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Leiter, bestehend aus einem Kernseil und einer oder mehreren Decklagen
Aluminium wurde im Freileitungsbau bisher in Form von Seilen aus nichtlegiertem
Aluminium verwendet oder vorteilhafter noch als Draht oder Drahtseil aus vergütbaren
(Hart-) Aluminiumlegierungen, wie solche unter den verschiedensten Namen bekannt
geworden sind. Auch kombinierte Leiter aus Aluminium und Stahl sind bekannt. Seilkombinationen
von Stahldrähten mit Aluminiumdrähten sind, wenn man von dem Wärmeausdehnungskoeffizienten
dieser Metalle absieht, ohne weiteres verwendbar, da der Elastizitätsmodul von Stahldrähten
weit höher liegt als der der Reinaluminiumdrähte, so daß die Hauptzugbeanspruchung
in der verlegten Leitung stets von der Stahlseele aufgenommen wird.
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Ganz anders liegen die Verhältnisse, wenn man Drähte aus Hartaluminiumlegierungen
mit Drähten aus Reinaluminium zu einem Seil kombinieren wollte. Drähte aus Hartaluminiumlegierungen
haben nahezu denselben Elastizitätsmodul wie hartgezogene Drähte aus Reinalurninium.
Die Elastizitätsgrenzen liegen dagegen sehr weit auseinander. So liegt die Elastizitätsgrenze
von Drähten einer der bekannten Aluminiumlegierungen bei rund 16 kg/qmm, dagegen
die von Reinaluminiumdrähten bei 5 kgl'qmm. Würde man nun bei den seinerzeit üblichen
Seilbauarten ein Seil mit einem Kern aus Hartaluminium und einer Decklage aus nichtlegiertem
Aluminium Zugbeanspruchungen bis zu 1o kg/qmm und darüber aussetzen, so verteilt
sich infolge des annähernd gleichen Elastizitätsmoduls beider Baustoffe die Belastung
gleichmäßig auf den ganzen Seilquerschnitt. Dabei würden dann also die- Hartaluminiumdrähte
keine bleibende Formänderung (Längendehnung) erleiden, da die Beanspruchung noch
innerhalb der Elastizitätsgrenze liegt, dagegen würden die Drähte aus nichtlegiertem
Aluminium bereits einer bleibenden Dehnung unterworfen werden. Eine solche gleichmäßig
über den ganzen Ouerschnitt verteilte Zugbeanspruchung würde daher die Aluminiumdrähte
der Decklage verformen, so daß ein solcher Leiter im Laufe kurzer Zeit unbrauchbar
würde.
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Durch die Erfindung werden diese Übelstände vermieden. Die Erfindung
beruht auf der Erkenntnis, daß in einem gespannten Leiter aus einem verseiften Kern
von Runddrähten oder profilierten Drähten und z. B. einer Decklage aus runden oder
profilierten Drähten die Decklagendrähte erst dann auf Zug beansprucht werden, wenn
sie dicht auf dem Kernseil aufliegen und sich mit den Kanten gegeneinander abstützen.
Solange diese beiden Bedingungen nicht erfüllt sind, weicht die Decklage bei elastischer
Zugbeanspruchung des Kerns durch Verschiebung ihrer Drähte gegeneinander und gegen
das
Kernseil der-_Zügbeahsp.yticjlung aus. Gemäß der Erfindung wird:
daher zwischen dem Kernseil und der Decklage oder- zwischen den einzelnen Decklagendrähten
oder zwischen dem Kernseil und der Decklage und zwischen den Drähten der Decklage
ein geringes Spiel gelassen. Dieses wird so bemessen, daß die Decklagendrähte erst
dann fest auf dem Kernseil aufliegen bzw. gegeneinanderschließen, wenn das Kernseil
eine gewisse vorherbestimmte Zugbeanspruchung aufgenommen hat.
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Wird beispielsweise der Leiter gemäß der Erfindung so gebaut, daß
die Decklagendrähte dicht auf dem Kernseil aufliegen und daß das geringe Spiel zwischen
den einzelnen Decklägendrähtcn, ;die z. B. als Flachdrähte ausgebildet sind, besteht,
so wird bei Zugbelastung des eingespannten Seils diese zunächst vom Kernseil in
der Weise aufgenominen, daß es eine elasti=sche Längenänderung und gleichzeitig
eine der Längenänderung entsprechend geringe Querschnittsverminderung erfährt. Infolge
der Querschnittsver-Minderung des Kerns und des Spiels zwischen den einzelnen Decklagendrähten
können diese der Zugbelastung ausweichen, bis sie entweder fest auf dem Kernseil
aufliegen oder sich fest gegeneinander abstützen. Zweckmäßig wird nun gemäß der
Erfindung das Spiel so bemessen, daß bei einer vorherbestimmten spezifischen Zugbeanspruchung
des Kernseils die Decklagendrähte gleichzeitig zum Tragen und zum Schließen kommen.
Bei dein Leiter gemäß der Erfindung ist es also möglich, die Decklagendrähte und
das Kernseil verschiedenen spezifischen Zugbeanspruchungen auszusetzen, so daß entsprechend
der Eigenart der beiden Baustoffe die Zugbeanspruchung für jeden Teil des Leiters
so eingerichtet werden kann, daß bei maximaler spezifischer Zugbeanspruchung, die
sich im Leiterbau entweder nach Eisbelastung oder nach der den Durchhang des Seils
beeinflussenden Mindesttemperatur bestimmt, beide Baustoffe annähernd gleichzeitig
bis zu ihren verschiedenen Elastizitätsgrenzen beansprucht werden. So kann man z.
B. bei normaler Temperatur (2o° C) die Zugbeanspruchung des kombinierten Seils derart
verteilen, daß die Hartaluminiumdrähte etwa q kg/qmm beansprucht werden, dagegen
die Reinaluminiumdrähtemit etwa o,:75 kgjqnlm,: eine Beanspruchung, die weit unter
der Elastizitätsgrenze des Reinaluminiums liegt. Mit zunehmender Belastung steigt
dann die Beanspruchung des Kernseils und der Decklage gleichmäßig weiter.
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Dieselben Vorgänge treten auch ein, wenn außer zwischen .den Decklagendrähten
untereinander noch ein geringes Spiel zwischen der Decklage und dem Kernseil gelassen
wird, und ebenso in dem Fall, wo das Spiel nur zwischen der Decklage und dem Kernseil
vorhanden ist, vorausgesetzt, daß in diesem Falle das Kernseil und die Decklagendrähte
getrennt abgespannt werden, so daß die Decklagendrähte durch Torsion der anfänglichen
Zugbeanspruchung ausweichen können, bis das Spiel bei einer gegebenen Belastung
aufgehoben ist: Die Größe des erforderlichen Spiels läßt sich aus den physikalischen
Konstanten der Baustoffe, dem Querschnitt des Seils und der Größe der anfänglichen
Zugbeanspruchung, die nur vom Kernseil aufgenoinmen werden soll, nach den für den
Leitungsbau üblichen Regeln ohne weiteres berechnen. Die Herstellung der Leiter
gemäß der Erfindung ist dabei keineswegs schwieriger als die Herstellung der üblichen
Leiter, denn in den Fällen, in denen das Spiel zwischen den einzelnen IDecklagendrähten
vorhanden ist, wird nur eine andere als die bisher übliche Bemessung der Decklagendrähte
erforderlich, während dann, wenn auch. noch Spiel zwischen dem Kernseil und der
Deck-Lage vorhanden sein soll, die entsprechend größere Bemessung der Büchse der
Verseilmaschine, durch die die Decklagendrähte über das Kernseil verseilt werden,
ausreicht, um die gewünschte. Form des Leiters herzustellen.