleiter klarzumachen,
läßt man ihn, von irgendeiner Nut aus beginnend, Leisten in übereinanderliegende
Nuten derart einschieben, daß diese verschiedenen Leisten die der betreffenden Tonleiter,
beispielsweise einer Dur-Tonleiter entsprechenden Abstände von 21/, und 31/, Einheiten
aufweisen, wie es Fig. i erkennen läßt. Die verschiedenen Tonarten werden dadurch
bestimmt, daß der Schüler beim Aufbau dieser Tonleiter von den verschiedenen Nuten
ausgeht. Das Bild der Tonleiter bleibt jedoch, und dies ist wesentlich in bezug
auf die Erfindung, bei allen Tonarten das gleiche.
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Die verschiedenen Noten oder Töne innerhalb dieses Systems oder dieser
Tonart werden durch auf die Leisten aufgelegte Streifen 9 aus Pappe, Zelluloid o.
dgl. dargestellt, deren Länge in der Lesrichtung ihrem Zeitwert proportional ist.
Der beispielsweise eine ganze Note darstellende Pappstreifen o. dgl. wird daher
den Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Taktstrichen 6 vollkommen ausfüllen,
während beispielsweise eine Viertelnote nur den vierten Teil dieses Abstandes ausmacht.
Die in den beiden ersten Takten der Fig. i dargestellte Tonleiter besteht beispielsweise
aus Viertelnoten. Für Achtel-; Sechzehntel-, Zweiunddreißigstel- usw. Noten kann
es zweckmäßig sein, zu ihrer Kennzeichnung verschiedene Farben oder Farbkombinationen
der Pappscheiben zu verwenden, da das Abschätzen dieser kleineren Bruchteile unter
Umständen Schwierigkeiten bereitet.
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Um einen der Tonart fremden Ton, also beispielsweise ein gelegentlich
vorkommendes »cis« in G-Dur zu kennzeichnen, dienen gemäß der Erfindung Klötze oder
Schemel 8 (vgl. den dritten Takt in Fig. i), die an Stelle eines Streifens auf oder
unten die betreffende Leiste gestellt bzw. -angebracht werden und die bisherige
#- -oder b-Schreibweise der betreffenden Tonart ersetzen. Kommt ein »b« vor, so
werden die Klötze an der Unterseite der betreffenden Leiste befestigt, zu welchem
Zwecke an den Unterseiten der Leisten besondere Nuten o. dgl. vorgesehen sind, in
welche die Klötze eingeschoben werden können.
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Zweckmäßigerweisewerden die Nuten 3 in den Leisten 2 mit den Bezeichnungen
der Töne und Halbtöne versehen, damit der Schüler, sobald er mit dem Lehrapparat
vertraut geworden ist, an der Seite auch ablesen kann, wie die den verschiedenen
Leisten entsprechenden Töne heißen. Aus pädagogischen Gründen hat es sich als zweckmäßig
erwiesen, diese Bezeichnung der Nuten mittels einer abnehmbaren Deckleiste vorzunehmen.
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Da, wie bereits erwähnt, die Leisten 4. unabhängig von der jeweiligen
Tonart immer die gleiche Abstandsreihenfolge voneinander aufweisen (z. B: 21/2 -und
31/, Einheiten bei Dur-Tonarten), wäre es auch möglich, sie miteinander starr zu
verbinden, um das so gebildete Gerippe als Ganzes in verschiedene Nuten der Seitenwangen
:2 einschieben zu können. Hat der Schüler beispielsweise in diesem Leistengebilde
eine .bestimmte Melodie mit bestimmtem Rhythmus aufgebaut, ohne sich zunächst um
die absolute Höhe der verschiedenen Töne oder um die Tonart des Stückes zu kümmern,
so könnte er dann die
miteinander verbundenen Leisten .I als Ganzes
in verschiedene Nuten 3 der Wangen 2 einschieben und jeweils an den Seiten den Namen
der verschiedenen Töne ablesen und hieraus die Tonart angeben. Auf diese Weise wird
dem Schüler leichter als nach der bisherigen Vorzeichenschreibweise klar, daß Melodie
und Zeitwert des betreffenden Stückes unabhängig von der betreffenden Tonart sind,
und er wird, welche Tonart auch immer eingestellt sein mag, stets das gleiche akustische
und melodische Gefüge vor Augen sehen. Bei der bisherigen Schreibweise dagegen besitzt
ein und dasselbe Musikstück in den verschiedenen Tonarten geschrieben- mitunter
derart verschiedenes Aussehen, daß die Identität des Stückes für den Anfänger keinesfalls
und mitunter für den Geübten sogar nicht ohne weiteres zu erkennen ist.
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Die Höhe der Leisten 2 ist in der Zeichnung nur beschränkt dargestellt,
kann aber dem jeweiligen Bedarf beliebig angepaßt werden und mehrere Oktaven umfassen.