DE4427617A1 - Verfahren zur Gewinnung von Zellinhaltsstoffen aus halophilen und osmophilen sowie halo- und osmotoleranten Mikroorganismen - Google Patents
Verfahren zur Gewinnung von Zellinhaltsstoffen aus halophilen und osmophilen sowie halo- und osmotoleranten MikroorganismenInfo
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Description
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Gewinnung von
Inhaltsstoffen aus Zellen, vorzugsweise aus halophilen/osmophilen bzw. halotoleranten
und osmotoleranten Mikroorganismen, sowie nach dem Verfahren gewinnbare Ectoine
und/oder Ectoin-Derivate, wie z. B S,S-α-Amino-β-hydroxyectoin und deren
Anwendung als Schutzstoffe. Mikroorganismen, die hohe Konzentrationen an Salzen
oder anderen gelösten Stoffen benötigen oder tolerieren reagieren auf den hohen
osmotischen Wert des umgebenden Mediums durch Synthese oder Akkumulation
niedermolekularer Substanzen im Cytoplasma. Das der Erfindung zugrunde liegende
Problem beruht auf der mit der Gewinnung einhergehenden Abtrennung hoher
Konzentrationen an Medienbestandteilen (Salze, Zucker), aber auch anderer
unerwünschter Komponenten wie z. B. komplexe Stoffe des Mediums und biogene
Produkte, denn
- 1) Extrakte aus Zellpellets (nach klassischen Verfahren) enthalten neben den Zellinhaltsstoffen große Mengen Salz bzw. andere externe Osmotika,
- 2) die Anwesenheit gelöster Stoffe aus dem Medium sowie essentieller Komplexstoffe oder biogener Substanzen erschwert die Aufreinigung des gewünschten Produktes,
- 3) natürliche (nur partiell gereinigte) Rohextrakte, die mit Medienkomponenten (s. o.) vermischt sind, sind für den direkten Einsatz als Schutzstoff-Gemische nicht geeignet.
Das beschriebene Verfahren soll erreichen, daß die Zellen von Medienbestandteilen
befreit werden, ohne daß die von den Zellen akkumulierten Inhaltsstoffe als Folge der
Abtrennung verloren gehen. Dabei ist zu bedenken, daß viele Organismen auf eine
Verdünnung des Mediums (Waschen) mit Abgabe der Substanzen ins Medium
reagieren bzw. platzen, wenn entsprechende Transportsysteme fehlen.
Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß eine Reihe von Mikroorganismen
(vorzugsweise Vertreter der Firmicutes) nicht in der Lage sind, akkumulierte
Substanzen ins Medium abzugeben, und trotzdem bei entsprechend schonendem
Verdünnungsstreß nicht lysieren sondern diese Substanzen im Cytoplasma
zurückhalten.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Gewinnung von Inhaltsstoffen aus Zellen geht
davon aus, daß die Zellen in einem ersten Zustand gewachsen sind, bevor sie in einen
zweiten Zustand überführt werden, aus dem dann die Gewinnung von Inhaltsstoffen
möglich ist. Der zweite Zustand unterscheidet sich von ersterem dadurch, daß
Bestandteile des Wachstumsmediums, die in diesem hoch konzentriert sind, um die
Synthese und Akkumulation der Inhaltsstoffe zu induzieren (z. B. Salze, Zucker), aber
auch andere Stoffe, die die Aufreinigung erschweren (z. B. Komplexstoffe, Proteine
etc.), entfernt worden sind, ohne daß die Konzentration der Inhaltsstoffe dadurch
entscheidend beeinflußt wird. Die Veränderung in der Umgebung der Zellen im ersten
Zustand kann beispielsweise durch Veränderung der Konzentration gelöster Stoffe im
Kultivierungsmedium erreicht werden. Eine Möglichkeit, diese Veränderung
hervorzurufen, ist die Variation der osmotischen Bedingungen im Kultivierungs
medium, also jenen Bedingungen, welche die Synthese von Inhaltsstoffen ausgelöst
haben. Aufgrund der Tatsache, daß Zellen, die einem solchen Verdünnungsstreß
ausgesetzt werden, unter Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht zerstört
werden und ihre Inhaltsstoffe nicht ins umgebende Medium abgeben, können die
gewünschten Inhaltsstoffe gewonnen werden, ohne daß die die Synthese/Akkumulation
dieser Inhaltsstoffe verursachenden Faktoren noch vorhanden sind.
Der Vorteil des erfindungsgemäßen Vorhabens liegt in der Gewinnung einer von
Medienbestandteilen befreiten Zellmasse, aus der streßinduzierte Inhaltsstoffe in relativ
reiner Form mit einfachen Methoden extrahiert werden können. Außerdem ermöglicht
das erfindungsgemäße Verfahren den Einsatz roher (nur partiell gereinigter)
Zellextrakte als Stabilisierungsmittel für Enzyme und anderer Biomoleküle. Denkbar
ist beispielsweise die Durchführung einer wenig zeitaufwendigen Extraktion (z. B. mit
Alkoholen oder Alkohol-Wasser-Gemischen) oder der Einsatz von extraktiven
2-Phasen-Systemen (z. B. Chloroform-Wasser). Alternativ ist eine reversible
Permeabilisierung der Zellmembranen denkbar. Hierdurch wird die Zerstörung
zellulärer Strukturen verhindert und die Option, den Prozeß zyklisch zu gestalten,
bleibt erhalten. Zu den permeabilisierenden Substanzen, die eingesetzt werden können,
zählen porenbildende und/oder diffusionsfördernde Peptid- und Depsipeptidantibiotika
wie Valinomycin, Polymyxin, Gramicidin, Nisin sowie Detergenzien wie z. B.
Natriumdodecylsulfat, Triton X, Cetyltrimethylammoniumbromid.
Beispiele für die gewinnbaren Inhaltsstoffe sind die von halo-/osmophilen bzw.
Halo-/osmotoleranten Bakterien in Anpassung an hohe Salinitäten synthetisierten
niedermolekularen Osmotika (kompatible Solute). Diese Inhaltsstoffe können native
Enzyme stabilisieren und z. B. als Hitze, Gefrier- und Trocknungsschutzsubstanzen,
aber auch als generelle Stabilisierungsmittel für Biomoleküle in wäßrigen Lösungen
und organischen Lösungsmitteln sowie zur Stabilisierung gegen denaturierende
Bedingungen eingesetzt werden.
Als Biomoleküle kommen beispielsweise Proteine, andere Biopolymere sowie komplexe
Strukturen (wie z. B. Nukleinsäuren, Ribosomen, Membranen etc.) in Frage. Als
denaturierende Einwirkungen sind physikalische Faktoren (wie z. B. Druck,
Temperatur, UV- und ionisierende Strahlung, Scherkräfte etc.), pH-Wert und
denaturierende Reagenzien wie organische Lösungsmittel, Salze, Tenside, Harnstoff,
Guanidiniumchlorid und andere Verbindungen zu nennen.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit liegt in der Stabilisierung prokaryontischer und
eukaryontischer Zellen, Organellen und Organen während einer Langzeitlagerung,
vorstellbar als Additive zu Flüssigkulturen oder getrockneten Präparaten zur
Konservierung lebender Kulturen, beispielsweise auch für die Erstellung von
Referenzmaterial mit konstantem Lebendtiter, für die Lagerfähigkeit von
Starterkulturen und mit Mikroorganismen "beimpftem" Saatgut, sowie für den
Gebrauch zur Konservierung in Stammsammlungen.
Die Extraktion und Reinigung niedermolekularer Schutzstoffe aus den gewaschenen
Zellmaterialien wird durch das Verfahren wesentlich vereinfacht. Außerdem ermöglicht
die in-vivo Entfernung der streßinduzierenden Medienbestandteile und anderer
verunreinigender Begleitsubstanzen entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren den
direkten Einsatz der extrahierten Inhaltsstoffe ("Solut-Cocktails") in den oben
erwähnten Applikationen. Dies ist unter Einsatz herkömmlicher Verfahren bisher nicht
möglich, weil die Anwesenheit von Medienbestandteilen in den Extrakten die
Schutzwirkung beeinträchtigt. Das beschriebene Verfahren stellt somit eine
kostengünstige und schnell durchführbare Methode zur Gewinnung größerer Mengen an
Schutzstoffen und stabilisierenden Zellextrakten dar.
Als Zellen, die dem erfindungsgemäßen Verfahren unterworfen werden können,
kommen insbesondere solche mit einer festen Zellwand in Betracht, z. B. aus der
Gruppe der Firmicutes: Actinomyceten, coryneforme Bakterien, Mycobakterien,
Brevibakterien, Corynebakterien, Vertreter aus der Gruppe der Bacilli und
nahestehender Organismen, wie z. B. der Gattungen Marinococcus, Planococcus,
Sporosarcina. Im diesem Falle macht sich das erfindungsgemäße Verfahren den Vorteil
zunutze, daß viele Gram-positive Mikroorganismen bei einem Verdünnungsstreß,
gleichbedeutend mit dem Entfernen streßinduzierender Medienbestandteile, einen
großen Teil der organischen Osmotika weiterhin intrazellulär zurückhalten und
während eines längeren Zeitraums nicht ausscheiden oder metabolisieren, diese somit
nicht verlorengehen.
Vorteilhaft für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die
Kultivierung eines geeigneten Mikroorganismus in einem Fermenter. Dabei wird eine
hohe Zelldichte, gleichbedeutend mit einer hohen Produktausbeute, (z. B.
Hochzelldichte-Fermentation) angestrebt, ist aber für den Einsatz des Verfahrens nicht
zwingend erforderlich. Im Anschluß an die Kultivierung werden die Zellen von einer
Umgebung mit einer Osmolarität von 1 Osmol und höher in eine Umgebung
möglichst geringer Osmolarität überführt. Dies kann z. B. durch Zentrifugation der
höherosmolaren Kultur und anschließender Suspendierung des Zellpellets in
demineralisiertem Wasser erfolgen, alternativ aber auch durch Medienaustausch mittels
einer Querstromfiltrationsanlage oder durch Waschen auf einem Filter. Das
Austauschmedium bzw. die Waschlösung kann zur Vermeidung extremen
Verdünnungsstresses dabei aus einem flüchtigen Puffer (z. B. Ammoniumacetat,
Triethylammoniumbicarbonat) bestehen, oder aber auch Stoffe enthalten, die selbst auf
Biomoleküle stabilisierend wirken (z. B. Ammoniumsulfat, kompatible Solute). Um
diesen Schritt möglichst schonend zu gestalten, sollte die Temperatur des
Austauschmediums (der Waschlösung) möglichst der Kultivierungstemperatur der
Zellen entsprechen. Zusätzlich ist auf die Vermeidung physikalischer Kräfte (z. B.
Scherkräfte) während des Waschschrittes zu achten. Nach einem abschließenden
erneuten Separationsschritt erhält man eine Zellpaste, aus der z. B. nach einer
anschließenden Gefriertrocknung direkt für Stabilisierungszwecke verwendbare
Inhaltsstoffe (oder "Solute-Cocktails") gewonnen werden können. Die Separation der
Zellen vom Austauschmedium sollte ebenfalls schonend durchgeführt werden.
Als extrahierbare Naturstoffe kommen insbesondere Osmotika der folgenden
Substanzklassen in Betracht: Ectoine, insbesondere Ectoin und Hydroxyectoin;
Aminosäuren, insbesondere Prolin, Glutamat, Glutamin sowie Derivate von
Aminosäuren, insbesondere N-acetylierte und N-carbamoylierte Formen der
Diaminosäuren Lysin, Ornithin und Diaminobuttersäure; Carbonsäureamide und
Derivate wie z. B. N-Carbamoylglutaminamid, N-Acetylglutaminylglutaminamid oder
Pyroglutamatamid; Betaine, insbesondere Prolinbetain, Glycinbetain und Carnitin;
Zucker und ihre Derivate, beispielsweise Trehalose und Saccharose; Polyole; Peptide
und Proteine. Diese Substanzen können entweder einzeln oder in Kombination mit
anderen Substanzen als Schutzstoffe Verwendung finden. Im Falle von partiell
gereinigten Zellextrakten liegen Vertreter der genannten Substanzklassen zusätzlich im
Gemisch mit weiteren nicht genauer definierten Zellinhaltsstoffen vor.
Insbesondere wird von Marinococcus-Arten, Nocardiopsis-Arten, Brevibacterium linens
und Brevibacterium iodinum das optisch aktive S,S-α-Amino-β-hydroxyectoin gebildet
(Fig. 1).
Diese Substanz ist beispielsweise neben anderen Ectoinderivaten zur Protektion von
biologischen Wirkstoffen gegen Einfrieren, hohe Temperaturen und Trocknen einsetzbar
(Lippert & Galinski, 1992). Außerdem können Ectoin und Ectoinderivate als
Schutzstoff bei der Konservierung getrockneter Zellen Verwendung finden (Louis,
Trüper & Galinski 1994). Weitere, bisher nicht veröffentliche Anwendungen, beziehen
sich auf den Einsatz von Zellinhaltsstoffen (insbesondere Ectoin und Hydroxyectoin)
sowie rohen Zellextrakten zur Stabilisierung von Biomolekülen wie Proteinen,
Nukleinsäuren u. a. in wäßrigen und organischen Lösungsmitteln sowie in Gegenwart
denaturierender Agenzien wie Harnstoff, Guanidiniumchlorid, Salzen, Tensiden etc.
Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt es, eine von Medienbestandteilen befreite
Biomasse zu gewinnen, die als Ausgangsmaterial für weitere Reinigungsschritte bzw.
für die Gewinnung einer rohen (bzw. partiell gereinigten) Extraktlösung dienen kann,
die unmittelbar für die genannten Stabilisierungszwecke Verwendung findet.
Ein typischer Verfahrensablauf zur Gewinnung von Hydroxyectoin am Beispiel einer
Marinococcus-Art (Stamm M52) wird im folgenden beschrieben.
Zum Einsatz kommt ein Biostat M-Glasreaktor mit einem Arbeitsvolumen von 1.5 l
(B. Braun, Melsungen). Die Prozeßsteuerung sowie die Erfassung von Meßdaten
erfolgt mit Hilfe eines Fermenterleitsystems der Fa. Münzer & Diehl (Overath).
Folgende Kultivierungsparameter werden während des Verfahrens gesteuert und
aufgezeichnet:
- - pH-Wert: 7.5
- - Kultivierungstemperatur: 35°C
- - Sauerstoffpartialdruck: 40%. Die Regulation dieses Parameters erfolgt über die Rührerdrehzahl (minimale Drehzahl: 100 U/min, maximale Drehzahl: 1200 U/min)
- - Trübungsmeßgerät AS 82 und Trübungsmeßsonde AF 44 S (IMA, Neu-Isenburg) zur On-line Bestimmung sehr hoher Zelldichten.
- - Membranpumpe FE 211 (B. Braun, Melsungen). Die Pumpe wird über das Fermenterleitsystem angesteuert und dient der exponentiellen Zugabe einer Fütterungslösung.
- - Leitfähigkeitsmeßgerät LF 537 und Leitfähigkeitsmeßsonde Tetracon 96 (WTW, Weilheim) zur Bestimmung der Salinität vor und nach einem hypoosmotischen Schock.
- - Querstromfiltrationsanlage der Fa. FILTRON (Minisette Sanitary Cell System) mit drei Filtrationskassetten SS994C02 (Porengröße 0.16 µm, Filterfläche 2100 cm²). Die Anlage dient der Abtrennung der Zellen vom Kultivierungsmedium.
- - FP10-Medium: NaCl (90), Meersalz (10), NH₄Cl (2), K₂HPO₄ (0.5), Glucose x H₂O (10), flüssiger Fischpepton S490 der Fa. Primex, Norwegen (14.7, entspricht einer Trockenmasse von 10 g/l), MnSO₄-Stammlösung (0.5 ml, entsprechend 500 g/l).
- - Zufütterungslösung: NaCl (100), Glucose x H₂O (495), NH₄Cl (79.5), K₂HPO₄ (65), MnSO₄-Stammlösung (20 ml). Die Zufütterungslösung wurde sterilfiltriert (Membranfilter der Fa. Schleicher und Schuell, Porengröße 0.2 µm).
Der für die Produktion des Enzymschutzstoffes Hydroxyectoin geeignete Marinococcus-
Stamm M52 wird im FP10-Medium angezogen, bis die zugegebene Glucose verbraucht
ist. Das Trockengewicht zum Ende der Batch-Phase beträgt ca. 6 g/l.
Die Kultivierung des Stamms M52 zu hohen Zelldichten wird durch exponentiell
ansteigende Zugabe der Zufütterungslösung erreicht. Das Fütterungsprofil kann nach
Keller & Dunn (1978) berechnet werden. Die spezifischen Wachstumsraten µ können
empirisch ermittelt werden und im Laufe der Kultivierung so verändert werden, daß
eine optimale Versorgung der Kultur mit der C-Quelle Glucose erreicht wird. Eine
schnelle Abschätzung der im Medium vorhandenen Glucosemenge ist mittels
Glucoseteststäbchen der Fa. Boehringer möglich.
Fig. 2 zeigt den Verlauf einer Hochzelldichtekultivierung mit dem Stamm M52. Nach
ca. 100 h beträgt das Trockengewicht ca. 35 g/l. Um eine Erhöhung der Endbiomasse
zu erreichen kann das alte Kultivierungsmedium durch neues Medium ausgetauscht
werden (Pfeil 1). Hierzu wird die Kultur mit Hilfe der Querstromfiltrationseinheit auf
ein fünftel des ursprünglichen Volumens konzentriert. In einem nächsten Schritt
erfolgt die Zugabe des neuen FP10-Mediums, bis das ursprüngliche Kulturvolumen
wieder erreicht ist. Die Zugabe der Zufütterungslösung wird anschließend erneut
gestartet. Nach einer Gesamtkultivierungsdauer von 130 h beträgt das Naßgewicht der
Kultur ca. 200 g, was einer Trockenmasse von 50-60 g/l entspricht.
Die hochdichte Kultur wird in einem nächsten Schritt einem hypoosmotischen Schock
(Pfeil 2 in Fig. 2) ausgesetzt, um das im Medium vorhandene Salz sowie Medien
bestandteile (Reste der komplexen Medienbestandteile etc.) zu entfernen. Zur
Vorgehensweise bestehen zwei Möglichkeiten:
- (1) Konzentrierung der Zellkultur mittels Querstromfiltrationsanlage auf ca. ein viertel bis ein fünftel des Ausgangsvolumens, gefolgt von der Zugabe demineralisierten Wassers in einem Zeitraum von ca. 5 min, bis das ursprüngliche Ausgangsvolumen wieder erreicht ist. Nach Bestimmung der Restsalinität werden die Zellen mittels Zentrifugation vom Medium abgetrennt und erneut mit demineralisiertem Wasser gewaschen. Nach einem abschließenden Zentrifugationsschritt erhält man ein gewaschenes und von Salzen des Mediums befreites Zellpellet. Fig. 3 vergleicht die Salinität des Mediums (⚫) mit der Konzentration des Enzymschutzstoffes Hydroxyectoin () im Cytoplasma des Stamms M52. Zeitpunkt 1 zeigt die Hydroxyectoin- und Salzkonzentration vor dem hypoosmotischen Schock, Zeitpunkt 2 nach dem ersten Waschschritt und Zeitpunkt 3 nach dem zweiten Waschschritt mit demineralisiertem Wasser.
- (2) direkte Ernte der Zellen mittels Zentrifugation oder in einem Westfalia-Separator und anschließende Zugabe demineralisierten Wassers zur Entfernung von Medienbestandteilen und gelösten Salzen im Zwischenzellwasser des Stamms M52.
Das gewonnene Zellpellet wird bei 30°C gefriergetrocknet.
Kleinere Mengen an Schutzstoffen werden wie folgt gewonnen. Chloroform und Wasser
werden in gleicher Menge dem zu extrahierenden Zellmaterial zugegeben (jeweils 1.5
ml zu 1 g gefriergetrockneter Biomasse) und für 15 min geschüttelt. Nach
Zentrifugation (10 min, 8000 g) kann die wäßrige Oberphase direkt zur Stabilisierung
biologischer Strukturen verwendet werden ("Solut-Cocktails"). Fig. 4 zeigt ein
Fließdiagramm des Gesamtprozesses (Fermentation, hypoosmotischer Schock und
Gewinnung von "Solut-Cocktails".
Größere Mengen an Schutzstoffen werden wie folgt gewonnen. Extraktion des
gefriergetrockneten Zellmaterials (50-200 g) mit Methanol (Soxhlet-Extraktion) und
anschließende Entfernung von Proteinen und Lipiden mittels präparativer
Chloroform/Wasser-Extraktion. Zur Gewinnung von Hydroxyectoin wird die wäßrige
Oberphase im Rotationsverdampfer bis zur Trockene eingeengt. Die geringere
Löslichkeit der Substanz in Methanol macht man sich insofern zunutze, indem der
trockene Extrakt mehrfach in einem geringen Volumen dieses Lösungsmittels gelöst
wird. Hydroxyectoin fällt dann als weißes Pulver aus und kann nach Dekantierung
des die Verunreinigungen enthaltenden Methanols bei ca. 50°C getrocknet werden.
Keller R, Dunn IJ (1978) Fed-batch microbial culture: models, errors and
applications. J Appl Chem Biotechnol 57: 508-514
Lippert K, Galinski EA (1992) Enzyme stabilization by ectoine-type compatible solutes: protection against heating, freezing and drying. Appl Microbiol Biotechnol 37: 61-65
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Claims (13)
1. Verfahren zur Gewinnung von Inhaltsstoffen aus halophilen/osmophilen und
halotoleranten/osmotoleranten Zellen , wobei die Zellen von einem ersten Zustand, der
sich durch eine hohe Konzentration gelöster Stoffe auszeichnet (hoher osmotischer
Druck) in einen zweiten Zustand überführt werden, der nur geringe Konzentrationen
gelöster Stoffe (geringer osmotischer Druck) enthält. Dabei erfolgt die Veränderung
der Konzentration gelöster Stoffe im Medium so, daß die Zellen die im Cytoplasma
synthetisierten und/oder akkumulierten Schutzstoffe größtenteils im Zellinnern
zurückhalten.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Änderung einer hohen Konzentration
gelöster Stoffe (hoher osmotischer Druck) dadurch erfolgt, daß die Zellen mit Wasser,
flüchtigen Puffern (z . B. Ammoniumacetat oder Triethylammoniumhydrogencarbonat)
oder Lösungen stabilisierender Substanzen (z. B. Ammoniumsulfat, kompatible Solute)
unter Vermeidung mechanischer Streßeinwirkungen gewaschen werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und/oder 2, wobei die Inhaltsstoffe durch Extraktion,
zum Beispiel durch Chloroform/Wasser-Extraktion, gewonnen werden können.
4. Verfahren nach Anspruch 1 und/oder 2, wobei eine Gewinnung der Inhaltsstoffe
durch eine reversible Permeabilisierung der Zellwände nach der Entfernung gelöster
Stoffe aus dem Kultivierungsmedium erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei eine reversible Permeabilisierung eine zyklische
Prozeßführung erlaubt.
6. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1-5, wobei die Zellen
Mikroorganismen sind, die einen hohen intrazellulären osmotischen Druck tolerieren,
wie z. B. Bakterien mit einer stabilen/festen Zellwand.
7. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei die Zellen
Gram-positive Mikroorganismen sind, wie z. B. Actinomyceten, coryneforme Bakterien,
Mycobacterien, Brevibakterien, Corynebakterien, Mitglieder der Gattungen Bacillus,
Marinococcus, Planococcus und Sporosarcina.
8. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet,
daß die Zellen von einer Umgebung mit einer Osmolarität von 1 Osmol und höher in
eine Umgebung möglichst geringer Osmolarität überführt werden.
9. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1-8, wobei die gewonnenen
Inhaltsstoffe in Form roher (partiell gereinigter) Zellextrakte direkt zur Stabilisierung
biologischer Strukturen (z. B. Enzyme, Nukleinsäuren, Biomembranen, ganze Zellen)
eingesetzt werden können.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei die zur Stabilisierung
biologischer Strukturen gewinnbaren Inhaltsstoffe zu den folgenden Stoffklassen
gehören: Aminosäuren (wie z. B. Glutamat, Glutamin, Prolin und deren Homologe wie
Pipecolinsäure); Derivate von Diaminosäuren (wie z. B. acetylierte und carbamoylierte
Derivate von Lysin, Ornithin und Diaminobuttersäure); Carbonsäureamide und
Derivate (wie z. B. Nα-Carbamoyl-L-Glutamin-1-Amid, N-Acetylglutaminyl-
Glutaminamid, Pyroglutamatamid), Ectoine und Derivate (wie z. B. Ectoin und
Hydroxyectoin); Betaine (Glycinbetain, Prolinbetain, Carnitin); Zucker (Trehalose,
Saccharose); Polyole.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, wobei Osmotika wie Ectoin und
Hydroxyectoin aus Marinococcus-Arten gewonnen werden.
12. Verwendung der Extrakte nach Anspruch 9 und der Substanzen nach Anspruch 10
zur Stabilisierung von Biomolekülen in wäßrigen Lösungen, organischen Lösungsmitteln
und Gemischen derselben, sowie zur Stabilisierung von Biomolekülen gegen
denaturierende Einwirkungen.
13. Verwendung der Extrakte nach Anspruch 9 und der Substanzen nach Anspruch 10
zur Konservierung von lebenden Mikroorganismen oder Zellkulturen in flüssiger,
gefrorener und getrockneter Form, z. B. zur Präparation von Referenzmaterial mit
konstantem Lebendtiter, zur Verbesserung der Lagerfähigkeit von Starterkulturen und
mit Mikroorganismen belegtem Saatgut, sowie zur Konservierung von Mikroorganismen
und Zellkulturen in Stammsammlungen.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE4427617A DE4427617B4 (de) | 1994-08-04 | 1994-08-04 | Verfahren zur Gewinnung von Zellinhaltsstoffen aus halophilen und osmophilen sowie halo- und osmotoleranten Mikroorganismen |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE4427617A DE4427617B4 (de) | 1994-08-04 | 1994-08-04 | Verfahren zur Gewinnung von Zellinhaltsstoffen aus halophilen und osmophilen sowie halo- und osmotoleranten Mikroorganismen |
Publications (2)
Publication Number | Publication Date |
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DE4427617A1 true DE4427617A1 (de) | 1996-02-08 |
DE4427617B4 DE4427617B4 (de) | 2005-09-01 |
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ID=6524930
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Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
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DE4427617A Expired - Fee Related DE4427617B4 (de) | 1994-08-04 | 1994-08-04 | Verfahren zur Gewinnung von Zellinhaltsstoffen aus halophilen und osmophilen sowie halo- und osmotoleranten Mikroorganismen |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE4427617B4 (de) |
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