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Verfahren zur Aufarbeitung von zinnhaltigen Rohmaterialien auf Metalle
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Gewinnung von Zinn und eventuell
auch anderen Metallen, wie Wismut und Antimon, aus Zinnerzen, Konzentraten u. dgl.
Das Verfahren ist besonders geeignet zur Aufarbeitung von Rohmaterialien, die neben
metallischem Zinn auch sulfidisches Zinn enthalten.
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Die zinnhaltigen Rohmaterialien werden zunächst in an sich bekannter
Weise mit Stannichlorid und Ferrochlorid ausgelaugt, wobei das metallischeZinn,
aber nichtZinnsulfid, und :Metalle wie Antimon und Wismut in Lösung gehen. Aus dieser
Lösung -wird dann ein Teil des gelösten Zinns elektrisch abgeschieden, wobei das
Ferrochlorid als Depolarisator dient. Der Auslaugungsrückstand wird darauf zwecks
Herauslösung der sulfidischen Zinnerze und eventuell vorhandener Mengen von Wismut
und Antimon mitFerrichloridlösung, zweckmäßig in Gegenwart von Zinnchlorid, behandelt.
Die Extraktionsflüssigkeit wird -weiter elektrolytisch bzw. chemisch aufgearbeitet
und -wieder zur Auslaugung verwendet.
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Das Verfahren spielt sich im einzelnen in folgender Weise ab: Da durch
die erste Auslaugung mit Stannichlorid und Ferrochlorid nur metallisches Zinn und
nicht Zinnoxyde gelöst werden, ist es zunächst erforderlich, das oxydische Zinn
in dem Erz oder dessen Aufbereitungsprodukten zu reduzieren. Die Reduktion kann
in beliebiger Weise, z. B. durch Erhitzen, in einer reduzierenden Atmosphäre erfolgen.
Der Rohstoff soll hierbei nicht wesentlich sintern, da sonst die Auslaugung erschwert
wird. Das auszulaugende Material hat am besten die körnige, aus dem Quetschwalzwerk
anfallende Form.
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Die Auslaugung des reduzierten Erzes erfolgt z. B. mit einer Lösung,
die im Liter 2o bis 25g Zinnchlorid, ioo g Ferrochlorid und 25 g Säure enthält.
Als Säuren kommen hauptsächlich Salz- und Schwefelsäure in Betracht. Je nach Art
des zu behandelnden Roh-Materials kann die Konzentration der Salze wie der Säure
in ziemlich weiten Grenzen schwanken.
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Schwefelsäure verdient als billiger im allgemeinen den Vorzug vor
der Salzsäure. Bei ihrer Anwendung empfiehlt es sich aber, der Lösung von Zeit zu
Zeit ein geeignetes Chlorid zuzusetzen, um den Chloridgehalt der Lauge auf -wenigstens
io g im Liter zu halten, wodurch die Auslaugung beschleunigt, eine Hydrolyse des
Zinnchlorids verhindert und häufig auch ein zäher, anhaftender Zinnniederschlag
bei der nachfolgenden Elektrolyse erhalten wird.
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Die obige Auslaugungsflüssigkeit bleibt auch nach der Sättigung mit
Ferrosalzen noch
wirksam für die Auslaugung und Elektrolyse. Bei
Verwendung der Schwefelsäure als Säure reichert sich die Lösung allmählich an Ferrosulfat
an, das als solches zur Ausscheidung gelangt. Alle weiteren Anteile Eisen, die dann
durch die Säure aus dem Erz herausgelaugt werden, gelangen entweder schon aus dein.
Erz selbst oder später als Ferrosulfat zur Aus-,;cheidung.
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Die Wirkung des Zinnchlorids entspricht bekanntlich folgender Formel:
Sn + Sn Cl, - Sn C12. Die Auslaugung wird durch Perkolieren oder Rühren in
einem geeigneten Biehälter durchgeführt. Nach der Auslaugung enthält die Extraktionsflüssigkeit
z. B. 40 g Zinnchlorür, ioo g Eisenchlorür und 5o g Säure im Liter. Der Gehalt an
Zinnchlorür in der Lauge schwankt natürlich je nach der Arbeitsweise; zweckmäßig
wird aber die Menge c!er Lösung im Verhältnis zu dem Zinngehalt des Rohstoffes so
gewählt, daß sich eire Lauge mit etwa 40 g Zinnchlorür im Liter ergibt.
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Die erhaltene Lauge wird nun in die elektrolytischen Zellen übergeführt,
die mit Kathodenplatten aus Zinn oder einem a,1deren geeigneten Material ausgerüstet
sind, M=ährend die Anoden aus Graphit oder einem anderen unzerstörbaren Anodenmaterial
bestehen. Der Elektrolyt wird stetig zugeführt. Das Zinn schlägt sich auf der Kathode
nieder, wobei das Zinnchlorür in Zinnchlorid verwandelt wird und Eisenchlorid an
der Anode auftritt. Letzteres. wird aber dank der entsprechenden Regelung der Zuflußgeschwindigkeit
der Lauge sofort in Eisenchlorür umgesetzt. Die Reaktionen verlaufen folgendermaßen:
SnC14+4FeC12-Sn+4FeCI3 2SnCl2+4FeC1s_-_2SnC14+4FeCl2. Die aus den Zellen austretende
Lösung enthält also Zinnchlorid, Ferrochlorid und Säure, und zwar zweckmäßig in
einer Menge von 2o bis 25 g Zinnchlorid, ioo g Ferrochlorid und So g Säure im Liter.
Man erhält also wieder die alte Lösung, die zur Auslaugung des Rohmaterials benötigt
wird. Das bisherige Ergebnis des Verfahrens ist also die Lösung von etwa 2o g Zinn
auf den Liter angewendeten Lösungsmittels aus dem Rohmaterial und die Ablagerung
dieser Zinnmenge auf der Kathode.
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Das in der Lösung enthaltene Ferrochlorid spielt bei der Auslauts
ng selbst keine Rolle, wirkt aber, worauf schon hingewiesen wurde, bei der Elektrolyse
als Depolarisator und vermindert die Zellenspannung von 3 Volt auf 1,4 Volt. Die
Gegenwart der Säure verhindert die Hydrolyse der Zinn- und Eisenchloride; die vorhandene
Säuremenge reicht hierfür aus, ohne so groß zu sein, daß sie die Kathode wesentlich
angreift. Es ist zwar nicht unbedingt notwendig, aber zweckmäßig, der Auslaugungslösung
einen kleinen Zusatz eines Kolloids zu -geben, uni den Kathodenniederschlag zu verbessern.
Gewöhnlich genügt schon die aus dem Erz stammende Kieselsäure, so daß kein besonderer
Zusatz erforderlich ist; man kann aber auch eine kleine Menge Leim zufügen.
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Selbst reduziertes Zinnerz enthält gewöhnlich noch bis zu io °/o Zinn
in Form von Zinnsulfid; dies wird durch Zinnchlorid kaum gelöst und überhaupt durch
die meisten Auslaugungsmittel nicht angegriffen. Infolgedessen bleibt das Zinnsulfid
nach der eben beschriebenen Auslaugung im Rohstoff und gelangt in die Rückstände.
Gemäß vorliegender Erfindung wird das Zinnsulfid aus den Rückständen dadurch gewonnen,
daß man es mit einer Eisenchloridlösung nach folgender Formel umsetzt: Sn S + 4
Fe Clg - Sn C14 -f- 4 Fe C12 + S. Die Eisenchloridlösung wird zweckmäßig aus der
ursprünglich zur Behandlung des Rohstoffes verwendeten und bei der ersten Elektrolyse
regenerierten Lösung durch elektrolytische Oxydation hergestellt. Wird nämlich die
Auslaugungsflüssigkeit in einer Zelle mit Diaphragma elektrolysiert, so bildet sich
im Anodenraum Eisenchlorid mit hoher Ausbeute im Verhältnis zur angewendeten Strommenge.
Eventuell kann man die Eisenchloridlösung auch durch Einleiten von Chlorgas in die
ferrochloridhaltige Auslaugungslösung erhalten.
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Die oxydierte Lösung enthält z. B. 2o g Zinnchlorid, 6o g Ferrichlorid,
40 g Ferrochlorid und 5o g Säure im Liter.
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Mit dieser Lösung werden nun die Rückstände aus der früheren Auslaugung
zwecks Herauslösung des Zinnsulfides behandelt. Die Auslaugung kann durch Perkolieren
oder Rühren erfolgen und liefert eine Lösung, die z. B. 50 g Zinnchlorid,
ioo g Ferrochlorid und 50 g Säure im Liter enthält. Diese Lösung wird zweckmäßig
mit der aus dem Kathodenraum der Zelle stammenden Lösung verdünnt, bis ihr Zinngehalt
nur noch etwa 25 g auf den Liter beträgt. Sie kann nun entweder direkt als Auslaugungsflüssigkeit
für das ursprüngliche Rohmaterial dienen, oder es wird aus ihr sofort das Zinn zu
einem Teil elektrolvtisch gewonnen, und zwar zweckmäßig in einem Elektrolyseur mit
Diaphragma. Bei dieser Arbeitsweise schlagen sich etwa 5 g Zinn auf den Liter aus
der Lösung kathodisch nieder, ' 'nd anodisch wird die als Lösungsmittel verwendete
-ferrichloridhaltige Lösung wiedergewonnen.
Wie schon angegeben,
wird bei der Elektrolyse ein Teil des entzinnten Elektrolyten aus dein Kathodenraum
zur Verdünnung der bereits zur Auslaugung verwendeten ferrichloridhaltigen Lauge
benutzt. Der verbleibende kathodische Elektrolyt wird aus dem Kathodenraum in den
Anodenraum geleitet, «-o (las Ferrochlorid in Ferrichlorid umgewandelt wird; so
wird der Kreislauf geschlossen.
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Wie bei der ersten Elektrolyse ist auch hier die Gegenwart eines Kolloids
vorteilhaft; es kann auch an dieser Stelle der Lösung, falls in ihr nicht genügend
Kieselsäure aus dein Rohmaterial vorhanden ist, etwas Leim zugesetzt werden.
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Metalle wie Wismut und Antimon, die in zinnhaltigen Erzen häufig als
Beimengungen vorkommen, stehen in der elektrochemischen Spannungsreihe unter dem
Zinn und lösen sich in der Zinnchloridlösung, mit der das Rohmaterial zuerst ausgelaugt
wird, nicht auf, solange noch eine nennenswerte Menge Zinnmetall vorhanden ist.
Durch entsprechende Regelung des Verfahrens, z. B. durch Verringerung der Auslaugelösung,
wenn das metallische Zinn weitgehend herausgelöst worden ist, behält man Wismut
und Antimon im Rückstand zusammen mit den) Zinnsulfid. In Ferrichloridlauge sind
die 1)-,iden Metalle löslich und gehen deshalb bei der Aufarbeitung des Rückstandes
mit dem Zinnsulfid in Lösung.
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Wenn der Rohstoff Wismut und Antimon enthält, die in der Ferrichlori(llösung
anfallen, kann die Lösung zur Abscheidung des Zinns elektrolysiert und dann wieder
verwendet werden, bis Antimon und Wismut eine genügende Konzentration erreicht haben,
um ihre Aufarbeitung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck nimmt man die Eisenchloridlösung
aus den elektrolytischen Zellen in gewissen Abständen heraus und setzt sie mit metallischem
Zinn um, wodurch Wismut und Antimon abgeschieden werden. Die vom Antimon und Wismut
befreite zinnhaltige Lösung wird dann in bekannter Weise entweder als Lösungslauge
benutzt oder sofort das. Zinn elektrolytisch abgeschieden.
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Da die zur Verwendung gelangenden Lösungen stetig regeneriert werden,
sind die Kosten für Reagentien sehr gering. Man hat lediglich von Zeit zu Zeit so
viel Säure zuzusetzen, daß der Säuregehalt der Lösung aufrechterhalten bleibt. Ferri-
und Ferrochlorid gewinnt man aus den Rohstoffen. Irgendwelche komplizierten Einrichtungen
werden für das Verfahren nicht benötigt, und da lediglich die Säure bis zu dem Arbeitsplatz
herangeführt werden muß und außerdem nur Strom erforderlich ist, arbeitet das Verfahren
billig. Die Ersatzsäuremenge ist verhältnismäßig gering.