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Gegenstromkolonne. Bei den gewöhnlichen Sieb- und Glockenkolonnen
zur Ausführung von Destillations-und Absorptionsvorgängen aller Art wird die durch
die Kolonne abwärts geführte Flüssigkeit von Kammer zu Kammer durch besondere Überlaufrohre
in geschlossenem Strome von einem Boden zutn anderen geleitet, derart, daß auf jedem
Kammerboden eine Flüssigkeitsschicht von bestimmter Höhe stehenbleibt. Die in der
Kolonne aufsteigenden Dämpfe dagegen werden gezwungen, diese Flüssigkeitsschichten
nacheinander in möglichst feiner Verteilung zu durchdringen, indem sie durch die
Löcher der Siebböden oder unter den häufig gezahnten Rändern der Glocken hindurchgedrückt
werden.
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Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß der Widerstand dieser Apparate
sehr groß ist und mit steigender Kammerzahl außerordentlich wächst, so daß bei Kolonnenapparaten
mit q.o Kammern, wie sie z. B. bei der Alkoholdestillation in Frage kommen, ein
Überdruck von 4. bis 5 m Wassersäule im unteren Teil der Kolonne, d. h. also an
der Erzeugungsstelle der Dämpfe, keine Seltenheit ist. Die Verdampfung erfolgt also
unter einem Gegendruck von etwa il, Atm. und erfordert deshalb eine höhere Temperatur
und größeren Brennstoffaufwand als bei der Verdampfung ohne Gegendruck.
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Die Verdampfung und Reinigung der Dämpfe ohne Gegendruck wird durch
die sogenannten offenen Siebkolonnen ermöglicht, bei welchen in jedem Kammerboden
große versetzte öffnungen für den Durchtritt der Dämpfe vorhanden sind, während
hier die Flüssigkeit durch die kleinen Sieblöcher in Regenform von einer Kammer
zur anderen läuft. An Stelle der Siebböden werden auch hierbei häufig Glockenböden
verwendet. Diese offenen Sieb- oder Glockenkolonnen eignen sich jedoch nur für solche
Gase oder Dämpfe, welche bei der Behandlung in der Kolonne allmählich spezifisch
leichter werden. Tritt jedoch der Fall ein, daß die Gase oder Dämpfe am oberen Ende
der Kolonne, also n ac 'h Beendigung C, des Arbeitsvorganges, 41 t' ein größeres
Raumgewicht besitzen als im unteren Teile des Kolonnenapparates, so werden dieselben
das Bestreben haben, durch die offenen Verbindungen der einzelnen Kamtnern wieder
abwärts zu sinken, besonders bei der geringen Strömungsgeschwindigkeit, welche in
derartigen Apparaten herrschen muß. Die sichere Gegenstromführung zwischen den Gasen
oder Dämpfen und der lierabrieselnden Flüssigkeit wird, dadurch beeinträchtigt,
und deshalb hat man z. B. diese öffnungen als Umführungskanäle ausgebildet, welche
die aufsteigenden Dämpfe aus dem unteren Teil jeder Kammer nach dem oberen Teil
der nächsthöher liegenden Kammer leiten sollen. Diese Umführungskanäle dürfen erfahrungsgemäß
nicht zu klein bemessen werden, um den Widerstand des Apparates nicht in unzulässiger
Weise zu erhöhen. An jeder Kammer der Kolonne müssen daher zwei große Kanäle vorgesehen
werden, welche einen erheblichen Teil des Gesamtquerschnitts der Kolonne beanspruchen,
ohne an der Kolonnenwirkung teilzunehmen.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht den fast widerstandslosen Durchgang
der Gase oder Dämpfe durch den Kolonnenapparat, verhindert jedoch das Zurückfallen
des. schwerer gewordenen dampfförmigen Inhalts einer höher gelegenen Kammer nach
einer tiefer liegenden, in welcher sich leichtere Gase oder Dämpfe befinden. Dieser
Zweck wird dadurch erreicht, daß die Übertrittskanäle für die Gase oder Dämpfe zwischen
den einzelnen Kammern nur so groß gewählt werden, daß die in ihnen herrschende Strömungsgeschwindigkeit
ein Rückfluten von Gasen oder Dämpfen in umgekehrter Richtung nicht gestattet. Diese
Strömungsgeschwindigkeit kann verhältnismäßig gering sein, so daß zu ihrer Erzeugung
kein sehr wesentlicher Druckunterschied zwischen den einzelnen Xunmern erforderlich
ist, und dieser Druckverlust wird dadurch noch vermindert, daß diese Übergangsrohre
düsenartig ausgebildet werden. Die erwähnten bekannten Umführungskanäle fallen ganz
fort; der ganze Querschnitt nimmt daher an der Kolonnenwirkung teil, und die Leistung
steigt bei gleichem Durchmesser um etwa 5o Prozent. ,Die Konstruktion des neuen
Apparates ist einfacher und die technische Ausführung für gleiche Leistung erheblich
billiger.
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in der beiliegenden Zeichnung stellen i, a, 3 drei aufeinanderfolgende
Kantrnern einer solchen Cegen,;tronikolontte dar. Die einzelnen Kammern sind durch
die Böden .1 voneinander getrennt. Die von oben zufließende- und auf jedem Boden
sich ansammelnde Flüssigkeit läuft durch die Glockenverschlüsse 5 in möglic hst
feiner Verteilung durch die einzelnen
hainmern in Regcnforin almärts,
während die von unten aufsteigenden Gase oder Dämpfe durch die t'bergangsrolire
6 in Richtung der eingezeichneten Pfeile geleitet «erden. Diu-Cbergangsrohre 6 sind
düsenförmig aus"cbildet, so daß in ihnen eine erhöhte Strömungsgeschwindigkeit ohne
nennensNverten überdruck erzeugt werden kann, welche das Zurückfallen der Dämpfe
nach tiefer gelegenen Kammern verhindert.
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Die Gase oder Dämpfe können daher nur in aufsteigender Richtung stets
nach der nächsthöher liegenden Kammer gelangen, und 'dadurch ist ein sicherer Gegenstrom
zu der herabriesclndcn Flüssigkeit gewährleistet.
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An Stelle der Glockenverschlüsse können auch Siebböden mit verhältnismäßig
kleinen Löchern Verwendung finden, welche von der durchlaufenden Flüssigkeit stets
ausgefüllt «erden und den Durchtritt von Gasen und Dämpfen dadurch verhindern.
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Ferner kann an Stelle der aufsteigenden Dämpfe auch eine Flüssigkeit
von unten nach oben durch den Kolonnenapparat geleitet werden, welche ein geringeres
Raumgewicht hat als eine zweite Flüssigkeit, welche von oben nach unten, wie vorhin
beschrieben, den Apparat durchströmt. Diese Maßnahme findet für Waschvorgänge Anwendung,
wenn mit einem flüssigen Lösemittel bestimmte Anteile aus einem schwereren Flüssigkeitsgemisch
herausgelöst werden sollen. Auch hierbei wird meistens die als Lösemittel benutzte
aufsteigende Flüssigkeit während des Arbeitsvorganges in der Kolonne schwerer durch
die Aufnahme von Bestandteilen aus der zu waschenden schwereren Flüssigkeit, und
deshalb ist es auch hier von wesentlicher Bedeutung, daß ein Zurücksinken der schweren
EYtraktlösung innerhalb der Kolonie verhindert wird zwecks Aufrechterhaltung des_Gegenstromes.
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An Stelle der in der Zeichnung dargestellten einen Durchgangsöffnung
in jedem Kammerboden für die aufwärts strömenden Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten
kann auch eine größere Zahl solcher Öffnungen von entsprechend kleinerem Querschnitt
vorgesehen sein. Die Düsenform dieser Öffnungen-kann so hergestellt werden, daß
die einzelnen Löcher vertieft gestanzt, d.h. einen durchgedrückten Rand erhalten,
wobei gleichzeitig der Querschnitt der Öffnungen düsenförmig abnimmt. Die Kammerböden
müssen so eingebaut werden, daß der durchgedrückte Rand der vorerwähnten Öffnungen
nach oben zeigt. Die Sieblöcher für die in der Kolonne abwärts sich bewegende Flüssigkeit
können zweckmäßi- einett nach der entgegengesetzten Seite durchgedrückten Rand erhalten,
welcher hier als Abtropfkante dient.
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Un nun die Berührungsdauer der itn Gegcitstroin zueinander befindlichen
Körper nach Möglichkeit zu verlängern und ihre gegenseitige Berührungsoberfläche
zu vergrößern, werden zweckmäßig in die einzelnen Kammern noch Verzögerungsfüllungen
mit großer Oberfläche: eingebaut, welche die Bewegung der herabrieselnden Flüssigkeit
verzögern und sie gleichzeitig über eine große Oberfläche verteilen, während die
Gase oder Dämpfe bzw. die Löseflüssigkeit diesen Füllungseinbau ebenfalls durchdringen
müssen und auf diesem Wege finit einer möglichst großen Oberfläche der herabrieselnden
Flüssigkeit in Berührung kommen.
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Dieser Füllungseinbau kann z. B. aus einem Siebkorb bestehen, welcher
mit einem geeigneten Füllmaterial (Kugeln, Röhrchen usw.) ausgefüllt ist, wie in
der Zeichnung durch die punktierten Linien 7 und die zwischen ihnen befindliche
Schraffur angedeutet ist.