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Verfahren zur Gewinnung von leicht verdaulichen Futterstoffen aus
Stroh, Schilf und ähnlichen Pflanzenstoffen Es ist bekannt, die bei der Zellulosefabrikation
durch die chemische Aufschließung des Holzes gewonnenen Ablaugen auf Futtermittel
zu verarbeiten. Diese Ablaugen sind jedoch stark verdünnt, und die aus den verwendeten
Chemikalien stammenden schädlichen Salze lassen sich entweder gar nicht oder nur
unvollständig bzw. schwierig und kostspielig entfernen.
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Es ist schon vorgeschlagen worden, 3o bis 40 "/" Wasser enthaltendes
Torfmoos durch schnelle (nicht mehr als i 5, Minuten in Anspruch nehmende) Erhitzung
in einem geschlossenen Gefäß auf 16o° C und Beibehaltung dieser Temperatur für etwa
30 Minuten in ein Futtermittel zu verwandeln.
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Demgegenüber bezweckt die Erfindung auf einfache Weise und ohne Zusatz
von Chemikalien die Gewinnung von hochwertigen, nährstoffhaltigen Erzeugnissen aus
Gras, Schilf und ähnlichen Pflanzenarten, insbesondere Getreidestroh, und zwar in
Anlehnung an dasjenige Verfahren zur Herstellung von Papierstoff aus diesen Pflanzen,
bei welchem die trockenen Pflanzen, nachdem sie gegebenenfalls vorher noch angefeuchtet
worden sind, je nach dem Rohmaterial während 2 bis 4 Stunden bei etwa 5 bis 6 Atm.
Druck nur mit Dampf aufgeschlossen und dann mechanisch zerfasert werden.
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Die Erfindung beruht nämlich auf der eigentümlichen Wirkung, welche
Sattdampf bei einer Temperatur von etwas über iSo° C, auf solche lufttrockenen Pflanzenstoffe
wie Gras, Schilf, Stroh u. dgl. hat, wenn diese vor der Dämpfung angefeuchtet werden
und während der Dämpfung nicht mit Flüssigkeit in Berührung kommen, indem er nicht
nur alle wasserlöslichen Substanzen, sondern auch einen Teil anderer Strohsubstanzen,
die die Fasern verbinden, zur Lösung bringt, wobei diese Substanzen sich mit einem
Teil des kondensierten Dampfes verbinden und im Material verbleiben. Wenn nach beendigter
Dämpfung der Druck abgelassen wird, konzentriert sich diese Lösung, und die Fasern
liegen sozusagen lose in den sie umgebenden, mit Feuchtigkeit gesättigten Substanzen.
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Durch Analysen ist festgestellt worden, daß das Dämpfgut mehr als
9o °/o aller wasserlöslichen Nährstoffe des Rohmaterials in einer konzentrierten
Lösung (i o bis 15 °/") und in der verdaulichsten Form enthält.
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Wenn nun diese Masse ohne Zusatz von Wasser in einem Kollergang, einer
Knetmaschine oder einem ähnlich wirkenden Apparat
zerfasert und
dann durch Pressung oder in anderer Weise soweit wie möglich in feste und flüssige
Stoffe getrennt wird, so können die festen Stoffe nicht nur, wie bei den bekannten
Verfahren, zur Herstellung von Pappe, Papier u. dgl., sondern auch als Futter benutzt
werden, während der ausgepreßte Saft zur Viehfiitterung oder als Futterzusatz, gegebenenfalls
nach einer weiteren Konzentrierung durch Eindämpfen oder in anderer bekannter Weise,
Verwendung finden kann.
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Der Saft kann auch nach bekannten Verfahren zur Herstellung von Zucker,
Sprit und anderen Produkten verwertet werden.
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Endlich kann die gedämpfte und zerfaserte Blasse ohne weiteres als
Viehfutter dienen, oder man kann sie nach Verminderung des Wassergehaltes und gegebenenfalls
mit Zusatz von natürlichem oder eingedicktem Saft zu Futterzwecken benutzen.
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Das Verfahren ist nicht auf Holz verwendbar, und es hat auch, wie
aus dem Vorstehenden hervorgeht, nichts gemeinsam mit solchen Verfahren, bei welchen
ein Kochen des Rohmaterials in Betracht kommt oder wo ein Kochen mit einer Dämpfung
gleichgestellt wird, indem die Behandlung mit reinem Dampf und ohne Flüssigkeit
während der Dämpfung eine unumgängliche Bedingung für die Durchführung des vorliegenden
Verfahrens bildet.
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Bei dem vorliegenden Verfahren ist es nicht nur notwendig, das Rohmaterial
zu häckseln, sondern das Dämpfprodukt wird erfahrungsgemäß bedeutend besser und
gleichmäßiger, wenn man das Rohmaterial in Form von Preßballen, wie diese für Getreidestroh
üblich sind, anfeuchtet und in Körben oder Korbwagen mit Wand und Boden aus Drahtgeflecht
in dasDämpfgefäß bringt. Selbst hart gepreßte Ballen werden in etwa einer halben
Stunde genügend angefeuchtet, wenn das Anfeuchtwasser, in welches sie gebracht werden,
mit dem Kondenswasser und Abdampf gespeist und erwärmt wird. In diesem Falle entsteht
ein Kreislauf zwischen Anfeucht- und Kondenswasser, und die in letzterem und im
Abdampf enthaltenen organischen Säuren fördern, ohne dem Material zu schaden, die
durch die Dämpfung bewirkte Aufschließung, indem das Material leichter und gleichmäßiger
duschgetränkt wird und die Flüssigkeit besser aufnimmt. Natürlich könnten auch von
diesen organischen Säuren geringe Mengen dem Anfeuchtwasser zugesetzt werden, was
jedoch bei einem geschlossenen Kreislauf nicht nötig ist.
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Das Verfahren kann wie folgt ausgeführt werden Das Rohmaterial, zweckmäßig
wie für Getreidestroh üblich in Ballenform gepreßt, wird in Körbe oder Korbwagen
geladen und mit Wasser durchfeuchtet. Der Abdampf, der nicht zur Anheizung von anderen
frisch gefüllten Dampfgefäßen dient, und das ständig abgeführte Kondenswasser werden
zweckmäßig für die Anfeuchtung benutzt. Die Dämpfung dauert s bis q. Stunden bei
5 bis G Atm. Druck je nach der Art des Rohmaterials, z. B. für Roggenstroh
A'-, Stunden, bei 5,2 bis 5,3 Atm" und das so gedämpfte Material wird
ohne jeden Zusatz von Wasser in einem Kollergang, einer Knetmaschine oder einem
ähnlich wirkenden Apparat zerfasert. Die Fasermasse kann ohne weiteres zu Futterzwecken
benutzt werden. Man kann aber auch die Fasermasse abpressen; der hierbei gewonnene
Saft wird gesammelt und gegebenenfalls nach Reduktion des Wassergehaltes zur Viehfütterung
oder als Futterzusatz verwandt. Die Fasermasse, welche nur als Viehfutter dienen
soll, kann man für Lagerung und Transport soweit trocknen, daß sie ohne besonderen
Verlust sich zu Preßkuchen formen läßt.
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Der Saft, der nicht zu Futterzwecken dienen soll, kann auf Grund seines
beträchtlichen Zuckergehaltes zur Herstellung von Zucker, Alkohol und anderen daraus
zu gewinnenden Produkten verarbeitet werden.
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Die verschiedenen, zu Futterzwecken dienenden Produkte können, wenn
notwendig oder zweckmäßig, einer Vitaminisierung nach bekannten Verfahren unterworfen
werden.
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Als mit der Erfindung verbundene Vorteile seien genannt: Das Rohmaterial
braucht nicht gehäckselt zu werden, so daß nicht nur die damit verbundene Arbeit,
sondern auch die sehr lästige Staubentwicklung, die bei der Behandlung Von Häcksel
unvermeidlich ist, ganz fortfallen. Während viele Rohnährstoffe verlorengehen, wenn
das Rohmaterial, wie bisher, mit Chemikalien aufgeschlossen wird, wird bei dem vorliegenden
Verfahren hauptsächlich das unverdauliche Lignin aufgeschlossen, so daß das Dämpfstrohprodukt
einett außerordentlich vorteilhaften Futterstoff darstellt, der sich besonders von
den bisherigen Futtermitteln aus aufgeschlossenem Stroh und ähnlichen Pflanzenarten
dadurch unterscheidet, daß keine dem Material fremden Chemikalien zur Aufschließung
benutzt werden und die Rohfaser (in tierphysiologischem Sinne aufgefaßt) besonders
leicht verdaulich wird.