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Anlaß- und Umsteuervorrichtung für Dampfmaschinen mit gestängeloser
Schiebersteuerung. Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung, mit deren Hilfe die
Umsteuerung einer Dampfmaschine mit gestängeloser Schiebersteuerung, d. h. die Umkehrung
des Drehsinnes der Maschine, erreicht werden soll. Da bei derartigen Maschinen die
Stellung des Schiebers nicht äußerlich sichtbar ist, zum Anlassen aber durch Frischdampfleitungen
der Schieber verstellt «-erden muß, damit die Maschine in dein gewünschten Sinne
anläuft, so muß dabei zuerst die Kurbelstellung der Maschine genau geprüft «-erden,
da jeder Kolbenstellung zwei Kurbelstellungen entsprechen, so daß zur Erzielung
des verlangten Drehsinnes je nach der Kurbelstellung der Dampf den Kolben auf der
einen oder auf der anderen Seite heaufschlagen muß. Dabei sind natürlich Irrtümer
leicht möglich.
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Die Erfindung will diesen den bekannten gestängelosen Schiebersteucrungen
anhaftenden übelstand beseitigen; sie besteht in einer Umsteuervorrichtung, die
die Umkehr der Bewegungsrichtung der Dampfmaschine in einfachster Weise durch einen
einfachen Handgriff ermöglicht, wobei jeder Irrtum ausgeschlossen ist.
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Die Umsteuervorrichtung gestattet auch durch einfache Bewegung eines
Wechselschiebers ein mehr oder weniger schnelles Umsteuern einer in Gang befindlichen
Maschine. Während das Umlegen einer zwangläufigen, in Bewegung befindlichen Steuerung
durch den plötzlich ansteigenden Druckwechsel im Kurbelgetriebe sehr große Beanspruchungen
mit sich bringt, wird durch die vorliegende Erfindung selbst bei hohen Kolbengeschwindigkeiten
eine auf die Schwungmassen sanft, aber dennoch schnell wirkende Umkehr der Bewegungsrichtung
der Dampfmaschine erreicht. Von großer Bedeutung ist es hierbei, daß das Umwerfen
der Maschine bei geöffnetem Absperrventil erfolgen kann, wodurch sich geringe Umsteuerzeiten
ergeben.
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Diese eigenartige Wirkungsweise der Umsteuervorrichtung ermöglicht
auch bei mit gestängeloser Schiebersteuerung ausgerüsteten Lokomotiven allein durch
Umlegen der Steuerung eine äußerst wirksame Bremsung.
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Die Umsteuervorrichtung wirkt auch zweckmäßig beim Anlassen der Maschine
in der Weise mit, daß sie den gestängelosen Schieber während der ersten Hübe hin
und her bewegt, bis Schieber und Schiebergehäuse genügend angewärmt sind, um das
Kondensieren des zur Bewegung des Schiebers benutzten Zylinderdampfes zu verhindern.
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Die Zeichnungen veranschaulichen die Erfindung: Abb. i zeigt die Umsteuervorrichtung
für sich allein im Schnitt, Abb: 2 zeigt eine zweizylindrige Dampfrriaschine mit
c)ö° Kurbelversetzung mit einer
Umsteuerv orrichtung nach der Erfindung
in Vorwärtsstellung, Abb. 3 in Rückwärtsstellung.
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Die Umsteuervorrichtung nach Abb. i besteht in der Hauptsache aus
einem Schiebergehäuse 6, das durch eine Wand in zwei Räume 8 und 9 zerlegt ist,
in deren einem sich ein Verteilungsschieber io und in deren anderem sich ein Wechselschieber
i i bewegen kann. An den Raum 8 des Verteilungsschiebers io ist der Dampfeintrittsstutzen
12 und der Dampfauslaßstutzen 13 angeschlossen, während von dem Raum des Wechselschiebers
i i zwei Leitungen 14 ausgehen, die, wie Abb. 2 zeigt, mit j e einem Umsteuerraum
an den Enden des Hauptschiebers der Maschine in Verbindung stehen, so daß durch
diese Leitungen über die Umsteuervorrichtung Frischdampf in die Umsteuerräume des
Schiebers zugeführt werden kann.
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Der Verteilungsschieber, der eine Längsbohrung 15 aufweist, ist mit
seiner Stange 16 an eine Kurbelstange 17 angeschlossen, deren Kurbelscheibe 18 von
einer Pleuelstange i9 gedreht wird, die in irgendeiner beliebigen Weise mit der
Dampfmaschine derart verbunden ist, daß sie sich gleichzeitig mit dem Arbeitskolben
b der Dampfmaschine bewegt. Der gleichfalls mit Längsbohrung 2o versehene Wechselschieber
ist durch eine Stange 2l von außen in dem Raum 9 verstellbar. Die beiden Räume 8
und 9 stehen durch die beiden Schlitze 2z und 23 in der Wand 7 miteinander in Verbindung.
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Die im vorstehenden beschriebene Umsteuervorrichtung arbeitet in folgenderWeisz:
Der Wechselschieber i i .steht auf Vorwärtsgang der Maschine; durch den Einlaßstutzen
12, der durch eine nicht dargestellte Leitung mit dem Dampfkessel in Verbindung
steht, gelangt Frischdampf durch die Muschel des Schiebers io, den Schlitz
2,3 in den Raum 9 und von dort durch die Längsbohrung 2o des Wechselschiebers
i i zu der linken Leitung 14, die an den oberen Umsteuerraum des Maschinenschiebers
angeschlossen ist. Demzufolge wird entsprechend der Bewegung des Arbeitskolbens
im Dämpfzylinder der Schieber von oben nach unten bewegt. Gleichzeitig damit hat
sich der Verteilungsschieber io aus der voll ausgezogenen Stellung in die punktiert
dargestellte Lage der Abb. i bewegt. Dabei hat er zunächst die beiden Schlitze 22
und a3 überdeckt, dadurch also den Dampfstrom in den Raum 9 unterbrochen und sich
schließlich so eingestellt, daß der Dampf nunmehr aus der Schiebermuschel von io
durch den Schlitz 22 in die Schiebermttschel von i i und zu der rechten Leitung
14 gelangt. Diese ist, wie Abb. 2 zeigt, mit der zum unteren Umsteuerraum des Maschinenschiebers
führenden Leitung verbunden. Der Dampf tritt also in diesen Umsteuerraum ein und
bewegt den Schieber umgekehrt von unten nach oben. Der obere Umsteuerraum des Schiebers
wird hierbei durch die Leitung 14, den linken Stutzen 14, die Bohrung 2o des Wechselschiebers
i i, den Schlitz 23, den Raum 8 und den Auspuffstutzen 13 entlüftet.
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Der Verteilungsschieber io hat dann wieder entsprechend der Bewegung
des Arbeitskolbens b die in Abb. i voll ausgezogene Stellung erreicht, worauf das
Spiel von neuem beginnt. Der untere Umsteuerraum des Schiebers wird beim Abwärtsgang
des Schiebers durch die Leitung, den rechten Stutzen 14 der Umsteuervorrichtung,
durch die Schiebermuschel von i i, den Schlitz 22, die Bohrung 15 des Verteilungsschiebers,
den Raum 8 nach dem Auspuff 13 entlüftet.
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Wird der Wechselschieber i i auf die Mittelstellung (Stopp) gebracht,
so schließt er die Schlitze 22, 23 in der Wand 7, so daß kein Dampf in die Leitungen
14 gelangt. Der Schieber der Maschine steht dann entweder still, oder, wenn die
Maschine in Gang ist, wird der Schieber in der beschriebenen Weise durch Zylinder-
und Frischdampf bewegt.
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Um die Maschine rückwärts laufen zu lassen, wird der Wechselschieber
i i in die punktierte Lage, Abb. i, verschoben. Dann erhält, wie ersichtlich, zuerst
der rechte Stutzen 14 und die an ihn angeschlossene Leitung Frischdampf, wenn der
Verteilungsschieber io die dargestellte Lage hat.
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Beim Anlassen der Maschine wird also der gestängelose Schieber in
der eben beschriebenen Weise über die Umsteuervorrichtung nach Abb. i während der
ersten Hübe bewegt, bis das Schiebergehäuse der Schieber d genügend angewärmt ist.
Dann stellt man den Wechselschieberi i auf Mittelstellung (Stopp), wodurch die Umsteuervorrichtung
au.sgeschal= tet ist. Die Mas--hine mit ihrem Schieber läuft dann vorwärts in der
vorher beschriebenen Weise. Zum Umwerfen der Maschine auf Rückwärtsgang genügt es,
den Wechselschieber i i auf rückwärts, d. h. in die punktierte Lage der Abb. i zu
bringen.
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Durch die mittels des Umsteuerapparates zwangläufig gesteuerte Fi-ischdampfbeaufschlagung
der Umsteuerräume, welche dann immer entgegengesetzt der zur Zeit vorhandenen Bewegungsrichtung
des Maschinenschiebers erfolgt, tritt je nach Einstellen des Wechselschiebers eine
schnelle oder langsame, aber stets auf die beweglichen Masseil sanft wirkende Umkehr
der Drehrichtung der Maschine ein. Werden .die Anschlußleitungen 14 durch den Wechselschieber
nur teilweise freigegeben, so findet ein verzögertes Umstellen der Bewegung des
Maschinenschiebers .für.
den neu gewünschten Drehsinn der Maschine
statt.
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Für eine zweizylindrige Dampfmaschine mit go° Kurbelversetzung wird
gemäß den Abb. 2 und 3 für jeden Zylinder eine doppelte Umsteuervorrichtung in der
Weise vorgesehen, daß beide Wechselschieber gemeinsam und gleichsinnig verstellt
werden, während die beiden Verteilungsschieber jeder von einem der beiden Arbeitskolben
gesteuert werden, aber dabei die Dampfzuführung des zu dem anderen Dampfzylinder
gehörigen Schiebers beeinflussen.
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Demgemäß sind die beiden Wechselschieber i i und i i11 und ihre Stangen
21. 211 durch eine Traverse 24 miteinander verbunden. die durch einen Griff o. dgl.
die Einstellung der Wechselschieber in die Stellung der Abb. 2 oder die der Abb.3
ermöglicht. Die Stangen 16, 161 der beiden Verteilungsschieber io, iol sind durch
Lenker 25. 25 mit Hebeln 26, 261 verbunden, die bei 27, 271 drehbar gelagert sind
und mit ihren Enden an den Kreuzköpfen 28, 281 der beiden Arbeitskolben b, b' gelenkig
angreifen, so daß also der Verteilungsschieber io vom linken Kolbeir ;) und der
Verteilungsschieber iol von dein rechten Arbeitskolben bl in der Weise bewegt werden,
daß die Verteilungsschieber sich entgegengesetzt zu dein antreibenden Kolben verschieben.
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Bei Vorwärtsfahrt (Abb. 2) müssen beide Kolben b, b1 aufwärts gehen.
Der mit Kolben 1) verbundene Verteilungsschieber io steht in Mittelstellung und
verdeckt die Kanäle 22 und 23, während der andere Verteilungsschieber iol sich in
seiner obersten Endstellung befindet. Infolgedessen ist durch den Frischdampfanschluß
121, die Schiebermusehel iol, Schlitz 221, dieSchiebermuschel des Wechselschiebers
i 11 und die untere Leitung 141 Dampf in den angeschlossenen Umsteuerraum des Hauptschiebers
il eingetreten und hat den Hauptschieber angehoben, so daß, wie Abb.2 zeigt, Dampf
unter den Arbeitskolben b tritt. Der Hauptschieber d ist, wie Abb.
2 zeigt, in seine obere Endstellung gedrückt und wird in dieser für die Dauer des
Kolbenhubes festgehalten, da die Umsteuerleitung 141 der Zylinderdeckelseite über
den Wechselschieber i i', dessen Bohrung 2o1, Schlitz 231 und Bohrung 151
des Verteilungsschiebers iol mit dem Austritt 131 in Verbindung steht. Bei seiner
Aufwärtsbewegung zieht der Kolben b den Verteilungsschi; her io abwärts, so daß
nunmehr Frischdampf durch den Anschluß 12, die Muschel des Verteilungsschiebers
io. Schlitz 23, Bohrung 20 des Wechselschiebers ii, Leitung 14 in den unteren Umsteuerraum
des Hauptschiebers dl geleitet wird. Die Leitung 14 der Deckelseite ist hierbei
über die Muschel des Wechselschiebers i i, Schlitz 22 mit dem Austritt 13 verbunden.
Der Arbeitskolben bl geht also aufwärts, da Dampfeinströmung von unten stattfindet.
Die Maschine läuft vorwärts, da beide Arbeitskolben von unten Dampf erhalten.
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In Abb.3 sind die Wechselschieber auf Rückwärtsfahrt gestellt; die
Arbeitskolben und Verteilungsschieber haben die gleiche Stellung wie in Abb. 2.
Jetzt strömt Frischdampf vom Anschluß 121 über die Muschel des Verteilungsschiebers
iol, Schlitz 221 durch das Wechselschiebergehäuse und die Leitung 141 nach der Deckelseite
des Schiebers d und tritt in den oberen Umsteuerraum ein, so daß der Schieber d
abwärts geht, da der untere Umsteuerraum durch die untere Leitung 141 über die Muschel
des Wechselschiebers i i:1, Schlitz 231, Bohrung 151 des Verteilungsschiebers iol
nach dem Austritt 131 entlüftet. Der Arbeitskolben b erhält von der Deckelseite
Dampf und geht nach unten. Hierbei schiebt der Arbeitskolben 1) den Verteilungsschieber
1o nach oben. Infolgedessen gelangt Frischdampf vorn Anschluß 12 über die Muschel
des Verteilungsschiebers ro, ,schlitz 22, über das Wechselschiebergehäuse und die
Leitung 14 in den unteren Umsteuerraum des Hauptschiebers dl, dessen oberer Umsteuerraum
durch die Leitung 14. der Dekkelseite über die Muschel des Wechselschiebers i o,
Schlitz 23, Bohrung 1 5 des Verteilungsschiebers nach dem Austritt 13 entlüftet.
Der Hauptschieber dl wird also nach oben umgesteuert, wie dargestellt ist, und auch
vier Arbeitskolben b geht aufwärts. Da der Arbeitskolben b von oben Dampf bekommt
und abwärts geht, läuft die Maschine in entgegengesetztem Sinne an.
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Die Umsteuerung der Maschine erfolgt also lediglich durch Einstellung
der Wechselschieber, die durch ihre Stellung den Drehsinn der Maschine anzeigen.