DE4425978C1 - Verfahren zur Herstellung keramischer Mikrostrukturen - Google Patents

Verfahren zur Herstellung keramischer Mikrostrukturen

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Hans-Joachim Ritzhaupt-Kleissl
Juergen Laubersheimer
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    • C04CEMENTS; CONCRETE; ARTIFICIAL STONE; CERAMICS; REFRACTORIES
    • C04BLIME, MAGNESIA; SLAG; CEMENTS; COMPOSITIONS THEREOF, e.g. MORTARS, CONCRETE OR LIKE BUILDING MATERIALS; ARTIFICIAL STONE; CERAMICS; REFRACTORIES; TREATMENT OF NATURAL STONE
    • C04B35/00Shaped ceramic products characterised by their composition; Ceramics compositions; Processing powders of inorganic compounds preparatory to the manufacturing of ceramic products
    • C04B35/622Forming processes; Processing powders of inorganic compounds preparatory to the manufacturing of ceramic products
    • C04B35/624Sol-gel processing

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung kerami­ scher Mikrostrukturen gemäß Anspruch 1.
Aus der DE 43 10 068 C1 ist ein Verfahren zur Herstellung ei­ nes plattenförmigen Mikrostrukturkörpers aus Keramik bekannt, bei dem eine nach dem "Doctor-Blade"-Verfahren hergestellte Folie mit einem mikrostrukturierten Prägewerkzeug mit den Kom­ plementärstrukturen des Prägewerkzeugs versehen wird. Durch Sintern wird die geprägte Folie in einen keramischen Mi­ krostrukturkörper überführt.
Eine Übersicht über die Verfahren zur Herstellung eines kera­ mischen Körpers durch Abformen enthält die Veröffentlichung E. Briscoe, C. B. Ponton: "ceramics - the fabrication challenge", Materials Science and Technology, September 1986, Vol. 2, 910- 912. Angesprochen werden insbesondere verschiedene Preßverfah­ ren, Gießverfahren, Extrudierverfahren und die Beschichtung von Metallen durch die Gasphasenabscheidung (CVD). Die Her­ stellung verschiedener Maschinenteile wird beschrieben.
Die Elektrophorese und ihr Einsatz zur Formgebung in der Kera­ mik werden im "Handbuch der Keramik", redigiert von Dr.-Ing. Wilhelm Bilke, Verlag Schmid GmbH, Freiburg i. Brg., be­ handelt. Auf Seite 16 wird die Elektrophorese unter Verwendung "lyophober" Sole (z. b. Eisen(II)hydroxid, Ton, Quarz, Schwefel in Wasser) erläutert. Auf Seite 20 wird über die Ver­ wendung der Elektrophorese zur Herstellung von Gebrauchsgegen­ ständen berichtet. Die Herstellung geht u. a. von einem Schlicker aus 50% Quarz und 59% Ton aus; die elektrophoreti­ sche Abscheidung erfolgt auf einer porösen Sinterbronze oder einem porösen Graphit oder Graphitzement.
Die Grundlagen der Elektrophorese und ihre Anwendung zur Her­ stellung von Keramikkörpern werden eingehend in "Advanced Ceramic Processing and Technology", edited by John G. P. Bin­ ner, Nayes Publications (1990) beschrieben. Die theoretischen Grundlagen der Elektrophorese von in einem Lösungsmittel sus­ pendierten Keramikgrundstoffen werden im Kapitel "Fundamentals of Electrodeposition" auf Seite 257 ff. diskutiert. Unter dem Kapitel "Applications Developed to Pilot Plant Scale" auf Seite 268 ff. wird die Herstellung einer Folie aus Ton und eines einseitig geschlossenen Rohres aus ß-Aluminat beschrie­ ben. Es ist angegeben, daß es nahezu unmöglich ist, vorherzu­ sagen, ob eine Suspension elektrophoretisch einen Niederschlag bildet (Seite 263 unten).
Aufgabe der Erfindung ist, neben der eingangs angesprochenen Abformung einer nach dem "Doctor-Blade" Verfahren hergestell­ ten Folie ein weiteres Verfahren anzugeben, mit dessen Hilfe keramische Mikrostrukturen hergestellt werden können.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das in Anspruch 1 be­ schriebene Verfahren gelöst. Die weiteren Ansprüche geben be­ vorzugte Ausgestaltungen des Verfahrens an.
Ausgangspunkt des Verfahrens sind flüssige metallorganische Verbindungen, aus denen ein gelierfähiges Sol entsteht. Zu­ meist werden für die Solherstellung Alkoholate eingesetzt. Als Sol kann beispielsweise der Precursor für eine Keramik aus Blei-Zirkonium-Titan-Oxid [PZT-Keramik, Pb(Zr0,52Ti0,48)O₃] eingesetzt werden. Zur Vermeidung von Trocknungsrissen in ei­ nem späteren Verfahrensschritt können dem Sol organische Hilfsstoffe, z. b. Formamid, beigefügt werden. Die Einstellung der Gefügestruktur in den fertiggestellten keramischen Mi­ krostrukturen kann durch Zusatz von Bindern und Plastifi­ zierern erfolgen.
Weiterhin wird zur Durchführung des Verfahrens eine "verlo­ rene" Form benötigt, die entweder aus einem selektiv gegenüber der Keramik auf lösbaren Metall oder aus einem verbrennbaren der Keramik auflösbaren Metall oder aus einem verbrennbaren oder selektiv auf chemischem Wege auf lösbaren Kunststoff be­ stehen kann. Ein geeigneter Werkstoff für die Form ist Poly­ methylmethacrylat (PMMA), das sich rückstandsfrei verbrennen läßt. Die Form enthält die Komplementärstrukturen der herzu­ stellenden Mikrostrukturen aus Keramik. Die Komplementärstruk­ turen lassen sich ihrerseits durch Röntgentiefenlithographie, mechanische Mikrofertigung oder durch Abformen eines Präge­ werkzeugs erhalten. Eine Form aus Metall läßt sich durch gal­ vanische Abformung einer Form aus Kunststoff herstellen.
Die Komplementärstrukturen müssen mit einer elektrisch leitfä­ higen Oberfläche versehen sein, sofern der Werkstoff der Form nicht an sich elektrisch leitfähig ist. Bei einer Form aus elektrisch nichtleitendem Kunststoff wie z. B. PMMA wird die leitfähige Oberfläche vorzugsweise durch Abstäuben eines Me­ talls (Sputtern), z. B. von Gold, hergestellt.
Die elektrisch leitfähige Oberfläche der Komplementärstruktu­ ren wird während des folgenden Elektrophoreseschritts als Elektrode geschaltet. Als Gegenelektrode kann eine beliebige inerte Elektrode, z. B. ein Platinblech, verwendet werden. Die Abscheidung der Gelpartikel auf der elektrisch leitfähigen Oberfläche erfolgt vorzugsweise bei konstantem Strom, bevor­ zugt bei 30 bis 100 mA, wobei sich Spannungen bis zu 250 V einstellen. Typische und besonders bevorzugte Werte für Strom­ stärke und Spannung bei der PZT-Abscheidung sind 30 mA und 80 V. Die Abscheiderate des PZT-Sols beträgt in diesem Fall ca. 20 µm/min. Der Abstand der beiden Elektroden sollte mindestens 3 cm betragen. Die elektrophoretische Abscheidung kann so lange fortgesetzt werden, bis die Komplementärstrukturen der Form ausgefüllt und überdeckt sind.
Überraschenderweise werden bei der Elektrophorese die Kompo­ nenten des Sols entsprechend der stöchiometrischen Zusammen­ setzung des Sols homogen abgeschieden. Beim Elektrophorese­ schritt werden die Hilfsstoffe, Binder und Plastifizierer zu­ sammen mit den Komponenten in der Form abgeschieden. Während der elektrophoretischen Abscheidung geliert das Sol.
Nach der elektrophoretischen Gelabscheidung wird das die Form ausfüllende Gel getrocknet. Vorzugsweise erfolgt die Trocknung in mehreren Schritten von jeweils einigen Stunden: z. B. Luft­ trocknung, Trocknung bei 50 bis 100°C an ruft und schließlich bei 50 bis 100°C im Vakuum. Sollten sich Trocknungsrisse nicht vollständig ausschließen lassen, kann in diesem Fall er­ neut elektrophoretisch Gel derselben Zusammensetzung abge­ schieden werden. Da die Abscheidung bevorzugt an den der Elek­ trode am nächsten liegenden Stellen beginnt, werden Trock­ nungsrisse vom Rißgrund her aufgefüllt.
Alternativ kann die Komplementärstruktur der Form zuerst nur teilweise ausgefüllt werden, wonach getrocknet wird und an­ schließend ein weiterer Elektrophorese-Schritt erfolgt. Diese Schritte können mehrfach wiederholt werden. Beim folgenden Elektrophorese-Schritt werden hierbei selbsttätig die Risse, die in der durch den vorangegangenen Elektrophorese-Schritt hergestellten Schicht beim Trocknen entstanden sind, ausge­ füllt, so daß schließlich ein Gel erhalten wird, daß allen­ falls oberflächliche Risse aufweist.
Danach wird die Form entfernt. Bei Kunststoff-Formen kann dies durch thermische Pyrolyse rückstandsfrei erfolgen. Alternativ läßt sich die Kunststoff-Form durch chemische Lösungsmittel selektiv entfernen. Eine Form aus PMMA läßt sich beispiels­ weise durch Acetonitril oder heißes Ethylacetat ablösen. Me­ tallformen mit einem niedrigen Schmelzpunkt lassen sich durch selektives Abschmelzen entfernen. Da bei der Trocknung ein Schrumpf auftritt, wird sich das getrocknete Gel in vielen Fällen ohnehin einfach aus der Metallform entfernen lassen, ohne die Form zu zerstören.
Anschließend wird das Gel in bekannter Weise durch Anwendung hoher Temperaturen keramisiert und dichtgesintert. Die Kerami­ sierung erfolgt vorzugsweise bei Temperaturen von 500 bis 800°C. Die Dichtsinterung erfolgt durch Steigerung der Temperatur beispielsweise auf Temperaturen zwischen 1000 und 1500°C. Bei PZT-Keramiken liegt die optimale Temperatur bei 1150°C mit einer Haltezeit von 90 bis 150 min.
Die Erfindung wird im folgenden anhand eines Durchführungsbei­ spiels näher erläutert.
Herstellung eines Sols für eine PZT-Keramik
In einem thermostatisierbaren Glasgefäß wurden unter Stick­ stoff-Atmosphäre 77,4 ml Zr(n-Propylalkoholat)₄ auf 95°C er­ wärmt, dann 51,2 ml Ti(n-Propylalkoholat)₄, 14,7 ml Acetylace­ ton und 99,2 g basisches Bleiacetat zugegeben und gerührt, bis eine klare, braune, leicht opaleszierende viskose Lösung ent­ standen war. Dann wurden 239,5 ml Ethylenglykol zugegeben, wo­ rauf die Lösung sofort gelierte. Es wurde über Nacht kräftig gerührt, wonach das Reaktionsgemisch flüssig und klar er­ schien. Darauf wurden 10 ml Formamid als Trocknungshilfsmit­ tel, 6,6 ml Polyethylenglykol (MG=300) als Plastifizierer, 2 g Polyethylenglykol (MG=10 000) in einigen ml Et(OH)₂ gelöst als Binder zur Vermeidung von Rissen in der keramischen Oberfläche sowie 1,3 ml Tetraethylenglykol zugegeben. Dann wurden noch 17,2 ml Wasser hinzugefügt. Nach etwa einer Stunde weiterem Rühren wurde bei 95°C und vollem Ölpumpenvakuum das Lösungs­ mittel in eine mit flüssigem Stickstoff gekühlte Vorlage ein­ kondensiert, worauf eine dunkelbraune, zähe Flüssigkeit zu­ rückblieb. Der Ansatz lieferte 500,2 g Precursor.
Herstellung der Form
Eine durch Röntgenlithographie (Bestrahlung durch eine Maske und Auflösen der bestrahlten Bereiche) hergestellte, mit Mi­ krostrukturen versehene Platte aus PMMA wurde mit Gold besput­ tert. Die Goldschicht war ca. 30 nm dick. Die Mikrostrukturen bildeten ein Muster freistehender hexagonaler Säulen mit einer Höhe von 250 µm und einer Dicke von 50 µm, deren Abstände ge­ geneinander der Säulendicke entsprach. Jede Säule war von sechs benachbarten Säulen umgeben.
Elektrophorese
In einer thermostatisierten Elektrophoresezelle wurde das her­ gestellte gelierfähige Sol vorgelegt. Die elektrisch leitende Oberfläche der Form (2×2 cm) wurde als Anode geschaltet. Als Kathode diente ein Platinblech (2×2 cm), dessen Abstand zur Form mindestens 3 cm betrug. Die Elektrophorese wurde bei ei­ nem konstanten Strom von 30 mA und ca. 80 V vorgenommen. Nach einer Abscheidezeit von ca. 2 Stunden wurde eine Schichtdicke von 2 mm erhalten, so daß die Mikrostrukturen vollständig vom Gel überdeckt waren.
Trocknen des elektrophoretisch abgeschiedenen Gels
Die Trocknung erfolgte in drei Schritten: einen Tag an Luft, dann mehrere Stunden bei 80°C und schließlich bei 80°C im Vakuum. Trocknungsrisse wurden durch Wiederholen des Elektro­ phorese-Schritts ausgefüllt.
Keramisieren und Entfernen der Form
Im nächsten Verfahrensschritt erfolgte das Abbrennen sowohl der organischen Bestandteile im getrockneten Gel als auch der PMMA-Form in einem geeigneten Ofen, wobei kontinuierlich von 200°C bis 500°C langsam (1,5°C/min) hochgeheizt wurde. Da­ nach lag eine keramisierte Mikrostruktur vor. Durch Sintern bei einer Temperatur von 1150°C für 90 min wurde die kerami­ sierte Struktur dichtgesintert. Es wurde eine keramische Mi­ krostruktur in Form einer Platte erhalten, die ein hexagonales Muster hexagonaler Öffnungen aufwies. Der Durchmesser der Öff­ nungen betrug wegen des Schrumpfs ca. 40 µm.

Claims (3)

1. Verfahren zur Herstellung von keramischen Mikrostrukturen, bei dem
  • a) aus mehreren metallorganischen Flüssigkomponenten ein gelierfähiges Sol hergestellt wird,
  • b) eine Form bereitgestellt wird, die
    • - Komplementärstrukturen der Mikrostrukturen trägt, wel­ che
    • - mit einer elektrisch leitfähigen Oberfläche versehen sind,
  • c) die Komplementärstrukturen der Form elektrophoretisch mit dem Sol homogen aufgefüllt werden, wobei die elek­ trisch leitende Oberfläche als Elektrode geschaltet wird und das Sol in ein Gel umgewandelt wird,
  • d) das Gel getrocknet,
  • e) die Form entfernt und
  • f) durch Verbrennen der organischen Bestandteile das Gel keramisiert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Form aus einem Kunststoff besteht und die elektrisch leitfähige Oberfläche durch Abstäuben eines Metalls erzeugt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem die im getrockne­ ten Gel entstandenen Risse elektrophoretisch mit dem Sol ausgefüllt werden.
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